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Kapitel 2

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Haley

Ich rieb meine Handflächen aneinander. Sie waren kalt und klamm, trotz der Hitze und sommerlichen Luftfeuchtigkeit.

Ich tat es tatsächlich.

Gleich würde ich persönlich vor mir sehen, was ich mir immer nur hatte vorstellen können.

Angst und Aufregung durchliefen mich gleichzeitig. Würde ich es abstoßend finden? Wäre die Realität zu viel für mich? Oder würde mich der Gedanke, die Möglichkeit, eine der zur Schau gestellten Frauen zu sein, anmachen? Eine, die vor aller Augen von einem Dom bespielt wurde, der wusste, was er tat.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, der auch nichts zur Beruhigung beitrug, atmete aus und blickte noch einmal in die Gasse hinter mir.

Das Luminous war ein geheimer Club nur für Mitglieder und nirgends gelistet. Master Dylan hatte mir erst davon erzählt, nachdem ich ihn auf KinkLife angeschrieben und letzte Woche persönlich auf einen Kaffee getroffen hatte.

Viele Jahre hatte ich mich danach gesehnt, diese Seite in mir zu erforschen, doch jetzt, wo ich hier war … hatte ich überhaupt den Mut?

Ja.

Den hatte ich.

Ich nahm die Schultern zurück und die Türklinke in die Hand. Mit geradem Rücken betrat ich das Luminous und war sofort von der Sinnlichkeit des kleinen Foyers beeindruckt. Ein schwerer, silberner Vorhang trennte es vom eigentlichen Club. Indirekte Beleuchtung mit winzigen weißen, funkelnden Lichtern umrahmte die Decke und erhellte alles auf sanfte Weise. Die dunkelgrauen Wände funkelten ebenfalls, als wäre der Farbe Glitter beigemischt. Es war irgendwie dunkel und doch gleichzeitig verführerisch hier.

Von rechts erklang eine tiefe Stimme. „Kann ich dir helfen?“

Ein Mann stand hinter einem schwarzen Tresen und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Sein goldbraunes Haar war an den Seiten kurz geschnitten und oben länger, perfekt gestylt und auf die Seite gekämmt. Eine dünne Narbe verlief durch seine Lippen. Mit den tiefbraunen Augen fühlte ich mich von seinem Blick durchbohrt. Ich kämpfte die Nervosität nieder, die mich wie eine Flutwelle erfassen wollte.

„Ich habe einen Termin mit Master Dylan. Er sollte mich erwarten.“

Der Mann sah kurz nach unten und dann wieder zu mir. „Haley?“

Hätte ich doch nur einen Alias benutzt. Wollte ich etwa, dass die Leute wussten, wer ich wirklich war? Andererseits ging es hier genau darum, mich nicht zu verstecken und ganz ich selbst zu sein. „Ja, Sir.“

Der Mann grinste und entblößte einen Mund voll strahlend weißer Zähne. „Ich bin Joe. Du brauchst nicht so förmlich zu sein.“

Zwar hatte ich nur höflich sein wollen, doch daraufhin nickte ich ihm kurz zu. „Vielen Dank.“

Er legte einen Finger an sein Ohr, in dem der kleine Knopf eines Kommunikationssystems steckte, und murmelte: „Yep. Sie hat endlich den Mut gefunden, reinzukommen, und wartet jetzt auf dich.“

„Äh, woher weißt du …? Wie hast du …“, stotterte ich und sah zur Tür, durch ich soeben getreten war.

„Keine Sorge, das ist ganz normal. Dylan überwacht jeden Zentimeter hier, außen und innen, zur Sicherheit aller Besucher. Und falls es dich beruhigt, du hast dich weit besser angestellt als die meisten, die zum ersten Mal herkommen.“

Äh, nein, das beruhigte mich kein bisschen. Doch ich lächelte ihn schwach an. „Oh, das sollte ich wohl als Kompliment nehmen, danke.“

Er trat hinter dem Tresen hervor und stellte sich neben den Vorhang, der vor und zurück wehte, da Bewegung hinter ihm stattfand. „Viel Spaß, Haley. Master Dylan wird sich gleich mit dir an der Bar treffen.“

Er zog den Vorhang auf und bedeutete mir, hindurchzutreten. Ich nahm den Blick von ihm und betrachtete den offenen Raum vor mir. Das Innere eines alten Lagerhauses hätte ich nie derartig luxuriös vermutet. Ich hatte etwas Dunkleres in Rottönen vermutet, etwas, das deutlich Sex und Sünde ausrief. Es war eher das Gegenteil der Fall. Glitzernde, tiefgraue Wände wie im Empfangsbereich. Poliertes, dunkles Holz fiel mir als Erstes ins Auge. Ich ließ den Blick schweifen und konnte mich kaum auf etwas Bestimmtes konzentrieren. Riesige Kronleuchter mit tränenförmigen Ornamenten hingen von der Decke und reflektierten das Licht auf die Wände und den Boden. Alles flüsterte Traumwelt und Begehren. Wie mir Master Dylan bereits erklärt hatte, war dies der allgemeine Treffpunkt und die intimeren Bereiche lagen oben im ersten Stock.

Was er nicht hatte beschreiben können, war das Gefühl, dass die sanfte Musik ein Pulsieren erzeugte, das diese erotische Höhle durch und durch aufheizte. Es ging mir unter die Haut, bis mir das sowieso schon sehr enge schwarze Kleid zu einengend vorkam. Mein Atem wurde schneller und ich trat in den High Heels von einem Fuß auf den anderen.

Leute saßen an Tischen und an der Bar und ich betrachtete sie alle. Einige trugen Ledersachen, andere Jeans oder Anzüge. Die Frauen trugen Dessous-Outfits, enge Anzüge oder bodenlange Abendkleider. Hier war alles möglich, und das war das Einzige, was mich nicht überraschte. Dieser Lebensstil war für alle und jeden gedacht. Sex und Begierde waren nicht nur an die körperliche Anziehungskraft zwischen zwei Menschen gebunden, sondern auch an das Verlangen, dass es von einer anderen Person erfüllt wurde. Und das bedeutete nicht immer nur Sex. Geschlechtsverkehr war innerhalb des Clubs nicht einmal erlaubt, was allerdings nicht bedeutete, dass man keine Orgasmen haben durfte. Dazu konnte es bei den Demonstrationen durchaus kommen oder in den öffentlichen oder privaten Spielräumen. Master Dylan hatte erklärt, dass viele in dieser Gemeinschaft nicht unbedingt Sex brauchten, sondern das Spiel mit einem Partner. Das gehörte nicht unbedingt zusammen. Ohne Sex konnte man sich entspannter fühlen und war bereiter, Experimente zu machen und zu üben. Außerdem sorgte es dafür, dass niemand dachte, hier könnte man Sex kaufen, falls jemand den falschen Eindruck von seinem Club bekommen könnte.

Verlangen brodelte in mir hoch, als ich an die Bar ging. Mit jedem Schritt auf den glatt polierten Tresen zu stieg meine Vorfreude. Ich blickte durch den Raum, sah die flackernden Lichter, nahm die sanfte Veränderung der Musik wahr, die gemurmelten Unterhaltungen und das leise Gelächter. Niemand beachtete mich.

Das alles saugte ich auf, und als ich die Bar erreicht hatte, hatte es mich vor Verlangen fast verrückt gemacht. Ich brauchte mehr als nur Befriedigung. Ich brauchte die Unterwerfung.

„Haley“, sagte eine raue Stimme links von mir.

Ich sah zu dem Mann und konnte kaum das Nach-Luft-Schnappen zurückhalten. Zuerst hatte ich im Internet Fotos von Master Dylan gesehen und mich dann auf einen Kaffee mit ihm getroffen. Doch in dieser Umgebung war er noch viel beeindruckender und machtvoller. Mit seinem karamellfarbenen Teint, dem kurzen schwarzen Haar und den noch dunkleren Augen versengte er mir fast die Haut, als er mich von oben bis unten betrachtete und mir dann in die Augen sah.

„Ich bin begeistert, dass du heute gekommen bist“, sagte er, legte eine Hand auf meine Schulter und verringerte den Abstand zwischen uns.

Instinktiv wandte ich den Blick ab. Für jemanden wie mich, der sich unterwerfen wollte, obwohl noch untrainiert, war es schwer, ihm in die Augen zu schauen. Mit seiner großen Erscheinung, den Muskeln, die unter dem schwarzen Anzug zu erahnen waren, und dem tiefen Timbre seiner Stimme strahlte er aus, dass er in der Lage war, auf viele Arten zu dominieren. Zwar war er nicht mein Master und hatte mir von seiner monogamen Beziehung mit seiner Sklavin Gabby erzählt, sodass er das auch nie sein würde, doch das spielte keine Rolle. Seine tiefgründigen schwarzen Augen schienen direkt in meine Seele zu blicken.

„Danke, dass du dir die Zeit für mich nimmst“, brachte ich mit einem schwachen Lächeln heraus.

Er bewegte seine Hand auf meinen unteren Rücken und dadurch fühlte ich mich schon entspannter. Seine Berührungen waren nicht sinnlich, sondern eher beruhigend.

„Bestellen wir dir einen Drink und dann setzen wir uns hin und reden, und wenn du so weit bist, führe ich dich herum. Klingt das gut?“

Oh Gott. Es geschah wirklich. „Ja, Sir.“

„Sehr schön“, antwortete er.

Ich spürte, dass ihm meine Antwort gefiel, und verbarg ein Grinsen.

Nachdem er erklärt hatte, dass es im Club eine Zwei-Drinks-Regel gab und Trinken nur hier im allgemeinen Bereich erlaubt war, bestellte er mir ein Glas Champagner und führte mich an einen Tisch in der Mitte des Raumes. Männer wie Frauen grüßten Master Dylan beim Vorbeigehen, entweder verbal oder durch ein Nicken. Es fiel mir leichter, als ich gedacht hätte, an der Art ihrer Reaktionen zu erkennen, wer Sub und wer Dom war. Frauen, die eindeutig Subs waren, senkten ihr Kinn, schrumpften praktisch vor ihm, während sich die dominanten Männer und Frauen aufrichteten, größer und stärker wurden. Der Gegensatz war offensichtlich und gleichzeitig verführerisch.

Ich konnte das Verhalten der Subs nachvollziehen. Es war, als ob man vor seiner ihm innewohnenden Macht niederknien wollte. Ich musste gegen den Drang ankämpfen, dasselbe zu tun.

Diese Erkenntnis war alles, was ich brauchte.

So war ich. Es wurde mir bewusst, als mich Master Dylan zum Tisch führte. Anstatt mich vor ihm zu fürchten, akzeptierte ich ihn. Meine Nervosität verschwand, als ich das begriffen hatte.

„Etwas ist passiert auf dem Weg hierher“, sagte er aufmerksam und führte sein Glas Wodka an die Lippen. „Ich habe gespürt, dass du dich verändert hast. Magst du es mir erklären?“

Unglaublich, dass es ihm aufgefallen war. Allerdings sollte es mich wohl nicht erstaunen, wo er doch so weise und wissend wirkte. Manchmal sagte Master Dylan Dinge, als wüsste er mehr über mich als ich selbst.

Ich sah in mein Champagnerglas, das ich vorsichtig zwischen den Fingern hielt. Die Flüssigkeit zitterte im Glas. Schnell stellte ich es ab und wischte mir mit den zittrigen Händen über die Oberschenkel.

Er ließ mir Zeit, meine Gedanken zu sammeln, doch es dauerte nicht lange, bis ich ihn fast direkt ansehen konnte. „Ich bin genauso“, sagte ich. Scham erhitzte meine Wangen. Um den Kopf klarzukriegen, schüttelte ich ihn kurz. „So, wie sich hier alle verhalten und reagieren … auf dich und andere. Es ist schwer zu erklären, aber ich muss an Timothy denken. In unserer Ehe lag mir immer ein Stein im Magen, als hätte sich ein Felsen dort niedergelassen, den ich ständig beiseiteschieben musste.“ Ich trank einen Schluck. Die Kohlensäure kitzelte in meiner Kehle. Ich atmete tief aus. „Ich spüre deine Macht, erkannte sofort eine Sub, die vor dir zusammengeschrumpft ist. Und ich fühle mich mit ihr verbunden.“

Sein Blick wirkte zufrieden. Ich lächelte und die Anspannung fiel mir von den Schultern.

Er beugte sich vor und stützte sich mit den Unterarmen auf dem Tisch ab. Sein Blick fiel auf den Spiegel auf der anderen Seite und dann sah er mich wieder an. „Hast du Fragen an mich? Oder möchtest du jetzt mit der Führung beginnen?“

Jensen

Das dürfte alles gar nicht passieren.

Wieder im Club zu sein, der einmal mein zweites Zuhause gewesen war und den ich vor so langer Zeit verlassen hatte, hätte mich nicht derartig innerlich beruhigen sollen. Auch hätte es sich nicht so anfühlen sollen, als wäre ich zurück zu mir selbst gekommen, als ich von einigen Doms im Vorbeigehen begrüßt wurde. Und Joes verspielter Schlag auf meine Schulter hätte mir nicht so viel bedeuten sollen.

Jeder meiner Atemzüge, jeder erkennende Begrüßungsblick der anderen hätte mich dazu bringen sollen, auf dem Absatz kehrtzumachen und den Ort zu verlassen, dem ich einst abgeschworen hatte.

Doch ich war immer noch hier, in Dylans Büro, das eher wie ein Zimmer in einem Fünfsternehotel wirkte als ein Büro. Solange man die Spanking-Bank und die Sex-Chaiselongue in der Ecke übersah.

Allein der Anblick der Gerätschaften in diesem Zimmer ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen und mein Blut verlangend pulsieren.

All das geschah, bevor Haley kam.

Als sie durch die Gäste schritt, floss Adrenalin durch meine Adern. Dylan hatte recht. Sie war perfekt. Groß und gertenschlank, lange, schokofarbene Haare. Als das Licht der Kronleuchter günstig auf sie fiel, schimmerten und funkelten ihre Haare atemberaubend. Ihre großen, rehartigen, grünen Augen beobachteten alles genau, und wie sie leicht die Lippen erstaunt öffnete, zeigte deutlich, dass ihr der Lebensstil neu war.

Dylan führte sie mit der Hand an ihrem Rücken zu einem Tisch. Ich ballte eine Faust und unter meinem schwarzen, langärmeligen Hemd erhob sich mein Bizeps. Jeder hier wusste, dass Dylans Handbewegung Besitz anzeigte. Doch er hatte bereits eine Sklavin. Haley gehörte nicht zu ihm.

Aber sie kann auch nicht dir gehören.

Am liebsten hätte ich mir und damit meinem Gewissen eine Kugel durch den Kopf gejagt, um es verfickt noch mal zum Schweigen zu bringen.

Als Dylan sie zum Tisch führte, sah sie noch einen anderen Master. Thomas. Sofort senkte sie das Kinn, mied seine Augen, während ihre perfekte cremefarbene Haut leicht rosa wurde. Das berührte mich verdammt tief. Dieser eine Blick weckte den Dom in mir, der sich an die Oberfläche kämpfte und drohte, mir die Kontrolle zu entreißen, obwohl ich mir geschworen hatte, nie wieder so zu leben. Nie wieder eine Sub zu trainieren.

Während sie mit Dylan sprach, wurden ihre Bewegungen immer sicherer, das zittrige Lächeln wurde breiter und ihre Selbstsicherheit nahm zu.

Nicht Dylan sollte derjenige sein, der ihre Fragen beantwortete. Und Dylan sollte sie auch nicht durch die Räume führen. Und es sollte auch nicht der verfluchte Dylan sein, der seine Hand auf ihre legen durfte, während er mich angrinste und wusste, dass ich ihn beobachtete. In mehr als zehn Jahren Freundschaft hatte ich ihm nie so sehr eine reinhauen wollen wie jetzt.

Mehr brauchte ich nicht, um mich zu entscheiden.

Ich wollte sie.

Ich wollte sie zähmen.

Und sobald sie trainiert wäre, würde ich sie einem anderen übergeben, der ihr Dauerhaftigkeit und Stabilität bieten konnte.

Dominate Me: Erwachen

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