Читать книгу Paul - Wir haben ihn kaputt gemacht - Stefan Brauer - Страница 11

Der kleine Bruder

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Es war schon sehr spät und draußen war es bereits dunkel, als Paul durch einen lauten Knall aus dem Schlaf gerissen wurde.

Wieder einmal war seine Mama längere Zeit weg gewesen und bei jedem noch so kleinen Geräusch freute sich Paul, dass sie vielleicht wieder zurückkam. Diesmal war es sehr laut gewesen.

Noch etwas benommen lag er in seiner Ecke und hob den Kopf.

»Mama?«

Paul erkannte sofort ihre Stimme.

Er richtete sich auf und krabbelte noch etwas unsicher Richtung Tür. Das Licht im Flur strahlte unter der Tür hindurch in sein Zimmer.

Doch dann vernahm Paul einen merkwürdigen Lärm, den er noch nie zuvor gehört hatte. Irritiert lauschte er. Der Lärm hörte immer wieder für einen kurzen Moment auf und begann dann wieder, und wenn er wieder anhob, begann auch seine Mama zu brüllen. Die Tonlage kannte Paul. So schimpfte seine Mama mit ihm, wenn er wieder einmal zu laut war.

Der fremde Lärm schien immer näher zu kommen. Während Paul sich noch fragte, was das wohl sein könnte, drehte sich der Schlüssel im Türschloss seines Zimmers mit metallenem Knirschen.

Paul kannte diesen Klang nur allzu gut. Fast jeden Tag hörte er ihn, kurz bevor sich die Tür öffnete und Mama ihm was zu essen brachte.

Voller Erwartung krabbelte Paul los, um sich, wie jedes Mal, in der Nähe der Tür zu postieren. Paul kannte sich sehr gut aus in seinem Zimmer, daher tastete er sich trotz der Dunkelheit schnell voran.

Rasch öffnete sich die Tür und das grelle Flurlicht ergoss sich ins Zimmer. Geblendet vom Licht, bedeckte Paul seine Augen mit seinen kleinen Händen.

Er konnte hören, wie seine Mama in schnellen Schritten ins Zimmer kam und an ihm vorbei ging. Sie schien das, was diesen Lärm machte, in ihren Händen zu halten. Paul konnte erkennen, wie sie etwas auf die Couch legte.

Anschließend ging sie, ohne ein Wort zu sagen, zügig wieder raus. Die Tür knallte zu und das metallene Knirschen des Schlosses war erneut zu hören.

Dunkelheit erfüllte das Zimmer. Paul rieb sich die Augen und tastete den Fußboden vorfreudig nach etwas Essbarem ab. Doch finden konnte er nichts.

Da war der Lärm wieder. Er kam von der Couch.

Paul trat vorsichtig näher und schaute sich das plärrende Bündel genauer an. Das fahle Mondlicht erhellte ein wenig die Stelle, wo es lag. Staunend erkannte er ein kleines Wesen, eingewickelt in Handtücher.

Behutsam berührte er mit seiner Hand den warmen Kopf des Babys. Nahezu unverzüglich hörte das Bündel auf zu schreien und es sah aus, als wäre es eingeschlafen. Fasziniert rührte sich Paul nicht von der Stelle.

Ein kleines Lächeln überzog sein Gesicht. Nun musste er nicht mehr alleine sein. Pauls Herz hüpfte vor Freude.

Die Aufregung hielt ihn noch einige Zeit wach und Paul beobachtete überglücklich dieses kleine Wesen beim Schlafen.

Am nächsten Morgen öffnete sich die Tür erneut. Seine Mama trat ein und nahm das Bündel wieder mit. Nun war Paul wieder alleine. Doch dieses Mal erschien ihm das Zimmer noch viel trostloser als zuvor. Traurig wartete er an seiner Tür und zum ersten Mal weinte er nicht vor Hunger, Durst oder Kälte.

Paul - Wir haben ihn kaputt gemacht

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