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Karriere auf der Überholspur: die Usurpation

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Erscheint es Ihnen zu langwierig, auf eine frei gewordene Kaiserstelle zu warten? Wollen Sie Ihr Glück mit einer Initiativbewerbung versuchen, obwohl aktuell keine Stelle ausgeschrieben ist? – Ja, es gibt eine Möglichkeit, um die Dinge zu beschleunigen. Allerdings ist das Risiko auf einen letalen Ausgang dabei sehr hoch; die Rede ist von der sogenannten Usurpation.

Neben den regulären, gewissermaßen offiziellen Kaisern verzeichnet die römische Geschichte eine Reihe von Usurpatoren und Gegenkaisern – mit den Feinheiten dieser Unterscheidung wollen wir uns hier nicht belasten, daher benutzen wir nur den Begriff Usurpator. Was also ist genau ein Usurpator? Das ist zunächst jemand, der von einer geeigneten Machtbasis aus – meist dem Kommando über größere Truppenteile – versucht, den bisherigen Kaiser zu verdrängen und mit Gewalt an die Macht zu kommen. Dieses Kriterium trifft aber auch auf verschiedene Kaiser zu, die durchaus als offiziell anerkannt sind. Vespasian, der von den ägyptischen und syrischen Legionen zum imperator ausgerufen wurde, obwohl Vitellius noch regierte, ist das Paradebeispiel.

Nicht der gewaltsame Griff nach der Macht ist somit das entscheidende Kriterium, sondern der Erfolg: Wer mit seinem Usurpationsversuch Erfolg hat, hat offenbar den divinus consensus, also die Gunst der Götter, und ist somit gar kein Usurpator, sondern derjenige, der das Reich zu Recht regiert. Einen Usurpator erkennt man daran, dass er gescheitert ist und nicht die offizielle Bestätigung durch Armee und Senat (beides ist nötig – siehe oben!) erhalten hat. Die Usurpatoren-Liste am Ende dieses Ratgebers zeigt, wie sich bereits in der Zeit der severischen Kaiser die Umsturzversuche häufen; danach werden die Verhältnisse so chaotisch, dass wir auf die Aufzählung der (ca.) 50 weiteren Usurpatoren im dritten Jahrhundert verzichtet haben.

Was Sie dieser Liste ebenfalls entnehmen können, ist die generell sehr kurze Zeit, nach der ein Usurpationsversuch niedergeschlagen wird: Zwei Jahre sind die Höchstgrenze, meist handelt es sich nur um wenige Monate. Wenn dies alles Sie nicht abschreckt und Sie eine Turbokarriere per Usurpation zumindest versuchen wollen, dann hilft Ihnen die folgende kleine Checkliste – wenn das Risiko ohnehin hoch ist, sollte man in der Vorbereitung zumindest nichts Wesentliches vergessen:

To-Do-List Usurpation

1. Überzeugen Sie sich, dass die Akzeptanz des bisherigen Stelleninhabers zerrüttet ist und selbst seine engsten Mitarbeiter überlegen, sich beruflich umzuorientieren. Ohne diese Ausgangslage ist Ihr Versuch in jedem Fall aussichtslos!

2. Arbeiten Sie darauf hin, dass Sie als Statthalter, Oberbefehlshaber o. Ä. eine größere Anzahl von Soldaten befehligen. (Usurpatoren, die sich stattdessen auf Volksaufstände, Räuberbanden usw. als Machtbasis verlassen, sind chancenlos.)

3. Gewinnen Sie das Vertrauen Ihrer Truppe – ideal ist die Kombination aus persönlichen Leader-Qualitäten (auctoritas/charisma) und finanziellen Anreizen – und lassen Sie sich zum imperator akklamieren.

4. Seien Sie als Netzwerker aktiv und schmieden Sie eine breite Interessenkoalition aus Senatoren und hochrangigen Rittern, die auf Sie setzen und bereit sind, ihre eigenen strategischen Ziele in einer Allianz unter Ihrer Führung zu verfolgen.

5. Last, but not least, wenn Sie in Rom angekommen sind, müssen Sie auch noch das Vertrauen der plebs urbana gewinnen (dito für Konstantinopel, falls Sie dort residieren).

Berufsziel: römischer Kaiser

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