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Schwester Fidelis

«Es muss etwas geschehen in der katholischen Kirche. Die Männer fürchten grosse Veränderungen.»

geboren am 27. August 1933 als Josefine – genannt Josy – Schmid aus Schüpfheim (LU)


In der Paramentenwerkstatt werden die Schnitte, Formen und Farben der für die Liturgie verwendeten Textilien kreiert und die Stoffe genäht. Schwester Fidelis leitete während Jahren diese klösterliche Werkstatt.


Wenn die schwedische Prinzessin eine neue Zahnspange trägt, wird in den Medien darüber berichtet. Wir Schwestern im Kloster bieten keine Schlagzeilen. Ob wir deshalb noch ein Stück weit sagenumwoben, geheimnisvoll sind?

Es war nicht a priori mein Wunsch, mein Leben öffentlich auszubreiten, es gedruckt und gelesen zu wissen. Aber ich finde, wenn wir als Gemeinschaft Ja sagen zu einem solchen Buchprojekt, dann bin ich dabei. Wir öffnen ein Türchen in eine unbekannte Welt, damit die Menschen draussen verstehen, warum wir so leben, wie wir leben.

So verstehe ich übrigens auch meine jährlich rund 130 Klosterführungen; seit fünfzig Jahren zeige ich Vereinsgruppen, Schulklassen und Geschäftsleuten unsere Anlage. Es geht nicht darum, uns Ordensfrauen dabei in den Vordergrund zu stellen. Wir bezeugen vielmehr, dass jemand für Gott da ist – freudvoll. Es ranken sich viele Vorurteile ums Klosterleben. Das kann ich gut verstehen. Die Leute fragen mich etwa, wie wir so leben können. «Sie sind bestimmt in einer grossen Familie aufgewachsen, da mussten ein oder zwei Kinder ins Kloster!», sagen sie. Nein, ich musste nicht. Das habe ich aus freien Stücken entschieden. Schon als neunjähriges Mädchen.

Ich hiess Josy Schmid und bin ein Sonntagskind. Auf die Welt kam ich am 27. August 1933 in Schüpfheim im Entlebuch. Meine Mutter emdete mit den Angestellten bis kurz vor der Niederkunft daheim auf dem Hof, denn Vater war mit den drei älteren Geschwistern auf der Alp. Sie gebar in elf Jahren neun Kinder. Sie und mein Vater hatten mit der grossen Familie einen aufwendigen, etwas komplizierten Bauernbetrieb zu meistern. Das prägte uns. In Schüpfheim bewirtschafteten sie einen kleinen Hof, daneben eine Pacht und dazu eine grosse Alp auf dem Sörenberg. Im Winter lebten wir im Tal, im Sommer auf der Alp. Das Alpleben war einzigartig – natürlich gabs viel Arbeit für uns alle. Wir sammelten Heidelbeeren, halfen beim Heuen, zettelten den Mist und jäteten im grossen Garten. Vater machte Alpbutter und Alpkäse, und es waren zweimal täglich rund vierzig Kühe zu melken. Am Familientisch assen wir zusammen mit der Hausangestellten und den drei Knechten natürlich Käse. Teigwaren mit Käse, Kartoffeln mit Käse. Und Gemüse aus dem eigenen Garten – währschafte, einfache Kost und wenig Fleisch. Wir hatten alles, was wir uns wünschten. Eine gute Grundlage fürs Leben.

Meine Kindheit war wunderschön, zu Hause herrschte ein offener und freier Geist. Es gab immer Leute um uns herum, Angestellte, Gäste und eine grosse Verwandtschaft, die zu Besuch kam. Den Kindergarten besuchte ich nicht. Wir wohnten in Schüpfheim, zwanzig Minuten vom Dorf entfernt, das war für die Kleinen zu weit. In die Schule musste ich dann aber, ob es mir passte oder nicht, zuerst zu Fuss, später mit dem Velo. Von Mai bis Oktober lebten wir oben auf der Alp und waren in den ersten fünf Schuljahren während dieser Monate vom Unterricht dispensiert. Im Herbst hatten wir vom Schulstoff meist viel vergessen. Die Lehrer drückten beide Augen zu. Dafür seien wir so frisch, war ihr Kommentar. Und bis Weihnachten holten wir dann alles wieder auf.

In meiner Freizeit war ich eher eine Stubenhockerin, nähte Puppenkleider, strickte und las, was mir in die Hände kam; auch jene Bücher, die meine Brüder in der Dorfbibliothek ausgeliehen hatten. Die Religion hatte einen ungezwungenen Platz in unserer Familie. Ich erlebte sie nie als aufgesetzt oder fordernd. Vater lebte einen tiefen Glauben, ohne viele Worte darüber zu verlieren. Wir beteten bei Tisch und jeden Abend den Rosenkranz. Das gehörte einfach dazu. Und so versprach ich dem Herrgott am Weissen Sonntag, an meiner ersten heiligen Kommunion, für später mein Leben. Natürlich sagte ich es niemandem und vergass es wieder.

Nach der Sekundarschule blieb ich zu Hause. Meine Eltern konnten mich überall gut brauchen. Später lernte ich einen Winter lang in Freiburg Französisch und arbeitete bei einer Tierarztfamilie in Luzern. Die Sommer verbrachte ich natürlich immer auf der Alp. An eine Berufslehre dachte ich nicht. Später bereute ich, nicht auf Mutter gehört zu haben, die mir eine Ausbildung zur Handarbeitsoder Hauswirtschaftslehrerin empfohlen hatte. Lieber wollte ich eine Bäuerinnenschule besuchen. Die Schulen in Willisau und Sursee lagen zu nahe – das Kloster Fahr aber schien mir ein besonderer Ort zu sein, auch weil eine Kollegin davon schwärmte. Ich erhielt einen Ausbildungsplatz für den Winterkurs 1956/57. Zwar war ich etwas vorlaut, vielleicht weil ich schon einige Erfahrung im Haushalt mitbrachte, aber meine Klassenkolleginnen verziehen es mir. Ich lernte neuzeitlich kochen und vieles mehr. Zu jener Zeit hatte ich einen Freund, einen Bauernsohn. Mit ihm hätte ich mir eine gemeinsame Zukunft und eine kinderreiche Familie vorstellen können.

Aber während der Ausbildung ging mir der Gedanke immer wieder durch den Kopf, im Kloster Fahr zu bleiben. Bis zum Schulende konkretisierte sich der Wunsch. Wie das? Es passierte einfach, ich kanns heute noch nicht anders sagen. Es war eine Erwählung von Gott, eine Berufung. Natürlich bedeutete das auch den Verzicht auf eine eigene Familie. Ich habe keine Kinder, aber die Familie wächst trotzdem weiter, mit zwanzig Nichten und Neffen, dreissig Grossnichten und Grossneffen und sogar Urgrossnichten und -neffen. Zwei meiner Geschwister sind nicht verheiratet – ein Bruder ist Pfarrer und eine Schwester war jahrzehntelang Missionarin in Mali, Westafrika.

Die definitive Entscheidung für das Kloster wäre mir, ehrlich gesagt, leichter gefallen, hätte ich keinen Freund gehabt. Er reagierte jedoch verständnisvoll, vielleicht auch, weil eine seiner Schwestern vor mir in ein Kloster eingetreten war. Eine andere Schwester sagte zu ihm: «Du wirst sehen, sie kommt nach der Schule heim, fährt wieder zur Alp, und weg ist der Klosterwunsch!»

Dem war nicht so. Am 20. Oktober 1957, ein halbes Jahr nach Schulende, trat ich als Kandidatin ins Kloster Fahr ein. Ich wusste einfach, ich gehöre dorthin. So ists doch auch in der Liebe zu einem Partner, oder nicht? Man spürt, es ist das Richtige.

Ich sprang ins kalte Wasser, ohne Vorstellungen. An eine fünfjährige Probezeit dachte ich nicht. Ich ging ins Kloster, um zu bleiben!

Natürlich erlebte ich stürmische Zeiten, vor allem am Anfang. Wenn mir etwas nicht passte, so sagte ich es. Das kam bei den → Oberen nicht eben gut an und trug mir einige Rüffel ein. In Holzlatschen statt Schuhen mit Gummisohlen den Gang zu fegen, das fand ich so was von unpraktisch. Und eine Aufgabe zu einem unpassenden Zeitpunkt zu erledigen, auch wenn danach noch Zeit dafür war – ich sah das nicht ein. Später nahmen die Verweise dann plötzlich ab. Ob ich mit meinen Einwänden sogar recht hatte?

Die Tagwacht um halb fünf Uhr machte mir zu schaffen. Wie ein Fest kam es mir vor, wenn wir am Sonntag erst um halb sechs Uhr geweckt wurden. Ich gewöhnte mich an den regelmässigen Wechsel von Arbeit, Gebet und Erholung – und heute schätze ich ihn. Wir arbeiten nie mehr als zwei Stunden am Stück, beten aber auch nicht während Stunden ohne Unterbruch. Der Rhythmus schont die Kräfte. Von allem etwas, aber von nichts zu viel.

An meiner Einfachen → Profess am 28. Juli 1959 bekam ich den Namen Fidelis. Ich hatte mir verschiedene Namen vorgestellt, Priska, Katharina oder Adelheid. Priska sei ein Modename, und Katharina und Adelheid – na ja! Die frühere Schwester Fidelis, 1943 gestorben, sei eine Fröhliche gewesen und gläubig. Weshalb also nicht wieder eine Schwester Fidelis?

Die Freiheit, meine geistige Freiheit, gab ich im Kloster nie auf. Ich blieb mir selbst treu, vielleicht zu sehr, denke ich manchmal. Ich liess mir nichts aufzwingen, so will ich es formulieren. Geschieht etwas, was ich annehmen muss, dann tue ich es und habe damit keine Schwierigkeiten. Mit Veränderungen in unserem Alltag habe ich manchmal Mühe und denke, ich hätte vielleicht anders entschieden. Aber ich muss es ja nicht verantworten. Das gibt Freiheit. So gesehen bin ich verwöhnt. Äusserliche Freiheiten bedeuteten mir nie viel. Ich musste schon daheim gehorchen und auf andere Rücksicht nehmen. Und ich erfahre ja auch Freiheiten seit ein paar Jahren. Wir können jedes Jahr zwei Wochen in die Ferien fahren, dürfen den Termin, den Ort und die Begleitung auswählen und erhalten hundert Franken Feriengeld zur Pension dazu.

An meinem 29. Geburtstag, am 27. August 1962, wurde ich für immer in die Gemeinschaft aufgenommen. Ich war angekommen!

Die Glaubenszweifel kamen erst später. Ich kann mir das gut erklären. Erst wenn man so intensiv im Glauben lebt, wenn man Zeit findet, sich darüber Gedanken zu machen, kommen sie. Ich empfand sie aber nie als negativ, im Gegenteil. Vor meinem Klostereintritt hatte ich wohl eher einen Kinderglauben, eingeimpft mit der Erziehung. Es waren nicht Zweifel an der Berufung für das Kloster, sondern am Glauben selbst. Ich fragte mich ernsthaft: Gibt es Gott überhaupt? Durch diesen Prozess muss vermutlich jede Klosterfrau gehen. Ich versuchte, möglichst wenig darüber zu reden, ab und zu die Augen zu schliessen und zu hoffen, es komme wieder besser. Diese Phasen erlebte ich immer mal wieder. Erst jetzt im Alter sind sie weniger geworden. Nach jedem dieser «Abstürze», am Tiefpunkt, konnte in mir drin wieder etwas wachsen. Ich denke, ohne dieses Ringen wäre mein Glaube an der Oberfläche geblieben. Verdrängung und Resignation scheinen mir schlimmer zu sein. Glaube bedeutet für mich zu wissen, dass ich von Gott geliebt bin.

Während vieler Jahre arbeitete ich im Klosteratelier, wo kirchliche Textilien für Pfarreien, die → Paramente, gefertigt werden. Neben dem Weben von Stoffen in Seide, Wolle und Leinen gehörte das Zuschneiden und Nähen von Gewändern dazu. 1966 wurde es fast von einem Tag auf den anderen sehr streng. Schwester Paula, die die Paramentenwerkstatt aufgebaut und jahrelang geleitet hatte, trat aus dem Kloster aus. Wir übrig gebliebene Schwestern hatten zu schauen, dass der Betrieb weiterlief. Unverhofft übergab man mir immer mehr Leitungsaufgaben. Ich wurde verantwortlich für den Materialeinkauf, die Verkaufsstrategie, die Verhandlungen mit den Pfarrherren. Waren das Lektionen für später?

Im April 1988 starb die langjährige Vorsteherin unserer Gemeinschaft, Schwester Raphaela Rast, im Alter von nur 61 Jahren. Ein Schock für uns alle. Ich war mittlerweile 55 Jahre alt. Und ich erinnerte mich, wie ich vor der Einfachen Profess verkündet hatte, nur ins Kloster eintreten zu wollen, wenn ich nie Priorin werden müsse.

Gehorsam hat Priorität! Die geheime Wahl fiel auf mich. Ich wurde Priorin des Klosters Fahr. Tags zuvor war ich noch eine der dreissig Schwestern, und plötzlich trug ich als deren Vorsteherin eine grosse Verantwortung, ohne Vorbereitung und Ausbildung. Das ist im Kloster so. Aber auch damals erlebte ich, wie so oft, eine Kraft, die mir geschenkt wurde. Ich blieb erstaunlich ruhig.

Nun kamen alle Anliegen von aussen an mich heran, auch die Fragen der Schwestern. Es galt etwa, Arbeitseinsätze neu zu regeln, wenn jemand ausfiel. Vieles läuft im Priorat zusammen, die ganze Organisation des Klosteralltags. Und bei Problemen mit Angestellten oder in der Schwesterngemeinschaft war ich natürlich die Anlaufstelle. Ich darf sagen, dass ich immer viel Hilfe von meinen Mitschwestern erfuhr. Aber die Verantwortung lag letztendlich bei mir.

Der Stress kam dann später, als junge Frauen im → Noviziat grosse Schwierigkeiten hatten und ich als Vermittlerin und Verantwortliche gegen innen und aussen nach Lösungen suchen und Kompromisse finden musste. Das war eine belastende Situation, die mich viel Energie kostete. Da waren zwei intelligente Frauen, die sich nicht in unsere Gemeinschaft einfügen konnten. Eine musste ich schliesslich wegschicken, der anderen gaben wir eine zweite Chance. Aber schliesslich trat auch sie aus. In dieser Angelegenheit hatte ich von der Gemeinschaft wenig Rückhalt, was meine Entscheidungen betraf. Das konnte ich auch nicht erwarten, hatten die Schwestern doch kaum Hintergrundinformationen. Die Geschehnisse zehrten an meiner Gesundheit. Die Belastung wurde so gross, dass eine aggressive und sehr schmerzhafte Polyarthritis ausbrach. Sie hatte wohl in mir geschlummert. Ich litt. Nur dank starker Spritzen, die gut wirkten, und Medikamenten, die ich vertrug und heute noch wöchentlich zu mir nehme, bin ich schmerzfrei. Gott sei Dank!

Vieles bleibt in Erinnerung von meinen 15 Jahren als Priorin, zum Beispiel der Brand unserer Scheune 1989. Ein Pyromane hatte in der frühen Morgenstunde des 3. April im Stall Feuer gelegt. Das Gebäude brannte bis auf die Grundmauern nieder. Glücklicherweise kamen weder Mensch noch Tier zu Schaden. Danach gab es unendlich viel zu tun. Für die Ökonomieverwaltung war damals noch der → Propst zuständig. Das hatte sehr viele Vor-, aber auch Nachteile. So konnte ich als Priorin nicht mitentscheiden und eingreifen, als kein moderner Laufstall erstellt, sondern die neue Scheune samt Miststock an gleicher Stelle, viel zu nahe beim Restaurant, aufgebaut wurde. Einfältige Entscheide, meiner Meinung nach!

Die Kirchenrenovierung und der Einbau eines Lifts im Kloster erfolgten ebenfalls während meiner Amtszeit. Schwester Irene war damals Leiterin der Bäuerinnenschule und für mich eine wertvolle Stütze. Ich war dankbar, mit dem Schulbetrieb wenig zu tun zu haben. Grosse Erfolge konnte ich während meiner Amtszeit nicht vorweisen. Ich leitete die Gemeinschaft, so gut ich es konnte. Und ich spürte: Ich muss diese Aufgabe nicht allein tragen, die Gemeinschaft steht hinter mir, und Gott trägt mich. Natürlich sind Fehler geschehen, aber ich glaube, keine gravierenden.

Mit dem Einsiedler Abt kam ich gut aus. Er mischte sich in all den Jahren nie ein, beriet mich aber klug, wenn ich ihn fragte. In einer Abstimmung in den Siebzigerjahren hatten wir übrigens die Möglichkeit zu entscheiden, ob wir uns vom Kloster Einsiedeln trennen wollten. Das Resultat war ein Nein. Ich bin froh darüber. Wir sind doch seit Jahrhunderten mit Einsiedeln verbunden. Ohne den Rückhalt der dortigen Mönchsgemeinschaft über all die Zeit würden wir heute wohl kaum mehr existieren. Nach der Reformation und dann nach der Klosteraufhebung hätten wir ohne die Unterstützung Einsiedelns nicht neu anfangen können. Es galt allerdings immer wieder Wege zu finden, sich zu verstehen. Und als Fahrer Klostergemeinschaft ein Stück weit unabhängig zu bleiben.

Und heute: Es muss etwas geschehen in der katholischen Kirche. Die Männer fürchten grosse Veränderungen, die auch Unsicherheiten mit sich bringen würden. Der Vatikan ist das Problem – und seine verhärteten Strukturen. Sind in Rom weiterhin Leute, die man andernorts nicht brauchen kann, kommt kein Leben in einen Veränderungsprozess.

Das Thema der Frauen in der Kirche bewegt mich. Die Männer hocken auf ihren Privilegien. Einige sehen, dass man Lösungen finden muss, andere pochen – bewusst oder unbewusst – auf ihre vermeintlichen Rechte. Sie meinen, sie allein seien Kirche, und die Frauen dürften mitlaufen. Die Kirche würde anders aussehen, hätten Frauen gleich viel Macht und Möglichkeiten. Die Seelsorge, die Liturgie wären anders, die Mitmenschlichkeit auch. Die Männer denken, die Macht gehöre ihnen. Das war aber nicht immer so. In den ersten Jahrhunderten des Christentums hatten die Frauen durchaus ihren Platz. Man müsste zu den Wurzeln der Urkirche zurück. Waren nicht die Frauen bei Jesus am Kreuz, waren nicht sie die Ersten an seinem leeren Grab?

Seit 14 Jahren bin ich wieder Schwester Fidelis und nicht mehr die Mutter Priorin. Ich durfte mein Amt abgeben. Obwohl ich noch für sechs weitere Jahre gewählt war. Ich bat den damaligen Abt kurz vor meinem siebzigsten Geburtstag, zurücktreten zu dürfen. Er lehnte ab. Erst sein Nachfolger, Abt Martin Werlen, gewährte mir den Rücktritt glücklicherweise nach drei Jahren.

Am 6. Juni 2003 wurde Priorin Irene Gassmann zur neuen Priorin gewählt. Aber erst im September trat sie ihre neue Funktion an. Als Leiterin der Bäuerinnenschule wollte sie den laufenden Ausbildungsgang zu Ende begleiten. Das kam uns beiden zugute, hatten wir doch Zeit, die Amtsübergabe in Ruhe zu planen, zu besprechen und zu organisieren.

Ins Glied zurückzutreten, fiel mir nicht schwer. Im Gegenteil, es war sehr entlastend, die Verantwortung in andere, jüngere Hände abgeben zu dürfen. Natürlich ist es ein grosser Unterschied, ob jemand abgesetzt beziehungsweise nicht mehr gewählt wird oder ob man freiwillig abgeben darf. Seither halte ich mich bewusst zurück, mische mich fast nie ein. Ich schätze sehr, wie Priorin Irene unsere Gemeinschaft führt.

Ich weiss nicht, wohin wir als Gemeinschaft gehen werden. Aber wir haben nicht das Recht aufzuhören, zu resignieren. Auf keinen Fall. Aus der Tradition heraus haben wir eine Verpflichtung. Es ist bedeutend für die Stadt Zürich und das Limmattal, dass hier seit Jahrhunderten ein katholisches Kloster steht, wo Frauen leben, die an Gott glauben und die beten. Einen solchen Ort muss es auch in Zukunft geben. Das weiss der Herrgott. Wir renovieren doch nicht, damit wir ein Altersheim werden! Etwas wird passieren. Ich glaube, wir müssen das einfach gelassener sehen.

Eintritt ins Kloster Fahr: 20. Oktober 1957

Einfache Profess: 28. Juli 1959

Feierliche Profess: 27. August 1962

Im Fahr

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