Читать книгу Schutzengelstreik 2 - Stefanie Kothe - Страница 6

Auf der Suche nach Kasi

Оглавление

„Papa, ich bin wieder da.“ Juno kuschelte sich in die Arme ihres Vaters.

„Können wir gleich losgehen und die Zäune ansehen? Ich möchte nicht, dass einem unserer Tiere etwas passiert.“

„Engelchen, ich möchte, dass wir zuerst Frühstücken und dann gehen wir los.“

„Ach bitte, Papa! Wir können uns ja ein paar Brote für unterwegs einpacken und dann später essen. Ich mache mir wirklich Sorgen.“ Johannes sah seine Tochter stolz an. Immer dachte sie an alle anderen zuerst. Das hatte sie eindeutig von seiner Frau. Er holte seinen Wanderrucksack und packte das Frühstück ein.

„Von mir aus können wir los, Juno. Bist du dir sicher, dass du solch einen Ausflug schaffst?“

„Klar Papa, kein Problem, mir geht es wieder richtig gut, ehrlich. Wenn ich nicht, mehr kann, machen wir eben eine Pause. Als erstes sollten wir an die Stelle gehen, an der Wirbelwind mich abgeschmissen hat. Ich denke, dort werden wir am schnellsten Hinweise finden.“ Johannes stieg ins Auto und fuhr mit seiner Tochter an den Waldrand.


„Weißt du, wo genau du gestürzt bist?“ Juno nahm ihren Vater an die Hand und führte ihn an die Stelle.

„Genau hier war es. Da bin ich mir sicher und der Knall kam von da drüben.“ Sie deutete in die Richtung der Höhle. Johannes nahm sie auf den Arm und lief mit ihr dort hin. Als sie vor dem Eingang standen, stellte er seine Tochter wieder auf die Füße.

„Ich möchte, dass du hier draußen wartest. Ich werde mich da drin umsehen.“ Er holte die Taschenlampe aus seinem Rucksack. Juno hielt ihn am Arm fest.

„Papa, bitte lass mich nicht allein hier draußen.“ In ihrer Stimme hörte er Panik.


„Also gut, aber du bleibst direkt neben mir.“ Johannes leuchtete in den Gang und tastete sich vorsichtig einen Schritt nach dem anderen voran.

„Papa, warum habe ich die Höhle noch nie zuvor gesehen? Sie gehört doch zu unserem Grundstück.“

„Ich kenne sie auch noch nicht. Schau, da drüben sind einige kleine Felsen. Langsam näherten sie sich.“

„Papa, was ist das?“ Juno deutete auf einen weißen Schnipsel, der auf dem Boden lag. Johannes ging näher ran und nahm ihn in die Hand.

„Das ist ein Knallfrosch. Vermutlich war es das, was du gehört hast. Durch den Hall klang es wie ein Schuss.“

„Das bedeutet, dass jemand hier war. Aber wer? Und warum? Lass uns bitte die Zäune kontrollieren. Irgendwie muss die Person ja hierhergekommen sein.“ Als Juno und Johannes einige Stunden später nach Hause kamen, wurden sie von Maria schon erwartet.


„Habt ihr was gefunden?“, fragte sie gespannt, während sie ihrer Tochter aus ihrer Jacke half.

„Allerdings. Wir haben das ganze Gelände überprüft und nirgendwo ist auch nur das kleinste Loch im Zaun. Dafür haben wir in einer Höhle die Überreste eines Knallfrosches entdeckt.“

„Mami, darf ich in den Stall? Ich möchte Wirbelwind sagen, dass alles in Ordnung ist. Sie macht sich sicher Sorgen um mich. Vielleicht hat Kasi Lust mitzukommen und mir beim Füttern zu helfen.“

„Mach das, aber komm nicht auf die Idee zu reiten. Bring sie nachher auf die Koppel, da kann sie sich austoben.“


„Ich verstehe das nicht, Johannes. Wenn niemand unseren Wald betreten kann, wie kann dann jemand dort Knallfrösche werfen und warum?“

„Ich kann dir darauf keine Antwort geben, aber wir müssen es rausfinden. Ich hoffe nur, dass es niemand direkt auf Juno abgesehen hat.“

„Ich werde mit Kassandra sprechen, vielleicht weiß sie oder Aurora mehr.“

„Mach das, mein Schatz. Ich bringe die Zwillinge ins Bett und sehe dann nach Kasi und Juno.“


„Was meinst du Kassandra? Wie passt das alles zusammen? Hat es jemand auf Juno abgesehen? Hat Aurora dir was gesagt?“

„Maria, bitte beruhige dich. Ich habe mit Aurora direkt nach dem Unfall gesprochen. Sie konnte ihn leider nicht verhindern und das tut ihr leid. Aber dass das jemand mit Absicht verursacht haben soll, höre ich zum ersten Mal. Ich werde Augen und Ohren offenhalten.“

„Danke, Kassandra. Meinst du, ich könnte selbst mit ihr sprechen?“


„Juno, was ist los? Tut dir deine Hand noch weh?“ Das Mädchen hatte sich an Wirbelwind gekuschelt, doch Kasi sah ihre Tränen.

„Nein, meiner Hand geht es gut. Ich bin nur wütend auf mich selbst. Hätte ich besser aufgepasst, wäre ich nicht runtergefallen. Jetzt darf ich wochenlang nicht reiten und dass Mama und Papa mich danach wieder aufs Pony lassen, glaube ich nicht. Was, wenn sie mir Wirbelwind wegnehmen?“ Kasi schüttelte den Kopf.

„Das würden Mama und Papa niemals machen. Sie wollen, dass du glücklich bist. Du wirst sehen, sobald dein Gips ab ist, darfst du wieder reiten.“

„Und was soll ich bis dahin machen? Ich möchte nicht den ganzen Sommer zu Hause bleiben. Ich kann nicht schwimmen gehen, oder sonst was machen.“

„Keine Angst, dann passe ich eben auf dich auf. Wir werden viel Spaß haben.“

„Na toll, meine Babyschwester als Nanny, genau das habe ich gebraucht.“

„Du bist gemein. Ich bin kein Baby. Du bist nur zufällig zwei Jahre älter als ich.“

„Ach lass mich doch in Ruhe. Du hast keine Ahnung, wie es ist, wenn man bald in die Schule kommt, du Zwerg.“ Kasi trafen Junos Worte mitten ins Herz.

„Du bist so fies, ich hasse dich. Ich habe keine große Schwester mehr“, schrie sie und raste aus dem Stall.

„Wie kann Juno nur so gemein sein“, dachte die Kleine und rannte, bis sie kaum noch Luft bekam. So hatten sie sich noch nie gestritten.


„Juno, da bist du ja wieder. Ist mit Wirbelwind alles ok?“

„Ja Mami, ihr geht es gut. Aber ich vermisse es zu reiten. Darf ich irgendwann wieder mit ihr raus?“

„Natürlich darfst du das. Ich weiß doch, wie wichtig dir das Reiten ist. Aber vorher muss dein Arm heilen.“

„Dann hatte Kasi recht? Ich dachte, du lässt mich nach dem Unfall nie wieder aufs Pony.“

„Wie kommst du denn darauf? Ich werde mir natürlich immer Sorgen um dich machen, das ist ganz normal, aber es hätte keinen Sinn, dir das zu verbieten. Du bist eine sehr gute Reiterin und Wirbelwind ein liebes Pony. Es war nicht eure Schuld, dass du gestürzt bist. Der Knallfrosch hat den Unfall verursacht, oder die Person, die ihn geworfen hat. Das ist unverzeihlich.“


„Oh nein. Nora, hast du das gehört? Sie wird uns nie verzeihen. Wir haben es vermasselt. Dabei wollte ich mich entschuldigen.“

„Mach dir keinen Stress, Verena, du wirst schon noch deine Gelegenheit bekommen. Lass uns jetzt hier verschwinden, bevor sie uns entdecken.“

„Und wo willst du hin? Lass uns mit dem Chef reden. Wenn wir ehrlich sind, wird er bestimmt eine Lösung finden und wir bekommen keinen Ärger.“

„Spinnst du? Komm mit, ich habe eine Idee.“

„Was für eine? Warte auf mich.“


„Nora, was willst du hier? Diese Höhle hat uns schon genug Probleme bereitet.“

„Schau mal da rüber. Wer ist das da auf dem Stein?“

„Das ist Kasi. Die mittlere Tochter von Maria. Wir haben sie schon mal gesehen, bevor wir Juno gefolgt sind. Sie sieht traurig aus.“

„Los, lass uns rüber gehen und mit ihr reden. Vielleicht können wir ihr helfen und dann mit ihrer Mutter sprechen.“


„Hallo, wer bist du denn und warum weinst du?“, fragte Nora. Das Mädchen zuckte zusammen.

„Ich heiße Kassandra, aber alle nennen mich Kasi. Wer seid ihr denn?“

„Also ich heiße Nora und das ist meine beste Freundin Verena. Was ist los mit dir?“

„Ich habe mich mit meiner großen Schwester gestritten. Sie hat sich den Arm gebrochen und deswegen schlechte Laune. Sie hat mich als Baby bezeichnet und als Zwerg. Dabei ist sie nicht viel älter als ich.“ Nora nahm sie in den Arm.

„Oje, ich weiß, wie du dich fühlst. Ich habe auch eine große Schwester. Immer behandeln sie einen wie Babys und sagen einem, was man tun und lassen soll. Hast du noch mehr Geschwister?“

„Ja, einen Bruder und eine Schwester. Sie heißen Laura und Lucas, sie sind Zwillinge, aber noch ganz klein. Sie werden bald zwei.“

„Sollen wir dich nach Hause bringen? Deine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen um dich und bald wird es dunkel“, erkundigte sich Verena.

„Nein! Auf keinen Fall. Ich gehe nie wieder nach Hause. Meine Schwester hasst mich und außerdem bin ich schon groß und komme allein klar.“

„Da hast du recht. Aber hier draußen wird es kalt. Komm doch mit uns mit, wir leben auch ohne unsere Eltern“, erklärte Nora. Verena sah sie verwirrt von der Seite an. Was redete ihre Freundin da? Wo wollte sie mit der Kleinen hin?

„Ja gerne. Wo wohnt ihr denn? Ist das weit von hier?“, fragte Kasi.

„Nein ist es nicht. Wir müssen durch die Höhle durch.“

„Bitte entschuldige uns einen Moment. Wir sind gleich wieder bei dir.“ Verena zog Nora einige Meter weiter.


„Kannst du mir mal erklären, was das werden soll?“

„Mensch Verena, denk nach. Die Kleine will nicht nach Hause und wir können sie nicht hierlassen. Wir retten sie also. Dafür wird Maria uns so dankbar sein, dass sie uns verzeiht. Los komm jetzt.“

„Sekunde, wo willst du mit ihr hin? Wir können sie schließlich nicht mit nach oben nehmen.“

„Keine Sorge. Im Gegensatz zu dir habe ich aufgepasst, als es darum ging irreale Welten zu erschaffen. Wir führen sie tief in die Höhle rein und verschwinden dann auf eine Zwischenebene. Für Kasi wird es so aussehen, als ob wir in einem coolen Baumhaus leben.“ Verena schluckte. Sie hielt das alles für keine gute Idee.

„Nein, das ist eine Entführung. Das geht nicht. Lass sie uns nach Hause bringen.“ Nora lachte schallend auf.

„Wo hast du denn so einen Quatsch her? Entführer fesseln ihre Opfer und verlangen Lösegeld. Wir wollen sie einfach nur beschützen, wie sich das für Schutzengel gehört. Na, komm. Kasi wartet schon ewig.“


„Alles klar, Kasi. Wir können los. Aber du musst uns versprechen, dass du nie jemandem von unserem Versteck erzählst, ok?“

Die Kleine nickte. Endlich behandelte man sie wie das große Mädchen, das sie war. Sie hatte ein Geheimnis, dass sonst niemand in ihrer Familie kannte.


„Juno? Juno! Da bist du ja. Sag mal, hast du Kasi gesehen“, fragte Maria.

„Nein Mami. Schon seit einer Weile nicht mehr. Sie hat mich vorhin im Stall angebrüllt, dass ich gemein wäre, sie mich hasst und keine große Schwester mehr hat. Seitdem habe ich von ihr nichts mehr gesehen und gehört. Ich dachte, sie wäre in ihrem Zimmer und schmollt.“

„Moment mal, Juno. Jetzt ganz langsam. Was ist genau passiert? Auf diese Art streitet ihr doch sonst nicht.“

„Na ja, ich war sauer wegen des Sturzes und hatte Angst, dass ihr mir Wirbelwind wegnehmt und ich nie wieder reiten darf und da habe ich sie Baby und Zwerg genannt. Es tut mir leid. Ihr ist doch nichts passiert, oder?“

„Ich hoffe nicht. Wir sollten Papa Bescheid sagen und Tante Kassandra anrufen. Vielleicht ist sie weggelaufen und findet nicht mehr nach Hause. Wir müssen sie suchen.“ Juno war geschockt und fing an zu weinen.

„Mami, es tut mir leid. Es ist meine Schuld, wenn ihr was passiert ist.“ Maria umarmte sie.

„Juno, bitte hör auf zu weinen. Du bist an gar nichts Schuld. Wir werden Kasi bestimmt bald finden und nach Hause bringen.“ Die Kleine schniefte und hoffte, dass ihre Mama recht hatte.


„Kassandra, ich brauche deine Hilfe, bitte komm zu mir“, rief Maria, während sie ins Wohnzimmer zu ihrem Mann rannte.

„Warum schreist du so“, fragte der Schutzengel, als sie direkt neben ihr sichtbar wurde.

„Kasi ist spurlos verschwunden. Sie hat sich vorhin mit Juno gestritten und ist weggerannt. Kannst du bitte nachsehen, wo sie ist, während ich Johannes Bescheid sage?“

„Natürlich, ich komme dann gleich zu euch ins Wohnzimmer. Ist mit Juno alles in Ordnung?“

„Ich danke dir. Mehr oder weniger. Sie macht sich die größten Vorwürfe, aber wenn wir Kasi gefunden haben wird das wieder.“


„Johannes? Bitte hol deine Jacke, wir müssen sofort los“, stieß Maria atemlos hervor.

„Ich bin schon fertig. Juno hat mir erzählt, was passiert ist. Sie zieht sich gerade um und Frau Heinrich von nebenan ist auf dem Weg und hütet die Zwillinge. Ist Kassandra oben?“

„Ja, sie versucht, dort was in Erfahrung zu bringen.“


„Ich bin wieder da. Hallo Johannes. Maria, wir haben ein Problem. Kasi ist nicht auffindbar.“

„Was? Soll das heißen, sie ist ....“ Marias Stimme überschlug sich vor Angst.

„Nein, Maria. Sie ist nicht tot. In dem Fall würden wir das sehen. Sie ist einfach von der Bildfläche verschwunden. Ihr Schutzengel ist auf der Suche in allen Ebenen. Sobald sie die Richtige findet, sagt sie mir Bescheid.“

„Was meinst du mit Ebenen? Wie viele sind es denn? Ich dachte, es gibt „oben“ wo ihr wohnt und „unten“, da wo wir leben.“ Hilfesuchend sah Maria zu ihrem Mann, der sich damit ebenso auskannte wie Kassandra.

„Nein, mein Schatz. Es gibt noch viel mehr und jeder Schutzengel kann eine Eigene erschaffen, wenn es für den Schützling notwendig ist. Zum Beispiel Fieberträume oder ein Koma sind solche Welten.“

„Schön und gut, Johannes, aber dann müsste sie bei einem von euch sein. Wieso sollte jemand sie entführen? Und wer?“

„Das ist eine gute Frage, die ich auch,.... Sekunde ich muss noch mal kurz weg.“ Schon war Kassandra verschwunden und kam wenige Augenblicke später zurück.

„Ich weiß, wo sie ist. Ihr Schutzengel hat sie gefunden. Aber ich kann nur einen von euch mitnehmen. Komm Maria, wir sollten uns beeilen.“


„Wow, ist das cool hier? Ihr lebt in einem echten Baumhaus? Habt ihr das allein gebaut?“

„Ja na klar. Komm mit rein, da drin ist es noch viel besser“, erwiderte Nora. Juno kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Drinnen wirkte es noch größer. Sie stand in einem Flur, von dem sechs Türen abgingen.

„Also Kasi, hier vorne sind das Bad und die Küche. Danach kommt links mein Zimmer und rechts das von Verena und am Ende ist links das Wohnzimmer und rechts unser Gästezimmer, das kannst du haben, wenn es dir gefällt“, erklärte Nora.

„Komm mit und sieh es dir an. Oder möchtest du vorher was trinken?“ Kasi schüttelte den Kopf. Sie war zu aufgeregt, um an was anderes zu denken. Neugierig ging sie auf „ihr“ Zimmer zu und öffnete die Tür.


„Wow, ist das schön. So ein tolles Zimmer habe ich noch nie gesehen.“ In dem Raum hing ein Bett an Ketten von der Zimmerdecke, in Form eines Sterns. Am Fenster stand ein großer Basteltisch mit unzähligen Stiften und Papier. Kasi war in ihrem persönlichen Paradies. Statt einer Lampe waren zahlreiche Sterne an der Decke angebracht und sogar ein Mond. An den Wänden waren Vögel und Bäume aufgemalt, auf die sie klettern konnte. In einem Kleiderschrank fand sie viele Sachen, um sich zu verkleiden.

„Gefällt es dir?“, fragte Nora. Kasi war sprachlos und nickte nur.

„Wie hast du das gemacht?“, flüsterte Verena ihr ins Ohr.

„Das Schaffen von Illusionen hatten wir doch erst letzte Woche bei Kassandra. Ich habe sie nur nach Kasis Träumen realisiert. Wenn wir wieder zuhause sind, gebe ich dir Nachhilfe, dann kannst du es auch bald.“

„Kasi, wir lassen dich kurz allein und kümmern uns um das Abendessen. Ruhe dich solange etwas aus“, schlug Nora vor. Sie verließ mit Verena das Zimmer.


„Ok, ich hoffe, du hast einen Plan, wie es jetzt weitergehen soll.“

„Natürlich. Wir schreiben Maria einen Brief, damit sie sich keine unnötigen Sorgen macht. Darum kümmere ich mich gleich. Mach du uns doch inzwischen was zu essen.“

„Ich? Ich kann nicht kochen. Was soll ich denn machen?“

„Das ist egal. Hauptsache es ist ungesund. Mit Süßigkeiten kann man bei Kindern nichts falsch machen. Macht es euch mit Popcorn von dem Fernseher gemütlich. Hauptsache Kasi ist beschäftigt, während ich ihrer Mutter die Nachricht überbringe.“

„Und wenn Kasi nach dir fragt?“

„Sei nicht so kompliziert. Sag ihr, dass ich Kopfschmerzen habe und etwas schlafe. Lass dir was einfallen. Du schaffst das schon.“ Nora schnappte sich ihre Tasche und machte sich auf den Weg. Unterdessen nahm Verena sich Popcorn, Gummibärchen und Schokolade und brachte alles ins Wohnzimmer.


„Hoffentlich geht das gut, ich habe dabei kein gutes Gefühl“, überlegte sie, als sie an Kasis Tür klopfte.


„So, jetzt darf nichts schief gehen. Am besten schiebe ich es unter Junos Tür durch, dann wird es auf jeden Fall gefunden. Ja! Geschafft. Nichts wie weg hier.“ Nora war sehr zufrieden mit sich.


Zur gleichen Zeit.


„Kassandra, wo sind wir hier?“ Maria spürte, wie eine Gänsehaut ihren Körper erschauern ließ. Sie sah vor sich eine graue Hölle. Eine Mischung aus Friedhof und Labyrinth. Die Ruine einer Kirche und unzählige, hohe Grabsteine erinnerten Maria an Halloween.

„Es fehlt nur noch ein Gewitter“, dachte sie, als sie die Stimme von Juno hörte.

„Hallo Mami.“ Die beiden Frauen fuhren zusammen. Als Maria sich umdrehte, verschwand alle Farbe aus ihrem Gesicht.

„Juno, was machst du denn hier?“

„Ich will euch helfen, Mama. Hätte ich mich nicht mit Kasi gestritten, wäre sie nicht weggelaufen. Es ist alles meine Schuld. Bitte lass mich mit euch gehen.“

„Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich möchte, dass du sofort wieder nach Hause gehst und bei Papa und deinen Geschwistern auf mich wartest.“ Kassandra sah Maria überrascht an. So streng kannte sie ihren Schützling nicht.

„Nein, Mama. Erstens weiß ich nicht, wie ich zurückkomme und zweitens, kann mir gar nichts passieren.“ Sie sah ihrer Mutter in die Augen.

„Juno, wie bist du überhaupt hergekommen“, fragte Kassandra.

„Ich weiß es nicht genau. Ich habe das hier gefunden und habe mir fest gewünscht bei euch zu sein und ihn euch zu geben und plötzlich war ich hier.“ Ihre Tante nahm ihr den Zettel aus der Hand und las vor:


„Ich habe Kasi. Ihr werdet sie nicht wiedersehen. Maria, du bist schuld am Unglück meiner besten Freundin, Verena. Ich werde dir nie verzeihen. Du sollst sehen, wie schrecklich es ist, wenn man alles verliert. Nora.“


Maria wurde schwindlig, der Boden unter ihren Füßen schwankte. Kassandra fing sie auf und brachte sie zu einem Baumstumpf, auf den sie sie setzte.

„Mama, was meint sie damit? Warum hat sie Kasi entführt?“ Da ihre Mutter nicht in der Lage war die Frage zu beantworten, überlegte ihre Tante, wie sie einer Sechsjährigen erklären könnte, was passiert war.

„Weißt du, Juno, es ist schon eine ganze Weile her, als Verena was Böses gemacht hat und dafür bestraft wurde und dafür gibt sie deiner Mama jetzt die Schuld.“

„Was hat sie denn getan, Tante Kassandra?“

„Sie wollte deiner Mama wehtun.“ Juno schaute auf ihre Mutter. Wie konnte jemand auf so eine Idee kommen? Ihre Mami war der liebste Mensch, den sie kannte.

„Mama, bitte nimm mich mit. Mir kann nichts passieren. Aurora passt auf mich auf.“ Maria sah ihre Tochter an und dann Kassandra. Diese reagierte als Erste.

„Aurora?“ Juno nickte.

„Ja, mein Schutzengel. Ich habe von ihr geträumt, als ich von Wirbelwind gefallenen bin und im Gras geschlafen habe. Sie war die ganze Zeit bei mir und hat mich aufgefangen, als ich fiel, sonst hätte ich mich viel doller verletzt.“ Lächelnd warf sie einen Blick auf ihren Gipsarm. Kassandra konnte es kaum fassen. Sie sah zu Maria, die aufgestanden war und zu dem großen schmiedeeisernen Tor lief. Sie rüttelte an der Türklinke, doch es bewegte sich keinen Millimeter. Wütend trat sie dagegen.

„Mama, wir können auf den Baum da klettern und dann runterspringen.“ Maria lächelte. Diese Idee hätte sie vor einigen Jahren auch gehabt.

„Wir? Ich habe dir nicht erlaubt mitzukommen. Vorher möchte ich mich mit Aurora unterhalten. Aurora!“


„Hallo Maria“, sprach eine Stimme sie von hinten an.

„Aurora“, quietschte Juno, rannte auf sie zu und sprang ihr in die Arme.

„Hallo meine Kleine.“

„Es gibt dich wirklich, ich wusste es.“

„Aurora, hast du Juno hergebracht“, fragte Maria, die ihre Wut nicht verbergen konnte.

„Nein, ich war selbst überrascht, als sie plötzlich weg und vom Radar verschwunden war.“

„Wie ist sie dann hier her gekommen?“

„Ich glaube, das kann der Chef dir am besten erklären. Wenn du möchtest, bringe ich dich zu ihm. Kassandra passt sicher so lange auf Juno auf.“ Diese nickte.

„Chef, ich habe dir Maria mitgebracht.“

„Hallo Maria, wir haben uns ja ewig nicht gesehen. Wie geht es dir? Was kann ich für dich tun?“

„Hallo Chef. Nora und Verena haben meine Tochter Kasi entführt und Juno ist uns gefolgt, um bei der Befreiung ihrer kleinen Schwester zu helfen, außerdem weiß sie von Aurora.“ Aus ihr waren die Worte nur so rausgesprudelt. Das Licht flackerte.

„Verena und Nora haben was? Wie können sie es nur wagen? Aurora hast du Juno zu Maria gebracht?“

„Nein, Chef. Ich habe damit nichts zu tun. Sie kann mich bei ihrem Unfall auch unmöglich gesehen haben. Sie war die ganze Zeit bewusstlos.“

„Ich verstehe. Dann hat sie diese Fähigkeiten von ihrem Vater geerbt. Schließlich war Johannes noch ein Schutzengel, als ihr sie gezeugt habt.“ Maria lief rot an.

„Das bedeutet, dass sie sich zwischen den Welten frei bewegen kann?“, fragte Aurora.

„Ja, genau. Ich könnte ihr die Kräfte nehmen, wenn du das möchtest, Maria.“

„Ich weiß es noch nicht, ich muss darüber nachdenken. Kannst du mir sagen, wo wie wir Verena, Nora und Kasi finden?“

„Nein, leider nicht. Sie scheinen sich auf einer Ebene zu befinden, auf die wir keinen Einfluss haben. Ich kann aber mit ihrem Schutzengel sprechen, der hat mehr Möglichkeiten. Ich werde es dich wissen lassen, wenn ich was herausgefunden habe.“

„Danke Chef.“

„Ich wünsche dir viel Glück bei der Suche. Glaube daran, dass alles gut wird.“


„Mami, wo wart ihr denn? Habt ihr Kasi gefunden?“

„Leider noch nicht, mein Schatz. Kassandra, wir sind hier auf uns gestellt, aber er will sich erkundigen.“ Diese nickte.

„Mami, wer ist „er“? Wo sind wir und wo ist Kasi? Was bedeutet das alles?“ In Junos Stimme war die Angst deutlich zu hören. Nervös fing sie an, an ihren Nägeln zu kauen.

„Er“, ist der Chef von Tante Kassandra und Aurora. Ich habe ihn vor ungefähr sieben Jahren kennengelernt. Wo Kasi ist, weiß ich leider nicht, aber wenn wir unserem Herzen folgen, wird alles gut.“

„Ich darf also mit“, fragte das Mädchen vorsichtig. Maria und Juno sahen Aurora und Kassandra an und beide nickten.

„Danke“, flüsterte sie und kuschelte sich in die Arme ihrer Mama. Da kam ihr eine Idee.

„Wir sollten das Labyrinth umrunden, um zu sehen, ob wir einen anderen Eingang finden.“


„Gute Idee, aber ich würde gerne vorher noch etwas an der Tür versuchen.“ Maria lief auf das Tor zu und konzentrierte sich, als sie die Klinke nach unten drückte.

„Juno, komm her und hilf mir“, rief sie, als sie spürte, wie der Griff nachgab. Das Mädchen rannte zu ihrer Mutter.

„Denk mit der ganzen Kraft deines Herzens an Kasi und wie lieb du sie hast, wenn ihr euch nicht gerade streitet, und dann drück mit mir zusammen gegen das Tor.“


Schutzengelstreik 2

Подняться наверх