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David

Xeriogordos, 7. Oktober 1096

Diejenigen unter den Kreuzfahrern, welche sich bereit erklärt hatten, ihrem Glauben abzuschwören, hockten nun in einer langen Reihe in einem Verließ der Burg, die sie vor wenigen Wochen noch so stolz erobert hatten. David gehörte zu ihnen, Kunz dagegen hatte sich tapfer geweigert, seinen Glauben zu verraten. Wachen standen an den Ausgängen und als ein Mann es nicht mehr aushielt und lautstark nach Wasser schrie, gingen sie zu ihm und rammten ihm einen Dolch in den Bauch. Er sackte zusammen und von da an wagte es niemand mehr zu klagen. Vom Burghof klang das Wehgeschrei derer, die es vorgezogen hatten, um ihres Glaubens willen den Tod auf sich zu nehmen.

David musste an die zurückliegenden Monate denken. Kunz war ihm trotz aller Abscheu gegen die Kreuzfahrer zu einem echten Kameraden geworden. Und wen hatte er sonst noch auf der Welt? Seine Familie und Glaubensbrüder waren ermordet oder in alle Himmelsrichtungen verstreut, und der christliche Glaube bedeutete ihm schon gar nichts. Waren es nicht Christen gewesen, die in Magenza grausam über die Seinen hergefallen waren? Nun traf sie das verdiente Los, aber um Kunz tat es ihm leid. Die Türken hatten es offensichtlich nicht eilig mit dem Töten. Das Geschrei zog sich in die Länge und das Wimmern ließ David erschauern. Er hockt gleich an zweiter Stelle neben der Tür, die in ein weiteres Verlies führte, das mit Öllampen nur spärlich erleuchtet war. Plötzlich erklang auch von dort ängstliches Geschrei. Rufe auf Arabisch oder Türkisch und klatschende Schläge beendeten den Radau. Es blieb nur ein Wimmern, immer wieder durchbrochen von einem scharfen Schrei. Langsam wurden die Geräusche lauter.

»Was geht da vor?«, raunte David dem Mann neben sich zu. Doch der schüttelte nur den Kopf und schielte ängstlich zum Wachtposten an der Tür hinüber. Nicht zu Unrecht, denn Davids Worte waren nicht unbemerkt geblieben. Ein scharfer Schmerz in der Flanke schnitt ihm jedes weitere Wort ab. Ein weiterer Wächter, der hinter den Gefangenen auf- und ablief, hatte ihm einen Tritt versetzt. Er verstand zwar den begleitenden Wortschwall nicht, wohl aber die Bedeutung des Trittes. Etwa eine Viertelstunde später traten drei Männer in die Tür vom Nebenraum. Zwei waren breit gebaute Seldschuken, deren Anblick allein jeden Widerstand erstickte. Vor ihnen her ging ein kleinerer Mann mit einem schwarzen Turban, grauem Bart und kalten Augen. Doch was David vor Schreck erstarren ließ, war nicht sein Blick, sondern sein Kaftan, der von der Hüfte abwärts völlig mit Blut besudelt war. In der Rechten hielt er zudem ein mit dickem Blut verklebtes scharfes Messer.

»Ich will Moslem werden! Ich will Moslem werden«, schrie der Mann neben David hysterisch. Ein stämmiger Bauer, der sicherlich nicht oft weinte, doch nun liefen ihm die Tränen an den Wangen herab. Die beiden Hünen traten hinter ihn, packten ihn an den Schultern und stellten ihn auf die Füße. Der so schaurig mit Blut besudelte Graubart kniete vor ihm nieder, riss ihm die Hose auf, griff nach seinem Glied und setzte ein von halb geronnenem Blut ganz schmieriges Messer an. Der Bauer zuckte zusammen und der Schnitt ging daneben. Viel zu tief. Mit meckerndem Lachen hob der Turbanträger das abgetrennte Glied hoch, während sich der arme Kerl heulend zusammenkrümmte und das Blut zu seinen Füßen eine rasch wachsende Pfütze bildete. Auch David schrie auf, angewidert und voller Furcht. Doch schon ließen die Kerle ihr Opfer los und packten stattdessen Davids Schultern. Mit grober Gewalt rissen sie ihn auf die Füße. Der widerwärtige kleine Kerl mit dem Messer warf seine grausige Trophäe achtlos auf den Boden, hockte sich vor David und riss auch ihm den Hosenbund auf. David glaubte, ohnmächtig zu werden, als die mit warmem Blut beschmierte Hand sein Geschlecht griff. Doch da stieß der Kerl einen überraschten Ruf aus, es folgte ein Schwall unverständlicher Worte. Die beiden Handlanger ließen David einfach fallen und traten an ihr nächstes Opfer heran. Es dauerte einen Augenblick, bis David wieder ganz Herr seiner Sinne war und verstand. Als Jude war er bereits beschnitten. Er hockte sich hin, kämpfte mit der Übelkeit, erbrach sich aber schließlich auf die eigenen Beine. Was waren das für Menschen, die ihre zum Heil der Menschen gedachten medizinischen Kenntnisse zu solchen Grausamkeiten einsetzten? Glaubten sie, Gott so zu gefallen? Ganz bestimmt nicht jenem Gott, dem Israel mit diesem Brauch den Bund bezeugte!

Das Spital zu Jerusalem

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