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Nationalsozialismus und Nation

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Mit dem Nationalsozialismus, der seine Wahlkämpfe überwiegend im Zeichen des neuen und des völkischen Nationalismus führte, vollzieht sich eine weitere Schrumpfung des Spektrums: Der holistisch-territoriale Nationsbegriff, der selbst bei den Völkischen noch nicht ganz ausgelöscht ist, verschwindet völlig, und selbst der holistisch-ethnische Nationsbegriff wird teilweise aufgegeben. Sehr grob lassen sich folgende Hauptlinien unterscheiden:

Bei denjenigen, die dem neuen Nationalismus nahestanden, dominiert eine Auffassung, die in Volk und Nation eine kompakte, organische Einheit sieht, einen Makanthropos mit eigenem Körper und eigener Seele, die sich in einer spezifischen Kultur objektiviert. Für Gregor Straßer ist Volk „eine gesunde, nach innen und außen abwehrfähige Lebens- und Schicksalsgemeinschaft, die nach Art, Sitte und Sprache zusammengehört“, ein Organismus mit einer eigenen „deutschen Seelengestalt“ (Straßer 1932, 387, 382). Sehr ähnlich klang es bei Goebbels, der die Nation (im Unterschied zum Volk als einer rein quantitativen Größe) als den ‘organischen Zusammenschluß’ zu einer ‘Not-, Brot- und Schicksalsgemeinschaft’ definierte (Goebbels 1926, 40). Gewiß sprach man auch in diesen Kreisen von Rasse. Aber nicht im Sinne einer die Nationen durchkreuzenden und überschneidenden Größe, sondern im Sinne einer Elite, einer Quintessenz des Nationalen, die sich vor allem durch Leistung ausweise und durch genetische Mischung nicht beeinträchtigt, unter Umständen sogar gefördert werde (Höver 1992, 167, 163). Die Devise lautete Ausdehnung und Vertiefung der Nation, nicht Zurückschneidung auf ihren biologischen Kern. Der Nationalsozialismus, so Straßer, sei zwar Teil der völkischen Bewegung, unterscheide sich aber von ihr darin, daß er die Notgemeinschaft zur Brotgemeinschaft erweitern und sich auch für soziale Gerechtigkeit einsetzen wolle (Straßer 1932, 111).

In diametralem Gegensatz dazu stand der intransigente Neoaristokratismus, wie er von Heinrich Himmler und, theoretisch ausgewiesener, Richard Walther Darré verfochten wurde. Dessen Ausgangspunkt war die Rassenlehre Günthers, der sich seinerseits über die Unterstützung freute und sich begeistert für Darrés Thesen einsetzte (Lutzhöft 1971, 54, 136, 407). Volk und Nation erschienen danach als ein durch Verstädterung und fortgesetzte Rassenmischung schwer geschädigtes Wesen, das seine ursprünglichen Qualitäten immer mehr einzubüßen und dem Verfall entgegenzugehen drohte. Was not tat, war „die Bereinigung der deutschen Erbmasse von nichtnordischen Blutsteilen“, die Säuberung des Volkskörpers von seinen „Blutsschlacken“ (Darré 1930, 195, 169). Ausmerzung alles Minderwertigen und Unerwünschten, Förderung und Züchtung der nordischen Elemente, das waren die Leitgedanken, die Darré von der nordischen Bewegung übernahm.

Über Günther hinaus ging Darré lediglich darin, daß er den Gegensatz zwischen wertvollen und minderwertigen Rassen mit dem zwischen Bauern und Nomaden gleichsetzte. Die Nordische Rasse sollte sich von „einem Siedlerdasein des Laubwaldgebietes von Mitteleuropa“ ableiten, die Ostische Rasse dagegen von schmarotzenden Nomaden irgendwo aus Asien (1937, 259, 276, 253, 40). Um die inzwischen eingetretene Vermischung/Entnordung wieder rückgängig zu machen, griff Darré auf ein Rezept zurück, das er bei Lenz gelesen haben mag (1930, 105). Aus den fähigsten der noch im rassischen Sinne rein nordischen Bauern sollte eine Adelsgenossenschaft gebildet werden, die über eigenen Landbesitz verfügen und daraus Erblehen für sogenannte Hegehöfe vergeben sollte (99). Unter ständiger Beratung und Kontrolle durch Eugeniker, die Darré allerdings lieber Zuchtwarte genannt wissen wollte, sollten die Hegehöfe zu „Quellen hochwertigster Blutströme im Volkskörper“ werden (163, 168). Aus den nichterbenden Edelmannssöhnen hoffte Darré „das Rückgrat der eigentlichen Führerschicht unseres Volkes“ zu gewinnen, die den übrigen darüber hinaus als Auslese-Vorbild dienen sollten (214, 224). Für die weniger wertvollen Mitglieder des Volkskörpers – insbesondere die weiblichen – sah dieser Aufnordungsplan Eheverbote und Sterilisation vor (170). Der Neoaristokratismus trat damit in offenen Widerspruch zur Nation, und zwar sowohl zur Staats- als auch zur Volksnation, sollte doch nicht das ius soli oder das ius sanguinis maßgebend sein, sondern allein ein bestimmtes, nämlich nordisches Blut. Von hier aus lag es nahe, auch die Grenzen der Nationen neu zu ziehen, und zwar so, daß sie die gegenwärtig noch verstreuten nordischen Elemente zusammenfaßten (Bensch 1995, 62).

Eine dritte Strömung, repräsentiert durch Alfred Rosenberg, oszilliert zwischen diesen beiden Extremen. Rosenberg bezog sich in seinen Schriften auf den Rassenbegriff der nordischen Bewegung und spielte ihn ebenfalls gegen Nation und Nationalismus aus. Er übernahm Hans F. K. Günthers Rasseneinteilung und die Herausstellung der nordischen als der heldischen Rasse, wiederholte die Woltmannschen Thesen von der kulturschöpferischen Leistung der Germanen und stellte mit Gobineau die Rassenmischung als „Bedingung des völkischen und staatlichen Niedergangs“ dar, die er freilich in typisch völkischer Weise durch die zersetzenden Wirkungen von „Alkohol, Weltkrieg und Marxismus“ ergänzt wissen wollte (Rosenberg 1935, 56, 640; vgl. 138, 576, 101). Die Regeneration konnte in seinen Augen nur erfolgen, wenn man einerseits die „nordischen Kraftquellen Europas“ durch „Rassenschutz, Rassenzucht und Rassenhygiene“ aktivierte und andererseits die als minderwertig eingeschätzten Rassen aus dem politischen Verband ausgliederte, etwa mit den Mitteln der Entrechtung und der Deportation, wie Rosenberg sie z.B. für die Schwarzen Nordamerikas in Anwendung zu bringen forderte (640, 557, 669ff.). Nationalismus war von hier aus gesehen nur dort zu bejahen, wo er sich der rassischen Erneuerung verschrieb und obendrein nicht mit den Großmachtinteressen Deutschlands kollidierte. „Einen Nationalismus als Aufstieg bestimmter innerer Werte haben wir deshalb nur bei jenen Völkern zu fördern und zu begrüßen, von denen wir glauben, daß die Kräfte ihrer Schicksalslinien mit den Ausstrahlungen des deutschen Volkes nicht in feindlichen Gegensatz geraten. Eine Begeisterung also für den Nationalismus an sich vermag eine organische Erneuerungsbewegung deshalb nicht aufzubringen“ (644f.).

Bei seinen Bemühungen, eine konsistente nationalsozialistische Weltanschauung zu begründen, verschwammen indes dem notorischen Eklektiker Rosenberg die Grenzen zwischen Rasse und Volk bzw. Nation immer wieder. Das lag nicht zum wenigsten daran, daß für ihn Rasse nicht, wie für die ‘Nordischgesinnten’, ein biologischer, sondern ein psychologischer Tatbestand war. „Rasse ist das Gleichnis einer Seele“, hieß es im Mythus, oder, noch deutlicher: „Rasse aber ist das Außenbild einer bestimmten Seele“ (23, 529; ähnlich 2). Anteil an dieser Seele erwarb man nicht so sehr durch Geburt als durch Bekenntnis und Leistung, also subjektive Aktivität; und so zögerte Rosenberg denn auch nicht, etwa die Mitgliedschaft in der von ihm geforderten „Deutschen Nationalkirche“ von geistigseelischer Umkehr, von der Schaffung eines hohen Wertgefühls und einer heroischen Lebensauffassung abhängig zu machen. Als „Maßstab der Zugehörigkeit zur neuen Gemeinschaft erscheint die Anerkennung jener Werte, die in der germanischen dramatischen Kunst uns erschlossen worden sind und am größten in der Mystik des Meisters Eckehart offenbar wurden“ (611). Auch der neue Adel, der diese Gemeinschaft führen sollte, war nicht so sehr, wie bei Günther, durch seine Gene bestimmt, auch nicht, wie bei Darré, durch den Besitz eines Erbhofes. Er war vielmehr auch von einem Höchstmaß an Leistungen abhängig, „die von vornherein durch den persönlichen und nationalen Ehrbegriff umgrenzt sind“ (597). In der neueren Forschung besteht denn auch weitgehend Einigkeit darüber, daß Rosenberg zwar der biologischen Rassenlehre Konzessionen gemacht hat, im Kern aber eher der von Chamberlain formulierten metaphysischen Auffassung nahestand, die eine klare Abgrenzung von Rasse und Volk nicht erlaubte (Kroll 1998, 105f.; Bärsch 1998, 190, 202, 249).

Die Klammer für diese auseinanderstrebenden Positionen war, wie auch sonst, Adolf Hitler. In seinen Reden und Schriften bekräftigte er den neonationalistischen Standpunkt, daß es eine objektive Einheit des Volkes gab, die nur deshalb nicht in Erscheinung treten konnte, weil die Masse der Bevölkerung durch ständische oder klassenmäßige Schranken exkludiert war (R III.2, 47, 140). Hitler bestimmte diese Einheit zwar nicht, wie Straßer, durch Faktoren wie Sitte, Sprache und historisches Schicksal, sondern durch Blut und Rasse (1980, 541; R III.3, 105), doch brachte es die Frontstellung gegen die politisch-soziale Exklusion durch den alten Nationalismus mit sich, daß Rasse und Volk mehr oder weniger zusammenfielen. Typisch dafür sind Wendungen wie „die Rasse oder wollen wir lieber sagen Nation“ (1980, 199), die den Schluß nahelegen, die Probleme würden vor allem von denjenigen geschaffen, die sich der „Blutsgemeinschaft“ um ihrer Privilegien willen entzögen – also von den bürgerlichen Klassen. Die Aufrichtung von Klassen- oder gar Kastenschranken hatte in vormodernen Gesellschaften ihren Ort. „Bei uns aber in Deutschland, wo jeder gleiches Blut trägt (!), der überhaupt Deutscher ist und gleiche Augen hat und die gleiche Sprache spricht, da kann es keine Klasse geben, da gibt es nur ein Volk und weiter nichts (stürmische Bravo-Rufe) (…) Ja, Stände kann es geben. Aber was diese Stände auch untereinander um den Ausgleich ihrer Wirtschaftsbedingungen zu kämpfen haben, so groß darf der Kampf nie werden und die Kluft, daß darüber die Bande der Rasse zerreißen (Bravo-Rufe)“ (621).

Die Diskrepanz zwischen objektiver und subjektiver Einheit der Nation war jedoch nur eine Facette in Hitlers politischer Vorstellungswelt. Eine andere Facette bezog sich auf mögliche Diskrepanzen innerhalb der objektiven Einheit selbst. In seiner wahllosen Lektüre hatte Hitler auch den anthropologischen Rassenbegriff aufgenommen, der ihm vermutlich in der ariosophischen Version bei Guido von List und Lanz von Liebenfels begegnet ist,17 desgleichen die Vorstellung, daß die allein schöpferische blonde Edelrasse durch Kreuzung mit anderen Rassen ihr Potential verspielte (1933, 313ff.). Die Frage, wie weit diese Senkung des Rassenniveaus in Deutschland bereits vorangeschritten war, wurde von Hitler je nach Kontext unterschiedlich beantwortet. Es finden sich Aussagen, nach denen das deutsche Volk „rassisch und damit wertmäßig seinen heutigen Besiegern gegenüber zumindest gleich, wenn nicht zum Teil sogar überlegen ist“, woran sich mitunter die Versicherung anschließt, es gebe kein Volk, das heute mehr Wert besitze als das deutsche (R III.3, 205, 354).

An anderen Tagen wollte Hitler davon nichts mehr wissen. Im Vergleich zu den Engländern schien ihm dann das deutsche Volk einen niedrigeren rassischen Durchschnittswert zu haben, und auch gegenüber den Amerikanern fiel die Bilanz ungünstig aus (R IIA, 87, 90f.). Die für Europa allgemein zu konstatierende „langsame Entnordung“ zog auch das deutsche Volk in den kulturellen Niedergang mit hinein. Sie führte zu einer „Senkung unseres allgemeinen Rassenwertes und damit zu einer Schwächung unserer technischen, kulturellen und auch staatspolitischen, produktiven Kräfte“ (85), ja zu einer „Zersetzung und Zerstörung unseres Volkskörpers“, die immer bedrohlichere Ausmaße annahm. Bisweilen erschien Hitler das deutsche Volk als „blutsmäßig das zerrissenste (…), das wir in Europa haben“ (R III.l, 54). Die „Verbiegung und Verdrehung des natürlichen Denkens“, die „Vernichtung aller rassischen Instinkte“ hatte in ihm ein solches Ausmaß angenommen, daß der völlige Verfall absehbar war (R III.2, 225). Am 24. Februar 1930 hieß es gar düster: „Wir haben kein Volk mehr“ (R III.3, 101).

Auf die Maßnahmen, mit denen Hitler in letzter Stunde das Steuer herumreißen wollte, ist hier nicht einzugehen. Es mag der Hinweis genügen, daß ihn die Rassenhygieniker schon früh als Bundesgenossen begrüßten (Lenz, ARGB 25, 1931). Hier kommt es nur auf die Feststellung an, daß es gerade die Ambiguität und Diffusität seiner Auffassungen waren, die – neben seinem persönlichen Charisma – Hitlers politische Integrationsfähigkeit begründeten. Was im Hinblick auf gedankliche Klarheit ein Mangel war – die undeutliche Grenzziehung zwischen Volk/Nation und Rasse –, erwies sich in politischer Hinsicht als Vorteil, war Hitler dadurch doch ebensosehr für die neonationalistischen Strömungen anschlußfähig wie für die Rassendoktrinäre, für die die Nation nur ein Mittel für ihre mörderischen Utopien war. So wurde politisch aggregiert, was sachlich nicht zusammenpaßte. Da es aber nur ein Aggregat war, waren damit zugleich die Weichen für immer neue Konflikte gestellt, die dann auch nicht auf sich warten ließen. Was die Nation war und wie sie sich zur Rasse verhielt, blieb nach 1933 ebenso unklar wie davor.18

1 Vgl. Kirchhoff 1905, 52ff.; Meinecke 1908, 2ff.; Hertz 1927, 23; H. O. Ziegler 1931, 28ff.; Kohn 1955; Lemberg 1964, I, 168ff.

2 Vgl. Ziegler 1931, 28ff. sowie, an diesen anschließend, Estel 1994, 20ff. Beide Autoren setzen diese Unterscheidung gleich mit derjenigen von subjektivem und objektivem Nationsbegriff, die wiederum auf das Vorhandensein oder Fehlen von „bewußter Stellungnahme im Denken, Fühlen oder Wollen zur Nation“ abstellt (Ziegler 1931, 34). Aber ein objektiver, d.h. meistens: von der ethnischen Gemeinschaft her gedachter Nationsbegriff enthält stets auch subjektive Komponenten (Estel 1994, 14), wie auch der subjektive Nationsbegriff schwer ohne ein Etwas vorstellbar ist, auf das sich die Stellungnahme bezieht. So kennt z.B. Renan, der die Formel vom ‘täglichen Plebiszit’ geprägt hat, die Nation doch auch als ‘Seele’ oder ‘geistiges Prinzip’, das vom Plebiszit bestätigt, aber nicht konstituiert wird.

3 Vgl. hierzu ausführlicher: Breuer 1994, 114ff. Zur Verbreitung holistischer Denkfiguren in Deutschland, die weit über den spezifisch rechten Diskurs hinaus reichte, vgl. Dumont 1991; Harrington 1996.

4 Max Weber, auf den sich Greenfeld bezieht, tendiert bspw. zum ersten Typ.

5 Zu dieser Fusionierung grundlegend: Kondylis 1986, 29ff. Vereinzelte Stimmen, die schon vor 1848 in dieser Richtung votierten, sind nachzulesen in GG III, 536, 544, 553f.

6 Zur hegelianischen Tradition im deutschen Liberalismus vgl. Megay 1958; Bußmann 1973, 129f.; Losurdo 1989. Zu Droysen vgl. Birtsch 1964, 36f., 74, 160.

7 Vgl. Kondylis 1986, 295f.; Schildt 1998, 81f., 90ff.; Booms 1954, 100ff.; Retallack 1988.

8 Baumgarten 1894, 309f. Zu Droysen vgl. Birtsch 1964, 36, 49, 160, 170. Zum Nationsverständnis der Nationalbewegung Biefang 1994.

9 Ratzel 1897, 31f. Ratzel hat diese Kritik im übrigen nicht nur auf die Verabsolutierung der Sprache, sondern auch auf die „genealogischen Träumereien“ bezogen, wie sie für die Hypostasierung des Stammes- und Rassenbewußtseins typisch seien: 1906, 477, 465ff. Vgl. auch K. G. Faber 1982, 394f., mit weiteren Belegen für Oscar Peschel und Alfred Kirchhoff.

10 Das häufig (zuletzt von Brubaker 1994, 166f.) als Gegenbeweis herangezogene Staatsbürgerschaftsgesetz von 1913 beweist in dieser Hinsicht nichts. Denn erstens kennt dieses Gesetz nicht allein den Erwerb der Staatsangehörigkeit qua Geburt, sondern auch denjenigen qua Legitimation, Eheschließung, Aufnahme und Einbürgerung, räumt also sowohl dem einzelnen als auch dem Staat Möglichkeiten ein, die Mitgliedschaft zu erweitern. Zweitens ist das ius sanguinis, das die Staatsbürgerschaft an die Abstammungsgemeinschaft bindet, wohl ein Element von Ethnizität, aber nur ein Element. Es ist rein formal-genealogisch und enthält keine Aussagen über die qualitative Beschaffenheit der Abstammungsgemeinschaft, die für den ethnischen Gemeinsamkeitsglauben unerläßlich sind (Weber 1976, 238ff.; Estel 1994, 14). Das ius sanguinis findet sich deshalb auch durchaus in Kontexten, in denen Ethnizität nur eine geringe Rolle spielt, wie z.B. im französischen Code Civil (Brubaker 1994, 124).

11 Vgl. Schieder 1992, 36ff.; Wagner 1867, 571f.; zum Allgemeinen Deutschen Schulverein, 1908 umbenannt in den Verein für das Deutschtum im Ausland, vgl. Weidenfeiler 1976.

12 Vgl. Brubaker 1994, 163f.; Schieder 1992, 36ff. Entsprechende Tendenzen in der Geographie beleuchtet K. G. Faber 1982, 389f.

13 Vgl. GSD X, 30f., 130; DS VIII, 268, 250; zur Missionsidee vgl. auch DS IX, 63, 97, 106; DS X, 89. Für den Wagner der 60er Jahre siehe Naegele 1995, 140ff. mit Hinweisen auf den nichtaggressiven Charakter von Wagners Missionsideen.

14 Vgl. Ratzel 1906, 469, 485ff. Die an Herder anknüpfende Betonung der Einheit des Menschengeschlechts ging bei Ratzel allerdings einher mit der Bereitschaft, dem entgegenstehenden „Rassengefühl“ eine ebenso große Berechtigung zuzugestehen. Die Knappheit des zur Verfügung stehenden Raumes mache Rassenkonflikte unausweichlich, weshalb das Heil nur „in der Abstufung und Teilung der Aufgaben“ liegen könne, „die mit räumlicher Sonderung sich verbinden sollte, um die Gefahr der Vermischung von der höheren Rasse fernzuhalten“ (483). Das hieß mit der anderen Hand wieder zu nehmen, was die eine Hand gegeben hatte.

15 Frymann 1913, 167. Dies hatte Hasse allerdings noch anders gesehen: 1895 hatte er anonym eine Flugschrift Großdeutschland und Mitteleuropa um 1950 erscheinen lassen, in der er für ein bundesstaatliches Großdeutschland und einen Großdeutschen Zollverein eintrat (vgl. Peters 1996, 305).

16 So richteten sich etwa Ipsens agrarsoziologische Arbeiten keineswegs auf die Bewahrung oder Wiederherstellung der bedrohten bäuerlich-dörflichen Lebenswelt, sondern empfahlen kühl den ‘Ausbau der industriellen Standorte in die kleinbäuerlichen Bereiche ungenützter oder unausgeschöpfter dörflicher Arbeitskräfte’ (Ipsen 1941, zit. n. Klingemann 1996, 230).

17 Siehe dazu Hamann 1996, 300ff. Zu List und Lanz von Liebenfels ferner von Schnurbein 1992, 87ff.; Goodrick-Clarke 1997, 36ff.

18 Vgl. dazu auch für die rechtswissenschaftliche Diskussion Lepsius 1994, 13ff.

Ordnungen der Ungleichheit – die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871 – 1945

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