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Auria

Galata, 5. August 1096

Sie kommen!« Laura stürmte aufgeregt in das geräumige Zimmer, das Pantaleone seiner jungen Schutzbefohlenen im Obergeschoss des Anwesens überlassen hatte.

»Wer kommt?«, fragte Auria aus einem der Heiligenleben aufschreckend, das Vater Johannes aus dem Griechischen übersetzt hatte. Die Langeweile war fürchterlich und Auria konnte inzwischen gut verstehen, wie sich Bischof Bernard und Alfanus gefühlt haben mochten, als sie hier als Geisel festgehalten wurden. Pantaleone ließ seine junge Schutzbefohlene kaum aus dem Haus, und wenn doch, dann nur in Begleitung ihrer Zofe und eines alten Knechts. Auch ihr Onkel Giuseppe war nicht mit der »Hagia Ana« gesegelt, wie Pantaleone gehofft hatte. So war Auria schließlich darauf verfallen, die ebenso frommen wie trockenen Schriften zu studieren.

»Die Kreuzfahrer!«, rief die ältere Frau.

»Die Kreuzfahrer?«, fragte Auria verständnislos. »Wer soll denn das sein?«

»Wir haben doch bereits in Amalfi gehört, dass der Papst die Christenheit aufgerufen hat, das Heilige Land zu befreien. Und nun ziehen die Franken nach Jerusalem.«

Auria starrte sie einen Augenblick mit offenem Mund an. »Wir sind in Konstantinopel«, bemerkte sie schließlich.

»Ja, aber sie müssen hier über das Meer«, erklärte Laura geduldig.

Auria überlegte. Ein fremdes Heer wollte nach Jerusalem? Was bedeute das für sie? Wenn Krieg herrschte, könnte sie doch sicher nicht dorthin? Dann hätte sie vielleicht die Gelegenheit, nach Amalfi heimzukehren? Oder gar in Konstantinopel zu bleiben? Irgendwann musste es ihr doch gelingen, dieses Haus zu verlassen. »Und jetzt kommen diese Franken hier nach Konstantinopel?«, vergewisserte sie sich.

»Ja, so heißt es. Sie sollen in Ungarn fürchterlich gewütet haben. Oh Auria, ich habe solche Angst!«

»Was sagt denn Pantaleone dazu?«

»Ich habe keine Ahnung, ich habe die Neuigkeit von Theofila in der Küche gehört.« Auria nicke. Die griechischen Bediensteten brachten immer die neuesten Gerüchte aus der Stadt.

Doch tatsächlich stellte sich wenig später der Hausherr selbst ein. »Entschuldigt die unangekündigte Störung«, begann er.

»Mir sind alle Störungen willkommen«, versetzte Auria und fing sich einen Knuff ihrer Zofe ein.

Doch Pantaleone ging diesmal gar nicht auf die freche Bemerkung ein. »Der Kaiser hat beschlossen, die Kreuzfahrer nicht nach Konstantinopel hereinzulassen.« Er holte Luft.

Dann geht es ihnen ja nicht viel besser als mir, dachte Auria schmollend, behielt ihre Gedanken aber diesmal für sich.

»Wir Händler sollen dafür sorgen, dass sie so schnell wie möglich nach Asia minor gelangen. Und ich als Hypatos soll es organisieren.« Er seufzte tief. »Es ist eine Horde von Bauern und entlaufenen Knechten, wie ich gehört habe. Ich muss euch daher bitten, euch ruhig zu verhalten und euch nicht an den Fenstern zu zeigen, bis die Horde hoffentlich glücklich übergesetzt ist. Da ich, wie die anderen Händler, mit meinem Schiff dabei helfen muss, die Fremden über den Bosporus zu bringen, kann ich nur wenige Männer im Haus lassen. Ihr dürft daher auf gar keinen Fall einem Unbekannten die Tür öffnen.« Er deutete Aurias empörten Blick wohl falsch, denn er fügte eilig hinzu: »Aber wenn ihr alles so haltet, wie ich euch sage, dann besteht keine Gefahr!« Auria kochte innerlich. Das wurde ja immer besser. Nicht nur, dass die Franken verhindern würden, dass sie sich in Jerusalem um Kranke und Arme kümmern müsste, nein, wenn das Haus kaum bewacht war, gelang es ihr vielleicht, sich davonzuschleichen und endlich nach Konstantinopel zu gelangen?

Das Spital zu Jerusalem

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