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Kapitel 2 – Mason

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~~~ August 2019 ~~~

Es war ein merkwürdiges Gefühl, hier zu sein.

Hier.

Nicht im San Fernando Valley, sondern in New York. Nicht in den Black Tail Studios, sondern bei CC Cocks.

Nicht in Steves Nähe.

Zum Glück nicht.

Zwischen uns lagen mehrere Tausend Meilen, fast fünf Jahre und so einige Gespräche, die ich mit Harold geführt hatte. Gespräche, aus denen sicherlich eine echte Psychotherapiesitzung geworden wäre, wäre Harold nicht der Partner meines Onkels und daher persönlich involviert.

Auf den ersten Blick – und auch auf den zweiten und dritten – erinnerte nichts in der CC Cocks-Mansion an Black Tail. Nicht die hohen Decken und die Grünpflanzen im Foyer, nicht die lichtdurchfluteten Flure, an deren Wänden stilvolle Aktbilder in Schwarz-Weiß der Exklusiv-Darsteller des Labels hingen und schon gar nicht die mit kleinen Accessoires dekorierten Umkleide- und Duschräume. Im Gegensatz zu den Black Tail Studios wirkte die CC Cocks-Mansion wie ein altehrwürdiges Herrenhaus, in dem man jede Sekunde darauf gefasst sein musste, dass ein höflicher Bediensteter einem einen Tee oder eine Fußmassage anbot.

Okay, eher eine Analmassage. Die Villa war unverkennbar der Sitz eines der bekanntesten Gay-Porn-Imperien der USA. Aber dennoch so weit von dem entfernt, was Black Tail war.

Damals.

Für mich.

Und dennoch kam es mir vor, als könnte ich Steves Präsenz in jeder Ecke des Raumes fühlen. In jeder Fuge. Als würde er mir gleich aus dem Spiegelglas über dem Waschbecken heraus zulächeln. Mit dieser einnehmenden Mischung aus Spott und Zärtlichkeit, mit der er mich so oft für sich vereinnahmt hatte.

Es war Jahre her, verdammt!

Mit einem erstickten Laut in der Kehle, der ein Schnauben hätte werden sollen, stieß ich mich vom Waschbecken ab, bemerkte dadurch erst, dass ich den Rand mit beiden Händen umklammert gehalten hatte. Betont langsam atmete ich aus, senkte meine Schultern, hob den Kopf. Sah in den Spiegel und schaffte es sogar, die Andeutung eines anzüglichen Lächelns auf meinen Lippen zu formen. Gerade noch rechtzeitig, ehe ein energisches Klopfen an der Tür ertönte und diese nur Sekunden später aufgeschoben wurde.

»Hey, bist du fertig?« Jayson trat ein paar Schritte in den Raum hinein. Im Spiegel trafen sich unsere Blicke, verloren einander, nur um sich wiederzufinden – direkter dieses Mal –, nachdem ich mich umgedreht hatte. Ungeachtet seiner Frage nahmen wir uns beide die Zeit, den anderen eingehend zu mustern. Natürlich hatte ich das beim Barbecue bereits getan und Jaysons knappes Outfit an besagtem Abend hatte wenig Raum für Spekulationen gelassen. Was mir allerdings bislang entgangen war, waren die beiden kleinen Metallstäbe, die sich durch seine Brustwarzen bohrten und meine Aufmerksamkeit unweigerlich anzogen.

»Stehst du auf Nippelpiercings?« Natürlich waren ihm meine Blicke nicht entgangen, und dass er mich direkt darauf ansprach, weckte eine seltsame Mischung aus Abwehr und Erleichterung in mir.

»Stehst du drauf, sie geleckt zu bekommen?«

Auf meine Gegenfrage wanderten seine Brauen in die Höhe. Für einen langen Moment hielt er meinen Blick, ehe er in einer lässigen Geste mit den Schultern zuckte und sich abwandte. »Find’s raus.«

Sein Konter ließ ein Lachen in meiner Kehle aufsteigen. Ich stieß mich endgültig vom Waschbecken ab und folgte Jayson. Er jedoch hielt an der Tür inne. Als sei ihm gerade noch etwas eingefallen, sah er über die Schulter zu mir.

»Ich kann dir jetzt schon versprechen, dass ich es lieben werde, dich zum Stöhnen zu bringen – vorausgesetzt du stöhnst in derselben Tonlage, in der du sprichst.« Ein Zwinkern folgte, ehe er sich abwandte und endgültig den Raum verließ. Schnaubend folgte ich ihm. Irgendetwas an seiner kessen Art reizte mich – fraglich nur, ob im erregenden oder aufregenden Sinne.

Im Grunde mochte ich Kerle wie ihn. Direkt und geradeheraus. Selbstbewusst. Allein schon, weil sie den Eindruck vermittelten, als könnten sie Grenzen aufzeigen. Und im selben Moment sorgten Kerle wie Jayson dafür, dass ich rastlos wurde. Meine Gedanken abdrifteten. Dorthin, wo sie nicht sein sollten. Sie sorgten dafür, dass Fragen, die ich bis heute nicht vollumfänglich beantworten konnte, erneut in meinem Kopf laut wurden. Die Frage nach dem Warum. Warum hatte ich nicht …?

»Kommst du?«

»Ja.« Energisch zog ich die Tür hinter mir zu und folgte Jayson aus den Sanitäranlagen nach oben ins Foyer der Mansion. Am Kopf der Treppe jedoch hielt ich ihn auf.

»Jayson?«

»Ja?« Er wandte sich mir zu, seine Miene fragend und offen.

»Bevor wir da rausgehen«, in einer vagen Geste nickte ich in Richtung der bodentiefen Fenster, durch welche man in die Gartenanlage der Mansion sehen konnte, »ich weiß, dass Dave mit dir gesprochen hat, aber … ich wollte dennoch sichergehen, dass du über alles Bescheid weißt. Meine HIV-Infektion, meine ich.« Meinem Stocken konnte er wohl nur allzu leicht entnehmen, dass ich nicht gern über dieses Thema sprach. Was er sicher nicht wusste, war, weshalb jedes Wort in mir nagte. Dass es dabei nicht nur um die Infektion an sich ging.

Erleichtert registrierte ich sein Nicken. »Ich weiß Bescheid, alles gut.«

»Hat Dave dir die Bescheinigung gezeigt? Wegen meiner Viruslast?«

»Hat er. Ich bin cool damit, okay?«

Nichts war okay. Aber dagegen konnte Jayson am allerwenigsten tun. Das, was ich von ihm wissen musste, hatte er mir gesagt.

»Okay, na dann … lass uns gehen.« Entgegen meinen Worten rührte ich mich keinen Zentimeter. Sah lediglich Jayson hinterher, der quer durchs Foyer ging und die breite Glastür zur Terrasse aufzog.

Wie gern hätte ich es ihm gleichgetan und das Wissen um meine Infektion mit einem Lächeln begraben. Aber HIV war nichts, das sich einfach so weglächeln ließ. Nie. Und schon gar nicht für mich. Weil jeder Gedanke daran sich um so viel mehr drehte als um die Frage nach der passenden Medikation oder der Viruslast. Jeder Gedanke an das Virus beschäftigte sich in meinem Hirn nicht nur mit dem Jetzt oder mit dem, was noch kommen würde. Sondern vielmehr mit dem, was geschehen war.

Was mit mir geschehen war.

Sobald es um HIV ging, hatte ich keine Möglichkeit mehr, Angel und Mason zu trennen.

Das, was Steve auf emotionaler Ebene mit Angel gemacht hatte, war die eine Sache. Steve hatte Spuren in meiner Psyche hinterlassen, die ich nicht einfach ausradieren konnte. Aber wenn ich Angel gedanklich von Mason trennte, hatte ich wenigstens die Chance, mit etwas Distanz auf meine Vergangenheit zu blicken.

HIV jedoch konnte ich nicht aus der Ferne betrachten. Die Infektion war ein Teil von mir und würde es immer sein. So wie gewissermaßen auch Angel immer ein Teil von mir sein würde, aber einer, den ich verarbeiten konnte. Langsam nur und mit viel Überwindung und Kraft. Angel konnte ich Stück für Stück hinter mir lassen – oder zumindest hoffte ich das. Das Virus allerdings würde immer bleiben. Denn selbst wenn meine Viruslast dank Therapie unter der Nachweisgrenze war, war HIV immer da. Kontrollierbar zwar, aber eben nie fort.

Und auch wenn Steve selbst nicht derjenige war, bei dem ich mich angesteckt hatte, so war doch er es, der seine Spuren hinterlassen hatte. In mir. Spuren, die sich zwar verwischen ließen, aber eben doch nie verschwinden würden. Und seien es nur die Tabletten, die ich täglich schluckte, die mich an ihn erinnerten.

Wahrscheinlich waren es genau jene Erinnerungen, genau jene verdammte Omnipräsenz dieses Mannes in meinem Bewusstsein, die dafür gesorgt hatten, dass ich nun hier war. Hier, bei CC Cocks. Bereit dafür, wieder ins Rampenlicht der Pornoindustrie zu treten, in dem Wissen, dass ich damit ein verdammtes Beben auslösen konnte. In dem Wissen, dass ich mit meiner Rückkehr eine Reaktion von Steve provozierte. Eine, von der ich mir nicht sicher war, wie sie aussehen würde, und ebenfalls eine, von der ich mir nicht sicher war, ob ich mit ihr würde umgehen können.

Aber verdammt, ich war bereit dazu! Musste, nein, wollte es sein. Ich wollte Steve zeigen, dass ich zurück war. Wollte als Mason vor der Kamera stehen in dem Wissen, dass Steve es sehen konnte. Dass er mich sehen konnte.

Mason war – ich war – bereit, derjenige zu sein, der die Fäden in der Hand hielt. Der bereit war, Angel abzustreifen, auch wenn ich den Kampf hierzu noch immer ausfocht. Angel würde nicht mehr derjenige sein, mit dem etwas passierte.

Energisch straffte ich die Schultern, stieg die letzte Treppenstufe hinauf und folgte Jayson quer durch das Foyer und über die Terrasse nach draußen.

Neben strahlendem Sonnenschein und Sommerwärme erwartete uns ein fertig aufgebautes Set, bestehend aus einer breiten Polsterliege neben dem Pool und diversen Kameras, Stativen und Lichtequipment. Auf einem kleinen Tisch, etwas abseits unter einem Sonnenschirm, standen Getränke sowie Gleitgel und Papiertücher bereit. Dave hantierte gerade an einer der Kameras, warf uns lediglich einen flüchtigen Blick über die Schulter hinweg zu.

»Hi, Jungs, geht gleich los.«

Während Jay sich an einer Limo bediente, in kleinen Schlucken daran nippte, nutzte ich die Zeit, den Blick schweifen zu lassen. Ich kannte die weitläufige Gartenanlage von der Barbecue-Party, doch ohne Bar, Grill und Buffettische und vor allem ohne mehrere Dutzend Gäste erstrahlten der gepflegte Rasen, die reichlich bepflanzten und mit Steinfiguren dekorierten Beete und nicht zuletzt der großzügige Pool in einem ganz anderen Licht. Definitiv war dies hier eines der Sets mit dem höchsten Wohlfühlfaktor, an denen ich je gedreht hatte. Aber nicht nur die Umgebung, alles an dem Dreh heute würde anders sein als damals bei Black Tail. Nicht zuletzt der Umstand, dass zwischen Angel Rough und Mason Reign nicht nur optisch inzwischen Welten zu liegen schienen. Wenigstens nach außen hin.

Ich sah zurück zu Jay, der mir über den Rand der Limoflasche hinweg zugrinste. Aus leicht zusammengekniffenen Augen musterte ich ihn erneut, was er mit anscheinend stoischer Ruhe über sich ergehen ließ. Und ich war tatsächlich bereit, ihm abzukaufen, dass es ihn nicht im Mindesten verunsicherte, forschend gemustert zu werden.

Mit Blicken am Rand seiner bunten Speedo angekommen, legte ich den Kopf leicht schief und blinzelte ihm vielsagend zu. »Werde ich auf noch mehr Piercings stoßen, wenn ich dir die gleich ausziehe?«

Lachend wandte Jayson sich halb ab, stellte die Limoflasche beiseite. »Falls du darauf hoffst, nein, sorry. Ich kann kein weiteres Metall am Körper bieten. Lediglich Farbe auf der Haut. Ich nehme an, die ist dir bereits aufgefallen.« Er drehte sich so, dass ich die riesige Schlange sehen konnte, die sich tiefschwarz und umrahmt von Dornenranken über seinen gesamten Rücken wand. Die Schwanzspitze verschwand im Bund seiner Speedo.

»Die ist kaum zu übersehen, ja.« Nur musste ich immer wieder feststellen, dass mir Tattoos, im Gegensatz zu Piercings an den richtigen Stellen, nicht besonders viel gaben. Mir persönlich war nackte – so richtig nackte – Haut lieber.

»Ich denke, damit kann ich arbeiten«, ließ ich Jayson dennoch wissen und registrierte gerade noch das kaum merkliche Zucken um seine Mundwinkel, ehe Dave neben uns trat.

»Okay, wir können. Vorausgesetzt Tracy … Ah, da kommt sie ja.«

Daves Blickrichtung folgend wandte ich mich halb um und hätte seine Frau auf den ersten Blick vermutlich nicht mal erkannt, hätten seine Worte sie nicht verraten. In legerer Haremshose und Spaghettiträgertop, barfuß in Flipflops und die rote Mähne zu einem lockeren Dutt zusammengefasst, nahezu ohne Make-up erinnerte sie so gar nicht an das Pornosternchen, das sie noch vor wenigen Monaten gewesen war, und schien auch nicht in das Bild einer Art Direktorin für Schwulenpornos zu passen. Was sie in meinen Augen jedoch in doppeltem Maße sympathisch machte.

»Hi, hi, ihr beiden!« Nacheinander hauchte sie Jayson und mir einen Luftkuss an der Wange vorbei. »Seid ihr schon so weit?«

»Wir warten nur auf dein Briefing«, meinte Dave mit offensichtlich gespielt vorwurfsvoller Miene, was Tracy ein Augenverdrehen entlockte.

Dann jedoch wandte sie sich in perfekter Businessladymanier an Jayson und mich. »Gut, kurz zum Ablauf: Wir schießen als Erstes die Promofotos für die Website und die Online-Magazine, drüben auf der Sonnenliege. Erst in Shorts, dann nackt, einzeln, gemeinsam, du kennst das ja, nehme ich an?«

Ich nickte knapp, verbot mir, mich zu erinnern. Zu vergleichen. Da redete Tracy bereits weiter: »Wir drehen zuallererst die Dialogszenen, nichts Wildes, ich lasse euch improvisieren. Es geht nur darum, dass ihr einmal auf der Liege miteinander connected und dann noch eine Szene, in der du, Mason, Jay von der Liege hochziehst und in Richtung Villa führst, da wir ja sowohl Sexszenen hier draußen als auch drinnen drehen werden. Wir starten am Pool, Mason am Rand sitzend, Jay drinnen. Du schnürst Mason die Shorts auf, beginnst ihn zu blasen. Geht das gern ein bisschen spielerisch an, der ganze Film soll ein sommerlich leichtes Flair vermitteln. Im Idealfall passt ihr auch die Dialoge dementsprechend an. Das bekommt ihr hin, oder?«

Der Blick, mit dem sie Jayson und mich bedachte, ließ keinen Zweifel daran, dass es im Grunde nur eine richtige Antwort geben konnte. Jayson grinste neben mir.

»So was wie ›Ey, warum fliegen hier kleine Schmetterlinge rum?‹, ja?«

»Ich schieb dir gleich Schmetterlinge in deinen süßen Hintern«, verkündete Tracy und versetzte Jayson einen eher liebevoll denn strafend wirkenden Hieb mit dem Skript in ihrer Hand.

»Ihr seid zwei schlaue Jungs, ihr bekommt das hin«, beschloss sie kurzerhand und schickte uns mit einer wedelnden Handbewegung in Richtung Pool. »Blowjob im Pool dürfte so weit klar sein, ja? Anschließend wechselt ihr rüber auf die Liege. Noch mal Blowjob, ein bisschen Rimming … Reihenfolge und Details überlasse ich dabei erst mal euch, wir warten mal ab, wie ihr zwei euch miteinander eingroovt. Wichtig ist, dass du, Mason, zwar bestimmend rüberkommst, aber du, Jay, dir von ihm nimmst, was du möchtest, okay?«

Ich hatte keine Ahnung, ob Tracy wusste, wie sehr sie mir mit diesem Plan in die Karten spielte. Zwar hatte ich mit ihr und Dave bereits im Vorhinein besprochen, für welche Rollenverteilungen ich in Filmen zu haben sein würde, aber ich hatte vermutet – vielleicht auch ein wenig befürchtet –, sie würden mich aufgrund meiner Kategorisierung als ›Top only‹ hauptsächlich mit passiven Twinks drehen lassen.

Nun, offensichtlich nicht. Das, was Jayson und ich liefern sollten, war genau die Art von Sex, die ich in den letzten Monaten und Jahren ausgelebt und bevorzugt hatte.

Wenn ich tief in mich hineinhörte, war da diese leise, mahnende Stimme, die mir zuzuraunen versuchte, dass es nicht die Art von Sex war, die mich am meisten von allen reizte. Aber es war jene, die es mir am einfachsten machte, den Kopf auszuschalten, ohne befürchten zu müssen, von Gewissensbissen oder gar Flashbacks heimgesucht zu werden. Und ich hatte weiß Gott nicht vor, in den nächsten Stunden allzu tief in mich hineinzuhören. Das Einzige, worin ich tief einzutauchen gedachte, war Jaysons Arsch.

Als hätte er meine Gedanken erraten, wackelte Jayson in einer halb amüsierten und halb anzüglichen Geste mit den Augenbrauen und raunte mir zu: »Hrrr, hast du das gehört? Ich darf mit deinem Schwanz machen, was auch immer ich will.«

Lachend verpasste ich ihm einen sachten Stoß gegen die Schulter. »Mein Schwanz kann’s kaum erwarten, dir zu Diensten zu sein.«

Jayson stimmte in mein Lachen ein, kam einen Schritt näher, dann noch einen. So nah, wie wir uns bislang nicht gewesen waren und doch nicht annähernd so nah, wie wir uns gleich kommen würden. Der Gedanke schickte ein vorfreudiges Ziehen durch meine Lenden. Ein Ziehen, das beim nächsten Atemzug von einem Krampfen abgelöst wurde und sich höher fraß, in meinen Magen hinein, als Jayson murmelte: »Stehst du drauf, wenn man dich benutzt, ja?«

»Nein.«

Er blinzelte. Ich schluckte. Und beeilte mich, in möglichst ruhigem Tonfall hinterherzuschieben: »Mich, nein – meinen Schwanz, ja.«

Seine Augen verengten sich für einen kurzen Moment. »Nichts anderes hatte ich vor.«

»Na, bestens«, meinte Tracy, brach damit endgültig die seltsame Spannung, die zwischen Jayson und mir in der Luft gelegen hatte und die nicht nur sexueller Anziehung geschuldet gewesen war.

»Die Stellungen für die Fickszenen besprechen wir, wenn es so weit ist. Schauen wir erst mal, wie ihr miteinander klarkommt. Fragen, Wünsche … sonst irgendetwas?«

Jayson schüttelte prompt den Kopf und auch ich verneinte. Theoretisch war alles klar. Praktisch … hämmerte mein Herz gegen meine Rippen, in einer Art, die ich in diesem Moment nicht näher ergründen wollte.

»Na dann«, Dave schob sich zurück in mein Sichtfeld, sein Augenmerk jedoch auf Jayson gerichtet, »fangen wir mit dir an?«

»Okay, klar.«

Während Jayson zu der breiten Sonnenliege hinüberging und sich darauf kniete, wandte Dave sich noch einmal direkt an mich.

»Nervös?«

»Nicht wirklich«, entgegnete ich und sprach damit die Wahrheit aus. Ich war nicht nervös in einem Sinne von Unsicherheit, da ich nicht wusste, was auf mich zukam. Ich wusste es. Auch wenn all die Drehs bei Black Tail vollkommen anders abgelaufen waren, als dieser hier es tun würde. Ich wusste, was auf mich zukam. Wusste, was auf Jayson zukam. Ich war so oft in seiner Position gewesen. Und doch auch nicht. Ich war nicht wie er gewesen. Diese Erkenntnis war es, die mir dieses Krampfen im Bauch und dieses Ziehen in den Eiern gleichermaßen bescherte.

»Okay, gut.« Tracy lächelte mir zu, während Dave bereits mit der Kamera in der Hand zu Jayson hinüberging. »Dann sieh schon mal zu, dass du gleich einsatzbereit bist.«

Es war unschwer zu erraten, was Tracy meinte. Während sie sich endgültig von mir ab- und ebenfalls Jayson zuwandte, der sich mittlerweile auf der Sonnenliege in Position gerekelt hatte, griff ich an den Bund meiner Cargoshorts. Lachsfarben, mit Schnürung vorne, nichts drunter – so, wie die Art Direktorin mich vorab per Mail angewiesen hatte. Ich nahm mir die Zeit, einmal tief durchzuatmen, ehe ich die Verschnürung löste und die Shorts vorne auseinanderzog. Mein Blick huschte zu Jayson, fing den seinen ein. Sein Zwinkern, ehe er sich wieder voll auf die Kamera konzentrierte. Begleitet vom leisen Klicken des Auslösers griff ich nach meinem Schwanz.

~*~*~*~*~*~

»Okay, das haben wir.«

Mit Mühe unterdrückte ich das enttäuschte Seufzen, als Daves Worte an meine Ohren drangen. Nur einen Moment später entließ Jayson meinen Schwanz mit einem leise ploppenden Geräusch aus seinem Mund. Speichelfeucht und schwer kam er auf meinem Bauch zum Liegen, ebenso feucht glänzend wie Jaysons Lippen. Mit einem vielsagenden Grinsen wischte er sich mit dem Handrücken einen dünnen Speichelfaden vom Kinn. Wegen mir hätte er ihn exakt dort lassen können, ich hätte ihn nur zu gern abgeleckt.

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass Dave sich erhob, sich bereits in Richtung der Sonnenliege in meinem Rücken wandte. Jayson machte Anstalten, sich neben mir am Poolrand aus dem Wasser zu stemmen, doch ehe er dazu kam, fing ich ihn unter Wasser mit meinen Beinen ein, zog ihn mit dem Druck meiner Schenkel näher an mich heran. Das überraschte Luftholen saugte ich von seinen Lippen, schob meine Zunge dazwischen. Ein Spiel, auf welches Jayson sofort einstieg, wenn auch nur kurz. Überhaupt schien er ein Typ zu sein, der gern küsste. Mehr, als für die Kameras nötig gewesen wäre. Aber er war auch konzentriert bei der Sache. Nicht auf eine Weise, die ihn verkopft oder gar verkrampft wirken ließ. Im Gegenteil, er erschien mir locker und entspannt, reagierte dabei auf kleinste Anweisungen von Tracy oder Dave. Man merkte ihm an, dass er das Business kannte – und liebte.

Etwas, das ich von mir bislang nicht hatte behaupten können. Einer der Hauptgründe, weswegen ich mir mit meiner Entscheidung zur Rückkehr so lange Zeit gelassen hatte.

Don und Harold hatten gezweifelt. Mehr noch als ich selbst. Doch jetzt und hier, mit Jaysons Lippen an meinen und mit dem Gefühl, wie sich sein Schwanz durch den nassen Stoff seiner Speedo hindurch gegen meinen Oberschenkel drückte, keimte neben Zuversicht auch eine ordentliche Portion Trotz in mir auf.

Für Angel mochte das Pornobusiness die Hölle gewesen sein. Angel mochte gefallen sein. Aber Mason war gerade erst dabei, aufzustehen. Vor der Kamera. Vor Steves Augen. Irgendwann.

»Schätze, damit kann ich arbeiten«, raunte Jayson nahe an meinem Mund und brachte mich dadurch, dass er meine Worte von vorhin benutzte, zum Lachen. Energisch machte er sich von mir los und zog sich aus dem Wasser. Ich stand ebenfalls vom Poolrand auf, um ihm hinüber zu der ausladenden, mit dicken cremefarbenen Polstern bestückten Rattanliege zu folgen.

Als ich an Tracy vorbeiging, warf diese einen prüfenden Blick auf meinen Schwanz, der prall zwischen den geöffneten Schnüren der Shorts herausragte. »Ich würde sagen, Mason ist bereit. Wie sieht’s bei dir aus, Jay?«

»Bin so weit startklar, aber hey, ihr habt mir Masons Zunge an meinem Arsch versprochen.«

»Du hast es gehört«, meinte Tracy grinsend und bedeutete mir mit einem Nicken, mich zu Jayson zu gesellen, der sich bereits bäuchlings auf den Polstern ausgestreckt hatte. »Wie gesagt, ich überlasse es euch, was ihr uns anbietet. Ich fände es schön, wenn du dir erst mal ein wenig Zeit lässt, Mason, es spielerisch angehst.«

Meinen Blick fest auf Jayson gerichtet, streichelte ich gedankenverloren meinen Schwanz. Verfolgte für einige Sekunden den Film, der unweigerlich vor meinem inneren Auge ablief, wenn ich Jayson so betrachtete. Ich krallte mich mit Blicken an seinem vom nassen Stoff nur unzureichend bedeckten Arsch fest, als ich an Tracy gewandt nachhakte: »Spielerisch im Sinne von am Schwanz entlangknabbern, solange er die Speedo noch trägt, langsam auspacken und … Oh, oder soll ich ihm die Speedo anlassen, während ich ihn lecke?«

Ich vernahm wohl Tracys Luftholen, als wollte sie mir antworten, doch es war Jaysons Stimme, die zuerst an meine Ohren drang: »Mmmh, erzähl weiter …«

»Ja, genau so was«, unterbrach Tracy ihn und ich zwang mich, dann doch meine volle Aufmerksamkeit auf sie zu richten. In ihren Augen stand ein elektrisiertes Funkeln. »Schön, ihr habt eine gute Chemie zusammen. Aber denkt dran, ihr müsst noch ein paar Szenen durchhalten.«

»Schon klar«, raunzte Jayson von der Liege aus und blinzelte mir auffordernd zu, als ich mich in Bewegung setzte, um mich zu ihm zu knien. Ich nutzte die verstreichenden Sekunden, um noch einmal tief durchzuatmen, mich zu sammeln. In meinen Lenden pochte es im selben Takt, in dem auch mein Herz in meinem Brustkorb schlug. Ich lauschte dem dumpfen Klang, spürte meinem Puls nach, bis Dave neben uns verkündete: »Okay, ihr könnt loslegen.«

Ich schenkte ihm und der Kamera direkt neben uns nur einen kurzen Moment der Aufmerksamkeit. In der Sekunde, in der ich nach Jayson griff, meine Hände an seine Flanken legte und von dort zu seinem festen Hintern streichelte, manifestierte sich das vage Pochen in meinem Unterleib zu einem sehnsüchtigen Ziehen in meinen Eiern. Professioneller Dreh samt Zwischenrufen und Regieanweisungen hin oder her, ich war scharf auf Jayson, und dass er sich dessen anscheinend sehr bewusst war und wissentlich mit meiner Lust auf ihn spielte, verlieh dem Ganzen seinen eigenen Reiz. Nicht diesen Reiz, nach dem ich heimlich hungerte, aber …

Ruckartig zog ich ihn am Becken weiter zu mir, sein überraschtes Keuchen vertrieb, was keinen Platz in meinen Gedanken haben durfte. Wenigstens nicht jetzt.

Wie von Tracy gewünscht, verwendete ich viel Zeit darauf, Jayson auf neckend anheizende Art zu reizen. Mal strich ich lediglich mit den Fingerspitzen über seinen unteren Rücken und die Rundung seiner Pobacken, mal griff ich fest hinein. Mal küsste ich mir einen sachten Weg über seine Haut, mal malträtierte ich sie mit den Zähnen, nur um die geröteten Stellen gleich darauf mit weiteren Küssen und Zungenstreichen zu bedenken.

Die wenigen Anweisungen, die Tracy oder Dave mir gaben, nahm ich zwar wahr und reagierte auf sie – sei es, indem ich kurz innehielt, bis Dave die Kamera neu positioniert hatte oder indem ich eine bestimmte Berührung wiederholte, damit er sie noch einmal einfangen konnte –, doch auf angenehme Weise hatte ich nie das Gefühl, von einem der beiden gelenkt zu werden. Tracy und Dave und die Kamera waren zwar da, doch das Innehalten, Zurückweichen und wieder Annähern gaben dem, was ich mit Jayson tat, lediglich eine andere Art des Kicks. Und spätestens als ich Jayson auf Tracys Anweisung hin auf den Rücken drehte und ihm endlich die Speedo vollends herab- und auszog, wurde überdeutlich, dass auch er sich in den letzten Minuten vollkommen auf mich und meine Berührungen für ihn eingelassen hatte.

Jayson war hart. So erregt, dass Feuchtigkeit auf seiner Eichel glänzte und ich keinen Gedanken daran verschwendete, ob mein Tun wohl zum Skript passte, sondern mich einfach über ihn neigte und mit der Zunge seine Spitze umspielte. Seinen Vorsaft ableckte und den leicht salzigen Geschmack auf meiner Zunge genoss.

»Fuck …« Sein Flüstern drang, getragen von schweren Atemzügen, rau an meine Ohren. Kribbelte über meinen Nacken und von dort durch meinen ganzen Körper, bis in meinen Schwanz hinein. Grinsend sah ich zu Jayson hoch, bemerkte wohl, wie Dave mit der Kamera näherkam, und wollte mir doch den Moment nicht nehmen lassen, obwohl meine Worte sicherlich für Außenstehende erst mal keinen Sinn ergaben. Aber wer achtete in Pornos schon auf die Dialoge?

»Deine Tonlage ist auch ziemlich sexy.«

In Jaysons Augen blitzte es. Das Grinsen, das schmal, aber eindeutig anzüglich um seine Lippen spielte, zeigte deutlich, dass er verstand, worauf ich anspielte. Mit einer Hand griff er mir ins Haar, zog mich zu sich nach oben, ließ jedoch nicht zu, dass ich meinen Mund auf seinen senkte, sondern flüsterte mir gegen die Lippen: »Fick mich, Mason.«

Mein Schwanz zuckte begeistert zwischen der Verschnürung der Cargoshorts, die ich noch immer trug.

»Jepp, dürft ihr gleich, Jungs, aber einen Moment noch.«

Halb seufzend, halb lachend löste ich mich von Jayson, setzte mich auf meine Fersen zurück und sah abwartend und auffordernd in einem zu Tracy, die mit nachdenklicher Miene neben Dave stand.

»Das war echt heiß«, meinte sie gedehnt und sah dabei irgendwie nicht so aus, als sei sie wirklich überzeugt von ihren Worten. Aber vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil ich diese ganze Sache als ziemlich anheizend empfunden hatte und vielleicht einfach nicht nachvollziehen konnte, dass andere weniger enthusiastisch reagierten als mein Schwanz.

»Ich überlege nur gerade …«

Während Tracy noch grübelte, richtete ich mich auf die Knie auf und griff an den Bund der Shorts, wollte diese gerade loswerden, als mich Tracy erneut aufhielt.

»Stopp, warte mal, lass sie an. Jungs, ich hab mich gerade ein wenig umentschieden. Vergesst, was ich wegen der Rollenklischees gesagt habe. Diese paar Sequenzen eben, in denen Jay sich dir hingegeben hat, als du ihn geleckt hast, waren echt sexy. Ich glaube, das wird bei den Fans gut ankommen, zumal Jay ja meist eher den dominanten Bottom gibt.«

»Ist.«

»Was?«

Zeitgleich mit Tracy wandte ich mich Jayson zu, der auf die Ellbogen gestützt zu uns hochgrinste. »Du meintest, zumal Jay ja ein dominanter Bottom ist.«

Scheiße, der Kerl gefiel mir! Nicht, dass ich mich in ihn verguckt hätte, aber seine direkte, freche Art imponierte mir. Wenn ich damals ein bisschen mehr wie er …

Fuck!

Entschlossen schüttelte ich den Gedanken ab, ehe er sich in meinem Hirn festbeißen konnte.

»Also, neuer Plan: Wir setzen auf einen Stimmungsumschwung zwischen euch beiden. Vorhin im Pool war Jay noch fordernd und frech. Jetzt, nachdem du ihn verwöhnt hast, Mason, wird er anschmiegsam unter deinen Händen. Das bekommst du hin, oder, Jay? Ich hätte dich gern ein bisschen … nun, nicht devot, aber … weich. Hingebungsvoll, nicht zu fordernd, eher …«

Wie das, was Steve an Angel so geliebt hatte.

Seine Hingabe.

Jene, an der Angel zerbrochen war.

Tracys Worte, auch wenn ich die letzten nicht mal mehr verstand, trafen mich wie ein Kübel Eiswasser. Schienen dafür zu sorgen, dass sich alles in mir zusammenzog. Eng wurde. Klein. Sich auf der Suche nach Schutz zusammenkauern wollte.

Alles.

Selbst mein Schwanz, oder … Nein, der war hart wie zuvor, stellte ich mit einer seltsamen Mischung aus Erleichterung und Schock fest, als Jayson sich in eine sitzende Position aufrichtete und mit einer Hand locker meinen Schaft umfasste. Mich dabei auf diese ihm anscheinend so eigene, leicht provokante Art angrinste.

»Tja dann«, schnurrte er mir zu und streifte mit den Lippen über meine Brust, kitzelte mit der Zungenspitze bis hoch zu meiner Kehle, »Hingabe kann ich.«

Ich schluckte. So trocken und hart, dass ich mir sicher war, er müsse an seinen Lippen fühlen können, was in mir vorging.

›Ja‹, wollte ich entgegnen, ›ja, du kannst das sicher. Ich aber nicht. Nicht mehr. Nicht, ohne dabei an Angel zu denken.‹

»Mason, alles klar?«

Ich zwang mich, den Kopf zu drehen und Tracy anzusehen. Zu nicken.

Mason, ja. Nicht Angel.

Niemals wieder Angel.

~*~*~*~*~*~

Ich hatte nicht erwartet, dass es einfach werden würde. Nichts davon. Aber ich hatte auch nicht erwartet, dass ich so sehr mit mir würde kämpfen müssen. Mit meinen Emotionen und letztlich auch mit meinem Schwanz.

Es lag nicht an Jayson, definitiv nicht. Der Anblick, wie er bäuchlings mit gespreizten Beinen vor mir auf der breiten Rattanliege lag, einen Fuß seitlich auf dem Boden abgestellt, sodass er mir seinen festen, runden Arsch noch einladender entgegenstrecken konnte, war heiß und die kleinen, flehenden Laute, die er ausstieß, taten ihr Übriges, um mich hart zu machen. Verdammt hart.

Die Kunst bei einem sich über Stunden ziehenden Dreh bestand allerdings bekanntermaßen nicht darin, hart zu werden, sondern darin, hart zu bleiben. Etwas, das mir bei Jaysons Anblick und seinem Stöhnen und der Art, wie er sich mir bei jedem Stoß entgegen schob, hätte leichtfallen sollen. Wäre da nicht mein verfluchtes Hirn gewesen, das sich mit jedem Laut aus seinem Mund und mit jeder Bewegung, mit der er mir seinen perfekten Arsch anbot, lauter und lauter zu Wort meldete. Mein Hirn, das Erinnerungen hervorkramte, die nagende Scham in meinem Inneren befeuerten – aus unterschiedlichen Gründen, die ich, rational betrachtet, hätte nichtig erscheinen lassen können. Aber in mir war in diesem Moment nichts rational.

Zur Hölle noch mal, Jayson war scheiße heiß. Und ganz egal, ob gespielt für einen Porno oder echter Lust geschuldet, er beherrschte das, was er da tat, in Perfektion. Ihn vor der Kamera zu vögeln, hätte so einfach sein können. So erregend. Wenn sich nicht jedes Mal, wenn ich das Gefühl hatte, kurz vor diesem einen Punkt zu sein, an dem ein Orgasmus in greifbare Nähe rückte, mein Hirn eingeschaltet hätte, um mir zu sagen, dass ich das unmöglich bringen konnte. Dass ich es unmöglich zulassen durfte, die Kontrolle zu verlieren. Dass ich es unmöglich bringen konnte, auf einen Kerl abzuspritzen, der all das bot – egal ob echt oder zur Schau gestellt –, was Steve einst so an Angel vergöttert hatte.

Er ist nicht du. Jayson ist nicht wie Angel.

Und du bist nicht wie ER.

Du. Bist. Nicht. Wie. Steve.

Ich wiederholte die Worte in Gedanken wie ein Mantra, mit jedem Stoß, mit dem ich mich in Jaysons Arsch versenkte. Mit jedem Keuchen, das meinen Mund verließ, wollte ich es hinausschreien: Es. Ist. Nicht. Wie. Mit. Angel.

Aber warum genoss ich es dann?

Warum machte es mich an, einen Kerl zu vögeln, der in all seiner Hingabe an Angel erinnerte? Warum erregte mich genau das, was Steve damals erregt, was er von mir gefordert hatte? Immer und immer wieder. Ohne sich einen Scheiß darum zu kümmern, dass ich … dass Angel … unter ihm zerbrach. Mit jedem einzelnen Fick ein bisschen mehr.

»Fuck … Scheiße … Sorry …« Schwer atmend hielt ich inne, stützte mich mit beiden Händen seitlich neben Jaysons Flanken auf dem Polster ab und musste mich nicht mal nennenswert bewegen, damit mein nur noch halbsteifer Schwanz aus ihm glitt.

Jayson entließ die Luft in einem zischenden Laut aus seinem Mund, drehte sich halb unter mir, sodass er mich über die Schulter hinweg ansehen konnte. Er sagte nichts. Besser so. Und ich sagte auch nichts zu ihm. Stattdessen stemmte ich mich vollends hoch und stand auf, wandte mich Dave zu.

»Sorry, gib mir drei Minuten, okay?« In einer vagen Geste nickte ich in Richtung der Mansion.

Dave zog die Stirn in Falten. »Mach dir keinen Stress. Wir können Pause machen oder eine andere Stellung ausprobieren. Du musst einfach nur mit Jay reden, der hat bislang noch jedem Drehpartner zum Cumshot verholfen.«

»Das glaub ich gern«, presste ich durch zusammengebissene Zähne hervor. »Darum geht’s nicht. Ich geh einfach schnell rein, ja?«

Ich war schon halb an Dave vorbei, als der mich mit einer Hand an meinem Arm aufhielt. »Was hast du dabei, hmm?«

»Trimix.«

»Okay.« Die einzelne steile Falte über seinem Nasenrücken vertiefte sich noch. »Ich bin kein Freund davon, da bin ich ehrlich. Aber von mir aus …«

»Ich jag mir auch nicht unbedingt gern eine Spritze in den Schwanz, das kannst du mir glauben.«

Dave nickte nur knapp und entließ mich mit einer auffordernden Handbewegung in Richtung Terrasse. Hinter mir vernahm ich noch das leise Knarzen der Rattanmöbel und Jaysons Stimme.

»Wirf mal bitte das Gleitgel rüber.«

Ich hätte seine Worte gern überhört. Dass ich keine andauernde Latte bekam, war das Eine. Mein Ego konnte das ab. Womit ich weit weniger klarkam, war das Wissen, dass meine Ladehemmung den Dreh unnötig lange ausdehnte und somit auch Jayson länger hinhalten musste als eigentlich notwendig.

Andererseits hatte er es sich verdammt noch mal ausgesucht. CC Cocks war nicht Black Tail. CC Cocks verpflichtete keine Jungs aus fragwürdigen Beweggründen heraus. Jayson hätte ablehnen können. Den Vertrag, den Dreh, alles … Er hätte tun können, was ich damals nicht gekonnt hatte. Was Angel nicht fertiggebracht hatte.

Mit einem Ruck zog ich meine Sporttasche zu mir heran und kramte aus dem Innenfach das kleine Fläschchen mit den wenigen Millilitern durchscheinend klarer Flüssigkeit und eine Spritze hervor.

~*~*~*~*~*~

Selbstverständlich schaffte Trimix es nicht, mein Hirn auszuschalten, doch es sorgte dafür, dass es meinem Schwanz egal sein konnte, was mein Kopf zu sagen hatte. Zugegeben, zu vögeln, ohne wirklich geil zu sein, war kein Spaß. Aber welcher Job ließ einen schon jedes Mal himmelhochjauchzend zurück?

Während Dave hineinging, um nachzusehen, ob der Kerl, der ihm gleich bei den Szenen drinnen mit der Lichttechnik zur Hand gehen würde, bereits alles startklar gemacht hatte, lümmelten Jayson und ich auf zwei der schmaleren Sonnenliegen unter dem großen Schirm. Aus einer kleinen Box, die neben dem Tischchen stand und die mir vorhin nicht aufgefallen war, kramte Jayson zwei Müsliriegel hervor und hielt sie mir fragend unter die Nase.

»Willst du?«

»Mhm, danke.« Ich entschied mich für die Variante mit Banane und überließ ihm die mit Himbeere.

»Gute Wahl. Ich hasse Bananen.«

»Als hätte ich’s geahnt.« Ich prostete Jayson mit meiner Limo zu und ruckelte mich so auf der Liege zurecht, dass mein nach wie vor stahlharter Schwanz schwer auf meinem Bauch zu liegen kam. Jayson beobachtete mein Tun sichtlich amüsiert. Zugegebenermaßen entbehrte das Bild, das ich mit Müsliriegel und Ständer abgab, wohl nicht einer gewissen Komik. Dagegen wirkte Jayson, der mir zwar nackt, aber nicht sichtbar erregt im Schneidersitz gegenübersaß beinahe wie ein Student, der die Zeit zwischen zwei Vorlesungen nutzte, um seine Mittagspause im Park zu genießen.

»Bei Black Tail gab’s das Zeug regelmäßig, was?«

Abrupt hob ich den Blick in Jaysons Gesicht. Ich musste nicht nachhaken, um zu wissen, dass er von Trimix sprach. Was ich aber sehr wohl musste, war, mir in Sekundenschnelle darüber klarzuwerden, was ich antworten sollte. So vage wie möglich …

»Mhm, schon.« Das stimmte. Ich hatte nicht nur einmal mitbekommen, wie sich Darsteller Zeug in den Schwanz spritzten oder Tabletten einwarfen. Auch ich hatte so manchen Dreh für Black Tail bis oben hin mit Medikamenten vollgepumpt hinter mich gebracht. Nur waren es in meinem Fall niemals Trimix oder Viagra gewesen, sondern Schmerzmittel aller Art. Es war der feine, aber eben doch so bedeutende Unterschied zwischen Tops und Bottoms. Die einen warfen Zeug ein, um hart zu bleiben, die anderen taten es, um mit all den harten Schwänzen klarzukommen.

»Gewöhn dich nur nicht dran. Dave sieht so etwas nicht gern.«

Statt etwas zu entgegnen, schob ich mir das letzte Stück Müsliriegel in den Mund, kaute energisch.

»Unabhängig davon«, fuhr Jayson fort, »läuft hier so einiges anders als bei Black Tail.«

Die Müslistückchen kratzten in meinem Hals, rasch spülte ich mit einem Schluck Limo nach. »Vermutest du vom Hörensagen?«

»Nein, weiß ich, weil ich selbst fast zwei Jahre lang für Black Tail gearbeitet habe.«

Das überraschte mich. Ich hatte mich vorab nicht weiter über Jayson informiert, ebenso wenig wie über die anderen Darsteller von CC Cocks. Nicht, weil sie mir egal gewesen wären, sondern weil ich grundsätzlich unvoreingenommen zu jedem einzelnen Dreh gehen wollte. Auch wenn ich ahnte, dass das nur ein Vorwand war. Ich war nicht unvoreingenommen. Besonders nicht Kerlen wie Jayson gegenüber. Kerlen, die mich zu sehr an Angel erinnerten – auch wenn es nur eine Rolle war, die sie spielten. Ich hatte Jayson anders kennengelernt. Er war nicht, wie ich damals gewesen war. Vielleicht sogar eher das absolute Gegenteil von Angel. Aber auch wenn er nur nach Tracys Anweisung gehandelt hatte, hatte er mich eben bei den ersten Fickszenen erinnert. An das, woran ich mich nicht erinnern wollte und mich gleichsam erinnern musste, um mir vor Augen zu halten, dass das hier anders war.

Gottverdammt, auf welch schmalen Grat hatte ich mich nur gewagt!

»Wann?«, hakte ich an Jayson gewandt nach.

»2015 bis 2017.«

»Also nach meiner Zeit dort.«

»Anscheinend. Kann mich nicht daran erinnern, dass wir uns mal begegnet wären.«

Waren wir nicht. Definitiv nicht. Und Steve hatte sich alle Mühe gegeben, die Spuren, die Angel hinterlassen hatte, zu verwischen. Es war Teil unseres Deals. Eines Deals, den ich, indem ich mich bei CC Cocks verpflichtete und zurück ins Rampenlicht der Pornoindustrie trat, gewissermaßen mit Füßen trat.

Ja, verdammt, der Grat, auf dem ich mich bewegte, war beschissen schmal! Aber das Risiko, mich an Messer Schneide selbst aufzuschlitzen, nahm ich bewusst in Kauf. Allein schon, weil ich es satthatte, mich zu verstecken und Steve damit die Hoheit zu überlassen, so zu tun, als sei alles nie passiert.

»Was hat dich von dort weggetrieben?«, fragte Jayson, nachdem ich zunächst keine Anstalten machte, weiter auf seine Feststellung einzugehen. »Lass mich raten: Steve Moreno?«

Das Schnauben entglitt mir, ehe ich es in meiner Kehle einsperren konnte. »Mitunter auch er.«

Nur er.

Ich hatte alles wegen ihm getan. Für ihn. War selbst gegangen, weil er es wollte. Nicht Angel hatte es geschafft, einen Schlussstrich zu ziehen. Steve war es gewesen, der die Sache mit Angel beendet hatte. Ihn einfach von der Bildfläche löschte.

»Wundert mich nicht.«

»Warum? Hast du deine Erfahrungen mit ihm gemacht?« Ich verkniff es mir gerade noch, ein ›auch‹ in den Satz einweben. Im Grunde hatte ich ohnehin schon viel zu viel gesagt und gefragt.

»Allerdings. Irgendwann erzähl ich dir mal die ganze Geschichte. Die Kurzfassung ist: Steve hat mich durch Zufall entdeckt und hatte wohl die Vision, aus mir so etwas wie seinen Golden Boy zu machen. Aber was soll ich sagen? Steve ist ein Arschloch, von dessen Manipulationsversuchen man sich nicht beeindrucken lassen sollte. Er ist … Oh, Tracy winkt uns. Komm!«

Jayson erhob sich, seine Limoflasche landete auf dem Tischchen. Lautlos. In meinen Ohren hallten lediglich seine Worte nach. Worte, die so grausam wahr waren, dass sie in meinem Inneren rissen. Selbst jetzt, nach Jahren noch.

Steve war ein manipulatives Arschloch.

Eines, dem man niemals vertrauen sollte.

Das taten nur die naiven Jungs.

Nicht Jayson.

Nur Angel.

Nein, die beiden hatten wahrlich nichts miteinander gemein.

Beyond price

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