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V. Erscheinungsformen des Unternehmenskaufs

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Der Kauf eines Unternehmens ist weder reiner Rechts- noch Sachkauf,[1] erfolgt jedoch gem. § 453 Abs. 1 BGB nach den Regeln der §§ 433 ff. BGB.[2]

1. Asset Deal

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Beim Asset Deal übernimmt der Käufer im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession) die zum Unternehmen gehörenden Vermögenswerte und Wirtschaftsgüter. Diese Erwerbsform findet sich häufig bei der Veräußerung von einzelkaufmännischen Unternehmen, Arztpraxen oder anderen freiberuflich geführten Unternehmen[3] oder wenn ein Unternehmen nur bestimmte Teile seiner betrieblichen Aktivitäten abgeben will. Umgekehrt kann auch der Käufer an dem Erwerb bestimmter Assets interessiert sein. Schließlich kommt ein Asset Deal in Betracht, wenn der Unternehmensträger als Kaufobjekt nicht zur Verfügung steht, weil seine Gesellschafter – aus welchen Gründen auch immer – ihre Geschäftsanteile nicht verkaufen wollen.

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Bei der Einzelrechtsnachfolge verpflichtet sich der Verkäufer, die zum Unternehmen gehörenden Sachen, Rechte und Vertragsverhältnisse auf den Käufer zu übertragen. Hierfür müssen die Kauf-Wirtschaftsgüter klar definiert und die Modalitäten bestimmt werden, unter denen diese nach den für sie jeweils geltenden dinglichen Rechtsvorschriften übertragen werden.

2. Share Deal

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Beim Share Deal bilden die Geschäftsanteile des Verkäufers an der Ziel-GmbH den Kauf-Gegenstand (Universalsukzession). Alle aktiven und passiven Vermögenswerte bleiben unverändert bei der Ziel-GmbH; lediglich der Inhaber der Geschäftsanteile wechselt.

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Der Share Deal ist Rechtskauf i.S.d. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 BGB.[4] Seine dingliche Abwicklung ist im Vergleich zur Singularsukzession häufig einfacher, da nur die Geschäftsanteile übertragen werden müssen, nicht jedoch einzelne Wirtschaftsgüter. Bei der GmbH ist hierfür ein notariell beurkundeter Kauf- und Übertragungsvertrag unerlässlich.

3. Abgrenzung

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Von einem Unternehmenskauf sprechen wir, wenn ein Unternehmen oder Teilbetrieb als Ganzes (im Sinne eines Inbegriffs von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten) oder mit seinen wesentlichen Bestandteilen veräußert und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, das Unternehmen weiterzuführen.[5] Die Grenzen sind jedoch fließend. Die Rechtsprechung nimmt dies schon bei Erwerb einer bestimmten Beteiligungsquote am Unternehmensträger an: Soweit 100 % der Vermögenswerte oder Anteile am Unternehmensträger übertragen werden bzw. nur ein geringer Anteilsrest ausgespart bleibt, liegt ein Unternehmenskauf vor.[6] Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, hält es der BGH für erforderlich, dass der Wille der Vertragsschließenden auf den Erwerb des Unternehmens insgesamt gerichtet ist, der Kaufpreis sich nicht an den Anteilen, sondern am Unternehmen insgesamt orientiert und der Erwerber nach Vertragsdurchführung die Stellung eines Trägers des Unternehmens erlangt.[7]

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Die Vor- und Nachteile einer Transaktionsform lassen sich nicht verallgemeinern. Sie hängen stark vom Einzelfall und der Interessenlage der Beteiligten ab und müssen deshalb sorgfältig abgewogen werden.

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Aus Sicht des Käufers können für die Entscheidung zwischen Asset und Share Deal folgende Erwägungen bedeutsam sein:

3.1 Worauf ist das Erwerbsinteresse gerichtet?

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Ist das Käuferinteresse auf eine Beteiligung am Unternehmensträger gerichtet, so liegt ein Share Deal nahe. Will der Käufer demgegenüber nur einzelne Teilbetriebe oder Technologien erwerben, kommt ein Asset Deal in Betracht.

3.2 Welche Erwerbsmöglichkeiten stehen zur Verfügung?

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Die Wahl der Transaktionsform hängt häufig von der Ziel-GmbH ab. Bedeutend sind insbesondere ihre Struktur (z.B. gewachsenes Familienunternehmen, Konzern, Existenz von Teilbetrieben) sowie die Sonderrechtsfähigkeit einzelner Wirtschaftsgüter (z.B. Patente/Marken/Lizenzen).

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Häufig muss mit Hilfe von Umstrukturierungsmaßnahmen der Weg für eine Transaktion erst noch geebnet werden (z.B. Wechsel der Rechtsform, Abspaltung von Teilbetrieben). Betreibt die GmbH mehrere Unternehmen, erfolgt der Erwerb eines einzelnen im Wege des Asset Deal, wenn dieses nicht zuvor ausgegliedert und rechtlich verselbstständigt wurde.

3.3 Welche Konsequenzen ergeben sich für Käufer und Verkäufer?

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Ein Vorteil des Asset Deals kann darin liegen, dass eine Selektion der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter möglich ist. Risiken aus unübersichtlichen Unternehmensstrukturen können so begrenzt werden.

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Beim Asset Deal kann die Übertragung einzelner Vermögensgegenstände wegen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes zeitaufwendig sein und zusätzliche Kosten (z.B. Notar- und Grundbuchkosten) und Steuern (z.B. Grunderwerbsteuer) verursachen. Letztere können allerdings auch beim Share Deal anfallen.[8]

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Sind beide Transaktionsformen möglich, geben steuerrechtliche Aspekte häufig den Ausschlag. Ein Vorteil des Asset Deals liegt in der Möglichkeit zur steuerlichen Abschreibung des Kaufpreises. Dem Verkäufer von GmbH-Geschäftsanteilen, der selbst eine Kapitalgesellschaft ist, können steuerliche Vorteile in Form des weitgehend steuerfreien Verkaufs zugutekommen.[9]

4. Vorratsgründung und Mantelkauf

4.1 Vorratsgründung

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Eine Vorratsgründung liegt vor, wenn sich aus dem Unternehmensgegenstand schließen lässt, dass die GmbH nur gegründet wurde, um sie später mit einem dann zu bestimmenden anderen Unternehmensgegenstand zu verwenden.[10]

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Bei der offenen und damit zulässigen[11] Vorratsgründung ist Gegenstand der GmbH die Verwaltung eigenen Vermögens. Wird diese Vorrats-GmbH später verwendet, wird der Unternehmensgegenstand im Wege einer Satzungsänderung neu definiert. Gleichzeitig sind die der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG anzuwenden, weil die spätere Verwendung einer Vorratsgründung wirtschaftlich eine Neugründung darstellt.[12] Die gem. § 54 GmbHG eintragungspflichtigen Änderungen des Unternehmensgegenstandes, der Firma, des Gesellschaftssitzes sowie die Neubesetzung der Organe sind Indizien für das Registergericht, dass es sich um eine wirtschaftliche Neugründung handelt.[13]

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Zudem ermöglicht es die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft,[14] Gesellschaften mit einem Stammkapital von nur einem EUR zu gründen, vorzuhalten und auf das gesetzliche Mindeststammkapital von 25 000 EUR zu erhöhen, sobald die Gesellschaft eine wirtschaftliche Verwendung findet.

4.2 Mantelkauf

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Bei einem Mantelkauf werden sämtliche Geschäftsanteile einer GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb noch nicht aufgenommen („Vorratsgesellschaft“) oder eingestellt hat, erworben. Die Gesellschaft verfügt in der Regel über kein nennenswertes Vermögen.[15]

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Für die Trennung der Mantelverwendung von der „bloßen“ Umorganisation bzw. Sanierung einer (noch) aktiven GmbH ist entscheidend, ob die Gesellschaft noch ein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs in irgendeiner wirtschaftlichen Weise anknüpft (Umorganisation). Handelt es sich tatsächlich um einen leer gewordenen Gesellschaftsmantel ohne Geschäftsbetrieb, der nur dazu dient, ohne rechtliche Neugründung einer Kapitalgesellschaft eine neue Geschäftstätigkeit aufzunehmen, liegt eine Mantelverwendung vor.[16]

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Der rechtlich zulässige[17] Mantelkauf kann zu einer Umgehung der Gründungsvorschriften führen, wenn die übernommene GmbH nicht mehr über ausreichendes Haftkapital verfügt und ihre neuen Gesellschafter kein frisches Kapital zufügen. Die Gläubiger sind dann stärker gefährdet und daher schutzbedürftiger als bei der Verwendung einer Vorrats-GmbH. Deshalb sind auch bei der Verwendung eines Mantels die Gründungsvorschriften einschließlich der registerlichen Kontrolle anzuwenden.[18]

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Der neue Geschäftsführer hat entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG bei der Anmeldung der Veränderungen zum Handelsregister zu versichern, dass die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und sich weiterhin in seiner freien Verfügung befinden. Bei erheblichen Zweifeln hieran kann der Registerrichter Nachweise verlangen (§ 8 Abs. 2 S. 2 GmbHG), z.B. dass die Hälfte des Mindeststammkapitals (§ 7 Abs. 2 S. 2 GmbHG) noch vorhanden ist.[19]

4.3 Rechtsfolgen der wirtschaftlichen Neugründung

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Wird ein GmbH-Mantel verwendet oder eine Vorratsgesellschaft aktiviert ohne Beachtung des Gründungsrechts, bestehen nach der Rechtsprechung des BGH folgende Haftungsrisiken:[20]

Die reale Kapitalaufbringung muss gesichert sein durch Anwendung der Unterbilanzhaftung. Stichtag ist der Tag der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Handelsregister.
Wenn die Geschäfte vor der Offenlegung aufgenommen werden, ohne dass alle Gesellschafter zugestimmt haben, greift die Handelndenhaftung analog § 11 Abs. 2 GmbHG. Diese endet erst, wenn sämtliche die Umgründung ausmachenden eintragungspflichtigen Tatsachen (Änderung des Unternehmensgegenstandes und der Firma, Verlegung des Gesellschaftssitzes und Neubestimmung der Organmitglieder) in das Handelsregister eingetragen sind. Wegen dieser Haftungsrisiken sollte folgendes beachtet werden: – Der Vermögensstatus der GmbH sollte vor Anmeldung der Satzungsänderung zum Handelsregister ermittelt werden. Fehlendes Kapital muss neu eingezahlt werden. – In der Anmeldung zum Handelsregister ist auf die Übernahme von Vorratsgesellschaft bzw. Mantel hinzuweisen. Gleichzeitig ist die Versicherung abzugeben, dass im Zeitpunkt der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung ein Viertel des statutarischen Stammkapitals und zugleich die Hälfte des Mindeststammkapitals unversehrt vorhanden ist (§ 8 Abs. 2 GmbHG).
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