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Kapitel II. Mutter und Tochter
ОглавлениеEntgegen ihrer Erwartung und Christines Ankündigung vergingen drei lange Wochen bis es wieder klingelte. Katharina hatte vor lauter Sorgen und Arbeit schon bald diese kurze Begegnung vergessen und gar nicht mehr damit gerechnet etwas von ihrer alten Freundin zu hören. Sie hörte das Läuten des Apparates von draußen durch die Wohnungstür, als sie gerade nach Hause kam. Der Schultag war lang und anstrengend. Sie hatte eine schwere Tasche umgehängt und war dick verpackt. Die Kälte machte ihr schwer zu schaffen und es stand für sie schon an der Wand geschrieben, dass sie bestimmt bald wieder krank wäre.
„Ohhh Mann, wer ruft mich denn jetzt schon an“: stieß sie genervt aus. Sie wollte sich eigentlich schnell ausziehen und mindestens 20 Minuten in der Badewanne abtauchen. Mal wieder ungestört entspannen und dieser Anruf war ein Indiz dafür, dass diese Idee eine Seifenblase wäre. Eine, die nicht in einer Badewanne sauber macht, sondern platzt.
Der Schlüssel wanderte hektisch in das Schloss und öffnete es. Sie stieß die Tür auf und warf die Tasche, mehr als sie sie legte auf den Boden. Sprang mit schnellen Schritten auf das nervende Plastikgerät und hob ab:„ JA bitte“.
„Hallo Cherié. Ich dachte schon du gehst gar nicht mehr ran. Hab’s schon ein paar Mal versucht... Hallo?“
„Ich bin noch dran“: sagte Katharina nach einer scheinbar zu langen Sprechpause und Christine ratterte gleich weiter drauflos.
„Ich habe ganz phantastische Neuigkeiten. Ich hab jetzt alle unsere Schulkameraden beisammen. Die Adressen und sogar was sie machen. Mit einigen hab ich sogar gesprochen. Stell dir nur mal vor wie überrascht die waren, als ich mich gemeldet hab. Damit haben die ja nicht gerechnet, aber alle haben sich gefreut. Zum Klassentreffen wollen alle kommen und nach dir haben sie auch gefragt. Ohlala Katharina die Männer schwärmen heute noch von dir“.
„Hmmh... schön für dich, dass das alles so reibungslos geklappt und funktioniert hat. Ich bin ehrlich erstaunt wie du das so schnell hin gebogen hast. Das muss ich dir lassen, ich dachte schon du hättest aufgegeben und würdest dich gar nicht mehr melden“.
„Das war voreilig aber verständlich... ich hatte auch sehr gute Hilfe. Man muss nur die richtigen Leuten kennen“.
„und sich dann von ihnen scheiden lassen“.
„Genau! hahaha“: lachten sie beide herzlich über Katharinas kleinen Scherz.
„Schön schön, du hast also doch noch Humor. Wann können wir uns sehen? Ich will das nicht alleine machen und dich gerne dabei haben“.
„Hmmh ja also im Prinzip spricht da auch gar nichts dagegen, bis auf meine drei Kinder und meinen aufreibenden Job. Ich habe eigentlich gar keine Zeit für so etwas“.
„Na also... um mich mal zu besuchen und ne Stunde lang zu reden, das muss doch gehen“: meinte sie enttäuscht.
„Ja ... klar komm ich mal zu dir. Bin schon ganz gespannt wie du so wohnst. Aber erwarte von mir keine Hilfe bei dieser Party und so... Ich muss mich um wichtigere Dinge kümmern“.
„Das klingt schon besser. Was das organisatorische angeht, ich hab genug Zeit und Personal. Hab ja sonst auch nichts zu tun“.
„Hast du’s gut. So jetzt muss ich aber Schluss machen. Meine Kinder kommen gleich heim und ich muss noch sehr viel arbeiten“.
„Na gut Cherié, wann kommst du denn jetzt vorbei?“
„Wann passt es dir denn?“
„Ist mir egal, Hauptsache du bist da und wir haben Zeit“.
„Samstagnachmittag. Da kann ich Ariane als Aufpasser vergattern und die zwei Jungs mit ihren Freunden versorgen“: schlug Katharina schmunzelnd vor.
„So machen wir es. Ich komm dich dann auch abholen und fahr dich danach wieder heim. Macht mir nichts aus und wir haben mehr Zeit zum reden“.
„Fein. Also bis am Samstag dann“.
Katharina legte auf und weihte ihre Tochter dann beim Abendessen in ihre Pläne ein:„ Am Samstag bin ich außer Haus, da musst du auf deine Brüder aufpassen. Hörst du!“
„Soso, wie heißt er denn?“
„Er ist eine Sie und zwar meine Freundin Christine. Wir haben etwas zu besprechen und du darfst mich hier vertreten“.
„Darf ich das.. darf ich dann auch eine Freundin zu mir einladen. Wir müssten auch was bereden?“ Sprach sie verschmitzt zu ihrer Mutter und wollte dann gleich noch mehr raus schlagen.
„Wir planen nämlich eine Party und so... mit viel zu essen“: grinste sie ganz lieb.
„Schön das ich das auch schon erfahre. Und wo soll das sein? Wer kommt da alles? Was gibt es zu trinken?“: fragte Katharina neugierig aber auch etwas skeptisch.
„Och das wollen wir erst mal so in Ruhe ausdiskutieren und so.. Halt planen und aufschreiben wer alles so kommt und so was halt. Wir haben viele Moslems in der Clique, die trinken ja nur Limo und Wasser und so“.
„So so. NA dann mal gutes Gelingen. Dann sind wir uns ja einig, ihr plant die Party am Samstag nur durch und feiert keine, nur weil ich nicht da bin. Ich bin nämlich schnell wieder zurück“.
„Vertraust du mir etwa nicht Mama?“
„Ich war auch mal so alt wie du und sehe nur einen Teenager, der Spaß haben will und Jungs in mein Heim einladen möchte.... Wie und wo das dann geschieht, da plane ich auf jeden Fall mit. Da kannst du sicher sein... und so“.
„Ja klar Mama. Ich will ja keine Sex Orgie hier abziehen.... noch nicht.“: beide lachten und dann meinte sie amüsiert weiter:„ Hast du denn damals auch so für jemanden geschwärmt und ... halt das du verliebt warst“.
„Na klaro. Ich bin ja nicht als Spießer auf die Welt gekommen. Ich habe mir aber Zeit gelassen bis mir der Richtige über den Weg gelaufen ist... von den Falschen gibt es ja genug. Denen begegnet man von ganz alleine. Also Vorsicht mein Schatz“: erzählte sie etwas wehmütig.
„Ja heute ist das aber auch alles anders. In meiner Klasse haben's schon fast alle getan und ich hab Angst, dass die Jungs mich für ne Zicke oder ne Lesbe halten... Da krieg ich ja nie einen ab!“
„Du bist gerade mal 14 und hast schon Torschlusspanik. Wenn du mit 40 noch keinen hattest, na dann Prost Mahlzeit. Aber in deinem Alter sollte ein Mädchen sich über so was keine Gedanken machen. Wenn dich ein Junge wirklich liebt, dann wartet er auch freiwillig etwas. Den Typen, die dich nur benutzen, kannst du gerne aus dem Weg gehen“.
„Ich will aber benutzt werden... halt nicht von irgendwem... halt so’n ganz süßer halt“.
„Immer noch dieser... wie hieß er noch gleich?“
„Nein... der kann mir gestohlen bleiben. Ist eh mit Patricia zusammen und die kann mir auch gestohlen bleiben. Ich lade sie auch beide nicht ein. Als Strafe für ihren Verrat!“: erklärte sie wütend und packte die Gabel ganz fest. Nahm dann das Messer mit der anderen und zerhackte ihre Bratwurst, die sie als Essen serviert bekommen hatte. Es war mehr als deutlich welches Körperteil sie da am liebsten massakriert hätte.
Ihre Mutter schüttelte nur lachend den Kopf und traute sich gar nicht ihr Besteck noch zu benutzen.
Ariane säuselt süß und nachtragend weiter:„ Das wird die coolste Party ever und alle werden noch nach den Ferien davon schwärmen, dann hab ich auch wenn ich will und die beiden ärgern sich schwarz. Genau SO wird’s kommen“.
„Du bist süß. Dieses schmieden von finsteren Plänen hast du von deinem Vater. Der hat sich auch immer ausgemalt wie er seinen Chef anschreien täte und so weiter...“
„Naja ich werde mich auf jeden Fall ins Zeug legen und Eric wird ganz begeistert sein... Etwas bräuchte ich dann aber noch“.
„WAS denn. Geld für Klamotten oder Geld für die Party?“.
„Du bist ein Genie Mama. Wie du immer so alles schon vorher weißt. Genau in der Reihenfolge wollte ich dich am Sonntag anpumpen. So ein bisschen Vorschuss auf mein Taschengeld und so ein zinsloses Darlehen für die Knete, die ich ab danach in den Ferien verdiene und in der Freizeit halt“.
„Ach das erzählst du mir so nebenbei“.
„Klar doch. Ich gehe ja auch bald so nebenbei was arbeiten. Keine Panik Mama, ist super solide und wird auch gut bezahlt“.
„Und darf man auch erfahren was du machst?“
„Ich geh zum Theater, als Aushilfe für die Maske und so. Wenn ich gut bin, darf ich danach ein Praktikum anfangen und dann später als Visagistin oder so eine Lehre machen“.
„Und dein Abitur? Willst du denn nicht studieren gehen?“: fragte Katharina kritisch nach. „Als Anstreicher für Leute verdienst du doch so gut wie nichts“.
„Also du verdienst dich als Lehrer auch nicht gerade in den Olymp und wenn ich solange studiere wie du, na dann mal Prost Mahlzeit... ich probier‘s auf jeden Fall mal aus und dann entscheide ich mich“.
„Und was verdienst du da so, wenn ich fragen darf?“
„So 200€ im Monat. Ist ja nur 4x im Monat und mehr darf ich auch gar nicht. Aber von dem Geld kann ich mir alles kaufen was ich will. Dann hast du auch eine Sorge weniger im Geldbeutel. Du weißt ja wie teuer Teenager sind, warst ja selbst mal einer“: sagte sie ironisch. Katharina freute sich auf der einen Seite für ihre Tochter, aber sie hatte immer gehofft, dass aus Ariane selbst mal etwas „Großes“ würde. Visagistin am Theater oder im Beautysalon war ja nicht gerade eine beeindruckende Karriere.
„Du erlaubst es mir doch oder Mama... bitte ich brauch das Geld langsam. Meine Verpflichtungen und so,... das wird immer mehr und nur mit dem Taschengeld alleine pack ich das nicht. Und auf den Strich gehen ist mir zu gefährlich, war nur Spaß“: lächelte Ariane alles beiseite.
„Damit macht man keinen Spaß. Ich bin da mal... ach lassen wir das“.
„Sag schon! Du bist doch nicht etwa wirklich mal anschaffen gegangen?? MAMA!“ Katharina musste an die Mutprobe denken, die sie mal machen musste – einfach verrückt.
„Nein natürlich nicht. Aber wenn ich mir vorstelle wie du da so stehst und diese widerlichen Typen dich angeiern“. Katharina schüttelte sich und den Kopf.
„Siehst du! Dann doch lieber Schminken. Keine Sorge, ich geh zum richtigen Theater und lerne wie man alte Frauen bunt anmalt, damit sie jünger aussehen. Dann kann ich dir in ein paar Jahren alle Mühen, die meine Aufzucht gekostet haben, zurückgeben; wenn du bei mir als Stammkunde aufläufst“.
„Das kannst du dir abschminken... ich sehe für mein Alter blendend aus. Das hör ich ganz oft und selbst Christine war erstaunt wie hübsch ich noch bin“.
„JA noch, aber warte mal in ein paar Jahren“.
„Jedenfalls hab ich mit meinen Jahren und Falten bestimmt weniger Sorgen, noch mal einen abzukriegen, als du mit deiner Pfirsichhaut. Wer von uns zwei macht denn eine Party, um unter die Haube zu kommen“.
„Und was ist wenn du auf deiner Party bei Christine einen tollen Typen kennen lernst und dich verknallst? Einfach so. “: wehrte Ariane ab. Katharina hatte sich natürlich verraten auf was es mit der Sache mit Christine hinauslief.
„Das glaub ich kaum, die Jungs sind die Gleichen wie damals. Ich kenne die doch alle aus der Schule. Unbekannte treffe ich da keinen. Es ist auch gar nicht meine Absicht jemanden aufzureißen und hierher zu schleppen. Wenn der Ärmste dich und die zwei anderen sieht, dann haut der eh gleich wieder ab“.
„Wird schon noch werden Mama.“: meinte Ariane tröstend und hielt die Hand ihrer Mutter. Eine kleine aber wichtige Geste für sie, denn sie wusste ja auch, dass ihre Mutter nicht freiwillig alleine war. Mit drei Kindern und kaum Geld war es auch nicht gerade leicht einen Mann fürs Leben zu finden.
„Schwärmt eigentlich Mr. Mareschall noch immer für dich“.
„Lucien... und wie. Der hat mir heute schon wieder nur Komplimente gemacht und wie zufällig parkt er immer in meiner Nähe. Wenn er früher Schluss hat, dann wartet er im Lehrerzimmer und korrigiert Klassenarbeiten und Tests. Kaum bin ich da, lässt er alles liegen und wird nervös... das hasse ich am meisten an ihm. Obwohl hassen ist übertrieben, es stört mich einfach, dass er dann so unbeholfen wird und die Kontrolle verliert. Ein erwachsener Mann muss das ab können und etwas darstellen, etwas Besonderes in seinem Wesen tragen und ES ausstrahlen und nicht so unbeholfen sein. Sorry aber das ist halt so“: sprach sie mehr mit sich selbst als mit Ariane. Die lauschte aufmerksam dem regen Fluss ihrer Worte und zog viele Parallelen zu ihrem Anhang.
„Irgendwie schon blöd. Die Jungs die mich am liebsten haben und vor dem Schlafen gehen Gott weiß was mit mir in ihrem Kopf anstellen, na ja die sind nicht gerade prickelnd. Halt nett aber unbeholfen und super uninteressant.... Das geht wohl allen Frauen so in dem Alter“: lamentierte sie und aß dann den Rest von ihrem Teller auf. So angeregt hatte sie sich noch nie mit ihrer Mutter unterhalten können. Es war aufregend und super interessant, so von Frau zu Frau und nicht, Mami an Tochter und so.
„Das ist das Schicksal aller gut aussehenden Frauen über 13. Die Jungs rennen uns hinterher, aber wir sind schneller. Leider oft zu schnell für die Jungs, die stehen bleiben um sich nach den weniger gut aussehenden umzusehen“: meinte ihre Mutter tiefsinnig aber nicht bierernst.
„Wie war denn das bei dir in der Schule. Hast du einen Freund aus deiner Klasse gehabt“.
„Nein. Die waren alle älter. In meiner Klasse waren nur Milchbubis. Die haben mich nie angetörnt“
„Sind dir aber hinterher gelaufen und wollten dich anbaggern.“: schob Ariane gleich nach.
„Also geschwärmt haben ziemlich viele für mich, aber die haben mich nie gefragt. Der einzige der es immer wieder versucht hat... war Stephan. Der hat mich immer eingeladen zum Ballett und in die Oper. Ich bin natürlich nie mitgegangen, aber als Alibi für meine anderen Treffs war das optimal... eigentlich hat er mir ja leidgetan. Aber wie soll man jemanden lieben, den man bemitleidet“.
„Aber wenn er dich doch ins Ballett und in die Oper mitnehmen wollte. Das zeugt doch von guten Manieren und Bildung. Hat er dir auch Gedichte geschrieben und so?“
„Nein, das jetzt nicht. Er war sich wohl darüber im Klaren, dass ich nichts von ihm will. Irgendwann hat er mich dann auch nicht mehr eingeladen. Aber das hat gedauert. Ausdauer hat er echt mitgebracht, ein anderer hätte da schon viel eher die Flinte ins Korn geworfen“.
„Jetzt schwärmst du ja fast schon für ihn... wie sah er denn aus?“
„Da hört das Schwärmen auch gleich wieder auf... obwohl... na ja er hatte eine dicke Brille und war nicht gerade der Star der Manege. Er hat eigentlich ne nette Art an sich gehabt, aber so richtig warm wurde er mit keinem. Ein Einzelgänger eben. Wie soll es auch anders sein, wenn man als Junge in dem Alter für klassische Musik und Ballett schwärmt. Andere gingen zu Rockkonzerten und er in La Boheme“.
„Aber ansonsten hat er sich bei dir so richtig rein gekniet?“
„Er hat halt immer wieder neu Anlauf genommen, ist aber an der zweiten Hürde gescheitert.... Obwohl eigentlich hab ich ihn ja immer nur versetzt und stehen lassen. Vielleicht hätte ich ja mal mit ihm in so ein klassisches Stück gehen sollen... besser nicht drüber nachdenken. Davon kriegt man ja nur Falten“.
„Ich kann das dann ja bald wieder gut machen. Wird bestimmt interessant was aus deinen Leuten geworden ist“.
„Mal sehen ob Christine sie wirklich alle aufgespürt hat. Wenn ja, dann ist Stephan auf jeden Fall dabei. So jetzt haben wir beide aber genug geredet, ... also erst den Abwasch, dann die Hausaufgaben und dann in die Falle“.
„Ok“: gab sie bereitwillig zur Antwort und ihre Mutter vernahm überrascht, dass sie nicht widersprach. Scheinbar hatte dieses offene Gespräch geholfen. Sie machten gemeinsam den Abwasch und Katharina gab ihr danach das Versprechen.
„Übernächsten Samstag gehen wir zusammen was Schönes für dich einkaufen. Ich will dabei sein wenn du groß wirst und nicht irgendwann erleben, dass du erwachsen geworden bist und ich das eigentlich nie miterlebt habe. Ok“.
„Oh Mama, das ist ja lieb von dir. Das hast du wirklich schön gesagt“: freute sich Ariane etwas unaufrichtig. Sie wollte eigentlich mit ihren Freundinnen shopen gehen und nicht mit ihrer Mutter. Aber das konnte sie ihr nicht an den Kopf werfen. Es hätte sie bestimmt tief verletzt und so würde auch mehr Kohle rausspringen. Ein angenehmer Nebeneffekt, wenn man sich mit seiner Mama versteht.