Читать книгу Wieso bin ich, wer ich bin? - Suzanne Rethans - Страница 6

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Govert Schilling, Astronom:

Unsere Erde ist ein Planet, der zusammen mit anderen Planeten die Sonne umkreist. Wir wissen heute ein bisschen darüber, wie die Planeten und die Sonne entstanden sind. Aber wie das gesamte Weltall zustande gekommen ist – das wissen wir eigentlich nicht. Das Einzige, was wir herausgefunden haben, ist, wie es vor sehr langer Zeit, als es gerade erst entstanden war, ausgesehen haben muss.

Man muss sich das so vorstellen, als ob ein außerirdisches Wesen auf die Erde kommen würde, um herauszufinden, wie Menschen entstehen. Der Außerirdische könnte sich ein faltiges, neugeborenes Baby angucken. Aber dann wüsste er noch nicht, dass das Baby aus dem Bauch seiner Mutter herausgekommen ist. Und erst recht hätte der Außerirdische keine Ahnung davon, wie das Baby vorher da hineingekommen ist.

Der Urknall

Am Anfang des letzten Jahrhunderts hat man herausgefunden, dass das Weltall immer größer wird. Und weil wir das jetzt wissen, können wir rückwärts argumentieren: Wenn sich das Weltall immer weiter ausbreitet, bedeutet das, dass es früher ein ganz kleines Bündel gewesen sein muss. Alles war ganz dicht beieinander und es war unglaublich heiß. Also sieht es so aus, als wäre das Weltall durch eine Art heiße Explosion entstanden. Diese Explosion nennen wir den Urknall oder den »Big Bang«. Der Urknall ist beinahe 14 Milliarden Jahre her.

Atome

Bei dem Urknall sind Atome entstanden. Das sind ganz, ganz kleine Teilchen. Die haben sich dann übers Weltall verteilt. Aber nicht gleichmäßig, sondern in einer Art »Büschel«. Durch die Schwerkraft sind aus diesen Büscheln Klumpen entstanden. Die wurden dann immer größer – so wie ein Schneeball, wenn man ihn durch den Schnee rollt. Daraus sind dann letztendlich Galaxien entstanden. Das sind riesige, weit auseinander liegende, pfannkuchenförmige Ansammlungen von Sternen. Innerhalb der Galaxien klumpte die Materie auch wieder zusammen und es entstanden noch mehr Sterne, oft über hundert Milliarden pro Galaxis.

Die kreisende Scheibe

Unsere Milchstraße ist so eine Galaxis. Und unsere Sonne ist einer ihrer Sterne. Zuerst haben sich Gas und Staub in Form einer Scheibe um die Sonne gedreht. Dann haben sich darin einzelne Klumpen geformt, wieder durch die Schwerkraft. So sind die Planeten entstanden – auch die Erde. Die Erde ist also beinahe so alt wie die Sonne: ungefähr 4,6 Milliarden Jahre.

In der Nähe von anderen Sternen gibt es auch Planeten. Die Sonne und die Erde sind also nicht einzigartig. Und man hat auch bei neugeborenen Sternen beobachtet, dass sich eine Scheibe aus Gas und Staub um sie herumdreht. Daraus könnten also in Zukunft auch neue Planeten entstehen.

René Gude, Philosoph:

Wie die Erde entstanden ist, wissen wir nicht genau, schließlich waren wir nicht dabei. Wissen hat immer etwas mit Miterleben zu tun. Man weiß, was passiert ist, weil man dabei war. Tja, und wir waren zu spät dran, um die Entstehung der Welt miterleben zu können. Wir können nur so gut wie möglich ausknobeln, was passiert ist. Wir können mit großen Teleskopen ins Weltall gucken und Lichtstrahlen von Sternen sehen, die man mit bloßem Auge nicht erkennen könnte. Und mit riesigen Schüsseln können wir Radiowellen auffangen, die uns Dinge mitteilen, die ganz weit weg passiert sind. Daraus kann man verrückterweise sehr viel über die Vergangenheit lernen. Die Lichtstrahlen und Radiowellen sind nämlich schon seit langer Zeit unterwegs. Oft dauert es Millionen Jahre, bis sie bei uns ankommen. Manchmal ist ein Stern längst »ausgegangen«, aber sein Licht ist noch unterwegs. Also sehen wir jetzt erst, was eigentlich schon vor langer Zeit passiert ist. So können wir miterleben, was zu dieser Zeit geschah.

Auf diese Art sind Wissenschaftler auf die Idee mit dem Urknall gekommen: eine enorme Explosion, bei der alle Sterne und Planeten entstanden sind. Früher hatten Wissenschaftler und Philosophen ganz viele verschiedene Vorstellungen davon, wie die Welt entstanden sein könnte. Aber heutzutage warten die Philosophen lieber in aller Ruhe ab, bis die Wissenschaftler noch etwas mehr herausgefunden haben mit ihren großen Teleskopen. Und wenn die Wissenschaftler dann bewiesen haben, dass es den Urknall ganz sicher gegeben hat – dann kommt bestimmt sofort ein neugieriger Philosoph an und fragt: »Was genau ist denn eigentlich explodiert bei diesem Urknall und wo kam das her?«

Bracha Heintz, Rebbetzin:

In der Schule wird oft der Eindruck vermittelt, dass wir alles verstehen und erklären können. Und wenn wir etwas nicht erklären können, haben wir Theorien dafür. Zum Beispiel gibt es die Evolutionstheorie. Diese Theorie macht eine Aussage darüber, wie lange die Welt schon existiert. Laut der Bibel gibt es die Welt »erst« seit mehreren tausend Jahren, aber die Evolutionstheorie besagt, dass die Erde schon mehrere Millionen Jahre alt ist. Dafür wurden Minerale und Erdschichten untersucht. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, das Alter der Erde einzuschätzen. Aber das sind noch keine Beweise! Das ist, als würde man eine Linie von A nach B ziehen und dann davon ausgehen, dass man bei C ankommt, wenn man die Linie geradeaus weiter zieht.

Als Gott die Welt erschuf, hat er den Menschen nicht als Baby erschaffen, sondern als erwachsene Person. Und wenn man am Tag der Schöpfung einen Baum gefällt hätte, hätte man schon die Jahresringe zählen können. Gott hat die Welt in einem reifen Zustand gestaltet, mit Bergen und Flüssen. Er hat das in sechs Tagen getan – aber wer weiß, ob diese Tage genauso lang waren wie unsere Tage. Vielleicht hat damals jeder Tag zehn Millionen Jahre gedauert? Oder vielleicht hat Gott an einem Tag passieren lassen, was normalerweise zehn Millionen Jahre dauert.

Abdulwahid van Bommel, Imam:

Im Koran wird die Schöpfung von allem, was es gibt, damit verbunden, was wir davon sehen und begreifen können. Die Schöpfung fand innerhalb von sechs Zeitabschnitten statt. Das müssen keine Tage gewesen sein: Es wird gesagt, dass ein Tag von Gott fünftausend Jahre dauern kann. Die ganze Welt und der Himmel sind dazu gemacht, sie anzugucken und über sie nachzudenken: der Wechsel von Tag und Nacht, Ebbe und Flut, die Jahreszeiten. Gott erschuf den Menschen, seinen Stellvertreter auf Erden, aus Ton oder Lehm. Er formte ihn in den richtigen Proportionen. Der Mensch ist besonders, weil Allah ihn nicht nur geformt hat, sondern weil er ihm auch etwas von seinem eigenen Geist (ar-Rūh) eingehaucht hat.

Wieso bin ich, wer ich bin?

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