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vorwort

von der steinzeit nach Frankfurt City

Wichtige Dinge verschwinden nicht. Sie schlummern scheinbar in der Tiefe. Doch wenn ihre Zeit wieder gekommen ist, erwachen sie und erscheinen wie neu. So ist es mit dem Räuchern. Jahrtausendelang war das Räuchern ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Lebens. Unglaubliche Reichtümer wurden für Räucherwaren ausgegeben, Welthandelsstraßen errichtet, um sie zu befördern, und zu fast allen Zeiten war das Räuchern eine Zeremonie, so alltäglich und wichtig wie Zähneputzen. Erst in diesem Jahrhundert ist das Wissen um das Räuchern in unserem Kulturkreis wie eine Quelle versiegt. Lebendig lebt es jedoch weiter in anderen Kulturen, vor allem in denen des Ostens. Dort ist das Räuchern für Millionen von Menschen eine essentielle Zeremonie des Alltags.

Die Ursprünge des Räucherns, das heißt des Verbrennens oder Verglimmens von aromatischen Substanzen liegen in der frühesten Menschheitsepoche, irgendwo vor oder in der Steinzeit. Doch was hat dies mit unseren modernen Zeiten zu tun?

Vor vielen Jahren habe ich das Räuchern von den Indianern gelernt. Für die Medizinfrauen und -manner, die mir etwas über ihre Heilpflanzen vermittelten, war eine Räucherzeremonie ein Teil ihrer achtsamen Art, mit Himmel und Erde umzugehen. Auch in östlichen Ländern, die ich bereiste, entdeckte ich die Freude am Räuchern. So haben über lange Zeit Räucherungen als hilfreiche kleine Rituale mein Leben begleitet. Daß sich dafür einmal viele Menschen interessieren würden, kam mir nicht in den Sinn.

Ausgerechnet in Frankfurt City begriff ich, daß nun die Zeit gekommen war, in der das alte Wissen von der Kraft und dem Heilwert des Räucherns wieder aus der Tiefe auftauchen müßte. Ich leitete dort ein Seminar für Manager, bei dem wir Aroma-Massagen und Atemübungen zur schnellen Entspannung bei starkem Streß praktizierten. Zufällig hatte ich in meinem Gepäck meine Räucherutensilien dabei. Ein Seminarteilnehmer fragte mich, was dies denn sei? Ich erklärte ein bißchen und er überredete mich, mit der gesamten Gruppe eine Räucherung vorzunehmen. Ich war skeptisch. Was hatte das Räuchern auf einem Managerseminar zu suchen? Doch ich wollte keine Spielverderberin sein und packte meine besten Räuchersubstanzen aus.

Nach der Räucherung konnte ich es selbst sehen. Die Gesichter waren entspannt, in dem ungemütlich, sehr kühl eingerichteten Seminarraum war eine Atmosphäre der Weite, Wärme und der meditativen Stimmung entstanden. Das war es, was Menschen, die unter starkem Leistungsdruck stehen, schnell entspannen kann! Wir räucherten an diesem Wochenende noch öfter und ich verteilte als Abschiedsgeschenk meine Weihrauch-Harzbrocken. Von da an nahm ich meine Räucherutensilien zu Konferenzen, Vorträgen und Seminaren mit. Ich spürte, das uralte Wissen um das Räuchern kann genau in unserer Zeit der Hektik und Streßbelastung hilfreich sein, kann uns unterstützen, manchmal innezuhalten.

Auch mein Interesse an der Geschichte des Räucherns war geweckt. Vom alten Räucherwissen ist nur wenig übriggeblieben. Was wußte man früher darüber? Ich begann eine Studienreise durch die Zeit, von den Ursprüngen des Räucherns durch viele Kulturen, suchte alte Quellen in Bibliotheken, bei Heilerinnen und Heilem, Medizinfrauen und -männern. Ich sammelte Pflanzen zum Räuchern und versuchte, alte Rezepturen zu rekonstruieren.

Ich freue mich, daß ich mit diesem Buch vielleicht etwas dazu beitragen kann, die wertvolle und hilfreiche Weisheit des Räucherns gerade in unserer Zeit wieder aufleben zu lassen. Es begann in der Steinzeit und fand seinen Weg bis in die moderne Großstadt…

Sulzberg, Ostern 1996

Das Buch vom Räuchern

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