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Kapitel 4

Die nichtssagende Visitenkarte führte Neeltje zu einer Tür, die in einer Nische zwischen dem ›Black Gold‹, einem verrückten Plattenladen, in dem es auch reichlich Kaffee gab, und einem kleinen Antiquariat versteckt war. Der Fahrer ihres Taxis hatte die Straße zwar sofort gefunden, aber schließlich musste sie, infolge der Verkehrsdichte aussteigen und die Straße entlanggehen, wobei sie gewissenhaft die Zahlen neben den Türen abzählte.

Diese Tür war der Inbegriff von Anonymität – einfaches, dunkelgrün gestrichenes Holz, ohne Namensschild und Hausnummer. Sie war sich nicht einmal wirklich sicher, ob sie hier auch richtig war, aber das ›Black Gold‹ war Nummer Elf und der Buchladen zeigte eine Sieben. Das muss hier richtig sein, und es ist ja auch der Eingang vor dem Plattengeschäft, murmelte sie leise vor sich hin.

Noch ehe sie ihren Finger auf die Klingel legte, öffnete sich die Tür bereits. Überrascht blickte sie auf und entdeckte eine Kamera, die in einer Nische der Decke versteckt war. Wer auch immer den Summer bedient hat, er muss mich gesehen haben.

Auch nachdem sie eingetreten war, gab es keinen Hinweis darauf, wo sie sich befand. Es war ein schlichter, nichts sagender Flur, der zu einer steilen, schmalen Treppe führte – sauber, aber nur schwach beleuchtet. Sie wünschte sich, sie könnte umkehren und schnell das Weite suchen. Aber ihre Neugier war stärker, ihre Neugier auf das, was sie hier erwartete, und das was de Fries von ihr wollte. Zögernd schlurfte sie durch den Korridor und stieg die ausgetretenen Stufen empor. Als sie den zweiten Stock erreichte, fand sie eine halboffene Tür vor, die in einen erstaunlich großen und hellen Raum führte. All ihren Mut zusammennehmend trat sie in die herrschende Stille.

*

»Ah, Vrouw Timmermans, neem ik aan?[11]«

Neeltje wäre beinahe aus der Haut gesprungen, als sie die dröhnende Stimme vernahm, die sie anrief. Wie erstarrt blieb sie stehen.

»Kom op, Meisje! ... Kom op! Ik ben Folpert van Haastrecht. Maar je kunt me Folpert noemen, als je dat liever hebt. Mijn woord erop: Je ziet eruit, alsof je een geest hebt gezien! Gaat het, mijn liefste?[12]«

Neeltje versuchte ihre Atmung zu kontrollieren. Sie spürte, wie ihr Puls pochte und fühlte, wie ihr ganzer Körper leicht zu zittern anfing. »Ich ...«, setzte sie an. »Es tut mir leid. Ich bin nur völlig durcheinander.« Damit hatte sie einen Moment Zeit gewonnen, um ihre Umgebung eingehender zu betrachten. Sie war überrascht, denn in dem Raum fanden sich unzählige Schneiderpuppen, hunderte Stoffballen und mehrere große Tische, auf denen halbfertige Kleidungsstücke lagen. Richtig sprachlos machte sie aber Folpert van Haastrecht, der in der Mitte des Ganzen stand – ein stark übergewichtiger Mann mit rotem Gesicht, der sie, mit seinem rötlichen Haar und Vollbart, mehr an einen gebürtigen Schotten erinnerte und so gar nichts von einem Holländer an sich hatte. Zu seinem, dem Körperumfang geschuldeten, voluminösen Anzug trug er eine bunte, kreischende Krawatte.

»Vielleicht kann ich dich für eine beruhigende Tasse Tee interessieren, mein süßes Kind? Du siehst mir so aus, als könntest du eine vertragen ... Of heb je liever iets sterkers?[13]« Bei seiner abschließenden Frage hob sich seine Stimme hoffnungsvoll, und er schien ein wenig enttäuscht zu sein, als sie ablehnend ihren Kopf schüttelte.

»Bedankt. Ik ben in orde.[14]«

»Nun, vermutlich hast du damit recht, Meisje«, lächelte er. »So früh am Tag sollte man wohl noch keine Trankopfer zelebrieren, nicht wahr? ... Aber ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich eines bringe.« Er zuckte kurz mit den Achseln. »Ich habe leider nie gelernt, dem Ruf eines guten Schlucks zu widerstehen.« Ein musternder Blick folgte. »Dein überraschter Ausdruck lässt mich vermuten, dass Hergen es wohl versäumt hat, dir zu sagen, warum er dich in mein bescheidenes Atelier geschickt hat, nicht wahr?«

Neeltje nickte. »Ik heb geen flauw idee.[15]«, erwiderte sie bestätigend.

»Hm, dachte ich mir«, murmelte Folpert und grinste vielsagend. »Hergen war schon immer ein Ausbund an Diskretion ... Nun, ich könnte hinzufügen, dass dies keine unerwünschte Eigenschaft im Umgang mit jemandem meines Berufs ist.«

Verwirrt schüttelte Neeltje den Kopf. »Es tut mir leid, wenn Sie es als unhöflich empfinden. Aber könnten Sie mir bitte erklären, warum er mich zu Ihnen geschickt hat. Diese befremdliche Geheimnistuerei ist ein bisschen viel für mich.«

Folpert lächelte warm und schenkte sich aus einer Karaffe ein großes Glas Rotwein ein. »Natuurlijk, Meisje, natuurlijk![16] Entschuldige bitte das Geschwätz eines alten Trunkenboldes.« Er machte eine halbkreisförmige Armbewegung mit der Hand, in der er das Glas hielt. »Wie du siehst, bin ich ein Künstler ... Meine Leinwand ist der menschliche Körper. Ich schaffe sehr spezielle Werke für noch sehr viel speziellere Kunden, meine Liebe.«

»Von denen Hergen einer ist?«, fragte sie halblaut nach.

»Von denen unser gemeinsamer Freund Hergen de Fries einer der leidenschaftlichsten und hingebungsvollsten ist, oh ja«, lächelte er breit. Dann bewegte er sich im Raum wie ein Schiff unter Vollsegel und verschüttete jedes Mal etwas von seinem Wein auf dem glänzenden Holzfußboden, wenn er leicht seine Richtung änderte.

»Was sind das für spezielle Werke?«, wollte sie wissen, während sie ihm mit den Augen neugierig folgte. Ihr gefiel nicht, was sie im Subtext zu verstehen meinte.

»Oh, meine Liebe, es sind sehr spezielle, glaub' mir«, schmunzelte der Übergewichtige und nippte an seinem Glas. »Ich entwerfe besondere Kleidung für jeden Geschmack, und unser gemeinsamer Freund hat diesbezüglich sehr ausgefallene Wünsche und extrem hohe Anforderungen an deren perfekter Ausführung.« Er wankte zu einem Regal im Hintergrund. »Wie du feststellen wirst, kann ich eine Reihe interessanter ›Features‹ ins ›Outfit‹ integrieren, das du bequem und völlig unauffällig auf der Straße tragen kannst, ... ohne unerwünschte Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen.« Er leerte sein Glas und wollte sich noch einmal nachschenken. »Möchtest du sehen, was ich für dich angefertigt habe?«

»Ze hebben een outfit voor me gemaakt[17]?«, reagierte sie erstaunt und verwundert zugleich.

»Ja, habe ich.«

»Maar hoe weet je mijn kledingmaat?[18]«

Ein wissendes Lächeln umspielte die schmalen Lippen seines geröteten Gesichts. »Ich kann dich beruhigen, Meisje. Es wird alles perfekt passen. Unser Freund hat zusammen mit seinen profitableren Talenten ein exzellentes Auge für Konfektionsmaße.« Er lachte kurz auf. »Ich sage ihm immer, er hätte Schneider werden sollen.« Er seufzte. »Nun, er hat wohl den lukrativeren Berufsweg eingeschlagen. Aber dem Handwerk ist damit ganz sicher ein hervorragender Designer und Schneider verloren gegangen. Ein echter Jammer.« Folpert warf ihr einen auffordernden Blick zu. »Komm' mit, meine entzückende ›Amuse Bouche[19]. Gestatte mir, dir meine neueste Kreation vorzustellen.«

Neeltje verfolgte, wie Folpert durch den Raum wankte, als würde er von der Ebbe ins Meer hinausgezogen, und sich gegen die Tische lehnte, während er sich bewegte. Als er schließlich im hinteren Teil des Raumes eine schlanke Schneiderpuppe erreichte, riss er theatralisch das darüber ausgebreitete Tuch herunter.

»Voilà!«, rief er ihr grinsend auf Französisch zu. »Na, was sagst du dazu?«

Neeltje wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber das was er ihr gerade zeigte war es bestimmt nicht.

Folpert hatte die Schaufensterpuppe angezogen.

Na ja, es ist halt ein Anzug, dachte sie still. Zweifellos ein sehr schöner und von einer Qualität, die alles übersteigt, was ich jemals getragen habe. Aber so besonders ist er ja nun auch nicht, dass er ein solches dramatisches Aufhebens darum macht. »Er ist wirklich nett, ... sehr schön«, bemerkte sie vorsichtig, sah aber an Folperts Gesichtsausdruck, dass er mit einer sehr viel stärkeren Reaktion ihrerseits gerechnet hatte.

»Nett?! Sehr schön?! ... Aber Meisje, das ist meine Mona Lisa!« Er warf ihr einen funkelnden Blick des Missfallens zu. »Vor dir steht der Leonardo da Vinci der textilen Renaissance! Jedes Stück ist die fantastische Geburt einer speziellen Idee ... Nett?!« Er zeigte ihr ein gekünsteltes Schmollen, und erst nachdem er einen Schluck Wein getrunken hatte, fuhr er fort. »Ich bin der Alberti, Donatello, Botticelli, Bramante, Raffael, Michelangelo und Tizian der Fetischmode! Nett?! ... Pah!« Er hatte seine Arme nach oben gerissen, während er sich all der Namen brüstete. »Nenn' mich Dante Alighieri, denn in meinen Modeschöpfungen erleidet die Trägerin die sieben Höllen unendlicher Lust! ... Oh ja, denn damit wird es eine ›Divina Commedia‹, oder besser: eine ›Orgiastische Komödie‹!« Er beruhigte sich ein wenig, was seinem eh schon sichtlich erhöhten Blutdruck ganz bestimmt nicht abträglich war, und strich zärtlich, ja fast schon verliebt, über seine kostbare Kreation. »Das ... das hier ist wunderschön! ... Schau', probier' es an und dann wage es, mir noch einmal zu sagen, dass es einfach nur nett ist!« Mit dem beleidigten Gesicht einer exzentrischen Diva sah er zu ihr herüber.

Verlegen sah Neeltje zu Boden, als er die Puppe zu entkleiden begann.

»Nett?! Tse, tse, tse ...«, brummte er schwer atmend vor sich hin. »Ich werde dir jetzt das verdammt Schönste und Ausgefallenste zeigen, was du jemals gesehen hast, du unwissendes, nichts ahnendes, dummes Ding!« Eine wegwerfende, verächtliche Handbewegung kam untermalend, aber unmissverständlich hinzu.

Erst als er der Puppe das Outfit ausgezogen hatte, verstand sie seine heftige Reaktion. Unter dem einfachen, schlichten Äußeren des Kostüms kamen Dinge zum Vorschein, die sie nicht erkannte. Der Rock schien mit einer Art Befestigung versehen zu sein, und auch der Kragen der Jacke schien etwas zu verbergen, das übers Revers verlief. Das was sie sah, war eindeutig kein gewöhnliches Outfit. »Was ist das für ein Ding da?« Fragend schaute sie ihn an und deutete mit ihrer Rechten auf den Rock.

Folpert griente teuflisch. »Probeer het maar, Meisje. Dan zul je het zien![20]«

Als er das ›Outfit‹ für sie vorbereitete, zog sich Neeltje bereits unbewusst aus. Sie war sich sicher, dass Folpert homosexuell war, und empfand es daher nicht als allzu unangenehm, sich vor ihm zu entblößen.

»Mijn God, hij heeft een goed oog, niet waar?[21]«, entfuhr es ihm enthusiastisch, indessen er sie nicht für eine Sekunde aus den Augen ließ, derweil sie sich auszog. »Oh ja«, seufzte er und fuhr sich mit seiner Zunge schleckend über die Unterlippe, »ich verstehe genau, was er an dir findet!«

Neeltje hatte keine Ahnung, was genau er damit meinte. Schließlich wusste sie, dass sie in keiner Weise etwas Besonderes war. Ich bin doch nur auf einfache, gewöhnliche Weise attraktiv, wenn überhaupt, ging es ihr durch den Kopf, und nach mir würde niemals jemand hinterherschauen oder gar pfeifen, wenn ich vorbeilaufe. Keine Ahnung, was Hergen und Folpert an mir sehen, was ich selbst nicht erkenne. Was immer es auch ist ... ich weiß es nicht! Sie wandte sich dem ›Outfit‹ zu, das vor ihr lag, und als sie den Rock anhob, wusste sie, was dessen dunkles Geheimnis war.

»Du wirst dein Höschen wohl ausziehen müssen, ehe du es anprobierst, meine Liebe«, schmunzelte Folpert. »Der Stoff dürfte dich sonst nämlich ein wenig einschränken, und das ist ja nicht Sinn der Sache.«

Neeltje stellte fest, dass an der Taille des Rocks ein dünner Gürtel angebracht war, der auf den ersten Blick nicht wirklich sichtbar wurde. An der Vorderseite des Rocks war dieser Leibgurt mit einem aus Gummi verbunden, der einige Zentimeter herabreichte und an dessen Ende ein schmaler schwarzer, gut sechzehn Zentimeter langer Schaft baumelte. Sie erschrak. Ein Dildo aus Latex, durchfuhr es sie.

Plötzlich wurde Folperts Ton streng und professionell. »Die Anweisungen unseres gemeinsamen Freundes lauten, dass du es täglich während deiner Arbeit zu tragen hast. Ohne ausdrückliche Erlaubnis seinerseits hast du den Dildo nicht zu entfernen! Auf seinen Wunsch hin, wirst du dich ihm präsentieren.« Er unterbrach kurz, um sein Glas zu leeren, ehe er fortfuhr. »Ich habe noch einige ähnliche Outfits an deine Privatadresse geschickt. Du wirst feststellen, dass es auch einen zweiten Einsatz gibt, falls unser gemeinsamer Freund deinem Heck etwas hinzufügen möchte ... Aber das liegt natürlich in seinem Ermessen.«

Er kicherte vergnügt vor sich hin, als er Neeltje dabei zusah, wie sie vorsichtig in den Rock hineinschlüpfte und zögerte, als der schwarze, glatte Dildo gleich darauf ihren Schritt berührte. »Du wirst dich schnell daran gewöhnen, Meisje, glaub' mir ... Maak je geen zorgen. Je zult snel merken dat ik het zo heb ontworpen dat het nog steeds erg comfortabel is, zelfs na lang gebruik.[22]«

Neeltje stellte fest, dass er recht hatte. Anstatt der üblichen Form, die sie selbst zu Hause im Nachttisch hatte, war dieser anders geformt. Er verengte sich in der Mitte des Schafts auf eine Weise, dass er bequem eingeführt werden konnte, ohne beim Gehen zu scheuern. Sie brauchte einige Minuten, um sich ein Herz zufassen, ihn in sich aufzunehmen. Als sie es endlich tat, war sie überrascht, wie gut er sich anfühlte. Unglaublich gut sogar, gestand sie sich ein.

»Warum machst du es nicht wie im Schuhgeschäft und läufst ein wenig hin und her?«, schlug er ihr vor und kicherte wieder. »Eine kleine Spritztour quasi.« Er kam auf sie zu, reichte ihr eine Hand und führte sie langsam durch den Raum.

In dem Moment, da sie ihre ersten Schritte machte, zitterten ihr die Beine, und nur Folperts überraschend fester Griff verhinderte, dass sie in die Knie und zu Boden ging. Es fühlt sich an, als werde ich bei jedem kleinsten Schritt, bei jeder minimalen Bewegung gefickt, ging es ihr durch den Kopf. Sie spürte, wie der Latexschaft bei jedem Schritt in sie hinein und wieder hinaus schob – sich in ihr wie ein lebendiges Tier bewegte. Schon nach der kurzen ›Spritztour‹, wie Folpert sich anzüglich ausgedrückt hatte, musste sie unwillkürlich nach Luft schnappen. Sie fühlte ihre Brustwarzen, die sich direkt aufrichtend bemerkbar machten und wie sich eine ausgeprägte Gänsehaut über ihren Körper ausbreitete.

»Dit voelt geweldig, niet waar?[23]« Folpert grinste wissend. »Ich muss zugeben, dass ich selbst auch mehr als eine Hose mit einem neckischen ›Butt Plug‹ habe ...«

Er unterstrich die Bemerkung mit einer femininen Handbewegung, die Neeltje bewies, dass sie sich in seiner sexuellen Orientierung nicht geirrt hatte, und ein Lächeln entlockte.

»Es hilft sehr, einen trostlosen Tag zu überstehen«, setzte er nach. »Aber nun wollen wir doch mal sehen, was wir sonst noch für dich haben.« Er wankte zu einem der Tische und reichte ihr anschließend einen Stapel ordentlich gefalteter weißer Blusen, die ebenfalls kleine Änderungen erfahren hatten.

Neeltje bemerkte sofort, dass im Bereich der Brustwarzen jeweils ein perfekter Kreis an Stoff ausgeschnitten und im Rücken dicke Schnüre eingewebt worden waren, die sich von der Mitte der Rückenpartie bis hin zur Taille kreuzten.

»Ich nenne sie Saiten wie bei einer Geige«, erklärte Folpert auf ihren fragenden Blick hin.

»Und wozu dienen die?«

»Sie ermöglichen unserem gemeinsamen Freund, dich jederzeit an der Taille festzuhalten, wenn ihm danach ist«, antwortete er mit einem süffisanten Grinsen. »Ich soll dir übrigens ausrichten, dass du auch diese Blusen stets zur Arbeit tragen sollst.« Er sah sich um, und fand schnell was er suchte. »Jetzt kommen wir zur Jacke«, sagte er und lächelte über ihr bizarres Aussehen.

Neeltjes kirschroten Nippel stachen aus der Bluse heraus, während sich der weiche Stoff schmeichelnd um sie herumschlängelte, und sie genoss sichtlich das Gefühl des Dildos, der tief in ihr steckte.

»Ich bin sicher, du hast schon gemerkt, dass eine zusätzliche Dicke am Kragen zum Revers hinunterführt. Darin ist eine Führleine untergebracht, falls unser Freund dich einmal wie eine Hündin spazieren führen möchte.« Er lachte kopfschüttelnd. »Nein. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Ich glaube nicht, dass sowas wirklich sein Ding ist. Aber wer weiß, ... ich habe mir erlaubt, diese Option vorausschauend hinzuzufügen.«

Neeltje schlüpfte in die Ärmel, schob sich die Jacke über die Schultern und knöpfte sie zu. Wie Rock und Bluse, saß auch sie wie eine zweite Haut – besser als alles, was sie jemals im Leben getragen hatte. Sie konnte sich ihre Empfindungen nicht erklären, die durch sie strömten – aber sie wusste, dass sie auf keinen Fall aufhören sollten. Die Art und Weise, wie ein Haustier behandelt zu werden, das strenge Anweisungen erhielt, die es einzuhalten hatte, wissend, dass es durch seinen Herrn jederzeit bestraft werden konnte, jagte ihr einen unbeschreiblichen Nervenkitzel durch den Körper. Bei jeder Anweisung die er ihr durch Folpert ausrichten ließ, wurde sie von einem weiteren hochfrequenten Stromstoß getroffen – und sie spürte bereits, wie ihre Nässe sich einen Weg bahnte und ihre Oberschenkel benetzte.

Sie wusste nicht zu sagen, was über sie gekommen war. Es kam ihr vor, als hätte die zufällige Begegnung im ›Executive‹-Lift vor wenigen Tagen eine unterwürfige Kreatur freigesetzt, die schon immer in ihr verborgen gewesen war und nun endlich freien Auslauf bekam. Auf unbeschreibliche Weise fühlte sie sich befreit. Frei von jeglichem Druck, irgendeine Art von Entscheidung zu treffen. Mein ganzes Leben habe ich Verantwortung tragen müssen. Immer musste ich funktionieren und jede Belastung hinnehmen ... mich um meinen Junkie-Bruder kümmern und in der Arbeit funktionieren, ganz gleich, wie schlecht es mir ging. Geld ansparen, Miete zahlen. Wie ein Roboter durchs Leben hetzen und so sein, wie es alle von mir erwarten. Alles, nur nicht ich selbst. Und jetzt, wo Hergen de Fries sie zu seinem Haustierchen machte, seiner Schoßhündin machte, spürte sie, wie all dieser Druck langsam nachließ. In diesem Augenblick fühlte sie sich leichter als Luft.

»Nun, dann bleibt wohl nur noch die Bezahlung.« Folpert überreichte ihr die Rechnung, die exakt fünftausend Euro ausmachte.

Erst jetzt wurde Neeltje bewusst, dass sie ihr letztes Bargeld für das Taxi ausgegeben hatte. Und abgesehen von dem Geld im Umschlag hatte sie nichts mit. »Kann ich davon nicht zwanzig Euro später zahlen?«, fragte sie ihn und schaute ihn bittend an. »Ich habe mein letztes Geld eben für ein Taxi ausgegeben und muss doch wieder zurück.«

»Ich fürchte, dass wird sich nicht machen lassen, Meisje«, erwiderte Folpert ablehnend. »Bei mir wird immer bar bezahlt und Geld verleihe ich aus guten Gründen niemals.« Er tippte mit einem Finger auf seine Armbanduhr. »Im Übrigen waren die Anweisungen unseres Freundes ziemlich klar, nicht wahr? ... Er möchte, dass du ins Büro kommst, um ihn pünktlich um ein Uhr mittags zu treffen. Ich an deiner Stelle würde mich sehr beeilen. Du hast nur noch eine halbe Stunde, und ich vermute, er wird eine Verspätung nicht sehr schätzen.« Er reichte mit einem süffisanten Lächeln seine Hand. »Ich wünsche dir alles Gute, Vrouw Timmermans, und ich hoffe doch sehr, dass wir uns in Zukunft öfter sehen.« Damit wankte er aus dem Raum und stimmte ein Liedchen an, als wäre sie bereits gegangen.

Eine halbe Stunde, dachte Neeltje panisch. Nur noch dreißig Minuten! Verdammt! Und das Büro ist acht Blocks von hier entfernt ... Wie soll ich mit dem Ding zwischen meinen Beinen nur so weit laufen?

***

Neeltje - Kirschenmund

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