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Quälende Erinnerungen

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Meine Mutter holte uns in Heathrow vom Flughafen ab und forderte einen umfangreichen Reisebericht. Da Charlie bestens ausgeruht war, übernahm sie diese Aufgabe sogleich und beantwortete lebhaft alle Fragen. Mich hatte jetzt die Schlaflosigkeit im Flieger eingeholt. Ich rollte mich auf der Rückbank unseres Wagens zusammen und schlief fest ein.

»Schatz, aufwachen. Wir sind zu Hause.«

Ich wusste einen Moment lang nicht genau, wo ich war, und brauchte ein paar Sekunden, um zu bemerken, dass wir vor unserem Haus in Highcliffe in der Einfahrt standen. »Wo ist Charlie?«, fragte ich, die Augen immer noch leicht zukneifend.

»Ich habe sie schon zu Hause abgesetzt. Du hast so tief geschlafen, wir wollten dich nicht wecken. Sie ruft später an.«

»Oh. Okay.«

Gähnend zerrte ich meinen Rucksack aus dem Kofferraum und ging auf das Haus zu. Unfassbar, wie klein es war. Die Fenster schienen geschrumpft zu sein. Selbst das hohe Sprossenfenster des Erkers im Erdgeschoss, das unser Wohnzimmer um einiges geräumiger machte, erinnerte mich jetzt an das Puppenhaus von Charlie, mit dem wir als Kinder gespielt hatten. Meine aufgrund von überdimensionierten Objekten verfälschte Wahrnehmung brauchte eine Weile, um sich auf Normalmaß einzupendeln. Das Wort Kulturschock kam mir in den Sinn.

»Wie fühlst du dich?«, fragte meine Mutter forschend, während ich irritiert die Tür aufschloss. Ich war doch nur wenige Tage fort gewesen.

»Ich denke, ich lege mich noch ein bisschen hin und dann melde ich mich bei Ben zurück«, erklärte ich müde.

»Gut, Schatz, mach das.«

Mit schweren Schritten ging ich die steile Treppe nach oben und betrat mein winziges Zimmer. Ein schwaches Stöhnen löste sich aus meiner Kehle. Ich ließ mich rücklings auf mein Bett fallen, schloss die Augen und gab mich meiner Erschöpfung hin.

Ich träumte vom Central Park. Er war tief verschneit, alles war weiß. Man konnte kaum irgendwelche Konturen ausmachen. In einiger Entfernung stand der schöne Junge und sah mich unverwandt an. Er war ganz in Weiß gekleidet. Ich konnte seinen Körperumriss kaum erkennen, da er mit der Umgebung verschmolzen zu sein schien. Nur sein Gesicht, mit den großen braunen Augen und den schön geschwungenen Lippen, sowie das dunkle Haar stachen aus dem Meer aus Weiß hervor. Von seiner Schläfe rann ein dunkelroter Bach aus Blut. Plötzlich galoppierten zwei weiße Pferde heran, rissen den Jungen mit sich und verschwanden in der Ferne, indem sie eins mit dem Weiß wurden. Es war wieder still und friedlich, eine endlose weiße Schneelandschaft mit kleinen glitzernden Hügeln hier und da. Doch dann veränderte sich alles ganz schnell. Aus dem schneebedeckten Boden quoll eine ölige schwarze Masse hervor und fing an, alles zu überschwemmen. Mehr und mehr kam aus dem Boden hervor, begleitet von einem unheimlichen Klagelaut. Sie vernichtete die schöne weiße Pracht, bis nichts mehr übrig war. Dann kroch die Masse langsam auf mich zu und ich dachte, ich müsste ersticken. Mit einen lauten Keuchen wachte ich auf.

»Val, Schatz, was ist los?« Meine Mutter kam ins Zimmer gestürmt.

»Ich weiß nicht, ich … ähm … ich … nichts. Ich hab nur schlecht geträumt.« Ich war noch völlig benommen und versuchte, langsam wieder in der realen Welt anzukommen.

»Na, das hörte sich aber nicht nach nichts an«, sagte sie mit prüfendem Blick.

»Es geht mir gut, wirklich. Wie lange habe ich geschlafen?«

»Vier Stunden.«

»Vier Stunden? Oh shit, ich hatte doch Ben versprochen, mich gleich zurückzumelden. Hat Charlie angerufen?«

»Nein, ich denke, sie schläft auch noch ein bisschen.«

»Wohl kaum, die hat acht Stunden am Stück geratzt. Wahrscheinlich skypt sie mit Tobey.« Ich setzte meinen Dackelblick auf. »Momsy, können wir gleich essen? Ich habe so einen Hunger. Und dann möchte ich noch rüber zu Ben.«

Den Kosenamen benutzte ich seit Jahren eigentlich nur noch, um etwas durchzusetzen, wie den Trip nach New York, im Gefühlsüberschwang oder wenn ich drohender Schelte vorbeugen wollte. Ich hatte ihn meiner Mutter rigoros und unwiderruflich verpasst, als ich im Alter von sieben Jahren lernte, dass Mummys auch tote Menschen mit Ganzkörperbandagen waren. Ab dem Moment hatte ich es unpassend gefunden, sie so zu nennen.

»Klar, ich mach uns was Leckeres.«

Sie war ein Schatz.

Einem plötzlichen Impuls folgend, fuhr ich meinen Rechner hoch und googelte »Unfall Central Park« und dann noch das Datum. Vielleicht konnte ich irgendetwas erfahren. Ein Autounfall eines Starlets, das angetrunken einen Blechschaden an einem anderen Fahrzeug verursacht hatte, wurde erwähnt. Das war’s.

Enttäuscht schleppte ich mich in die Dusche und fühlte mich nach der gründlichen Reinigung wenigstens etwas frischer. Nachdem ich meine Fotos auf einen USB-Stick geladen hatte, schickte ich schnell noch eine SMS an Ben, worin ich versprach, nach dem Essen rüberzukommen. Ich hatte kaum begonnen, meine Sachen auszupacken, da kam schon die Rückmeldung: Freu mich.

Mit der Schmutzwäsche auf dem Arm stolperte ich die Treppe herunter, um den Wäschekorb in der Kammer zu füttern. Eine Fahne von gegrilltem Fisch waberte durch das gesamte Erdgeschoss, worauf mein Magen voller Ungeduld knurrende Laute von sich gab. Erwartungsvoll setzte ich mich zu Mom in die Küche an den bereits gedeckten Tisch und beobachtete, wie sie die Fische in der zischenden Pfanne geschickt wendete. Dass ich den Geruch in den Haaren mitnehmen würde, war mir heute egal.

Nicht nur, weil ich ausgehungert war, schlang ich große Happen der Meeräsche herunter. Ich versuchte, Mom wenig Gelegenheit zu geben, mich auszuhorchen. Sie versuchte es trotzdem, überschüttete mich förmlich mit Fragen. Da Charlie schon viel berichtet hatte, entschied ich mich zum Beitrag der unverfänglichen Episode Shoppingtour und erstickte dabei fast an einer Gräte. Das war für Mom ein alarmierendes Signal, mich nicht weiter vom Essen abzulenken, und so begann sie zu meiner Erleichterung, über die nette neue Arbeitskollegin im Reisebüro zu berichten. Als ich den letzten Bissen heruntergeschluckt hatte, stand ich sofort vom Tisch auf.

»Das war super, danke, Mom. Ich muss jetzt los. Ben wartet schon sehnsüchtig auf meine Fotos.«

Sie stellte meinen, bis auf die Gräten, leer gefutterten Teller auf ihren und erhob sich ebenfalls. »Ja, geh nur. Aber komm nicht zu spät nach Hause. Auch wenn du noch in Ferienstimmung bist, morgen ist Schule«, rief sie mir noch nach.

»Okay.« Woher sollte sie wissen, dass ich nicht im Geringsten in Ferienstimmung war, sondern in einer ganz anderen, mir nicht zu erklärenden Stimmung. Mein Körper war hier, aber mein Geist hing noch in New York fest.

Bevor ich zu Ben ging, brauchte ich noch ein paar Minuten für mich. Ich musste versuchen, den Kopf wieder freizukriegen, falls das möglich war. Zielstrebig nahm ich den vertrauten Weg Richtung Kliff. Ich rannte über die Wiese am Ende unserer Straße, die lange Steinmauer entlang, die einen verwilderten Garten begrenzte, in dem die Ruine eines kaum noch erkennbaren kleinen Cottages stand, über den sandigen Weg hinter dem Golfplatz, auf dem ich hin und wieder weiße und gelbe Bälle fand, die ich auf das Grün zurückschleuderte, bis hin zum breiten Uferweg und endlich zu dem immer enger zuwachsenden schmalen Weg zur Steilküste, der nur noch von sehr wenigen genutzt wurde. Hier gab es einen Ort für mich, der mir immer geholfen hatte, meine Gedanken zu ordnen und wieder Bodenhaftung zu erlangen, wenn irgendetwas passiert war, über das ich nachdenken oder mit dem ich fertigwerden musste – so wie vor einigen Jahren mit dem Tod meiner Großmutter, der sehr schlimm für mich gewesen war. Ich hatte diesen Platz für mich ganz allein und nur durch Zufall gefunden, als ich ein Frisbee gesucht hatte, das ein entfernter Nachbar und gleichfalls mein früherer Chemielehrer, Mr Benson, mithilfe einer starken Böe versehentlich ins Off geschleudert hatte. Sein Hund Sammy, weiß-braun, undefinierbar, aber vermutlich ein Jack Russel-Mischling, hatte keinerlei Anstalten gemacht, das verirrte Spielzeug wieder herbeizuschaffen. Also hatte ich mich hilfsbereit durch die Büsche gewühlt und dabei die Lichtung entdeckt, die am Ende durch das Geflecht der Sträucher schimmerte.

Es war nur eine kleine, mit verschiedenen Gräsern bewachsene, von Büschen umgebene Fläche, hoch oben auf den Klippen über dem Strand, mit einem Ausblick auf nichts als das Meer und den, verglichen mit den übrigen Stränden, eher schmalen Sandstreifen. Es gab weitaus bequemer zu erreichende Aussichtspunkte, die auch sicherer zu betreten waren, daher war dieser offenbar nicht bekannt. Wenigstens hatte ich in den Jahren hier niemals jemanden getroffen, und ich kam ziemlich oft her.

Wenn man, was nicht empfehlenswert war, sehr dicht an die Kante trat, konnte man weiter unterhalb hier und da abgerutschte Brocken entdecken, die wie kleine Halbinseln von der Steilwand Richtung Meer ragten. Jahr für Jahr schleuderten die wilden Herbststürme das Wasser gegen die Steilküste und höhlten sie nach und nach immer mehr aus, sodass der Klippenweg schon weiter nach hinten verlegt werden musste. Ich befürchtete, dass auch mein Platz irgendwann mal Opfer der Naturgewalten werden würde. Der große, abgeflachte Stein, der hier lag und auf dem ich manchmal stundenlang saß, würde sich dann am Strand bei den anderen wiederfinden, die vor Jahren dasselbe Schicksal ereilt hatte. Doch das würde erst in unzähligen Jahren passieren, hoffte ich, und so lange war dies mein persönliches Fleckchen Erde. Ich nannte es nur für mich Val Harbour, meinen Hafen, in den ich mich zurückziehen konnte. Hier oben auf dem Kliff zu stehen, weit auf das mal sanft an den Strand plätschernde oder auch wild tosende Meer hinauszuschauen, den Sonnenuntergang zu beobachten oder sich gegen den Wind zu stemmen und eins mit den Naturgewalten zu werden, war eine Reinigung von allem Schlechten und ein so erhabenes Gefühl, dass die Bedeutung vieler zu wichtig genommener Dinge klein wurde. Alles relativierte sich, alles wurde weniger schlimm. Und wenn ich glücklich war, fühlte sich alles noch besser an. In sternenklaren Nächten konnte man oft einen Mond sehen, der klarer, heller und größer erschien als irgendwo sonst. Für mich war es ein magischer Ort. Hier konnte ich meine Seele auftanken. Und das brauchte ich einfach hin und wieder.

Ich stand eine ganze Weile still da und versuchte nicht zu denken, nur zu fühlen. Meinen Kopf hatte ich ein wenig nach hinten geneigt, die Augen halb geschlossen. Ich lauschte nur auf das Brechen der Wellen, die Schreie der Möwen, das Rascheln der Gräser und Blätter in dem ein wenig stärker werdenden Wind, der meine Haare flattern ließ. Er war nicht kühl und duftete herrlich frisch nach einer Überdosis Sauerstoff. Langsam und intensiv sog ich die Luft bis tief in die feinsten Kapillaren meiner Lunge. Sie erschien mir heute noch viel intensiver als sonst, selbst ein schwacher Rosenduft hatte sich hineingemischt. Ich schmeckte einen Hauch von Salz auf den Lippen, das vom Meer herübergetragen wurde, und leckte es mit der Zunge ab. Der Himmel war noch blau, durchzogen von einzelnen rosafarbenen Schleierwolken, doch am Horizont waren dunkle Wolken aufgetaucht, die nun Kurs auf die Küste zu nehmen schienen.

Ich war zu Hause.

Allmählich kehrte eine wohltuende Ruhe in meinen Körper und meine Gedanken ein. Die Beklemmung, die ich in meiner Brust gespürt hatte, wich etwas und mein Herzschlag wurde ruhiger. Ich entspannte mich mehr und mehr. Hier fühlte ich mich so sicher, als hätte jemand eine riesige Hängematte aufgespannt, in die ich mich flüchten konnte. Tief in mir wusste ich, dass ich den Jungen niemals vergessen würde. Es war absurd, aber irgendetwas gab mir das Gefühl, dass ich ihn in meinem Leben brauchte, daher würde ich nicht aufhören, an ihn zu denken. Doch jetzt gerade empfand mein Geist so etwas wie einen kleinen Urlaub von den quälenden Erinnerungen.

Ich bekam Lust, Ben zu sehen und ihm Bericht zu erstatten. Die Sache im Park, beschloss ich, allerdings vorerst auszulassen. Im Moment erschien mir alles so weit weg und wie ein Traum, jetzt, da ich wieder in meiner vertrauten Umgebung war.

Für den Rückweg nahm ich den alten, nicht mehr als sicher gekennzeichneten Wanderweg direkt an der Klippe entlang, um das sich anbahnende Schauspiel am Himmel noch ein wenig zu beobachten. An manchen Stellen, wo die Pflanzen sich ihren Raum zurückerobert hatten, war er sehr eng, nur noch ein schmaler Pfad, übersäht mit Pfützen von vergangenen Regengüssen, über die ich hüpfte. Nach einer Weile wurde der Weg wieder breiter, es gab kaum noch dichtes Buschwerk auf der Wasserseite und schließlich hatte ich den freien Blick auf das Meer.

Aus der Ferne rollten fast bedrohlich aussehende dunkelgraue Wolken heran. Es war eine sonderbare Formation, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Wie Millionen kleine, fast schwarze Wattebäuschchen. Die Dreidimensionalität wurde durch die hellgrauen Ränder sehr deutlich ausgeprägt. Fasziniert beobachtete ich, wie sie mit dem auffrischenden Wind immer schneller landeinwärts drängten. Ein breiter blauer Streifen war noch wolkenfrei. Daraus lugte die Sonne hervor und beleuchtete die bunten Segel von vier Windsurfern, die weiter draußen, über die Gischtkronen springend, hin und her fegten und sich von dem kabbeligen, schwarzen Wasser abhoben wie Leuchtkörper.

Ich war so vertieft in diesen Anblick, dass ich nicht merkte, wie ich der Kante der Steilküste zu nah kam. Plötzlich brach ein Stück unter mir ab und ich rutschte mit den Armen rudernd mit der Abbruchkante nach unten. Selbst der Schrei war mir in der Kehle stecken geblieben, so schnell ging alles. Bevor ich meine sich überschlagenden Gedanken, ob ich den tiefen Sturz überstehen konnte oder unten auf einen großen Steinbrocken knallen würde, richtig greifen konnte, geriet mein Körper plötzlich zwischen die harten, glitschigen Wurzelstränge eines Baumes und wurde in einer sanften Kurve zur Seite umgelenkt. Ich wurde auf einen mit Gräsern bewachsenen Vorsprung gespuckt, der wie eine kleine Terrasse an der Kliffwand saß. Ächzend klatschte ich auf den durchweichten Untergrund.

Ich fühlte mich wie ein an Land gespülter Fisch, hatte den Mund weit geöffnet, japste und bekam kaum Luft. Eine ganze Weile blieb ich wie versteinert liegen und starrte auf die von Wind und Wetter freigelegten, feucht glänzenden Baumwurzeln, die fast parallel angeordnet im Bogen auf mich zuliefen wie Schienen einer Achterbahn. Was für ein unglaublicher und glücklicher Zufall.

»Danke, danke, danke«, schickte ich seufzend in die Dämmerung hinaus. Als würde der Wind mit einem Flüstern antworten, zischte er durch meine Haare und verwirbelte sie.

Nachdem mein Puls eine Frequenz erreicht hatte, die wieder eine Bewegung zuließ, strich ich meine Haare zurück und begann vorsichtig zu überprüfen, ob alle meine Gliedmaßen einwandfrei funktionierten. Meine rechte Schulter und meine Rippen schmerzten. Ich wollte meine brennende Haut begutachten und schob den Pulli weit nach oben. An beiden Seiten meines Körpers entdeckte ich Rötungen und leichtere Abschürfungen. Schmerzvoll stöhnte ich auf, als ich sie berührte. Trotzdem, mir war bewusst, was für ein sagenhaftes Glück ich gehabt hatte. Unfälle dieser Art hatte es hier immer mal wieder gegeben und sie waren meistens nicht so glimpflich ausgegangen.

Ich schaute mich um. Die kleine Landscholle, auf der ich saß, musste vor längerer Zeit abgerutscht sein und war etwa auf dem oberen Drittel der Steilküste stecken geblieben. Mit einem kritischen Blick nach oben schätzte ich die Entfernung zur Kliffkante ein. Wenn ich mich nicht allzu blöd anstellte, müsste ich es schaffen, mich an den Wurzeln wieder nach oben zu ziehen. Der Vorsprung unter mir gab mir etwas Sicherheit, ich könnte immer nur auf ihn zurückstürzen.

Die Wurzeln waren feucht und meine Hände glitten immer wieder ab, sodass ich sie um meine Hände schlang, wo sie sich tief in die Haut bohrten. Es war mühsam und schmerzhaft, aber Stück für Stück arbeitete ich mich nach oben, immer wieder mit den Füßen im aufgeweichten Sand nach steinigem oder pflanzlichem Halt suchend.

Als ich die Kante oben erreichte und sorgfältig prüfte, ob sie mich halten würde, schwang ich mit einer letzten Anstrengung meine Beine nach oben und rollte mich schnell ein weites Stück von ihr weg. Mein Atem ging schwer und keuchend, als hätte ich einen Marathon hinter mich gebracht. Ich pfiff durch die Zähne, als ich die tiefen Abdrücke meiner Hände in dem lehmigen Boden des Klippenrandes sah. Das hätte richtig böse ausgehen können. Ich ärgerte mich über meinen Leichtsinn, während ich zittrig meine Hände in einer klaren Pfütze säuberte.

Die Sonne war inzwischen gänzlich von den dunkelgrauen Wattebauschwolken verdeckt und in weiter Ferne hörte ich das typische Gewittergrollen. Auch ein paar Blitze erhellten einige Wolkenabschnitte. Zwei der Surfer waren zum Strand zurückgekehrt, hatten ihre schwarz glänzenden Neoprenanzüge abgelegt und sich in große Badehandtücher gewickelt. Während sie sich die klatschnassen Haare abrubbelten, beobachteten sie nun die beiden anderen, die weiterhin in atemberaubendem Tempo durch die Wellen glitten. Nur auf ihre spektakulären Manöver konzentriert, hatten sie nichts von meinem Sturz mitbekommen. Und auch niemand sonst. Damit konnte ich wenigstens sicher sein, mit diesem peinlichen Auftritt nicht bei YouTube aufzutauchen.

Highcliffe Moon - Seelenflüsterer

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