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David

Xerigordos, 29. September 1096

Die Septembertage hatten die Kreuzfahrer unter Rainald in der neuen Festung verbracht. Kurze Raubzüge in die Dörfer der Umgebung brachten zusätzliche Vorräte, denn nun in der Erntezeit waren Scheunen und Lager gut gefüllt.

»Ich frage mich, wo sie ihre Moscheen haben. Überall in den Dörfern habe ich nur griechische Kirchen gesehen«, bemerkte Kunz kopfschüttelnd.

»Die haben sich versteckt. In Wahrheit sind es alles Heiden, schließlich leben sie unter der Herrschaft der Seldschuken!«, entgegnete Heinrich erklärend.

»Aber ich dachte, wir wollten die Christen von den Seldschuken befreien?«, warf David ein. »Nicht sie ausplündern und ihre Dörfer anzünden?«

Heinrich blickte ihn finster an. »Davon verstehst du dummer Bauer halt nichts. Ich sage dir, Rainald und seine Ritter wissen schon, was zu tun ist. Und die Geistlichkeit ist auch mit uns.«

»Meinst du Peter den Einsiedler?«, warf David ein. »Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen.«

»Der ist noch bei den Westfranken«, entgegnete Heinrich. »Oder in Konstantinopel, um beim Kaiser Proviant für uns zu holen«, erklärte Kunz.

»Der ist abgehauen«, mischte sich plötzlich jemand ins Gespräch. Sie fuhren herum. Rainald selbst war unbemerkt an ihre Gruppe herangetreten. »Er ist ein Feigling«, stellte er fest und spie auf den Boden. »Die Seldschuken haben ihn vor Jahren auf einer Pilgerreise abgefangen und misshandelt. Da hat er den Schwanz eingezogen und ist heimgekehrt, ohne dass er die Heilige Stadt jemals gesehen hat. Nun sollen wir es für ihn richten. Aber ich sage euch, das werden wir. Wir werden nicht um Gnade winseln!« Noch bevor er ausgeredet hatte, erklang von der Mauerkrone ein Warnruf. Rainald beschattete die Augen mit der flachen Hand gegen die Sonne und blickte hinauf. »Was gibt es?«, rief er hinauf.

»Die Türken. Sie kommen von Nicäa!« Ohne ein weiteres Wort hastete der Ritter zur Leiter. David folgte ihm auf den Fersen. Der Anblick, der sich ihnen vom Turm aus bot, war wahrhaft furchteinflößend. Eine lange Reihe türkischer Reiter hielt auf eben jener Bodenwelle, von der auch sie selbst vor einigen Wochen Xerigordos zum ersten Mal erblickt hatten. Ihre spitzen Helme und Lanzen blitzten in der Sonne.

»Das Tor zu!«, schrie Rainald. »Alle Mann auf die Mauern und verschließt das verdammte Tor!« Eine Sekunde lang lag alles erstarrt, dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig: In der Burg erhob sich chaotisches Geschrei und der Anführer der Seldschuken erhob den Säbel. Alle seine Männer folgten dem Beispiel, dann ließ er ihn in einem ausholenden Hieb auf einen imaginären Feind herabsausen. Die Klinge zeigte nun auf Xerigordos. Sofort setzten sich die Reiter in Bewegung. Sie trabten an und verfielen in einen rasenden Galopp. »Das Tor!«, schrie Rainald nochmals, nun mit sich überschlagender Stimme. Schon quietschten die mächtigen Torflügel in den Angeln und mit einem dumpfen Krachen fiel der Riegel in die dafür vorgesehenen Stützen.

Die fränkischen Verteidiger waren schneller gewesen, als ihre Seldschukischen Vorgänger. Der erste Sturm dauerte nicht lange. Pfeile prasselten gegen Mauern und Schilder, doch von unten abgeschossen, vermochten sie den hinter den Zinnen kauernden Kreuzfahrern kaum zu schaden. Schließlich beschränkten sich die Türken darauf, in sicherer Entfernung einen Belagerungsring um die Burg zu schließen.

»Wir haben genügend Vorräte in der Burg!«, rief Rainaldo selbstsicher. »Uns werden sie nicht aushungern, und schon bald kommen unsere französischen Brüder und die Kaiserlichen uns zu Hilfe!«

»Vorräte haben wir, aber wie viel Wasser ist in den Zisternen?«, fragte leiser ein weiterer Ritter. David konnte ihn nur hören, weil er sich noch immer in der Nähe ihres Anführers befand. »Aber wir haben doch die Quelle!«, entgegnete Rainaldo. Doch dann stockte er und spähte über die Mauer. Es stimmte, die Kreuz­fahrer hatten während der letzten Wochen stets frisches Quellwasser gehabt und sich daher wenig um die Zisternen der Burg bekümmert. Doch die Quelle lag nun hinter dem Ring der Seldschuken. Rainaldo schluckte, sichtlich um Fassung bemüht. »Sieh nach, ob die Zisternen gefüllt sind«, befahl er heiser dem Ritter, der die Frage aufgeworfen hatte.

Das Spital zu Jerusalem

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