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Feierabendbier

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Der 4. Akt , eine kleine, angesagte Kneipe in der Zürcher Innenstadt. Finn betrat den Laden, Rob sass bereits am Tresen. Er umarmte ihn kurz zur Begrüssung und setzte sich neben ihn.

„Hey!“

„Na, Alter! Was geht? Hab dir schon ein Bier bestellt zur Verdauung der Niederlage!“

„Es gibt keine Niederlage, wir können auf den Erfolg anstossen!“

Rob schaute verwundert: „Du hast den Job? Echt jetzt?“

Finn nickte und zog die Schultern nach oben, als wäre das ja von vorn herein klar gewesen.

„Erzähl! Muss ich dir alles aus der Nase ziehen?“

„Es gibt nicht viel zu erzählen, ich hab den Job, weil ich meiner neuen Chefin einen Kaffee gebracht habe.“

Rob zog die Augenbrauen hoch: „Muss ich das jetzt verstehen?“

„Ich verstehe es ehrlich gesagt selbst nicht! Ja, ich hätte mich besser informieren sollen, ich dachte schon sie schickt mich jeden Augenblick wieder raus, da bat sie mich ihr einen Kaffee zu holen und weil ich das ohne Zögern getan habe, hat sie mir den Job gegeben.“

„Die Alte ist doch nur scharf auf dich! Lass mich raten: Fett, hässlich und eine Frisur wie Angela Merkel?“

„Ja, so ungefähr!“


Sharon Wittaker sass noch in ihrem Büro. Sie packte ihre Tasche, warf einen Blick in das Ortungssystem des SI und machte sich auf den Weg. Sie parkte unweit des 4. Akts und schaute noch kurz in den Rückspiegel. Sie öffnete den Knoten, der ihr Haar streng nach hinten hielt und ihre langen blonden Haare fielen auf ihre Schultern. Sie richtete sie kurz mit den Fingerspitzen, zog ihr Jackett aus und öffnete den obersten Knopf ihrer Bluse. Sie wollte nicht zu geschäftlich wirken. Dann stieg sie aus und machte sich auf den Weg in den 4. Akt.


Finn sass mit dem Rücken zur Tür. Als Sharon Wittaker die Bar betrat, entdeckte Rob sie zuerst.

„Wow, da kommt ja gerade ein Gerät rein.“

Finn schüttelte, belustig über die Art wie Rob über Frauen redete, den Kopf und drehte sich um. Seine Augen weiteten sich, er konnte nicht glauben, wen er da sah. Was für ein Zufall! Schnell drehte er den Kopf wieder zurück: „Das ist meine neue Chefin!“

„DAS ist deine Chefin?“ fragte Rob ungläubig. „Du hast aber eine komische Vorstellung von dick und hässlich.“

„Ich muss ihr wohl kurz hallo sagen gehen!“

„Ich komm mit!“

Dabei war es Finn zwar nicht wohl, aber er liess ihn gewähren. Die beiden liefen auf den Tisch zu, an den sich Sharon gesetzt hatte und gerade ein Glas Weisswein bestellte.

„Guten Abend! Was für ein Zufall, Sie hier zu treffen!“ begegnete ihr Finn.

„Guten Abend Herr Carter! Ja, so ein Zufall!“ Sie wirkte überhaupt nicht überrascht.

„Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?“ fragte Rob waghalsig.

Finn warf ihm einen bösen Blick zu und wandte sich dann an Sharon: „Bitte entschuldigen Sie meinen Freund, er ist manchmal…“

Sie unterbrach ihn: „Kein Problem! Um ehrlich zu sein, würde ich gerne einen kurzen Moment mit Ihnen unter vier Augen reden, Herr Carter.“ Sie schaute einen Moment lang Finn in die Augen und blickte dann auffordern zu Rob. Auch Finn blickte Rob an, der noch keine Anstalten machte, weggehen zu wollen.

„Es geht um meinen neuen Job! Du sagst doch, das sei wichtig! Nur einen kurzen Augenblick! Bitte!“

Widerwillig nickte Rob schliesslich und zog sich zurück an den Tresen.

Finn setze sich. Sharon bedankte sich für den Weisswein, der ihr gerade serviert wurde und nahm einen Schluck.

„Sie fragen sich jetzt sicher gerade, ob es solche Zufälle wie diesen hier, geben kann.“

„Es gibt sie, wie man sieht!“

„Was, wenn ich Ihnen sage, dass es kein Zufall ist?“

„Wenn es kein Zufall ist, sind Sie mir gefolgt. Sie haben meine Adresse und haben vor meiner Wohnung gewartet, bis ich das Haus verlassen habe.“

„Denken Sie wirklich, ich hatte den ganzen Tag über nichts Besseres zu tun, als den neuen Mitarbeiter zu stalken?“

Finn glaubte selbst nicht daran, was er da gerade gesagt hatte und zuckte mit den Schultern.

Sharon zog ihr Smartphone hervor und tippte etwas ein: „Werfen Sie bitte einen kurzen Blick auf Ihr Handy!“

Finn verstand nicht, worauf sie hinaus wollte, tat aber wie geheissen. Entsetzt stellte er fest, dass der Browser geöffnet war, mit der Website des SI. Ausserdem war eine Notiz offen, in der stand „Einen netten Gruss von Ihrer neuen Chefin!“ Er blickte hoch und starrte sie fragend an.

„Die heutige Technologie eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Wir denken, unser Smartphone sei privat. So privat ist es leider nicht. Wir haben einen Trojaner in unserem WLAN, der jedes Smartphone, das unsere Büroräumlichkeiten betritt, infiziert. Dadurch können wir jederzeit jede Person orten, die uns schon einmal besucht hat. Ich brauchte Sie daher gar nicht den ganzen Tag zu observieren, um zu wissen wo Sie sind.“

Finn begriff schnell: „Ok, Sie beobachten also unter anderem wo sich Ihre Mitarbeiter aufhalten. Ist das nicht ein wenig übertriebene Kontrolle? Sie hätten mich ja auch einfach fragen können, wo ich bin. Ich hätte es Ihnen gesagt. Nachts bin ich übrigens meistens in meinem Bett, wenn Sie mir da Gesellschaft leisten möchten…“ witzelte er.

Sharon antwortete nicht sofort darauf. Ihr Blick verriet, dass sie sich diese Situation durch den Kopf zu gehen lassen schien. Er konnte sich nicht helfen, er fand sie wirklich sehr hübsch. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihr ein ehrliches Lächeln zu schenken.

Sie lächelte kurz zurück, dann unterbrach sie den Moment der Stille:

„Es geht nicht um Sie! Ich werde Ihren Standort nicht kontrollieren. Ich bin hier, um Ihre Aufmerksamkeit zu wecken. Sie werden diese Begegnung heute Abend erstmal nicht einordnen können. Das ist völlig okay. Sie beginnen ja erst morgen mit der Arbeit. Und ich hoffe, Sie werden diese Arbeit dadurch mit viel Interesse und Elan ausüben.“

„Das habe ich vor!“

„Sehr gut! Ich bin übrigens Sharon! Ich glaube, Sie sind ein Mensch, der den Respekt auch mit dem Du wahren kann.“

Er nickte: „Finn!“

Sie leerte den Rest ihres Weins in einem Zug und legte einen Zehner auf den Tisch. „Sehr schön, Finn! Es hat mich sehr gefreut! Ich wünsche dir und deinem Freund noch einen schönen Abend. Trinkt nicht so viel, morgen beginnt die Arbeit!“

Mit einem wieder arrogant wirkenden Lächeln stand sie auf, verabschiedete sich und verliess das Lokal. Finn hatte tatsächlich Mühe, einzuordnen, was gerade passiert war. Er stand auf und setzte sich wieder zu Rob.

„Was war das denn jetzt?!“ wollte er wissen.

„Ich habe keine Ahnung! Anscheinend hat sie mein Handy geortet und mich deswegen hier besucht!“

„Die Alte ist heiss, aber sie hat einen Schuss! Pass bloss auf!“

Finn schaute ihn an, sagte aber nichts. Er nahm noch einen Schluck Bier. Danach würde er nach Hause gehen, er wollte morgen fit sein.



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