Читать книгу Die Bruderschaft des Baums - Stefan Kraus - Страница 4
Prolog
ОглавлениеDas tiefe Grollen im Berg war nur als leichtes Zittern an der Oberfläche zu spüren. Ein einzelner Stein löste sich und fiel in großen Sprüngen die grauen steilen Wände des Berges hinunter. Jedes Auftreffen auf die Felsen erzeugte ein lautes helles „Klack“ und ein Echo, das kurz darauf ein leiseres „Klack“ zur Folge hatte. Ein paar aufgeschreckte Krähen erhoben sich in die Luft und flogen mit entrüstetem Krächzen davon. Als die Krähen außer Hörweite waren, war auch von dem Stein und seinem Echo nichts mehr zu hören und es herrschte wieder Ruhe, eine gespenstische Ruhe. In der Luft lag eine gespannte Erwartung, die Vögel hatten aufgehört zu zwitschern und die Insekten waren verstummt. Nur der Wind pfiff durch die zerklüfteten Gipfel der Berge und sang sein kaltes einsames Lied. Die Ruhe dauerte an und dehnte sich. Und dann schließlich begann es.
Die Erde bebte.
Eine Lawine nach der anderen rauschte mit ohrenbetäubendem Getöse ins Tal. Felsen, Bäume und Schnee wurden in bizarren Mischungen in die Tiefe gerissen. Immer wieder erzitterten die hohen weißen Gipfel. Über dem ganzen Gebirge bildete sich eine riesige Staubwolke, die den Himmel verdunkelte und verbarg, was die Lawinen zerstört hatten.
Und dann kehrte erneut Ruhe ein, genauso gespenstisch wie die Ruhe zuvor. Es dauerte lange, bis der Wind den Staub um die Gipfel der Berge davon getragen hatte. Doch dann leuchteten die weißen Kuppen der majestätisch aufragenden Berge wieder in der Sonne. Quer über den ganzen Kontinent zogen sie sich dahin und bildeten eine unüberwindbare gezackte Mauer zwischen dem kalten Norden und dem wärmeren Süden.
Doch als der Wind auch den Rest des Staubs in den Tälern davon geweht hatte, gab er den Blick frei auf einen neuen Einschnitt in den Bergen. Tief im Gebirge verborgen, war ein neues Tal entstanden und das unüberwindliche Gebirge war nicht mehr länger unüberwindlich.