Читать книгу Perry Rhodan 3062: Zeut - Susan Schwartz - Страница 7
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Die Waffen sprechen
Gegenwart
Alles begann mit einer Attacke auf Skiaparelli, die Hauptstadt des Mars.
Topsidische Schiffe rasten ins Solsystem, und ihr Ziel stand eindeutig fest, falls es sich nicht um eine Finte handelte und sie ihren Kurs radikal änderten.
Aber warum sollten sie das tun? Skiaparelli war aus Sicht der Angreifer die perfekte Wahl, um ein Zeichen zu setzen. Sie peilten denselben Ort an, an dem sie sich vor Jahrhunderten zum ersten Mal gezeigt und auf die Energiekuppel über den wenigen Häusern der Stadt gefeuert hatten, bis sie zusammenbrach.
Damals hatten die Echsen darauf verzichtet, die Gebäude zu zerstören; diesmal würde es in der Millionenstadt anders ablaufen.
Noch fiel kein einziger Schuss, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Waffen sprachen und der Tod Einzug hielt.
Ghizlane Madouni, die Kommandantin des Flaggschiffes ORATIO ANDOLFI, wusste, dass den Terranern schwere Tage bevorstanden, wenn nicht Wochen. Oder Jahrzehnte – falls sie diese Schlacht verloren. Und falls die Topsider sie nicht ohnehin alle töteten.
Perry Rhodan stand ebenfalls in der Zentrale.
Ghizlane winkte ihn zu sich, zu ihrem Kommandantensessel. »Wir müssen handeln.«
Er nickte und warf einen Blick auf das strategische Holo, das einen Gesamtüberblick bot. Es schwebte vor ihnen in der Luft und versperrte die Sicht auf den Platz der Funkoffizierin. »Das tust du doch schon.«
Ghizlane legte die Arme auf die Sessellehnen. Ihre Handinnenflächen fühlten sich kalt und feucht an. Ja, dachte sie, aber wird es genügen?
Natürlich hatte sie längst Schiffe in der Nähe des Mars stationiert, und selbstverständlich waren diese Einheiten bereits unterwegs, um sich den Topsidern entgegenzuwerfen und Skiaparelli zu beschützen ... doch was konnte sie außerdem tun? Wie diesen Wahnsinn stoppen?
Als läse er ihre Gedanken – Rhodan war wirklich ein erstaunlicher Mensch –, machte er eine umfassende Handbewegung vor dem Holo. »Wir können es nicht aufhalten, Kommandantin. Wir haben es versucht. Die Residentin hat es versucht. Vielleicht sogar die topsidische Botschafterin, auf ihre Weise. Als sie nach unserem letzten Treffen aus dem Raum ging, hat sie es angekündigt: Dann werden die Waffen sprechen. Genau in diesem Moment waren die Würfel gefallen. Es gab keine vernünftige Lösung mehr zu diesem Zeitpunkt. Keine Möglichkeit, den Frieden zu halten oder wenigstens eine Waffenruhe.«
»So fatalistische Worte?«, fragte Ghizlane. »Von dir?« Hatte sie ihn vielleicht doch falsch eingeschätzt, in der kurzen Zeit, seit sie ihn kannte? War er nicht derjenige, der nie aufgab, der stets den Blick nach vorne richtete und den Lichtpunkt sah, wo andere nur Dunkelheit wahrnahmen?
Rhodan schüttelte den Kopf. »Nicht fatalistisch, sondern realistisch«, verbesserte er. »Es hilft nichts, wenn wir verpatzten Möglichkeiten hinterherweinen oder von einem Utopia träumen, das es nicht gibt. Und nie gegeben hat.«
»Einigen wir uns auf die Mitte?«, fragte sie.
»Was liegt zwischen Fatalismus und Realismus?«, wollte er wissen.
Sie dachte nach. »Seriosität?«
Er zeigte ein schmallippiges Lächeln. »Eines muss ich dir lassen, Kommandantin: Ein derartiges Gespräch habe ich vor dem Beginn einer Schlacht noch nie geführt. Es ist geradezu ...«
»... seriös?« Ghizlane Madouni schloss kurz die Augen, deutete dann auf das Holo. »Die Topsider werden bald den ersten Anflug auf den Mars beenden, unsere Truppen stehen bereit zur Verteidigungsschlacht. Eine Verteidigungseinheit wird sie außerdem abfangen, etwa ... hier.«
Sie markierte einen Punkt mitten im Nichts, rund einhunderttausend Kilometer vom Mars entfernt.
Die erste Welle der Angreifer bestand aus 40 Schiffen – ein Klacks angesichts der gesamten topsidischen Flotte: Vor den Grenzen des Solsystems sammelten sich gegenwärtig tausend Einheiten.
Die Terraner hätten theoretisch durchaus kontern können: Die Liga verfügte über 3000 kampffähige Schiffe – allerdings verteilt auf 30 besiedelte Sonnensysteme, wobei das Solsystem als Heimat den Schutz von imposanten 900 Einheiten genoss. Selbstverständlich wurden nun weitere Schiffe herbeibeordert, aber die Regierung durfte keines der anderen Systeme vollständig seines Schutzes berauben. Zudem würde es dauern, bis Entsatz aus den Kolonien eintraf.
Zahlenmäßig genossen die Topsider daher bis auf Weiteres eine leichte Übermacht. Ganz davon abgesehen, dass die Echsen dem Wissensstand des TLD zufolge insgesamt mehrere zehntausend Schiffe aufbieten konnten. Vorsichtige Schätzungen gingen von rund 30.000 Kriegsschiffen unterschiedlicher Kampfkraft und Größe aus, die sich allerdings ebenfalls über die Sonnensysteme des Sternengeleges verteilten, und das waren immerhin mehr als 200.
Waffentechnisch befanden sich die beiden Zivilisationen etwa auf Augenhöhe. Sollten die aktuellen Geheimdienstinformationen stimmen, gab es für die Terraner sogar einen leichten Vorteil im Einzelkampf Schiff gegen Schiff kam.
Eines jedoch stand fest: Insgesamt waren die Topsider stärker, und dass bald weitere Flotten eintrafen, bezweifelte niemand. An dieser mehr als düsteren Grundlage gab es nichts zu rütteln.
Die 40 Topsiderraumer der ersten Angriffswelle trafen auf die terranische Verteidigungsflotte – fast genau an dem Punkt, den Ghizlane prognostiziert hatte. Gemeinsam mit Perry Rhodan starrte sie das Holo an und verfolgte diese erste Schlacht, ohne eingreifen zu können.
Ihr blieb nur, aus der Ferne zu beobachten und Rückschlüsse zu ziehen.
Es war zu wenig. Viel zu wenig, wenn dort draußen Menschen starben. Aber das war das Los einer Kommandantin.
Sie sah die schematischen Darstellungen der Ortungsechos. Am Rand des Holos standen Zahlen, die die terranischen und die topsidischen Schiffe listeten.
Zahlen, die sanken.
40 Einheiten der Echsen.
39.
Ein Flackern.
36.
Ein Flackern, sonst nichts. Ein Ortungsecho. Vernichtete Schiffe. Tausend tote Lebewesen.
Es erschütterte sie, und dabei spielte es keine Rolle, dass es sich in diesem Fall um die Leben von Feinden handelte. Vier zerstörte Echsenschiffe ... und am anderen Rand sackte die Zählung um sieben Einheiten ab.
Ghizlane Madouni spürte eisige Kälte.
Multipliziere die Zahl der Schiffe mit der Besatzungsstärke ... aber dann hast du auch nur eine Zahl. Erinnere dich an die, die du kennst, und du spürst einen Bruchteil des Schmerzes, der von diesen Zahlen ausgeht und sehr viel mehr treffen wird ...
Und genau deswegen durfte jedes vernichtete Schiff und jeder Tote für Ghizlane nicht mehr als eine Zahl sein, solange sie als Kommandantin des Flaggschiffes diente, das über Terra stand und die Stellung hielt.
Sie hatte den Oberbefehl über die Gesamtflotte, und allein das musste sie im Blick behalten. Was sie im Holo sah, waren keine tausend Schicksale, die ihr die Seele zerrissen. Das durften sie nicht sein.
Noch nicht.
Falls sie selbst diesen Krieg überlebte, würde sie die Trauer zulassen. Vorher nicht.
Illustration: Swen Papenbrock
»Die Topsider werden den Mars nicht erreichen«, sagte Rhodan.
»Weil sie es nicht dürfen«, ergänzte sie verbissen.
»Weil sie es nicht wollen. Es ist nicht ihr Ziel. Sie testen mit diesem ersten Vorstoß nur aus. Sie demonstrieren, dass es ihnen Ernst ist.«
»Das ist doch Wahnsinn!«
Er sah sie an, nickte. »Wann wäre ein Krieg etwas anderes gewesen als Wahnsinn? Aber uns ist keine Wahl geblieben.«
»Wirklich?«
Rhodan starrte stumm vor sich hin. Sein Gesicht blieb unbewegt.
Die Zahlen sanken weiter, und an diesem nüchternen Ort, in der Zentrale der ORATIO ANDOLFI, sah es unspektakulär aus. Draußen im All, wo die Waffen sprachen, jagten Energiestrahlen umher, detonierten topsidische Raumbomben, barsten Schiffshüllen, starben und schrien Lebewesen.
Endlich drehte die erste Truppe der Angreifer ab, nahm Kurs auf den Neptunmond Triton und schoss auf eine Raumstation, die nach wenigen Sekunden zerbarst. Es war eine unbemannte Robot-Forschungsstation.
Die Echsen zogen sich zurück und vereinten sich mit der wartenden Hauptflotte.
Es würde nicht lange dauern, bis andere Schiffe ausschwärmten, vielleicht ein Dutzend oder mehr kleinere Einsatztrupps, die viele Ziele im Solsystem unter Feuer nahmen. Aber zunächst herrschte Ruhe, trügerisch und unberechenbar.
»Was tun wir?«, fragte Ghizlane.
»Du fragst mich, Kommandantin?«
»Du bist Perry Rhodan. Ich wäre eine Närrin, würde ich nicht deinen Rat einholen. Hältst du mich etwa für eine Närrin?«
»Die Topsider sind uns überlegen«, stellte er fest.
»Ach?«, machte sie. Sie hatte von Perry Rhodan viel erwartet, aber nicht einen solchen Allgemeinplatz. Das war alles andere als hilfreich, schließlich wusste sie das längst. Seit sich die Katastrophe abzeichnete, hatte sie deshalb keine Sekunde Schlaf gefunden.
Rhodan schwieg einen Moment und sah sie nur an. Seine Iriden waren graublau. Auf dem rechten Nasenflügel gab es eine kleine Narbe. Er strahlte Ruhe aus. »In solchen Situationen bewährt sich meiner Erfahrung nach vor allem eines.«
»Der Mut der Verzweiflung?«
Etwas schien in den Augen aufzublitzen. »Ein Bluff.«
*
Der Mann hielt seine Brille am Bügel und setzte sie sich geradezu provozierend langsam auf. Seine Gesichtshaut war sonnengebräunt, die Haare weißblond. Sie hingen über die Stirn bis zu den Augenbrauen und formten im Nacken drei dünne Zöpfe, die über die Schultern fielen.
»Ich bin Pierran Longat.« Ehe er die Brille losließ, tippte er den Rand kurz an. Die Gläser verdunkelten sich, seine Augen verschwanden hinter spiegelnden, schwarzen Flächen.
»Angenehm«, log Ghizlane. Er war ihr vom ersten Augenblick an unsympathisch.
Es gab nur fünf Menschen, die in Rhodans Idee eingeweiht waren: Sie selbst, ihr Sicherheitschef Torr Nishal, Residentin Orfea Flaccu, der TLD-Direktor Sloud Silverman ... und eben Pierran Longat, der das kosmopsychologische Institut der Universität von Terrania leitete.
Das Werk, das seinen akademischen Ruhm begründet hatte, hieß: Die Supermacht der Echsen – das Sternengelege. Analyse eines vorherrschenden Volkes im zweiten Ast des Dyoversums. Als Perry Rhodan nach einem Experten im Umgang mit den Topsidern gefragt hatte, war der Residentin sofort sein Name eingefallen; sie hielt große Stücke auf ihn. Und Ghizlane wiederum vertraute Orfea Flaccus Einschätzung. Sympathien – oder Antipathien – musste man in einer Situation wie dieser vernachlässigen.
Also waren sie zu einer Besprechung zusammengekommen, in diesem Raum im dritten Untergeschoss des Solaren Hauses, abseits jeglicher öffentlicher Prestigezimmer. Eine weitgehend schmucklose Umgebung mit einigen Stühlen und einem schlichten Holztisch, auf dem gefüllte Wassergläser standen, auf reich verzierten Untersetzern aus Kork. Ghizlane wusste, dass Orfea Flaccu diese kleinen Kunstwerke in ihrer Freizeit selbst herstellte; offenbar hatte die Residentin höchstpersönlich alles eingepackt und in diesen Raum getragen.
Dort waren fünf Menschen zusammengekommen, von denen die Zukunft der Terraner abhing. Sie konnten einen Krieg beenden und vielleicht Millionen Leben retten.
Ghizlane war mit ihrem Sicherheitschef und Perry Rhodan in einem Beiboot nach Terra geflogen, wo Silverman, Longat und Residentin Flaccu bereits gewartet hatten. Für die Kommandantin war es keine leichte Entscheidung gewesen, mitten in den beginnenden Kampfhandlungen ihr Flaggschiff zu verlassen und die Verantwortung in die Hände ihres Stellvertreters zu legen. Aber dieses Zusammentreffen war wichtiger, und jede Funkkommunikation über dieses Thema erschien allen Beteiligten zu unsicher. Es durfte unter keinen Umständen etwas nach außen dringen. Geheimhaltung war das oberste Gebot.
»Vielleicht darf ich zu Beginn ein paar Gedanken teilen«, sagte Pierran Longat. »Der von mir zweifellos hochgeschätzte Direktor Silverman tauchte vor weniger als einer Stunde in meinem Büro auf und legte mir dringend nahe, mich krankzumelden. Woraufhin ich ...«
»Ich habe es dir befohlen«, stellte der TLD-Direktor klar.
Sloud Silvermans dichte weiße Haare und sein Kinn- und Oberlippenbart ließen ihn zusammen mit der wuchtig-schwarzen Brille urig aussehen. Ghizlane kannte ihn schon ewig und wusste ihn gut genug einzuschätzen, um keine Sekunde daran zu zweifeln, dass er Longat ebenfalls nicht mochte.
Der Wissenschaftler nahm seine Brille ab. »Allerdings lasse ich mir nichts befehlen, wie du wissen könntest. Deinem Vorschlag bin ich allerdings gerne gefolgt, als ich begriff, dass es um die Topsider ging und darum ...« Er legte eine kleine, zweifellos genau bemessene Pause ein, während derer er den Blick durch den Raum schweifen ließ und scheinbar interessiert das Gemälde betrachtete, das einen Blick aus großer Höhe auf Terrania bei Nacht zeigte. »... die Welt zu retten. Ich habe auf dem Weg hierher Daten studiert, die Sloud mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Sie stellen die Gesamtlage in diesem Konflikt dar und sind für euch wahrscheinlich derart Alltag, dass ihr sie herunterbeten könntet, wenn ihr aus dem Schlaf geweckt würdet. Mein Alltag sieht jedoch anders aus – und glaubt mir, ihr wollt gar nicht wissen, wie.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Sloud Silverman.
»Ich habe versucht, einen Überblick zu gewinnen, doch es gibt Präliminarien, die ich nicht verstehe. Und sollte ich mich nicht irren – und ich irre mich selten bis nie –, wird der Verlauf der kommenden Auseinandersetzung mit den Topsidern einige Imponderabilien bereithalten.«
Imponderabilien und Präliminarien?, dachte Ghizlane, die durchaus verstand, was er sagen wollte – zumindest hatte sie eine ungefähre Vorstellung davon.
Gab es tatsächlich Menschen, die sich in einem normalen Gespräch so ausdrückten? Oder spielte Longat eine Rolle? Falls ja, was bezweckte er damit? Kaschierte er Unsicherheiten? War er eben doch nicht so selbstsicher, wie er vorgab, während er mit den höchsten Verantwortungsträgern und einer lebenden Legende im selben Raum saß?
»Das ist korrekt«, sagte Orfea Flaccu. »Kurz gesagt, bieten die Topsider momentan etwa dieselbe Flottenstärke auf wie wir – aber ihr potenzieller Nachschub ist zehnfach höher als unserer. Wir sichern das Solsystem so gut wie möglich. Kommandantin Madouni steht in der ORATIO ANDOLFI der Flotte vor. Ghizlane? Kannst du einen kurzen Gesamtüberblick geben?«
Ghizlane nickte. »Nennenswerten Nahbereichsschutz genießen Terra, Luna, die Venus, der Mars, Pluto, die Jupitermonde Europa und Ganymed, auch die Saturnmonde und der Neptunmond Triton. Das bindet insgesamt etwa dreihundert Raumer diverser Klassen. Nur fünfhundertfünfzig ...« Sie stockte. Nicht mehr, dachte sie. »Nur fünfhundertzweiundvierzig Einheiten stehen darum für planetenferne Schlachten zur Verfügung, ohne dass wir potenzielle Ziele völlig entblößen müssen. Was bedeutet, dass die Topsider zwar auf den ersten Blick momentan eine vergleichbare Anzahl von Schiffen befehligen, aber über mehr bewegliche, frei einsetzbare Raumer verfügen. Sie haben bislang drei kurze Attacken gestartet und sich rasch zurückgezogen, sobald sich unser Widerstand formiert hat. Derlei Nadelstiche können sie noch hundert- oder tausendfach unternehmen, bis ihnen ein Durchbruch gelingt.«
»Wir können nicht überall sein«, ergänzte Rhodan.
»Und das heißt?«, fragte Longat.
Sloud Silverman lehnte sich vor, stützte beide Ellenbogen auf die Tischplatte. »Auf Dauer werden wir verlieren.«
Pierran Longat schob sich die Haare aus der Stirn. »Was du beschrieben hast, Kommandantin, ist die topsidische Taktik von Vorstoß und Machtdemonstration, mit denen das Sternengelege bereits viele Welten eingenommen hat. Ich bezeichne diese Methode in meinem Buch als züngeln. Durchaus ein wenig populärwissenschaftlich, das gebe ich zu, aber ihr werdet die Assoziation verstehen.«
»Ich habe den bisherigen Verlauf der Schlacht beobachtet«, sagte Rhodan. »Uns steht ein strategisch und taktisch gewiefter, schlachtenerfahrener Gegner gegenüber.«
Uns, dachte Ghizlane, nicht euch. Rhodan sah sich also mittlerweile als Teil dieser für ihn fremden terranischen Gesellschaft der zweiten Hälfte des Dyoversums, die ihn nicht gerade ungeteilt positiv aufgenommen hatte. Genauer gesagt hatten radikale Vanothen mehrmals versucht, ihn zu töten. Es fühlte sich gut an, dass wenigstens diese Front sich offenbar aufgelöst hatte. Rhodan gehört zu ihnen ... und seine Erfahrung konnte nur helfen.
»Unseren Einsatzkräften fehlt es an aktiver Schlachtenerfahrung«, fuhr Rhodan fort. »Was ein Glück für die letzten Jahrhunderte seit Terras Versetzung war. Aktuell haben sich die Dinge allerdings geändert.«
»Seit du angekommen bist«, sagte der Kosmopsychologe kühl. »Die Topsider wollen dich und dein Schiff. Das hat die aktuelle Eskalation überhaupt erst ausgelöst. Ich bin alles andere als ein Kenner deiner Historie, doch es scheint nicht gerade ein singuläres Ereignis zu sein, dass du ...«
»Ihn trifft keine Schuld«, fiel ihm die Residentin ins Wort. »Er war lediglich ein Katalysator, der den Konflikt zum Ausbruch gebracht hat. Aber er brodelt seit Jahrhunderten unter der Oberfläche. Es war nur eine Frage der Zeit.«
»Damit muss ich leben«, sagte Rhodan. »Wir können diese Katastrophe jedoch möglicherweise zum Guten wenden, indem wir für Frieden sorgen.«
»Wie?«, fragte Pierran Longat. Kurz leckte er mit der Zunge über die Lippen, dann nahm er ein Wasserglas und trank.
»Um genau das zu besprechen, habe ich diese Geheimkonferenz einberufen«, antwortete Residentin Flaccu. »Rhodan wird gleich seine Idee vorstellen. Vorher will ich euch informieren, dass OTHERWISE eine Hochrechnung erstellt hat. Wir können die Topsider maximal weitere drei oder vier Tage hinhalten, falls sie ihre Strategie nicht ändern. Da sich ihre Ressourcen nicht so schnell erschöpfen werden, ist ein Sieg für uns unmöglich. Jedenfalls nicht bei einem offenen Kampf.«
»Hier setzt mein Gedanke an«, sagte Rhodan. »Wir nehmen das Heft in die Hand und agieren, statt auf die Taktik der Topsider zu reagieren.«
Longat stellte geräuschvoll das Glas zurück. »Noch einmal – wie? Und warum wurde ich zu diesem Gespräch gebeten?«
»Ich kenne Topsider seit Jahrtausenden«, sagte Rhodan. »Allerdings die Topsider meiner Hälfte des Dyoversums. Nach allem, was ich weiß, ähneln sie diesen Topsidern stark, sind jedoch nicht völlig identisch. Was zum Beispiel ihr ausgeprägtes Matriarchat beweist. Und niemand kennt ihre Psychologie besser als du, Pierran.«
»Danke«, sagte der Wissenschaftler, »das ist wahr. Also, was hast du vor?«
»Wir setzen Transformbomben ein.«
»Du willst ... was? Ich bin kein Techniker, und diese Waffe mag den alten Überlieferungen nach ja extrem wirkungsvoll gewesen sein. Aber jedes Kind weiß, dass es unter den hiesigen Bedingungen unmöglich ist, Transformbomben herzustellen!«
Rhodan lächelte, und als Ghizlane es sah, lächelte sie ebenfalls. Es fühlte sich gut an, Hoffnung zu empfinden.