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II. Finanzwirtschaftliche Due Diligence

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Schwerpunkt einer jeden financial Due Diligence ist die finanzwirtschaftliche Due Diligence. Sie befasst sich nicht – wie bei der bilanziellen Due Diligence – mit Ansatz- und Bewertungsfragen, sondern ist rein zahlungsstromorientiert und beschäftigt sich mit der Analyse der Finanzlage des Zielunternehmens.[1]

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Ziele der finanzwirtschaftlichen Due Diligence sind zum einen die Ermittlung des Liquiditäts- und Finanzstatus des Zielunternehmens und zum anderen die Ermittlung verborgener finanzwirtschaftlicher Risiken, wie z.B. Nachzahlungsverpflichtungen, Haftungsverpflichtungen oder Garantieverpflichtungen, die zu einem unerwarteten Liquiditätsabfluss oder zu einer Finanzierungslücke führen können. Diese Risiken können im Kaufvertrag durch Garantien oder Gewährleistungen abgesichert werden oder haben Auswirkungen auf den Kaufpreis.

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Das Analyseinstrument der finanzwirtschaftlichen Due Diligence ist schlechthin die Kapitalflussrechnung, in der die Ergebnisse auf cash flow-Ebene ermittelt werden. Grundlage für die Kapitalflussrechnung ist der Deutsche Rechnungslegungsstandard Nr. 21 („DRS 21“) in der aktuellen Fassung vom 22.9.2017.[2] Der Standard hat zwar keine Gesetzeskraft, gilt jedoch aufgrund der Bekanntmachung durch das BMJ als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung für die Konzernrechnungslegung.[3] Die Kapitalflussrechnung bildet die Zahlungsströme der Periode ab, und zwar abgegrenzt nach den betrieblichen Tätigkeitsbereichen als Mittelzu- und Mittelabflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit, aus Investitionstätigkeit und aus Finanzierungstätigkeit. Zahlungsunwirksame Geschäftsvorfälle sind ausgeschlossen. Die einzelnen cash flows sind zusätzlich um einmalige, nicht wiederkehrende Effekte sowie um nicht im Zusammenhang mit dem gewöhnlichen operativen Geschäftsbetrieb stehende Effekte zu bereinigen.

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Bei der Ermittlung des cash flows ist eine Einsichtnahme in die zugehörigen Konten des Jahresabschlusses unerlässlich, um die tatsächlichen Zahlungsströme nachzuvollziehen. Eine reine Veränderungsrechnung von Bilanzposten reicht nicht aus.

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Der cash flow aus laufender Geschäftstätigkeit gilt als Indikator für die Innenfinanzierungskraft des Unternehmens. Idealerweise sollte dieser cash flow die Neuinvestitionen sowie die Zahlungsansprüche der Kapitalgeber bedienen können.[4]

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Da der Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit eine der ausschlaggebenden Kennziffern für die Investitionsentscheidung der Investoren darstellt, muss bei der due Diligence ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung des Cashflows im Zeitablauf gelegt werden. Eine Steigerung resultiert nicht immer auf externen Einflussfaktoren wie z.B. die Absatzmarktsituation oder aus grundlegenden Umstrukturierungsmaßnahmen durch den Verkäufer, sondern kann auch durch sachverhaltsgestaltende Maßnahmen beeinflusst werden. Solche sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen können sein die Verkürzung des Zahlungszieles für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, eine plötzliche Verminderung des Vorratsbestandes oder die Inanspruchnahme von Finanzierungsmaßnahmen wie die Kreditsubstitute Factoring oder Asset Backed Securities.[5]

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Der cash flow aus Investitionstätigkeit setzt sich aus Erhaltungs- und Erweiterungsinvestitionen sowie aus Desinvestitionen zusammen. Auch hier sind die Investitionen um Sondersachverhalte zu eliminieren, um eine nachhaltige historische Entwicklung der Investitionen aufzeigen zu können. Sind die Desinvestitionen nicht nachhaltig, sind sie zu bereinigen.[6] Zu den zu bereinigenden Desinvestitionen gehören z.B. Sale-and-lease-back-Maßnahmen.

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Ein positiver cash flow aus Investitionstätigkeit ist häufig ein Indiz dafür, dass das Zielunternehmen von seiner Substanz lebt[7], da er in der Regel durch Veräußerung von Anlagengegenständen entstanden ist und damit negative cash flows aus der laufenden Geschäftstätigkeit kompensiert werden. Auch ist er ein Anzeichen dafür, dass möglicherweise die Aussenfinanzierungskraft eingeschränkt ist. Es ist daher das Augenmerk auf das Vorliegen eines Investitionsstaus, auf abgelehnte Investitionsanträge und auf liquiditätsbeeinflussende sachverhaltsgestaltende Maßnahmen zu richten.

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Der cash flow aus Finanzierungstätigkeit ist die Summe der Ein- und Auszahlungen, die die Kapitalbeschaffung und Kapitalrückzahlung des Unternehmens berühren. Er betrifft also die Zahlungsströme mit den Kapitalmärkten. Im Rahmen der Due Diligence hat sich hierbei die Untersuchung besonders auf versteckte vertragliche Risiken (Kreditvertragsklauseln, Change of Control-Klauseln) zu erstrecken.[8] Ebenso von Interesse ist die Frage, inwieweit das Kreditlimit ausgeschöpft ist und ob es zusätzliche potentielle Sicherheiten zur Erhöhung der Kreditlinie gibt. Einer weiteren besonderen Aufmerksamkeit im Rahmen der Due Diligence bedarf die Prüfung der Verträge über Eventualverbindlichkeiten wie Bürgschaften, Garantien, Gewährleistungsverträgen sowie Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten.

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Bei der Beurteilung der Finanzierungstabilität des Zielunternehmens kommt der fristenkongruenten Deckung des Kapitalbedarfs ein wesentlicher Aspekt zu.[9] Da die Kapitalflussrechnung den Liquiditäts- und Finanzierungsstatus nur für eine Rechnungsperiode wiedergibt, muss die fristenkongruente Deckung anderweitig untersucht werden, z.B. durch eine Analyse des working Capital. Wird z.B. festgestellt, dass ein Teil des Umlaufvermögens langfristig finanziert ist, müssen vom Erwerber gegebenenfalls Umschichtungen in der Finanzierung vorgenommen werden.

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