Читать книгу Pflegereduzierte Grünflächen - Stefan Schmidt R. - Страница 8
ОглавлениеDie Kenntnis pflanzlicher Überlebensstrategien kann dabei helfen, dynamische Prozesse in Pflanzungen besser zu verstehen und vor allem zukünftige Entwicklungen im Vorhinein abzuschätzen. Die Erkenntnisse werden vor allem im Bereich des Naturschutzes beim Vegetationsmanagement genutzt. Die Anwendung erscheint aber grundsätzlich auch für gärtnerische Pflanzungen geeignet, da hier ähnliche ökologische Mechanismen zu erwarten sind.
Grundsätzlich gibt es zwei wesentliche Umwelteinschränkungen, die das Wachstum und Überleben von dominanten Arten limitieren: Stress und Störungen [1]. Auftretender Stress am Standort beeinflusst die physiologischen Prozesse in der Pflanze und schränkt die Wachstumsrate ein. Dadurch wird die Biomasseproduktion verringert. Störungen dagegen verletzen oder zerstören Teile der Pflanze (z. B. Mahd, Rückschnitt) oder vernichten die gesamte Vegetation, das heißt sie wirken sich direkt auf die schon vorhandene Biomasse aus.
Wesentliche Stressfaktoren an Pflanzenstandorten sind vor allem extrem niedrige oder hohe Temperaturen, tiefer Schatten, Trockenheit oder geringe Nährstoffverfügbarkeit. Störungsfaktoren sind beispielsweise Beweidung, Tritt, Bodenbearbeitung, Feuer, Mahd oder Rückschnitt. Während der Evolution haben Pflanzen, die in ihrem Lebensraum solchen Umwelteinschränkungen ausgesetzt sind, Anpassungen entwickelt, die ihnen das Überleben und die Regeneration an diesen Standorten ermöglichen. Jeder Standort zeigt daher charakteristische Spektren angepasster Strategietypen, die sich gut heranziehen lassen, um Veränderungen in der Vegetation zu dokumentieren, wie beispielsweise Auswirkungen des Klimawandels oder zunehmende Nährstoffeinträge durch Stickoxide.
Primäre Strategietypen und ihre Kennzeichen
Grime (1979) hat drei grundsätzliche Reaktionen oder „Strategien“ gefunden, wie Pflanzen an Standorten überleben, die von verschiedenen Kombinationen und Intensitäten von Stress oder Störungen beeinflusst werden. Die entsprechenden pflanzlichen Funktionstypen werden als Konkurrenz-, Stress- und Ruderal-Strategen bezeichnet.
Konkurrenz-Strategen (C-Strategen, C = competitive)
Die Kombination von wenig Stress (gute Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit) und nur geringen oder seltenen Störungen (keine Mahd) ist charakteristisch für „produktive“ Standortbedingungen. Solche guten Bedingungen fördern einen starken Pflanzenwuchs und die Dominanz von wuchskräftigen Arten. Pflanzenarten mit guter Anpassung an diese produktiven Lebensräume sind meist hohe, vegetativ ausbreitungsstarke Stauden mit raschem Wachstum. Sie sind sehr effektive Konkurrenten, die häufig die Vegetation dominieren und dabei weniger konkurrenzstarke Arten verdrängen, was zu wenig artenreichen Beständen führen kann. Typische C-Strategen sind Brennnessel (Urtica dioica) und Weidenröschen (Chamerion angustifolium).
Die C-Strategie zielt darauf ab, die Ressourcennutzung (Licht, Wasser, Nährstoffe) zu maximieren. C-Strategen investieren deshalb in üppiges Wachstum und starke vegetative Ausbreitung, um dadurch noch mehr Ressourcen aus der Umgebung nutzen zu können. Einzig Stress und Störungen scheinen auf produktiven Standorten das unbändige Wachstum der C-Strategen zu limitieren und sie daran zu hindern, dominant zu werden. Stress reduziert die Wuchshöhe und die vegetative Ausbreitung konkurrenzstarker Arten und ermöglicht so die Koexistenz von Pflanzen, die weniger Konkurrenzkraft besitzen.
(1) Pflanzungen aus C-Strategen zeigen üppiges Wachstum und produzieren viel Biomasse, die im Spätwinter herunter geschnitten werden muss. Das Schnittgut kann als Mulchmaterial in der Fläche verbleiben. (Bild: © Cassian Schmidt)
Stresstoleranz-Strategen (S-Strategen, S = stress tolerant)
An Standorten mit sehr begrenzten Ressourcen (wenig Nährstoffe, Wasser, Licht) haben Pflanzen verschiedene Strategien der Anpassung an den Lebensraum entwickelt. Stresstolerante Arten wachsen generell langsam, sind meist immergrün, haben häufig eine spezialisierte Physiologie (beispielsweise bei der Kohlenstoffassimilation) und modifizierte Schutzgewebe entwickelt (Sukkulenz, silbrige Behaarung, wachsige Oberflächen). Die Vegetationsdecke ist unproduktiv und relativ lückig mit wenig Biomasse. Ziel der Stresstoleranz-Strategie ist es, die einmal aufgenommenen Nährstoffe möglichst lange im internen Stoffkreislauf der Pflanze festzuhalten, statt sie für weiteres Wachstum zu investieren. Beispiele für „gestresste“ Standorte sind nährstoffarme, saure oder kalkhaltige Magerrasen, Felsfluren, Zwergstrauchheiden, Kalkflachmoore und die Krautschicht von schattigen Wäldern. Nicht alle Pflanzen an potenziell gestressten Standorten sind wirklich stresstolerant sondern eher „Stressvermeider“. Viele Geophyten entziehen sich den Zeiten mit erhöhtem Stress, indem sie im Frühjahr die kurzen Phasen mit günstigen Wachstumsbedingungen ausnutzen und sich dann in unterirdische Speicherorgane zurückziehen, wie beispielsweise viele Geophyten in Laubwäldern oder Steppengebieten.
Störungstoleranz- oder Ruderal-Strategen (R-Strategen, R = ruderal)
Pflanzen an Standorten, an denen Bodenstörungen oder Zerstörungen von Pflanzenteilen oder der gesamten Vegetation eine regelmäßige Erscheinung sind, haben Strategien entwickelt, solchen Störungen entweder ausweichen (Einjährige) oder durch eine rasche Regeneration der Pflanzenteile kompensieren zu können (Wiesenpflanzen, Präriepflanzen). Obwohl es natürlich gestörte Standorte wie beispielweise Flussauen, Erdrutsche, Lawinenbahnen, Kiesstrände und Sanddünen gibt, ist die Mehrzahl gestörter Standorte menschlich bedingt oder beeinflusst. Dazu zählen alle Agrarflächen und Wiesen, aber auch innerstädtische Brachflächen.
Pflanzen, die an solche Bedingungen angepasst sind, zeigen meist ein rasches Wachstum, hohe Reproduktionsraten durch Samen aber auch durch vegetative Ausbreitung. Insbesondere Einjährige sind an häufige Störungen angepasst: Ihr rasches Wachstum ermöglicht es ihnen, Rohböden oder Vegetationslücken nach Störungen schnell zu besiedeln und durch ihre hohe Samenproduktion bis zur nächsten Störung als Samenvorrat im Boden zu überleben. Wir kennen diesen Strategietyp vor allem als Unkräuter in Pflanzungen. Zweijährige und kurzlebige Stauden zeigen eine ähnliche Anpassung, allerdings an etwas längere Störungszyklen (z. B. Kahlschlagvegetation). Die Störungstoleranz-Strategie oder auch Ruderal-Strategie ist eine Art Lebensversicherung: Ressourcen werden in Mechanismen investiert, die eine rasche Reaktion auf regelmäßige Störungsereignisse ermöglichen (viele flugfähige Samen, hohe Keimfähigkeit, rasche Keimung nach Lichtreiz).
Diese drei aufgeführten ökologischen Primär-Strategien stellen die Extreme dar. In der Realität finden sich meist Kombinationen aus zwei oder drei Strategien mit unterschiedlicher Gewichtung, je nach den gegebenen exakten Bedingungen am Standort (sekundäre Mischtypen: CR, CS, SR und CSR).
Artenvielfalt durch Stress und Störungen
Für die Pflege von Pflanzungen im Garten oder öffentlichen Grün lässt sich eine wichtige Erkenntnis hinsichtlich der Erhaltung der Artenvielfalt ableiten: Wenig Stress kombiniert mit geringen Störungen ist zumindest auf produktiveren Standorten ungünstig, da aggressive, konkurrenzstarke Arten auf Dauer gefördert werden. Andererseits bedeuten hohe Intensitäten von Stress und/oder Störungen keine guten Lebensbedingungen für die meisten Pflanzenarten (übrigens auch nicht für die Mehrzahl der kurzlebigen Unkräuter). Im Allgemeinen wird die größte Artenvielfalt in einer Pflanzengemeinschaft durch moderate Intensitäten von Stress und/oder Störungen gefördert und erhalten.
Ökologische Strategien als Grundlage in der Pflege
Die von Hansen und Stahl (1981) für Gartenstandorte entwickelten Lebensbereiche der Stauden geben wichtige Hinweise für standortgerechte Artenkombinationen und geeignete Anordnungsmuster (Geselligkeitsstufen). Damit wird allerdings nur ein Ist-Zustand zum Zeitpunkt der Pflanzung betrachtet. Die zukünftige Entwicklung und Dynamik einer Pflanzung lässt sich dagegen nicht abschätzen: Es fehlen Angaben zum Konkurrenzverhalten und zur ökologischen Funktion der Arten. Die Kenntnis der ökologischen Strategie kann hier als zusätzliche Information helfen, die Dynamik gestalteter Pflanzengemeinschaften besser zu verstehen und durch gezielte Pflegeeingriffe zu steuern.
Während Stress beispielsweise durch geringere Wasser- und Nährstoffgaben verstärkt werden kann, können Störungen durch die Häufigkeit und Intensität mechanischer Pflegeeingriffe (Hacken, Teilrückschnitt, Mahd) gesteigert werden. Ordnet man verschiedene Pflanzungstypen aus dem öffentlichen Grün nach den Intensitäten von Stress, Störungen und Pflegebedarf, so zählen traditionelle Beetstaudenrabatten, Wechselflorpflanzungen und Zierrasenflächen zu den pflegeaufwendigsten Gartenstandorten, weil sie regelmäßige Störungen erfahren und nur geringem Stress ausgesetzt sind. Solche Pflanzungen werden stets auf nährstoffreichen bzw. durch Düngung verbesserten Böden angelegt, auch wenn viele der in Rabatten verwendeten Pflanzen in der Natur auch an weniger produktiven Standorten noch gut gedeihen.
Während Pflanzungen aus Arten der Hochstaudenfluren sich für produktive Gartenstandorte mit wenig Stress und gleichzeitig geringen Störungen eignen, lassen sich Einjährigenwiesen, Staudenwiesen, anspruchsvollere Schattenpflanzungen und Pflanzungen aus vorwiegend Wildstauden mit Beetstaudencharakter gut auf mittleren Standorten mit mäßigen Intensitäten von Stress und/oder Störungen entwickeln, verbunden mit einem mittleren Pflegeaufwand.
Nehmen die Störungen am Standort ab, aber gleichzeitig die Wachstumseinschränkungen zu (mäßige bis geringe Nährstoffverfügbarkeit, Trockenstress, Schattendruck), sind ökologisch und funktional orientierte Pflanzkonzepte, wie Mischpflanzungen aus Wildstauden (z. B. „Silbersommer“) besonders geeignet. Ebenso lassen sich hier Staudenwiesen, Steppenheidepflanzungen und bodendeckende Pflanzungen unter Gehölzen einordnen. Der Pflegeaufwand ist moderat bis gering. An Sonderstandorten mit starkem Stress, wie beispielsweise extensive Dachbegrünungen, Kiesgärten, Mauerkronen und Mauerfugen, kommt ausschließlich die Verwendung von stresstoleranten Arten infrage. Der Pflegeaufwand kann hier sehr gering sein.
Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung in der Pflanzenverwendung
Die Anwendung der ökologischen Strategien in der Pflanzenverwendung und im Pflegemanagement von Staudenpflanzungen ist erst in den letzten Jahren verstärkt beachtet und umgesetzt worden. Insbesondere bei ökologisch-naturalistischen Pflanzungstypen könnten die Strategietypen neben der Lebensbereichseinordnung ein zusätzliches Entscheidungskriterium für eine ökologisch ausgewogene Pflanzenzusammenstellung sein. Allerdings gibt es bisher keine Listen mit Strategiezuordnungen für Gartenpflanzen, die für die Pflanzplanung herangezogen werden könnten. Für die Flora von Deutschland haben Klotz et al. (2002) ökologische Merkmale, unter anderem Strategietypen, in einer Datenbank zusammengestellt, die als Anhaltspunkt für eine Einordnung dienen können. Für die praktische Anwendung in der Pflanzenverwendung lassen sich viele Gartenpflanzen nach morphologischen Kriterien und aus der gärtnerischen Erfahrung heraus zumindest grob einzelnen Strategietypen zuordnen.
(2) Werden Stauden im verkehrsbegleitenden Grün eingesetzt, sind stresstolerante Pflanzenkombinationen gefragt. Mittelstreifen der B 3 in Bensheim. (Bild: © Cassian Schmidt)
Ein Problem bei der Anwendung des CSR-Modells zeigt sich bei der Interpretation der Faktoren Stress und Störung hinsichtlich genauer Pflegemaßnahmen. Um wirklich etwas mit den Strategiezuordnungen anfangen zu können, sind zusätzliche Informationen erforderlich: Beispielsweise zur Art, Intensität und dem Zeitpunkt der erforderlichen Störung oder Angaben über die Gewichtung der Stressfaktoren, also ob es sich um Nährstoffmangel, Lichtmangel, Trockenstress, Wasserüberschuss oder Kombinationen aus mehreren Faktoren handelt. Die Strategiezuordnungen müssen also jeweils auf bestimmte Standorte (Lebensbereiche) und Pflanzungstypen bezogen werden. Wird dies beachtet, könnten durch die Kombination kompatibler Strategietypen mit ähnlichen Konkurrenzeigenschaften dauerhafte Pflanzenmischungen kreiert werden. Die so ausgewählten Arten könnten bei angepasster Pflege voraussichtlich dauerhaft miteinander koexistieren, ohne sich gegenseitig zu verdrängen.
Planung und Staudenpflege auf Basis ökologischer Strategien
Gemeinsamkeiten bei Pflanzungstypen mit ähnlichem Pflegebedarf lassen sich schon deutlich im Vegetationsbild erkennen: Ein ähnlicher Aufwuchstyp (Hochstauden/Matten bildende Stauden/Halbsträucher) oder der jahreszeitliche Entwicklungsrhythmus (Vorsommer-/Hochsommerblüher oder frühgrünend/spätgrünend) sind wichtige Kriterien zur Abgrenzung. Ähnliche Aufwuchstypen sind meist auch an vergleichbare Standortbedingungen beziehungsweise Lebensbereiche gebunden.
Die gezielte Planung von Staudenflächen nach ökologischen Strategietypen und den Lebensbereichen kann dazu beitragen, den Pflegeaufwand von Pflanzungen deutlich zu reduzieren und gleichzeitig deren Nachhaltigkeit zu erhöhen. Pflegestrategien haben aber auch ästhetische Auswirkungen: Sie unterstreichen und betonen den Charakter des jeweiligen Pflanzungstyps.
Entwicklung nachhaltiger Pflegekonzepte
Die ökologischen Strategietypen nach Grime stellen ein wertvolles Hilfsmittel zur Abschätzung der langfristigen dynamischen Entwicklung und des Pflegebedarfs unterschiedlicher Pflanzungstypen dar. Das anzustrebende Pflegekonzept und die notwendige Pflegeintensität ergeben sich sowohl aus der ökologischen Strategie der Pflanzenzusammensetzung als auch aus dem jeweiligen Entwicklungszustand (Sukzessionsstadium) der Pflanzengemeinschaft. Neuanlagen haben beispielsweise gegenüber eingewachsenen Pflanzungen immer einen erhöhten Pflegebedarf. Mithilfe optimierter Pflegemethoden, die sich an den pflanzlichen Überlebensstrategien orientieren, können drei grundsätzliche Pflegestrategien für Staudenpflanzungen entwickelt werden.
Pflegekonzept für konkurrenzstarke Pflanzungstypen
Die Mehrzahl der Pflanzenstandorte in Gärten, Parks oder dem öffentlichen Grün stellen keine Extremstandorte dar. Auf solchen guten Standorten mit wenig Stress (geringe Wachstumseinschränkungen) sind diejenigen Pflanzengemeinschaften besonders pflegearm, deren Arten hoch, wuchsstark und konkurrenzfähig sind und deren Artenspektrum in dieser Hinsicht aufeinander abgestimmt ist. Der üppige Eindruck einer „C-Pflanzengemeinschaft“ entspricht dem Charakter von nährstoffreichen Wiesen, montanen Hochstaudenfluren, Staudensäumen, Gehölzrändern und lichten Gehölzbereichen. Auch die meisten Arten der nordamerikanischen Hochgrasprärien frischer bis feuchter Standorte lassen sich hier einordnen. Im Stadtgrün sollten C-Strategen vorwiegend in den Lebensbereichen frische bis feuchte Freifläche, frischer bis feuchter Gehölzrand und Beet verwendet werden.
Pflanzungen aus C-Strategen sind im öffentlichen Grün, insbesondere auf größeren Flächen, geradezu ideal. Sie erreichen schnell eine hohe Flächenbedeckung und sind langlebig, bevorzugen allerdings nährstoffreiche, frische Böden. Aufgrund ihrer Wuchskraft eignen sie sich auf größeren Flächen auch für grob strukturierte Blockpflanzungen mit eingeschränktem Artenspektrum (vgl. Kapitel „Differenzierte Blockpflanzungen“). Bekannte Pflanzplaner, wie Piet Oudolf oder Petra Pelz, arbeiten in ihren oft großflächigen Pflanzkonzepten fast ausschließlich mit C-Strategen.
Pflegetechnische Trennung von Vorsommer- und Hochsommerblühern
Pflegetechnisch zu trennen sind früh grünende Pflanzengemeinschaften mit Blühhöhepunkt im Vorsommer (mitteleuropäisch) von spät grünenden, im Hoch- und Spätsommer blühenden C-Gemeinschaften (nordamerikanisch), die generell günstiger im Pflegeaufwand abschneiden. Das liegt vor allem daran, dass früh grünende Pflanzengemeinschaften meist einen zusätzlichen Teilrückschnitt im Juli nach der Hauptblüte benötigen, da sie sonst unordentlich wirken. Die meisten im Hochsommer blühenden C-Strategen dagegen benötigen keinen Pflegeschnitt im Sommer. Sie bleiben nach der Blütezeit bis in den Winter hinein ansehnlich und standfest. Dies gilt insbesondere für die hohen nordamerikanischen Beet- und Präriestauden. Konkurrenzstarke Pflanzenkombinationen mit hohem Deckungsgrad sind deshalb auf nährstoffreichen, frischen bis mäßig trockenen Böden die wirksamste Möglichkeit, den starken Unkrautdruck solcher Standorte in den Griff zu bekommen. Ein Pluspunkt konkurrenzstarker Pflanzungstypen ist außerdem, dass sie günstig durch nicht selektive, maschinelle Methoden bodeneben zurückgeschnitten werden können. Die Pflege erfolgt nach dem Prinzip geschlossener Kreisläufe: Das Schnittgut kann gehäckselt als Mulchschicht in den Flächen verbleiben. Offenflächen und offener Boden sollten vermieden werden. Der jährliche Pflegeaufwand für „C-Flächen“ ist mit 7-12 Minuten pro Quadratmeter mäßig hoch.
(3) Bei im Vorsommer blühenden, wiesenartigen Pflanzungen mit regenerationsfreudigen Arten kann in der ersten Julihälfte ein Rückschnitt mit dem Rasenmäher/Freischneider durchgeführt werden. (Bild: © Cassian Schmidt)
Tipp: Umgang mit Ausbreitungskraft und Streubildung in konkurrenzstarken Pflanzungen
Strategen, insbesondere auf kleineren Pflanzflächen, ein Problem darstellen. Nach einigen Jahren können die im Anfang noch ausgewogenen Proportionen der Pflanzung allmählich verloren gehen. Durch seitliches, klonales Wachstum vergrößern sich die Staudenhorste oder durchdringen mit Ausläufern die Nachbarpflanzen. Die zunehmende Konkurrenzsituation im Bestand führt zur Verdrängung schwächerer Arten. Ein ursprünglich als kleinteilige Mosaikpflanzung konzipiertes Pflanzkonzept verwandelt sich allmählich in eine grob strukturierte Blockpflanzung mit nur noch wenigen besonders konkurrenzkräftigen Arten. Ohne entsprechend steuernde Pflege kann diese dynamische Veränderung innerhalb des Pflanzenbestands kaum aufgehalten werden. C-Strategen sind allerdings empfindlich gegenüber häufigen Störungen und genau an diesem „wunden Punkt“ kann die Pflege lenkend ansetzen.
Ein typisches Kennzeichen der meisten Pflanzungen aus C-Strategen ist die üppige Produktion von Biomasse im Sommer und ein entsprechend hoher Anteil anfallender Streu aus abgestorbenen Pflanzenteilen im Winter. Spätestens vor dem Austrieb im Frühjahr sollte das trockene Pflanzenmaterial bodennah zurückgeschnitten werden. Entweder wird das Schnittgut abgefahren und kompostiert, am besten aber wird es vor Ort gehäckselt und als Mulchschicht auf der Fläche belassen. Für den Räumschnitt im Spätwinter orientiert man sich am besten am Austrieb der Frühjahrsgeophyten. Beim maschinellen Sommerschnitt ist dagegen das Abreifen und Einziehen des Geophytenlaubes entscheidend für den Termin. Narzissen und Prärielilien (Camassia) ziehen erst Ende Juni vollständig ein.
Pflegeschnitte in C-Pflanzungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen
Das wirksamste Mittel, um die Ausbreitungskraft und Streukraft einzudämmen, sind Störungen in Form von Pflegeschnitten, die zu einer vorübergehen, totalen oder teilweisen Zerstörung von Biomasse führen. Am deutlichsten wuchsreduzierend wirken sich Rückschnitte während der Vegetationsperiode aus. Im Sichtungsgarten Hermannshof wird diese Erkenntnis zum Beispiel bei der Pflege einer Pflanzung im Lebensbereich frische bis feuchte Freifläche (Wieseniris-Taglilen-Pflanzung) genutzt, um sehr ausbreitungsfreudige Arten im Wuchs zu bremsen und damit den Artenbestand in den gewünschten Mengenverhältnissen weitgehend zu erhalten. Konkurrenzstarke Frühsommerblüher, wie wiesenartige Geranium-Arten, Alchemilla mollis, Bistorta officinalis und im Mai blühende Hemerocallis-Sorten und -Wildformen, sind regenerationsfreudig genug, um nach einem sommerlichen Totalrückschnitt mit dem Rasenmäher oder Freischneider (ausgeführt Ende Juni bis Anfang Juli) rasch wieder durchzutreiben. Das Schnittgut wird auf der Pflanzfläche mit dem auf 3 cm hoch eingestellten Rasenmäher gehäckselt und als Mulchdecke liegengelassen.
(4) Nach dem Sommerrückschnitt (Mahd) Anfang Juli treiben die Stauden wie Alchemilla und Geranium rasch wieder durch. Das mit dem Mulchmäher zerkleinerte Schnittgut wurde in der Fläche belassen. (Bild: © Cassian Schmidt)
Die Pflanzendecke regeneriert sich rasch innerhalb von 3-4 Wochen und ist dann deutlich kompakter. Ein wirres Pflanzendickicht wird vermieden und die Proportionen der Pflanzung sind wieder eindeutig ablesbar. Ein positiver Nebeneffekt ist zudem eine schwache Zweitblüte im Spätsommer (Remontieren). Bei der Planung sollte die spätere Pflegbarkeit unbedingt beachtet werden, insbesondere wenn Maschinen eingesetzt werden sollen (dann keine wintergrünen Arten einplanen). Bereiche mit schnittverträglichen Arten können zum Beispiel durch Anordnung in Drifts oder Blocks räumlich von schnittunverträglichen Arten getrennt werden. Die Mehrzahl der C-Strategen ist gering schnittverträglich oder verträgt Sommerschnitte überhaupt nicht. In der Wieseniris-Taglilien-Pflanzung sind das: Iris sibirica, Euphorbia palustris, Thalictrum lucidum, Lythrum salicaria und Molinia arundinacea.
Pflegekonzept für stresstolerante Pflanzungstypen
Im öffentlichen Grün sind Pflanzenzusammenstellungen aus niedrigwüchsigen, langlebigen Stress-Strategen (S-Strategen) und Stress-Konkurrenz-Strategen (SC-Strategen) vorwiegend auf die Bepflanzung von Sonderstandorten beschränkt: sehr trockene Freiflächen mit mageren oder mineralischen Substraten, Kiesgärten, Steinanlagen, Trockenmauern, trockene Verkehrsinseln, extensiv begrünte Dachflächen, nasse Sumpf- und Moorbereiche an Gartenteichen, Heidegärten aber auch Flächen im stark schattigen Kronenbereich von Gehölzen. Solche Standorte sind durch deutlich ausgeprägte Wachstumsbeschränkungen gekennzeichnet, wie Wassermangel (Trockenstress), Nährstoffmangel, Lichtmangel (starke Beschattung), Wasserüberschuss (Staunässe) oder der Überschuss bestimmter Ionen (z. B. sehr saure, sehr kalkhaltige oder salzhaltige Böden).
Anwendung stressbetonter Pflegemethoden
Unter der Voraussetzung einer genau auf den Standort abgestimmten Pflanzenauswahl aus stresstoleranten Arten ist der jährliche Pflegeaufwand für „S-Flächen“ mit ermittelten 2,6 bis 3,5 Minuten pro Quadratmeter (ohne Rüstzeiten) gering bis sehr gering. Sehr günstig schneiden auch niedrige Waldstauden- und Geophyten-Flächen unter Laubgehölzen ab. Der Pflegeaufwand lag hier sogar zwischen 1,8 und 3,0 min/m2 im Jahr. Vorteilhaft hinsichtlich des Pflegaufwands ist bei allen stresstoleranten Pflanzengemeinschaften der relativ geringe jährliche Aufwuchs. Es fällt dementsprechend sehr wenig Schnittgut an, das entfernt werden muss, insbesondere in Schattenpflanzungen. Zusätzlich ist das Unkrautaufkommen stressbedingt gering. Die Pflege sollte die Standortextreme fördern und erhalten (Aushagerung durch Schnittgutentfernung, Verwendung mineralischer Substrate oder Mulchstoffe, Ausnutzung von Wurzeldruck und Lichtmangel unter Gehölzen, Störungen vermeiden).
Konkurrenzstarke Pflanzungstypen mit Stresstoleranz
Im öffentlichen Grün sind die Standortverhältnisse meist nicht so extrem, dass reine Stress-Strategen verwendet werden können. Hier bietet sich die Gruppe der stresstoleranten Konkurrenz-Strategen (SC-Strategen) als Alternative an. Sie sind einerseits noch genügend konkurrenzstark, um eine relativ dichte Pflanzendecke zu bilden, andererseits vertragen sie zeitweilig auch mäßigen Stress. Viele Arten der trockenen Freiflächen, Steppenheiden, trockenen Prärietypen, trockenen Gehölzränder aber auch wechselfeuchter Standorte lassen sich hier einordnen.
(5) Mischpflanzung „Präriesommer“ mit stresstoleranten Konkurrenzstrategen wie Echinacea, Parthenium und Panicum. (Bild: © Cassian Schmidt)
Der Aufwuchs ist deutlich niedriger, als bei reinen C-Strategen, es treten zum Teil wintergrüne Grundrosetten auf und es zeigen sich einige morphologische Anpassungen an leichten Stress (z. B. schmalere, festere Belaubung, Behaarung und ausgeprägte Stützgewebe).
Für mäßig trockene Standorte geeignete Pflanzenzusammenstellungen nach dem Mischpflanzungsprinzip, wie „Silbersommer“, oder der Präriestaudenmischung „Indianersommer“ bestehen überwiegend aus solchen stresstoleranten Konkurrenzstrategen. Die verwendeten halbhohen Arten dieser Mischungen entstammen größtenteils mäßig trockenen Lebensräumen, wie den heimischen Magerrasen, den südosteuropäischen Wiesen-Steppen oder der trockeneren Varianten der nordamerikanischen Hochgrasprärie. Der jährliche Pflegeaufwand ist in eingewachsenen Pflanzungen mit 3,5 bis 7 min/m2 mäßig hoch bis gering. Eine mineralische Mulchschicht von mindestens 7 cm Splitt, Körnung 8-16 mm, oder Kies verringert die Verunkrautung, erhält die Feuchtigkeit und unterstützt den Steppencharakter.
Pflegekonzept für störungstolerante Pflanzungstypen
Ruderal-Flächen mit Pionierarten sind in Gärten und städtischen Grünflächen relativ häufig anzutreffen. Alle Staudenflächen mit nährstoffreichem, offenem Boden oder häufigen Störungen gehören dazu: Neuanlagen, klassische Prachtstaudenrabatten, Wechselflor-Flächen und Einjährigenwiesen. Der hohe und regelmäßige Aufwand, der nötig ist, um solche Schmuckpflanzungen zu erhalten, begründet häufig den Ruf von pflegeaufwendigen Staudenpflanzungen. In der Praxis zeigt sich, dass bereits ein geringer ruderaler Anteil in der Pflanzenzusammensetzung einer Fläche pflegetechnisch relevant ist.
Anwendung und Problematik ruderaler Pflegemethoden
Durch eine konventionelle, beetartige Pflege mit häufigen Bodenstörungen (hacken, fräsen, umgraben) werden frühe Sukzessionsstadien dauerhaft fixiert und damit der Unkrautbewuchs gefördert. Dies bedeutet in der Regel einen hohen Pflegeaufwand, der im Jahr meist über 15 bis 20 AK-Minuten pro Quadratmeter liegt. Für anspruchsvolle Schmuckpflanzungen mit einer Mischung aus mäßig langlebigen Beetstauden, Zweijährigen und Einjährigen ist eine „ruderale“ Pflegestrategie allerdings notwendig und angebracht. Die Entwicklung der R-Strategen wird durch Störungen gefördert, Offenflächen oder offener Boden schaffen die notwendigen konkurrenzfreien, kleinräumigen Pionierstandorte.
Eine Alternative zu den sehr pflegeaufwendigen Wechselpflanzungen sind jährlich neu angesäte Einjährigenwiesen aus speziell zusammengestellten Samenmischungen (vgl. Kapitel Ansaaten). Auch sie sind auf jährliche Bodenstörungen angewiesen, die sich allerdings mit relativ geringem Aufwand maschinell, beispielweise durch Fräsen oder im Garten durch Grubbern, durchführen lassen. Mischungen aus Einjährigen sind deshalb besonders geeignet für frühe Sukzessionsstadien, zum Beispiel Erstbegrünungen im Hausgarten oder temporäre Projekte im öffentlichen Grün. In jungen Staudenpflanzungen können einjährige und kurzlebige, weniger konkurrenzstarke Arten als Füller vorübergehend die Lücken zwischen den langlebigen, konkurrenzstärkeren Stauden besetzen. Sollen aber in einer Pflanzung aus ästhetischen Gründen Arten mit unterschiedlichen ökologischen Strategien auf Dauer erhalten bleiben, erhöht sich der Pflegeaufwand beträchtlich.
Literatur
[1] Dierschke, H (1994): Pflanzensoziologie: Grundlagen und Methoden; Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
[2] Dunett, N (2004): The dynamic nature of plant communities – pattern and process in designed plant communities; in: The Dynamic Landscape – Design, Ecology and Management of Naturalistic Urban Planting; Spon Press, London, New York.
[3] Grime, J.P.(2001): Plant Strategies, Vegetation Processes and Ecosystem Properties; John Wiley & Sons, Ltd, Chinchester.
[4] Hansen, R.; Stahl, F. (1981, 1990): Die Stauden und ihre Lebensbereiche in Gärten und Grünanlagen; 4. Auflage; Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart.
[5] Kingsbury, N; Oudolf, P. (2005): Maintainance and ecological strategies; In: Planting Design – Gardens in time and space; Timber Press, Portland, Oregon
[6] Klotz et al. (2002): BIOFLOR – eine Datenbank mit biologisch-ökologischen Merkmalen zur Flora von Deutschland; in: Schriftenreihe für Vegetationskunde Heft 3, Bundesamt für Naturschutz.
[7] Köppler, M.R. (2005): Anwendung vegetationsökologischer Theorien auf die Pflanzenverwendung; Diplomarbeit im Fachgebiet Ingenieurbiologie, Technische Universität Berlin.
[8] Larcher, W. (1994): Ökophysiologie der Pflanzen: Leben, Leistung und Stressbewältigung der Pflanzen in ihrer Umwelt, 5. Auflage; Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.