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1. Einführung
ОглавлениеAn Einführungen in die deutsche Sprachgeschichte besteht kein Mangel – warum also noch eine weitere? Die Antwort darauf ist ebenso einfach wie folgenreich für die Konzeption dieses Buches: Bücher zur deutschen Sprachgeschichte gibt es viele, aber die deutsche Sprachgeschichte muss erst noch geschrieben werden.
Das heißt jedoch keineswegs, dass ich mir anmaßen würde, die deutsche Sprachgeschichte, also das beste und umfassendste Referenzwerk über die Geschichte der deutschen Sprache zu schreiben. Ganz im Gegenteil: Einen wirklich umfassenden Überblick zu geben über die Entwicklungen, die die deutsche Sprache in den letzten knapp 1.500 Jahren durchgemacht hat, ginge weit über das hinaus, was diese Einführung leisten kann und will. Der Punkt ist ein anderer: Wissenschaft ist ein Prozess, der davon lebt, dass bestehendes Wissen hinterfragt und überprüft wird, dass Forschungslücken gefüllt werden, dass unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen erprobt und diskutiert werden. Diese Einführung will daher zwar auch einen Überblick über die deutsche Sprachgeschichte bieten, Ihnen aber vor allem Methoden an die Hand geben, selbst Sprachgeschichtsforschung zu betreiben.
Trotz dieser recht anspruchsvollen Zielsetzung sollte sich das Buch weitgehend ohne Vorkenntnisse lesen lassen. Bis auf Grundbegriffe, die aus dem schulischen Grammatikunterricht bekannt sein sollten, werden alle wichtigen Fachtermini erklärt. Wenn doch ein Begriff unklar sein sollte, ist es heute einfacher denn je, ihn nachzuschlagen, sei es im Internet oder, noch besser, in einem Fachlexikon wie Bußmann (2008) oder Glück & Rödel (2016).
Diese Einführung reagiert mit ihrer dezidiert methodischen Ausrichtung auf Entwicklungen in der germanistischen Sprachgeschichtsforschung, die sich auch in der Lehre niederschlagen. Die historische Sprachwissenschaft des Deutschen hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten einen ausgeprägten Methodenpluralismus entwickelt. An die Seite qualitativer, philologisch orientierter Arbeit an historischen Texten sind mehr und mehr quantitative und empirische Methoden getreten. Viele Dozierende erwarten mittlerweile von ihren Studierenden empirisches Arbeiten auch in Seminar- und Abschlussarbeiten. In den meisten Einführungen werden aber methodische Aspekte, auch aus Platzgründen, zumeist nur am Rande erwähnt. Zum Einstieg in empirische Methoden musste man bisher auf andere Einführungswerke zurückgreifen, die aber zumeist nicht auf sprachgeschichtliche Fragestellungen zugeschnitten sind, sondern entweder synchron orientiert sind (also die Gegenwartssprache behandeln) oder aus anderen Disziplinen wie der Psychologie oder der Sozialwissenschaft stammen.
Wenn man von germanistischer Sprachgeschichtsforschung spricht, dann ist damit in aller Regel – so auch in diesem Buch – die Untersuchung der deutschen Sprachgeschichte gemeint. Allerdings würde uns vieles entgehen, wenn wir die Perspektive ausschließlich auf das Deutsche einengen: Der Sprachvergleich gehört seit jeher zum Methodenrepertoire der historischen Sprachforschung. Deshalb ist ein Kapitel in diesem Buch auch der komparativen Methode gewidmet, ohne die wir viele der Sprachwandelprozesse, die quasi zum „Kanon“ des sprachgeschichtlichen Wissens gehören, nicht kennen würden.
Die Methode, die sich im Zuge der Digitalisierung wohl am eindrucksvollsten durchgesetzt hat, ist sicherlich die Korpuslinguistik, d.h. die Arbeit mit großen Sammlungen authentischer Sprachdaten. Auf Grundlage von Korpora lassen sich wissenschaftliche Hypothesen überprüfen, Sprachwandelprozesse nachvollziehen, regionale und textsortenspezifische Unterschiede dingfest machen. Germanistische Sprachgeschichtsforschung ohne Korpora – das ist heutzutage fast undenkbar. Schon in studentischen Seminararbeiten erfreut sich Korpuslinguistik erfahrungsgemäß wachsender Beliebtheit. Im methodischen Teil dieses Buches bilden korpuslinguistische Ansätze daher einen Schwerpunkt. Neben einem allgemein gehaltenen Einstieg in korpuslinguistische Methoden in Kapitel 2.2.2 werden mehrere korpusbasierte Fallstudien vorgestellt und diskutiert, und im digitalen Begleitmaterial zu diesem Buch finden sich mehrere praktisch orientierte Anleitungen zu Korpusrecherchen über einschlägige Korpusabfragesysteme.
Zum wachsenden Methodenpluralismus trägt aber auch die Verzahnung der germanistischen Sprachwissenschaft mit der Dialektologie bei. „Das“ Deutsche im Sinne einer überregionalen Standardsprache ist eine recht junge Entwicklung, und bis heute ist die deutsche Sprache in nicht zu unterschätzendem Maße dialektal geprägt. Regionale Unterschiede zu vernachlässigen, würde daher bedeuten, eine wichtige Dimension sprachlicher Variation außer Acht zu lassen. Zum Methodenrepertoire der Dialektologie gehören zum Beispiel Informantenbefragungen, die genutzt werden können, um Sprachraumgrenzen abzustecken: Wo im deutschsprachigen Raum sagt man Appel und wo Apfel? Wo benutzt man gell? als Rückversicherungssignal und wo eher ne? oder oder? Wie wir noch sehen werden, sind regionale Variation und diachroner Wandel bisweilen aufs engste verzahnt.
Nicht nur das Methodenrepertoire der historischen Sprachwissenschaft ist deutlich gewachsen, sondern auch das Spektrum der Fragestellungen ist breiter geworden. So haben beispielsweise Wortbildungswandel, historische Syntax und auch Wandelphänomene im Bereich der Pragmatik in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit erfahren. Damit gehen ebenfalls methodische Herausforderungen einher: Welche Textsorten spiegeln den authentischen Sprachgebrauch früherer Jahrhunderte am besten wider, sodass sich damit pragmatische Phänomene, also Aspekte des Sprachgebrauchs im Kontext, untersuchen lassen? Und welche Textsorten sind dezidiert schriftsprachlich und weisen deshalb verschachteltere Satzstrukturen und komplexere Wortbildungsprodukte auf als es im alltäglichen mündlichen Sprachgebrauch zu erwarten ist?
Diesen und vielen weiteren methodischen Herausforderungen wollen wir uns in den nächsten Kapiteln stellen. Dabei ist jedes Kapitel in zwei Teile untergliedert. Der erste Teil gibt einen Überblick über den jeweiligen Forschungsstand zu den einzelnen Themen, der zweite Teil widmet sich methodischen Aspekten und will Sie mit dem Rüstzeug ausstatten, selbst weiterzuforschen. In den einzelnen Kapiteln – angefangen mit dieser Einleitung – finden sich darüber hinaus immer wieder Infoboxen, die ergänzende Informationen zu den einzelnen Themen oder teilweise auch ganz allgemeiner Art liefern. In den methodischen Kapiteln finden sich hier oft Tipps und Tricks oder Warnungen vor häufigen Fehlern, in den Theoriekapiteln vertiefende Informationen zu einzelnen Aspekten des jeweiligen Kapitels oder terminologische Hinweise.
Dieses Buch will somit nicht nur eine Einführung in die deutsche Sprachgeschichte und die historische Sprachwissenschaft sein, sondern auch und gerade eine Einladung zum wissenschaftlichen Denken. Gerade wenn es um Themen wie Sprache und Sprachwandel geht, kommt die wissenschaftliche Perspektive im öffentlichen Diskurs oft zu kurz. Das ist wenig verwunderlich, denn wir alle benutzen Sprache(n), und folgerichtig hat jeder und jede bestimmte Meinungen und Einstellungen zu Sprache. Doch selbst Studierende in höheren Semestern, die längst nicht mehr an Sprachverfallsmythen glauben (vgl. z.B. Plewina & Witt 2014 für eine Reihe von Aufsätzen, die die populäre Idee eines vermeintlichen Verfalls der deutschen Sprache wissenschaftlich dekonstruieren), haben bisweilen erfahrungsgemäß Probleme, wissenschaftliche Prinzipien zu verstehen, insbesondere wenn es um das Verhältnis von Theorie und Daten, von Explanans (also der Erklärung) und Explanandum (dem zu Erklärenden) geht. Daher ist dieser Einführung besonders daran gelegen, Sprachwissenschaft explizit als Wissenschaft zu präsentieren.
Wenn Sie durch die Kombination aus Überblicksdarstellung und praktisch orientierter Anleitung zum eigenständigen Weiterfragen, Weiterdenken und Weiterforschen Spaß an scheinbar trockenen Themen wie syntaktischem oder morphologischem Wandel, Lautverschiebungen und Ablautreihen gewinnen, hat dieses Buch sein vielleicht wichtigstes Ziel erreicht.
Die deutsche Sprachgeschichte muss erst noch geschrieben werden – schreiben Sie daran mit!
Was dieses Buch ist – und was nicht …
Wie Sie an dieser Stelle schon gemerkt haben dürften, ist dieses Buch eine Chimäre: einerseits eine Einführung in die deutsche Sprachgeschichte, andererseits eine Hinführung zum methodischen Repertoire der historischen Sprachwissenschaft. Daher kann es keinen vollständigen Überblick über die deutsche Sprachgeschichte geben (sofern das überhaupt im Rahmen eines einzigen Werks möglich ist). Auch was die methodischen Ansätze angeht, auf denen der Fokus des Buches liegt, war zwingend eine Auswahl notwendig. Von Polenz (1991: 17–23) weist zu Recht darauf hin, dass das Erkenntnisinteresse der Sprachgeschichtsschreibung über die rein linguistische Perspektive hinausgeht und beispielsweise auch (kultur-)historische Fragestellungen umfasst. Diese Perspektive werde ich in den Überblicksdarstellungen in den folgenden Kapiteln aufgreifen, aber die Vorstellung der Arbeitstechniken beschränkt sich weitgehend auf das ohnehin schon umfangreiche linguistische Methodeninventar.
Da die Arbeit mit Korpora in der germanistischen Sprachgeschichtsforschung die wohl mit Abstand wichtigste Methode des Erkenntnisgewinns darstellt, liegt der Schwerpunkt in dieser Einführung klar auf korpuslinguistischen Zugängen. Stärker als andere Einführungswerke, die dezidiert der Korpuslinguistik gewidmet sind (z.B. Scherer 2006, Perkuhn et al. 2012, Lemnitzer & Zinsmeister 2015), werde ich auf die speziellen Herausforderungen eingehen, die historische Korpuslinguistik mit sich bringt. Dennoch ersetzt dieses Buch natürlich keine Einführung in die Korpuslinguistik. Vielmehr will es quasi ein Sprungbrett für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit sprachgeschichtlichen Fragestellungen sein.
Wie man dieses Buch benutzt
Weil diese Einführung einen Spagat versucht zwischen der Vermittlung von „Grundzügen“ einerseits und „Methoden“ andererseits, ist jedes der folgenden Kapitel in zwei Teile gegliedert. Der jeweils erste Teil fasst unter dem Motto „Sprachwandel verstehen“ den derzeitigen Forschungsstand zu Kernthemen der germanistischen Sprachgeschichtsforschung zusammen, im zweiten Teil werden methodische Ansätze und Probleme oft anhand von Fallstudien illustriert. Die Kapitel bauen teilweise aufeinander auf, können aber prinzipiell auch unabhängig voneinander gelesen werden, auch wenn Leserinnen und Leser, die keine linguistischen Vorkenntnisse mitbringen, dann eventuell öfter einen Blick ins Wörterbuch werfen (oder im Internet nachsehen) müssen.
Aus Platzgründen kann nur bedingt eine praktisch orientierte Einführung in die jeweiligen Methoden gegeben werden. Allerdings stehen im digitalen Begleitmaterial eine Vielzahl an Tutorials insbesondere aus dem Bereich der Korpuslinguistik zur Verfügung (https://utb-shop.de/9783825248239). Das hat auch den Vorteil, dass ich zeitnah auf Änderungen etwa bei web-basierten Korpusschnittstellen reagieren kann, was in einem gedruckten Buch nur bei einer neuen Auflage möglich wäre. Darüber hinaus finden sich die meisten Daten und Skripts, die den Analysen in diesem Buch zugrundeliegen, in einem Github-Repository (github.com/hartmast/sprachgeschichte). Dort sind auch die besagten Tutorials zusammen mit den dazugehörigen Beispiel-Datensätzen hinterlegt. Ein Teil der Materialien findet sich zudem auf meiner Homepage www.stefanhartmann.eu – etwas Redundanz kann ja angesichts der notorischen Flüchtigkeit von Webinhalten nicht schaden, auch wenn ich natürlich versuchen werde, die Daten auf allen genannten Kanälen dauerhaft verfügbar zu halten.
Ein paar Warnungen (und Ermutigungen) vorab
Wissenschaft kann viel Spaß machen, ist aber nicht immer einfach. Das gilt auch für dieses Buch: Auch wenn es für AnfängerInnen ebenso geschrieben ist wie für LeserInnen, die schon Vorkenntnisse in der Linguistik mitbringen, sind einige Abschnitte sehr anspruchsvoll. Kapitel 3 zum Beispiel fasst auf wenigen Seiten einige Eckpfeiler der deutschen Sprachgeschichte zusammen, wofür man eigentlich ein ganzes Buch oder gar mehrbändige Überblicksdarstellungen benötigen würde. Dadurch lässt dieses Kapitel eine Lawine an Informationen auf Sie los, während es zugleich andere wichtige Entwicklungen in der Geschichte des Deutschen sträflich vernachlässigt. Lassen Sie sich davon bitte nicht abschrecken: Sie sollen die dargestellten Prozesse nicht auswendig lernen, sondern lediglich einen komprimierten Überblick bekommen, der zum Verständnis vieler der Entwicklungen erforderlich ist, die in den darauffolgenden Kapiteln genauer skizziert werden.
Im Methodenteil indes gilt: Keine Angst vor Zahlen und keine Angst vor Statistik! Erfahrungsgemäß finden viele Studierende den Gedanken, statistische Analysen durchzuführen, eher abschreckend (oder haben ein Germanistikstudium gewählt, um genau so etwas nie wieder machen zu müssen).
Dreierlei zur Beruhigung und Ermutigung. Erstens: Statistik ist keine Zauberkunst, sondern basiert auf relativ einfachen und intuitiv nachvollziehbaren Prinzipien. (Die Mathematik dahinter mag teilweise komplex sein, aber mit ihr müssen wir uns nur im Ansatz auseinandersetzen.) Zweitens: Die statistischen Tests, die ich in diesem Buch und im Begleitmaterial dazu vorstelle, sind – mit wenigen Ausnahmen – wirklich sehr grundlegend und können auch von Anfängerinnen und Anfängern gut verstanden werden. Und drittens: Statistik ist keine Wissenschaft für den Elfenbeinturm. Statistik-Kenntnisse können im Alltag außerordentlich vorteilhaft sein. Das gilt auch für angehende Lehrerinnen und Lehrer. Wie oben erwähnt, will dieses Buch auch eine Einladung zum wissenschaftlichen Denken sein. Dazu gehört, die wissenschaftliche Methode zu verstehen, die in Kap. 2 vorgestellt wird. Die wissenschaftliche Methode indes ist ohne Statistik kaum denkbar – wir brauchen Statistik, um unterschiedliche Erklärungsmodelle miteinander vergleichen und entscheiden zu können, welches das überzeugendste ist. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen in Teilen von Politik und Gesellschaft offene Wissenschaftsfeindlichkeit (auch gegenüber der Linguistik) salonfähig geworden ist, ist es wichtiger denn je, zu verstehen, wie Wissenschaft funktioniert, und auch Schülerinnen und Schüler ans wissenschaftliche Denken heranzuführen.
Infobox 1: Linguistische Auszeichnungen und Konventionen
In der Linguistik gibt es einige Notationskonventionen, mit denen man sich vertraut machen muss, um sprachwissenschaftliche Texte zu verstehen und selbst Sprachwissenschaft zu betreiben.
Kursivierung | Metasprachliches wird kursiv gesetzt. Der Unterschied zwischen Metasprache einerseits und Objektsprache andererseits lässt sich an einem einfachen Beispiel illustrieren: In dem Satz „Der Hund hat vier Beine“ wird das Wort Hund objektsprachlich gebraucht, bezieht sich also auf das Tier. In dem Satz „Das Wort Hund beginnt mit dem Laut /h/“ wird Hund metasprachlich gebraucht: es geht um das Wort, um die sprachliche Einheit. |
‚…‘ | In einfachen Anführungszeichen werden Bedeutungen angegeben, z.B.: das englische Wort dog ‚Hund‘; das deutsche Wort Hund ‚Säugetier mit vier Beinen‘ |
/hʊnt/ | In /…/ stehen Phoneme. Unter Phonemen versteht man die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit: Im sog. Minimalpaar Haus vs. Maus kommt der Bedeutungsunterschied nur durch ein einziges variierendes Phonem – /h/ vs. /m/ – zustande. |
[hʊnt] | In […] stehen Phone. Unter Phonen versteht man die konkrete lautliche Realisierung eines Phonems. So kann das Phonem /ʁ/ in Rat (in Lautschrift: [ʁa:t] bzw. [ra:t]) als Gaumenzäpfchen-r gesprochen werden ([ʁ]), was die in Deutschland verbreitetste Variante ist. Gerade in Bayern, Österreich und der Schweiz findet man aber auch das „rollende“ Zungenspitzen-r ([r]) (vgl. Meibauer et al. 2015: 87; Becker 2014: 27f.). |
<Hund> | In <…> werden Grapheme notiert, also Schriftzeichen. Zu den großen „Aha-Erlebnissen“ angehender Studierender der Sprachwissenschaft gehört oft die Erkenntnis, dass Sprache und deren Verschriftung zwei unterschiedliche Dinge sind. Dies wird schon im mehrfach erwähnten Beispiel <Hund> deutlich: Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht – wir sprechen Hund nicht mit einem /d/, also einem stimmhaften Plosiv, aus, sondern mit /t/, einem stimmlosen Laut (s.u. 3.3.1). Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen Sprache und Schrift, wenn wir uns vor Augen führen, dass in einigen Fällen ein Laut (z.B. /ʃ/) durch drei Grapheme wiedergegeben wird (<sch>) oder dass das gleiche graphische Zeichen (z.B. der Digraph <ch>) für ganz unterschiedliche Laute stehen kann (/ç/ in ich vs. /χ/ in ach). |
> und < | > ist zu lesen als ‚wandelt sich zu‘, z.B. gebollen > gebellt ‚gebollen wandelt sich zu gebellt‘. < ist umgekehrt zu lesen als ‚geht hervor aus‘, z.B. entsprechend gebellt < gebollen ‚gebellt geht hervor aus gebollen‘. |
* | Der Asterisk kennzeichnet in der Regel ungrammatische Formen, die als Beispiele angeführt werden, z.B. *die Computers. Außerdem werden damit nicht belegte und rekonstruierte Formen ausgezeichnet, etwa in einem Satz wie „Das deutsche Wort Bruder geht auf indoeuropäisch *bhrāter- zurück“. Da uns aus dem Indoeuropäischen keine Quellen überliefert sind, ist die genannte Form natürlich nicht belegt. Vielmehr wurde sie auf Grundlage vergleichender Studien zwischen vielen indoeuropäischen Einzelsprachen rekonstruiert (s.u. 2.2.1) |
? | Während einige Formen eindeutig ungrammatisch sind (z.B. *ich kief statt ich kaufte), schwankt bei anderen die grammatische Akzeptabilität. Solche Fälle sind statt mit Asterisk mit Fragezeichen gekennzeichnet (?Globusse, ?Atlasse statt Globen, Atlanten). |
Zur Darstellung von Phonen und Phonemen wird das Internationale Phonetische Alphabet verwendet, kurz IPA. Die jeweils aktuelle Version des IPA findet sich auf der Seite der International Phonetics Association unter https://www.internationalphoneticassociation.org/content/full-ipa-chart (zuletzt abgerufen am 10.09.2016).