Читать книгу Erfolgreich Navigieren im polizeilichen Führungsalltag - Stefan Eberz - Страница 5

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Vorwort des Inspekteurs der Polizei Rheinland-Pfalz

Wir leben in der besten aller Zeiten, dies behauptet zumindest der Kolumnist Eric T. Hansen in "Zeit online"1 und dies müsse uns vor allem in Deutschland, nach zwei Weltkriegen und der Überwindung zweier Diktaturen mehr als bewusst sein. Dies ist sicherlich richtig, wenn wir die Aspekte Sicherheit, Gesundheitswesen, Bildung, Gleichberechtigung, pp. betrachten. Doch wir leben auch in einer Zeit schneller gesellschaftlicher, technischer, digitaler, klimatischer, gesundheitlich virologischer Veränderungen: Vor allem die klimatischen Veränderungen und deren Auswirkungen, die wir leider hier in Rheinland-Pfalz bei der Flutkatastrophe im Sommer letzten Jahres an der Mosel und der Ahr hautnah erleben mussten, die Corona-Pandemie, die fortschreitende "digitale Revolution" sowie die omnipräsente Nutzung von social media, verunsichern die Menschen. Häufig stellt man bei der Suche nach Ursachen und Auswirkungen fest, dass es scheinbar mehrere Wahrheiten gibt, dass vor allem "das Netz" eigene Wahrheiten generiert, bewusste Lügen und Manipulationen von Teilen unserer Gesellschaft (seien sie auch noch so klein) die Orientierung einschränkt, sie erschwert, in vielen Fällen unmöglich macht.

Und wir Polizistinnen und Polizisten leben und arbeiten in dieser Gesellschaft, viele "24/7", sind "#immerda" und sehr oft dazwischen, zwischen den Fronten und inmitten all der "Querdenker", Reichsbürger, Leugner, Ewiggestrigen, Nazis, Judenhassern, Besserwissern. Und unsere eigene polizeiliche Welt droht zu erodieren, unsere Werte werden in Frage gestellt durch selbst verursachte Skandale, rechtsextremistische Äußerungen, "Männerkulte", Macht- und Sex orientierte Verhaltensweisen, die unsere in langen Jahren hart erarbeitete Reputation, das Vertrauen in die Polizei, erschüttern.

Ich bin froh, dass wir gerade in diesen Zeiten die Bedeutung und den Wert von Führung neu entdecken, auch in der Gremienstruktur unserer Polizei verankern. Wir Führungskräfte nehmen -im gut verstandenen Sinne- Einfluss auf das Verhalten von Polizistinnen und Polizisten, deren Leistungsvermögen und -bereitschaft, deren Gesundheit, die Organisationskultur und die (gelebten) Werte innerhalb unserer Polizei. Und ich erachte es als ungemein wichtig, Führung auch und insbesondere als ein "Orientierung geben" zu verstehen, gerade inmitten des Generationswechsels in vielen Länderpolizeien und der Bundespolizei. Speziell unser polizeilicher Nachwuchs hat einen Anspruch auf die allerbeste Führung, es muss gelingen, die Werte und Philosophie unserer Bürgerpolizei zu verdeutlichen und auch zu leben, ein Vorbild zu sein.

Der "Markenkern" unserer demokratischen Polizei ist die Bindung an Recht und Gesetz und unser Leitmotiv ist beschrieben im wohl schönsten deutschen Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar….und sie zu schützen und zu achten, ist unsere Aufgabe".

Dieser gegenseitige Respekt, die Achtung des Anderen, unsere Kommunikation nach innen und außen, das gleichberechtigte Nebeneinander, die aktive Mitbestimmung der Personalvertretungen, das Fördern und Fordern gerade der jungen Kolleginnen und Kollegen, das "Fehler machen dürfen" inklusive der erforderlichen Korrektur, all' dies sind Ansprüche an unser Führungsverständnis und -handeln.

Dabei haben wir uns leider all' zu lange mit diesem Verständnis nicht intensiv genug auseinander gesetzt, haben übersehen, dass es in die Jahre gekommen ist und nicht Stand halten konnte mit den aktuellen Entwicklungen und Anforderungen gerade der jüngeren Generationen. Ich bin aber zuversichtlich, dass der aktuelle Diskussionsprozess beispielsweise im UA FEK2 unser polizeiliches Führungsverständnis analysiert, bewertet und letztlich fortentwickelt. Ein entsprechender Auftrag wurde an die neu geschaffene "AG Führung" erteilt und damit eine Auseinandersetzung mit dem mehr als 25 Jahre alten, in der der PDV 100 niedergeschriebenen, Führungssystem auf den Weg gebracht.

Die Autoren haben einige dieser Gremiensitzungen im UA FEK und der damaligen "Expertengruppe Führung" begleitet, in Diskussionen Anregungen aufgegriffen, zugehört. Sie haben diese Anregungen mit in ihre eigenen Führungsüberlegungen aufgenommen, ihre Ansätze fortentwickelt. Hierbei wurden sowohl der aktuelle wissenschaftliche Diskurs als auch die eigenen Führungserfahrungen und -erwartungen eingebracht. Im Ergebnis haben die Autoren neue Ideen entwickelt, stellen aber auch ein Führungssystem und Führungsinstrumentarien vor, die in der polizeilichen Praxis Anwendung finden können.

So gibt das vorliegende Buch einen prägnanten Überblick über aktuelle Herausforderungen in der polizeilichen Führungspraxis, wichtige allgemeine und polizeispezifische Führungsansätze und fokussiert letztlich in der „Praxisorientierten Synthese“ auf eine gut begründete und handhabbare Auswahl von Aspekten, die in der polizeilichen Führungspraxis den Unterschied zwischen guter und weniger guter Führung ausmachen: ein polizeispezifischer Wertekompass, eine professionelle Reflexion inklusive eines darauf basierenden Störungsmanagements und einer zielgerichteten Weiterentwicklung. Darüber hinaus schärfen die drei Handlungsfelder A) Menschen und Interaktionen, B) Aufbau- und Ablauforganisation und C) Menschen und Interaktionen den Blick dafür, dass moderne Führungskräfte mehrdimensional denken und auf unterschiedlichen Ebenen handeln müssen. Auch der Gedanke, dass sich das Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitenden wechselseitig beeinflusst und dass daher auch beide Seiten eine Verantwortung für ein gutes Miteinander und den gemeinsamen Erfolg tragen, entspricht einem zeitgemäßen Verständnis von Führung.

Ich bin mir sicher, dass dieses Buch "Erfolgreich navigieren im polizeilichen Führungsalltag" seinen Beitrag zur erforderlichen Fortentwicklung unseres polizeilichen Führungsverständnisses leisten wird.

Jürgen Schmitt

Inspekteur der Polizei Rheinland-Pfalz und Vorsitzender des UA FEK, im Januar 2022

1 abgerufen in "Zeit online" am 30.12.2021, 14:50 h

2 "Unterausschuss Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung" als Untergremium der Innenministerkonferenz.

Erfolgreich Navigieren im polizeilichen Führungsalltag

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