Читать книгу Wolfswege 5 - Stefanie Worbs - Страница 7
ОглавлениеAussprache
Ryan schloss die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich und atmete tief durch. Das Gespräch mit seinem Vater war besser verlaufen, als er gedacht hatte. Was ihn aber am meisten verblüfft hatte, war die Tatsache, dass sein Dad jetzt ganz anders mit ihm umging. Ab und an hatte Ryan bemerkt, wie Tavis ihn als Sohn angesprochen hatte. Doch dann hatte er sofort wieder umgeschaltet und seine Ausdrucksweise geändert, wenn es um Rudelangelegenheiten ging.
Es war seinem Dad anzumerken, dass er einen deutlichen Unterschied machen wollte, zwischen seinem Sohn und dem Alpha. Noch gelang es ihm nicht perfekt, doch es störte Ryan nicht. Er musste selbst noch einiges lernen und war froh, dass sein Dad ihm helfen wollte.
Der hatte dann schließlich auch angeboten, mit ihm zusammen zu einem der Archive zu fahren und nach Informationen über eine mögliche Verbindung der Edelsteinfamilien zu suchen. Tavis wäre auch sofort losgefahren, doch Ryan wollte und musste zuvor noch mit Amber sprechen. Eine Aussprache zwischen ihnen war dringend nötig.
Nach kurzem Suchen fand er Evan, der ihn auf sein Zimmer schickte, dass er sich mittlerweile mit Amber teilte. Ryan dankte ihm und machte sich auf den Weg. Vor dem Zimmer seines Bruders hielt er jedoch inne. Auch wenn er dieses Gespräch wollte, hatte er wenig Lust darauf. Was sollte sich geändert haben? War Amber wirklich in diesen paar Wochen zur Einsicht gekommen? Und hatte seine neue Position etwas bewirkt?
Er hob die Hand und klopfte mit der Fingerspitze an die Tür. „Amber? Bist du da?“
Einige Sekunden später ging die Tür auf und das Azurmädchen trat zur Seite, um ihn einzulassen. Er folgte der stillen Aufforderung und sie lehnte die Tür hinter ihm an, statt sie zu schließen. Ryans Blick wurde fragend, als er es bemerkte.
„Ist es okay, wenn sie aufbleibt? Wir haben das ausgemacht, zur Sicherheit. Wir können sie aber auch schließen, ganz wie du willst“, bot Amber an.
„Bitte mach zu. Ich würde gern vertraulich mit dir reden.“
Sie nickte und schloss die Tür, dann deutete sie auf Evans PC-Stuhl und nahm selbst auf dessen Bett platz. „Ich denke, ich weiß schon, um was es geht“, meinte sie leise.
„Ja, das denke ich auch. Um es also gleich auf den Punkt zu bringen. Ich leite jetzt ein Rudel mit Kaya. Sie ist meine Freundin und Leitwölfin. Du weißt, warum ich das getan habe?“
„Wegen mir.“
„Auch. Vorwiegend.“ Einen Moment lang sah er sie nachdenklich an, dann fragte er: „Wie geht’s dir?“
„Allgemein? Gut. Ich bin immer noch sehr froh, hier zu sein, auch wenn ich Bain und Adrian wirklich vermisse. Aber da Xander nun dein Beta ist, ist diese Stelle bei Evan und mir wieder frei. Vielleicht kann Adrian herkommen, wenn Tavis zustimmt.“
„Das wäre cool. Er ist ein netter Kerl.“
„Ja.“
„Und wie geht es dir so?“, fragte Ryan erneut, wies auf sie und meinte ihren Wolf.
Amber schien es zu verstehen, denn sie antwortete: „Im Moment ist es ganz okay. Irgendwie ... ich weiß nicht. Es ist seltsam.“
„Was denn genau?“
„Darf ich offen sein, ohne dass du es falsch verstehst?“, fragte sie und wirkte unsicher.
„Klar, deshalb bin ich hier. Ich hatte gehofft, wir können das jetzt endlich klären.“
„Ja, das können wir. Hoffe ich. Also, es ist seltsam, weil ...“ Sie stoppte und atmete tief durch. „Ich will dich immer noch.“ Sie kniff die Augen zusammen und es machte den Anschein, als hätte sie Angst vor seiner Reaktion. Er sagte nichts und wartete, dass sie weitersprach. Mit noch immer geschlossenen Augen sagte sie: „Als du letztens zur Tür reingekommen bist, war es, als würde eine Welle von Energie durch mich fahren.
Ich hatte dich schon gefühlt, als du Brandon betreten hattest. Und als du dann da warst, war es wie ... wie ... meine Wölfin hat geheult und ich hatte Mühe, sie zu halten. Das hatte ich noch nie. Eher war es umgekehrt. Es fällt mir sonst schwer, sie rauszulassen. Nur wenn du in der Nähe bist, geht es leichter. Aber irgendwie auch nicht. Ich weiß auch nicht. Und dann kam Kaya. Ich hab gleich gemerkt, dass ihr etwas teilt, und meine Fähe wurde irgendwie sofort still.“ Jetzt schaute Amber zur Decke und an ihm vorbei, nur nicht ihn direkt an.
Ryan runzelte die Stirn. „Also ... stehst du jetzt noch auf mich?“, fragte er eine Tonlage höher.
Sie lächelte verlegen und ängstlich zugleich. Ihr Blick fiel auf ihre Hände im Schoß. „Ich weiß nicht. Ich mag dich. Immer noch. So war es schon seit der Gasse damals. Aber irgendwas war immer zwischen uns. Erst meine Verweigerung, ein Wolf zu werden, dann meine Familie und die Ehe mit Evan. Jetzt dein Posten und Kaya ...“
„Eure Ehe besteht auch noch“, unterbrach er sie.
„Ja“, sagte Amber und klang niedergeschlagen. „Ich hätte aber dich gewählt.“
Ryan nickte nur.
Endlich schaute sie auf und in seine Augen. „Ich würde es noch tun.“ Kurz schwieg sie und fügte dann traurig an: „Aber du hast jetzt Kaya.“
„Und du bist und bleibst Evans Frau. Das wird sich nicht ändern.“
„Es hätte sich ändern können. Irgendwann in der Zukunft. Wir lieben uns nicht.“
„Hast du noch immer nicht verstanden, dass wir Thalans nicht so leben? Ein Partner!“
„Ich habe es verstanden und ich habe mit Evan darüber gesprochen. Ryan, wir bleiben kein Paar. Also doch schon, aber nur so lange bis einer von uns einen anderen findet. Wir wollen beide glücklich werden und in dieser Ehe werden wir das nicht.“
Ryan verengte die Augen und musterte das Azurmädchen. „Ihr müsst Kinder haben.“
„Noch steht das im Raum, ja.“
„Erzähl“, forderte er, weil er im Gefühl hatte, dass sie etwas wusste, das er selbst wissen sollte.
„Peter Hay ist hier“, sagte sie leise. „Er hat Evan und mich um Hilfe gebeten. Wir beide wissen auch, warum Ian bei dir ist. Die beiden wollen aus dem Bündnis mit den Azur raus und sie wollen ihre Familie rausholen. Evan will das auch für die Thalans. Wenn das Bündnis nicht mehr besteht, müssen wir auch keine Kinder mehr bekommen.“
„Und du musst zurück zu deiner Familie.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das müsste ich nur, wenn wir uns innerhalb des Bundes trennen. Ich gehöre jetzt zu euch. Wenn wir herausfinden, was meine Eltern genau planen, können wir aus der Allianz raus und Evan und ich können uns später scheiden lassen.“
„Dann erzähl uns doch, was deine Eltern vorhaben!“, stieß Ryan aus. „Du hast doch gesagt, du weißt es! Warum machen wir den ganzen Dreck hier, wenn alles mit einem Fingerschnippen erledigt wäre?!“
Wieder sah Amber eingeschüchtert aus. „Weil ich nicht viel weiß und erst recht nichts Genaues. Es ist zu wenig und zu unbestätigt, um irgendwas zu riskieren.“
„Hast du es Dad erzählt?“
„Ja.“
Unwillkürlich wurde Ryan wütend. Tavis hatte ihm gegenüber nichts erwähnt. Er würde ihn darauf ansprechen. Wenn sein Dad Informationen hatte, musste er sie teilen. Sie arbeiteten gemeinsam auf ein Ziel hin und das konnten sie nur erreichen, wenn es keine Geheimnisse mehr gab.
Kurz schloss er die Augen, atmete durch, um sich zu beruhigen, und sah Amber dann wieder an. „Gut. Okay. Lassen wir das Thema erst mal. Wir sollten zuerst unsere Fronten klären. Ich habe keine Lust auf irgendwelche Anwandlungen von dir.“
Getroffen wandte sie den Blick ab. „Natürlich.“
„Also, du hast Gefühle für mich?“
Sie nickte.
„Auch wenn es nicht relevant ist. Welcher Art sind sie genau?“
„Meinst du, ob ich dich liebe?“
„Ja.“
„Ich weiß nicht. Ich fühle mich zu dir hingezogen. Ob es nur mein Wolf ist oder auch mein Mensch, kann ich nicht sagen.“
„Hast du dich im Griff?“
„Ich denke schon.“ Sie lächelte leicht amüsiert. „Deine Familie hat mir mehr als ein Mal und noch deutlicher klargemacht, was mein Fehler war, und sie hatten recht. Ich gebe mir wirklich Mühe, hoffe aber, du verzeihst mir, wenn ich schwach werde.“
„Wir werden sehen, wie diese Schwäche sich auswirkt.“
Ihr Lächeln verschwand. „Ja. Aber darf ich dich auch etwas fragen?“
„Sicher.“ Er hob eine Hand, damit sie offen sprach.
„Wie ist es bei dir? Hat sich was geändert?“
Er hob die Schultern und pustete die Luft aus. „Bis jetzt ist alles gut. Es mag hart klingen, aber du bist gerade nicht mehr als eine Fähe im Rudel meines Dads und meine Schwägerin. Ich hoffe, es bleibt so.“ Nun musste er grinsen. „Kaya würde ausrasten.“
Amber lachte leise. „Bestimmt. Man merkt ihr den Alphaposten aber an. Ich glaube also, mein Wolf wird sich in ihrer Nähe sowieso zurückhalten.“
„Hast du so wenig Einfluss auf deine Fähe? Du redest, als könntest du sie nicht kontrollieren?“
„Manchmal habe ich das Gefühl, sie übernimmt die Kontrolle.“
„Das tut sie nicht. Niemals. Wir sind Menschen, mit der Fähigkeit Wolf zu werden. Vergiss das nie und nutze deinen Wolf nicht als Ausrede. Alles was dein Wolf hat, hat sie von dir. Was dir fehlt, fehlt ihr auch. Was du tust, tut sie auch. Du bist dein Wolf. Dein Wolf ist, wer du bist.“
„Das klang sehr nach Alpha“, grinste sie und Ryan spiegelte es.
„Mein Dad hat mir genau das Gleiche gesagt, als ich meinen Wolf immer vorgeschoben habe. Er hatte recht. Sicher haben unsere Instinkte, Gene und die Magie in unserem Blut einen gewissen Einfluss auf uns. Aber das sind alles wir. Wir müssen nur lernen, damit umzugehen.“
„Ich lerne es, versprochen.“
„Freut mich. Und Amber, ich hab dich gern. Auch wenn ich dich damals gern mit Schleifchen um den Hals und als Eilsendung zurück in den Norden geschickt hätte. Aber ich mag dich. Schon immer und ich glaube nicht, dass sich das ändern wird. Trotzdem bist du Evans Frau und ich habe Kaya. Ich liebe K.“
Amber wollte gerade etwas sagen, doch Ryan hielt sie auf. „Egal, was kommen könnte. Wir leben jetzt. Ich habe sie an meiner Seite und ich werde ihr alles geben, so lange ich es kann und sie es haben will. Ich werde nicht auf den Tag X warten. Am Ende wäre es vielleicht sogar vergebens. Lass uns Freunde sein. Lass uns vergessen, was war und neu anfangen. Wäre das okay für dich?“
Lange sah sie ihn an und ihre azurblauen Augen mit dem so fesselnden goldenen Kranz um die Iris, flogen zwischen seinen hin und her, dann nickte sie leicht. „Ich wäre gern eine Freundin für dich.“
„Danke.“ Er erhob sich, hielt aber noch mal inne. „Kannst du Evan und dir eine Chance geben? Auch wenn er sagt, er liebt dich nicht, hat er dich gern. Er hat viel für dich getan und vielleicht kannst du ihm etwas zurückgeben.“
Nun runzelte Amber die Stirn. „Er will diese Ehe auch nicht.“
„Vielleicht. Aber er steckt da auch drin. Ihr tut das beide. Wenn du nicht seine Frau sein kannst, sei seine Freundin. Versuche es zumindest, bitte. Ich liebe meinen Bruder und ich sehe, dass er es gerade schwer hat. Du kannst ihm helfen.“
„Ryan, ich weiß nicht ob ich ... du weißt schon.“
„Ich meinte nicht, dass du unbedingt mit ihm schlafen musst. Aber hast du ihm eine Chance gegeben? Wie oft wart ihr zusammen im Wald laufen? Was habt ihr die letzten Wochen getan? Laut Xanders Aussage, nach seinen Telefonaten mit Evan, ist nicht viel davon passiert.“
„Nein. Stimmt.“ Wieder senkte sich ihr Blick und ihre Aura wurde schuldbewusst.
Ryan ging zu ihr, vor ihr in die Hocke und hob ihr Kinn an, damit sie ihn ansehen musste. „Er ist ein feiner Kerl. Gib ihm wenigstens die Chance, ein Freund zu werden. Bitte.“
Amber nickte nur.