Читать книгу Wieso bin ich, wer ich bin? - Suzanne Rethans - Страница 9

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Harrie Brouwers, Theologe:

Diese Frage muss man immer mit Ja beantworten. Erstens, weil es stimmt, und zweitens, weil es so toll ist. Ich erzähle Kindern oft von meinem Besuch im Affenzoo. Wenn man eine Weile dort herum­gelaufen ist, kann man keinen Unterschied mehr zwischen den Affen und kleinen Kindern erkennen. Allerhöchstens einen winzig kleinen. Aber sie verhalten sich fast gleich.

Einmal habe ich allerdings beobachtet, wie ein kleiner Junge bei einem Affen hockte und ihm eine Handvoll Grashalme entgegenhielt. Der Affe guckte sich die Grashalme kurz an, schnappte sich dann aber die Brille von dem Jungen und rannte damit weg. Daran kann man dann doch den Unterschied zwischen Menschen und Affen erkennen. Es ist die Fähigkeit zu Freundschaft und Liebe. Sich in jemanden hineinversetzen zu können, macht einen zum Menschen. Darüber nachzudenken, was ein anderer braucht oder über eines anderen Traurigkeit weinen zu können, auch.

Midas Dekkers, Biologe:

Nein, wir stammen nicht vom Affen ab – wir sind Affen. Wenn es Marsmenschen gäbe und die würden einen Abgesandten zur Erde schicken, um von allen Tieren ein Exemplar für ihren Zoo mitzunehmen, dann würden sie den Menschen zweifelsohne in das Affenhaus stecken. »Na ja, er ist ein bisschen kahl«, würden sie denken. »Aber sonst sieht er genau aus wie die anderen. Und, hoppla, er mag sogar Bananen!«

Govert Schilling, Astronom:

Das ist eine sehr grobe Zusammenfassung der Evolution. Und manche Menschen können sich das auch nur sehr schwer vorstellen. Wenn sie im Zoo sind, denken sie beispielsweise: »Stamme ich jetzt von so einem Orang-Utan ab? So wie der, der sich da am Hintern kratzt?«

Nein, so ist es auch nicht. Wir stammen nicht von Orang-Utans oder Schimpansen ab, lediglich vom gleichen Urahnen wie sie. Das muss eine primitive Affenart gewesen sein. Wir sind also eher entfernte Cousins und Cousinen. Unsere eigenen Cousins und Cousinen sind ja manchmal schon ganz schön anders als wir selbst – da kann man sich doch denken, was für Unterschiede sieben Millionen Jahre zustande bringen. Und so lange ist es her, dass der gemeinsame Urahn von Menschen und Affen lebte.

Ganz so lang ist das dann aber doch wieder nicht. Wenn eine Mutter ihr Kind an die eine Hand nähme und ihre eigene Mutter an die andere, und die Mutter nähme dann wiederum ihre Mutter an die Hand, und man würde das immer weiter so fortsetzen, einen Meter pro Generation – dann würde man nach so vierhundert bis fünfhundert Kilometern beim gemeinsamen Urahnen von Affen und Mensch ankommen. Die Reihe wäre also ungefähr so lang wie die Strecke von Hamburg nach Nürnberg. Wenn man mit dem Auto an der Reihe entlangfahren würde, könnte man innerhalb einiger Stunden alle Ahnen des Menschen sehen.

Abdulwahid van Bommel, Imam:

Manche Dinge hören nie auf, einen zu faszinieren. Zum Beispiel das bekannte Kunstwerk von René Magritte. Es ist die Abbildung einer Pfeife mit der Bildunterschrift »Dies ist keine Pfeife«. Genauso könnte die Bildunterschrift auf einem Bild mit einem Menschen »Dies ist kein Affe« lauten. Es gibt doch dieses Plakat, worauf man sehen kann, wie aus einem Affen ein aufrecht gehender Mensch wird. Aber das Problem ist trotzdem, dass man es sich schwer vorstellen kann: die Affen im Zoo werden ja auch nicht zu Menschen. Gibt es die Realität auch, wenn man nicht hinguckt? Wenn niemand hinguckt? Und wenn das so wäre, wie würden wir je dahinterkommen, was die Wahrheit ist?

Für Muslime stellt sich die Frage: Sind sie bereit, ihren Glauben den wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen? Oder sogar: Sind sie bereit, entweder ihren Glauben oder die Evolutionstheorie ins Reich der Märchen zu verweisen? Eigentlich versuchen Muslime, von einem Gefühl des Staunens und einer Art Intuition ausgehend die Evolutionsgeschichte mit der Schöpfungsgeschichte zu vereinbaren. Zum Beispiel sehen wir, dass Menschen affenähnliches Verhalten an den Tag legen. Aber wir wissen nicht, ob es wirklich einen Moment gab, in dem der Übergang vom Affen zum Menschen stattgefunden hat. Im Islam wird der Mensch allerdings schon als sprechendes Tier bezeichnet.

Wieso bin ich, wer ich bin?

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