Читать книгу Das Haus der sieben Eulen - Sylvia Weill - Страница 6
2. Kapitel
ОглавлениеAls ich acht oder neun Jahre alt war, änderte sich unser Leben in Kent.
Edith und ich bekamen einen neuen Spielkameraden. Eines Tages tauchte er einfach so im Garten auf, wo wir gerade Robin Hood spielten. Wir sahen ihn mit großen Augen an, weil wir ihn nicht kannten. Die anderen Kinder im Dorf waren uns ja alle vertraut und gingen auch bei uns ein und aus.
„Wer bist du?“, fragte ich ihn gleich.
„Ich heiße Harald. Ihr könnt mich aber Harry nennen. Das tun alle.“
Verblüfft sah ich Edith an, dann wieder ihn. Er musste wohl so alt sein wie ich. „Ich bin Charlotte, und das ist meine Schwester Edith.“
Er nickte ihr nur zu und fragte mich dann, ob er mitspielen dürfe.
Bislang hatte Edith Robin Hood gespielt, aber jetzt übernahm das Harry, und dadurch wurde alles noch viel interessanter im Garten.
Er erschien jetzt häufig bei uns, und schon bald konnte ich mir ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen.
Harry war der Sohn des Gutsbesitzers.
Das große Gut grenzte an unser Grundstück, hatte aber einen so großen Park, dass man von unserem Garten aus nichts davon erkennen konnte. Selbst aus den Fenstern bei meiner Großmutter im obersten Stockwerk musste man sich schon sehr anstrengen, um in der Ferne etwas zu erkennen. Dabei war das Gut eigentlich ein kleines Schloss, aber jeder hier nannte es nur das Gut. Es war schon seit vielen Generationen im Besitz der Beringsworths, die im Dorf sehr beliebt waren. Sie beteiligten sich rege am Dorfleben, und auf dem großen Gestüt gab es immer Arbeit für die Menschen. Im Haus waren viele junge Mädchen „in Stellung“, wie meine Großmutter immer sagte.
Einmal hatte sie mich mitgenommen, als Lady Beringsworth sie zum Tee eingeladen hatte, was ab und zu vorkam.
Die beiden Frauen unterhielten sich sehr vertraut über den Basar, der im Pfarrhaus organisiert werden sollte. Sie kannten sich schon ein Leben lang, wie mir meine Großmutter versichert hatte, und sie respektierten sich gegenseitig.
Ich saß bei ihnen und bewunderte die vielen wunderschönen Sachen, die ich zu sehen bekam.
Im Haus der sieben Eulen war es auch sehr liebevoll eingerichtet, und meine Großmutter legte großen Wert darauf, dass alles gemütlich war und sich jeder wohlfühlte. Aber hier herrschte Reichtum, das konnte sogar ich als Kind erkennen. Außerdem wurde das im Dorf herumerzählt. Die Möbel stammten aus den teuersten Londoner Möbelmanufakturen, und an den Wänden hingen sündteure Gobelins. Lord Beringsworth hatte seinen Wohlstand in den Kolonien gemacht, indem er dort regen Handel betrieb. Womit, das wusste niemand so recht, aber es spielte ja auch keine große Rolle. Hauptsache, unsere verehrte Queen hielt große Stücke auf ihn, und das tat sie wohl, wie man hörte.
Harrys Geschwister bekamen wir so gut wie nie zu sehen. Er war ein Nachzügler, sie waren sehr viel älter als er und hatten das Gut längst verlassen.
Unser Leben wurde durch ihn abwechslungsreicher. Wir erlebten in unseren Spielen die allergrößten Abenteuer – und immer wollte Harry mich beschützen.
Das kannte ich bisher nicht, mochte es einerseits, wollte aber auf der anderen Seite auch die strahlende Heldin sein.
„Aber du bist ein Mädchen“, protestierte Harry dann.
„Na und, warum sollen denn Mädchen nicht auch mal Jungen beschützen?“
„So was gibt es nicht. Mädchen beschützen keine Jungen.“
„Und was ist mit deiner großen Schwester?“, warf ich altklug ein.
„Das ist doch was anderes.“
„Ist es nicht. Und was ist mit Queen Victoria? Die beschützt ein ganzes Land. Und in dem gibt es auch Männer.“
„Die ist doch Königin. Die muss das machen.“
„Ach, du bist blöd“, fauchte ich, um die Diskussion damit zu beenden.
Harry nahm mir niemals etwas übel.
Im Winter stöberten wir durch das Gutshaus und das Gestüt oder aber durch das Haus der sieben Eulen. Auch dabei durchlebten wir die größten Abenteuer. Meistens waren wir Prinz und Prinzessin, die in Gefahr waren. Wenn Edith dabei war, musste sie die Mutter spielen. Das tat sie zwar nicht gerne, fügte sich aber meistens widerwillig.
So gingen die Sommer dahin, auf welche die ungeliebten Winter folgten. Auf und ab. Im Haus der sieben Eulen blieb alles gleich. Das war für mich ungeheuer wichtig, denn schon damals hasste ich Aufregungen und unvorhersehbare Wendungen des Schicksals. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätte dieser Gleichklang der Jahreszeiten immer so bleiben können, auch als wir in die Schule kamen, zuerst Edith, und dann ein paar Jahre später auch ich. Harry wurde mit mir zusammen eingeschult, wobei von vornherein klar war, dass er bald von seinem Vater nach Eton, dem Eliteinternat für die Kinder der Hocharistokratie, geschickt werden würde.
Dann tauchte Meredith auf.
Eines Morgens, vor Beginn des Unterrichts, kam Mrs Grant mit ihr herein.
„Dies ist Meredith Baxter. Sie wird ab heute in diese Klasse gehen.“
Alle starrten sie an. Sie war ein ausnehmend hübsches Mädchen, mit langen dunklen Haaren und einem bronzefarbenen Teint. Ihre Augen schienen fast schwarz zu sein. Es umgab sie diese undefinierbare Aura, die nur sehr schöne Menschen haben und derer sie sich sehr bewusst zu sein schien. Später dann setzte Meredith ihre Ausstrahlung ganz bewusst ein, um zu bekommen, was sie wollte. Als ich sie kennenlernte, war sie jedoch noch unschuldig, aber schon in jener Zeit wusste sie, dass sie meistens bekam, was sie wollte.
„Meredith“, sagte Mrs Grant, „setz dich neben Charlotte dort. Der Platz ist frei geworden.“
Das Mädchen, das bisher neben mir gesessen hatte, war zusammen mit seinen Eltern nach Borneo in die Kolonien übergesiedelt.
Meredith lächelte mich bezaubernd an und setzte sich.
Und damit war Meredith in mein Leben getreten. Hätte ich damals schon gewusst, welche Rolle sie noch für mich spielen sollte, vielleicht hätte ich eins der anderen Mädchen gebeten, sich neben mich zu setzen. Dann wäre diese Freundschaft vielleicht nie zustande gekommen, und vieles wäre mir erspart geblieben.
Meredith war die Tochter eines Generals Ihrer Majestät, der im Krieg auf der Krim gefallen war. Seine Frau hatte sich vor Gram das Leben genommen. Deshalb musste die einzige Tochter, Meredith, jetzt bei einer Tante leben, die bei uns im Ort wohnte. Mrs Baxter war eine von den „Betschwestern“, wie meine Großmutter die Bekannten meiner Tante Antonia aus der Kirchengemeinde verächtlich bezeichnete. Eine große dürre Frau, die immer Grau trug und dazu eine Haube auf ihrem dünnen weißen Haar, natürlich auch in Grau.
Wir Kinder hatten immer ein wenig Angst vor ihr, wenn wir ihr begegneten, sei es im Dorf oder aber in der Kirche, wo sie oft anzutreffen war, weil sie überall aushalf. Ihre Aussprache war abgehackt, und genauso bewegte sie sich auch. Meredith hatte bei ihr bestimmt nichts zu lachen, aber sie beklagte sich nie.
Irgendwie hatte sich sofort eine Freundschaft zwischen uns entwickelt, obwohl ich aus heutiger Sicht gar nicht mehr sagen kann, warum das so schnell gegangen war, denn ich mochte sie ja noch nicht einmal.
Dies hatte jedoch zur Folge, dass sie sehr schnell fast jeden Tag im Haus der sieben Eulen war, später dann auch oft im Gutshaus, wenn wir dort spielten.
Da sie immer sehr brav und wohlerzogen war, mochte sie bald jedermann. Nur meine Großmutter schien einen Vorbehalt gegen sie zu haben, den sie jedoch nie äußerte. Aber da ich sie so liebte, wusste ich immer genau, was sie dachte oder fühlte. Oft genug stand es ihr ins Gesicht geschrieben.
Meredith bemerkte es auch. Es wunderte mich, dass sie trotzdem ausgesucht höflich und zuvorkommend zu meiner Großmutter war. Fast schien es mir, als sei ihre Reserviertheit noch ein Ansporn für Meredith, diese Festung zu erobern.
Später merkte ich, dass Meredith immer von allen Menschen geliebt werden wollte. Ablehnung ertrug sie nicht. Sie musste dann einfach alles tun, bis man sie endlich zumindest mochte.
Bei meiner lebenserfahrenen Großmutter schaffte sie das nie.
Meine beiden Tanten akzeptierten sie als meine Freundin, und da sie fast zur Familie gehörte, behandelten sie sie auch so. Das machte Meredith glücklich.
Über ihre Tante sprach sie so gut wie nie. Diese schien aber immer froh zu sein, wenn sie sich nicht viel um ihre Nichte kümmern musste.
Auch Harry akzeptierte unsere neue Spielkameradin ganz selbstverständlich. Nur Edith blieb eine Spur reserviert, ließ sich aber nichts anmerken. Manchmal dachte ich, dass sie sie jetzt auch mochte, so wie ich, aber dann schnappte ich wieder einmal einen Blick von ihr auf, wenn sie Meredith hinterher sah. Fast schien mir dieser dann verächtlich. Ab und zu fragte ich sie, ob sie Meredith leiden könne. Da wich sie mir aber immer aus. Wahrscheinlich wollte sie als die Ältere nicht Zwietracht in unsere Idylle bringen.
Meredith wurde in unsere Abenteuer in der Fantasiewelt aus Drachen, Feen, bösen Hexen, Königen, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen einbezogen. Sie und ich waren jetzt häufig Schwestern, die in Not gerieten, und Harry musste uns retten und sich dann für eine von uns entscheiden. Meistens wählte er mich zu seiner ewig geliebten Königin, doch manchmal traf seine Wahl auch Meredith.
Das machte mich jedes Mal rasend vor Eifersucht, und er musste sich bittere Vorwürfe anhören. Er war dann immer ganz entgeistert und verstand meine Reaktion nicht.
Meredith sagte dazu nie ein Wort. Sie stand nur neben ihm und hatte ein feines Lächeln im Gesicht. In diesen Momenten hasste ich sie.
Edith spielte oft die böse Hexe oder Stiefmutter. Dabei geschah es häufiger, dass sie Meredith wirklich quälte. Sie schlug sie fest oder fügte ihr sonst ein Leid zu. Wenn diese sich dann beschwerte, tat Edith ganz unschuldig: „Wir spielen doch nur. Jetzt hab dich nicht so. Sonst spiele ich nicht mehr mit euch.“
Dann verstummte Meredith.
Manchmal durfte sie auch bei mir übernachten. Das war wirklich schön. Wir lagen dann abends im Bett, das Gaslicht war schon gelöscht, und erzählten uns alles, was in unseren mädchenhaften Fantasien so vor sich ging. Dabei waren meine Schilderungen meistens sehr viel plastischer als die von Meredith. Sie nahm daran aber regen Anteil und stellte mir viele Fragen. Natürlich beantwortete ich ihr alle so ausführlich wie möglich. Meistens kam dann eine der Tanten, weil sie uns noch flüstern gehört hatte, und befahl uns, endlich zu schlafen.
Irgendwann begann ich dann an solchen Abenden, Meredith davon zu erzählen, dass ich einmal Harry heiraten wolle, wenn ich groß genug wäre.
Dazu sagte sie seltsamerweise nichts. Ich konnte nur ihr feines Lächeln im Dunkeln erahnen, dachte mir aber nichts dabei. Also fuhr ich fort, ihr zu erzählen, wie wir heiraten würden, wo wir leben und wie viele Kinder wir haben würden.
Wenn ich sie dann fragte, wen sie einmal heiraten wolle, wich sie aus: „Och, keine Ahnung. Mal sehen. Ist ja noch so weit hin. Vielleicht Albert oder Matti.“
Das waren ältere Jungen aus unserer Klasse, und beide interessierten Meredith nicht die Bohne. Umgekehrt war es anders. Bald schon war sie der Schwarm aller Jungen im Ort, und ihre Tante bekam es wohl langsam mit der Angst zu tun. Meredith genoss es in vollen Zügen und ermunterte ein ums andere Mal einen der Jungen, sich um sie zu bemühen.
Einmal sollte ich sie zu Hause abholen. Wir wollten dann zusammen in den Konfirmandenunterricht ins Pfarrhaus gehen.
Als ich an dem ärmlichen kleinen Häuschen ankam, stand die Tür ein wenig offen, und ich hörte Stimmen von innen, ärgerliche Stimmen. Ich blieb stehen und lauschte.
„Du niederträchtiges kleines Biest. Das war das Geld für die Milchfrau. Nur du kannst es genommen haben. Wäre ja nicht das erste Mal. Warum straft mein lieber Herrgott mich nur mit dir? Du bist verkommen durch und durch.“
Mehr konnte ich nicht verstehen.
Ich drehte mich um und lief unbemerkt zurück. In meinem Kopf drehte sich alles. Wie konnte ihre Tante nur so mit ihr reden? Das verstand ich nicht. Bisher war ich davon ausgegangen, dass sie sie genauso liebte wie meine Tanten mich. Na ja, fast so. Und jetzt war ich Zeuge geworden, dass sie ihre Nichte augenscheinlich verabscheute. Wie konnte das sein?
Sollte ich mit Edith oder Harry darüber sprechen? Ich verwarf das, aber ab diesem Tag wurde ich Meredith gegenüber vorsichtiger.Denn wenn ihre eigene Tante eine solche Meinung von ihr hatte, konnte mit ihr etwas nicht stimmen. Das kapierte ich selbst als Kind schon.
Später sollte ich noch oft an die Worte ihrer Tante denken.
Als ich meinen dreizehnten Geburtstag gefeiert hatte, veränderte sich die Beziehung zwischen Harry und mir unmerklich, so wie wir beide uns veränderten und langsam aus der unbeschwerten Kinderzeit hinaus in die Welt der Erwachsenen eintraten. Manchmal nahm ich einen Blick von ihm wahr, den ich noch nicht kannte. Ich grübelte dann darüber, warum er mich so ansah und verstand die Gefühle nicht, die das in mir auslöste.
Instinktiv sprach ich nicht mit Meredith darüber, obwohl wir uns sonst alles anvertrauten. Auch sie veränderte sich. War sie vorher schon das schönste Mädchen im Ort gewesen, so entwickelte sie sich nun allmählich zu der schönsten Frau weit und breit. Und sie verstand inzwischen, welche Wirkung sie auf das männliche Geschlecht hatte. Zu meinem allergrößten Erstaunen bemerkte ich ab und zu, wie sie Harry mit genau diesen Blicken bedachte, wenn er nicht darauf achtete und sie sich unbeobachtet fühlte. Deshalb redete ich nicht mit ihr über ihn.
Was ging da nur vor? Ich verstand es nicht. Aber in dieser Zeit verstand ich so gut wie überhaupt nichts. Ich hasste die vielen Veränderungen, die in mir vorgingen, und ich hasste es, dass die Menschen mich plötzlich anders behandelten als die vielen Jahre davor. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wäre ich immer Kind geblieben.
In dieser Zeit der Wirrnisse kam der nächste Schock.
Harry teilte uns traurig mit, dass sein Vater ihn nun endgültig in Eton angemeldet habe und er uns im kommenden Herbst verlassen müsse.
Das machte uns alle sehr traurig, und mich versetzte es in Panik. Mit wem sollten wir denn dann spielen? Wer würde die männliche Hauptrolle in unseren Abenteuern übernehmen? Oder war auch die Zeit für solche Spiele nun vorbei?
Nachts vergoss ich Tränen bei dem Gedanken, dass Harry bald nicht mehr da sein würde. Ich konnte mir ein Leben ohne ihn einfach nicht mehr vorstellen. Sogar Edith schien ein wenig traurig, obwohl sie mit ihm nicht so befreundet war wie Meredith und ich.
Deren Reaktion erstaunte mich.
„Das ist doch schön für Harry. Das ist die beste Schule im ganzen Land. Wenn er fertig ist, stehen ihm alle Türen offen, und er kann heiraten, wen er will.“
Edith und ich sahen sie mit offenen Mündern an.
„Was ist denn in dich gefahren?“, murrte Edith.
Und wie so oft erschien nur Merediths feinsinniges Lächeln auf ihrem schönen Gesicht. Wenn sie das zur Schau trug, dann konnte niemand ihre Gedanken lesen, und es war völlig sinnlos, sie danach zu fragen. In diesen Momenten hasste ich sie. Aber das hielt nie lange, denn wenn Harry in Eton sein würde, dann hatte ich außer Edith ja nur noch sie. Und eigentlich war sie als meine beste Freundin ja immer loyal.
Der Tag, an dem Harry sich verabschieden musste, kam schneller, als ich gedacht hatte.
Schweren Herzens saßen wir im Garten und wussten nicht genau, was wir sagen sollten. Er versprach, uns zu schreiben und zu berichten, wie es dort war. Mir war klar, dass er das höchstens einmal tun würde, und dann würde er uns vergessen haben. Schließlich ging das Leben weiter. Das predigte meine Großmutter immer, und ich hatte damals bereits verstanden, dass darin viel Weisheit lag.
Zum Abschied wollte ich Harry einen kleinen Skarabäus schenken, den mir Tante Antonia mal zum Geburtstag geschenkt hatte. Weiß der Himmel, wo sie ihn herhatte. Er hatte immer am selben Platz in meiner Kommode gelegen, aber ich konnte ihn einfach nicht mehr finden. Zuerst beschuldigte ich Edith, ihn genommen zu haben, aber die wurde über diese Anschuldigung sehr wütend.
„Was soll ich denn damit? Ich habe das komische Ding nie leiden können. Frag doch deine Freundin, die ist doch dauernd bei dir im Zimmer.“
Da fiel mir wieder die Szene ein, die ich vor längerer Zeit belauscht hatte, und ich fragte Meredith nicht danach.
So gab ich Harry eine kleine Haarlocke von mir, die ich mir selbst abgeschnitten und mit einem bunten Haarband zusammengebunden hatte.
Darüber freute er sich sehr und packte sie behutsam in eine Jackentasche.
Wir verabredeten, dass wir uns in seinen ersten Schulferien wiedersehen wollten.
Am nächsten Tag war Harry weg.
Ich werde nie vergessen, wie lange ich an der Leere litt, die sein Weggang hinterlassen hatte. Edith ging es anders. Ich glaube, sie hatte ihn schon vergessen, als er sich von uns verabschiedet hatte. Meredith hingegen war wie eine Sphinx. Es schien, sie wusste etwas, von dem ich keine Ahnung hatte.
Hätte ich damals mitbekommen, was meine beste Freundin hinter meinem Rücken trieb, ich hätte ihr sofort die Freundschaft gekündigt und sie niemals wieder angesehen.