Читать книгу Frühstück am Eiffelturm - Sylvie C. Ange - Страница 9

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André Bergerac füllte Cognac in ein Glas und schwenkte es nachdenklich. Große grüne Augen, die ihn auf seltsame Weise berührt hatten, beschäftigten ihn. Erstaunlich. Dieses verlegene Geschöpf, das von sich behauptete nicht blutjung zu sein, hatte es geschafft, sich interessant zu machen. Er musste zugeben, dass die offene Bluse und die Sicht auf wohlgeformte Rundungen einen Teil dazu beigetragen hatten, um ihn daran zu erinnern, dass es außer Arbeit auch noch angenehme Dinge des Lebens gab. Ihr Mund war einfach unglaublich sexy. Die Vision an die vollen Lippen und an das, was sich unter der Kleidung verbarg, brachten ihn auf abwegige Gedanken, die durch das ungestüme Eintreten seines Bruders unterbrochen wurden.

»Ist der Restaurator schon da? Ich möchte ihn wegen eines Bildes befragen.«

André grinste. Wenn Eric Kate Hamilton zu Gesicht bekam, würde sein üblicher Jagdinstinkt zu Tage kommen. »Du willst das alte ramponierte Ding vom Antiquitätenhändler restaurieren lassen?«

»Mir gefällt das Bild.«

»Wie du meinst. Im Übrigen ist es eine Restauratorin.«

Eric blickte interessiert auf.

»Schreckschraube oder chocolat chaud?«

»Eindeutig chocolat chaud, aber ich muss dich enttäuschen, lieber Bruder. Diesmal wirst du deine Finger unter Verschluss halten. Sie ist eine Angestellte auf Zeit und du stehst kurz vor deiner Hochzeit. Ich habe keine Lust wieder einmal eine deiner Affären aus der Welt zu schaffen.«

Eric lachte. »Du tust ja gerade so, also ob ich jeden Tag eine Frau abschleppen würde. Ich kann doch nichts dafür. Vielleicht liegt es an meiner unglaublichen Ausstrahlung, dass sie mir nicht widerstehen können. Außerdem sind sie einfach süß, eben chocolat.«

André schüttelte den Kopf. Er wusste, dass Eric scherzte, aber das offene Wesen seines Bruders und seine charmante Überredungskunst übten auf die Damenwelt einen unwiderstehlichen Reiz aus, und die Aussicht auf ein Leben in Luxus trug dazu bei. »Du bist unverbesserlich, solltest dich aber mehr mit deiner zukünftigen Frau beschäftigen.«

»Das tue ich. Sie ist nämlich absolut perfekt.«

»Das hast du schon öfter gesagt. Ich erinnere mich an Felicia, Isabelle, Ava …«

Eric winkte ab. »Schon gut, aber diesmal ist es mir sehr ernst. Claire ist ein Engel.« Er grinste, trank seinen Cognac leer und ging zu Tür. »Nur so aus Neugier: Wie sieht sie denn aus, diese … wie heißt sie?«

»Kate Hamilton. Du wirst sie noch früh genug zu Gesicht bekommen.«

»Du weißt gar nicht, wie sie aussieht. Habe ich recht? Wie konnte ich auch so etwas Dämliches fragen. Dich interessieren nur Zahlen und Fakten. Weißt du überhaupt noch, wie sich der wundervolle Körper einer Frau anfühlt? Die Haut ist weich und samtig, ihre Glieder geschmeidig und biegsam … und … geht ein Lämpchen an?«

André amüsierte sich, hatte er doch gerade zuvor ziemlich sinnliche Gedanken gehabt. »Mein Erinnerungsvermögen ist noch sehr intakt, auch wenn du der Jüngere von uns beiden bist. Außerdem liebe ich meine Arbeit, und du solltest dich wieder mehr um dein Büro kümmern, sonst muss sich deine Sekretärin bald durch Spinnweben kämpfen. Übrigens. Du hast hoffentlich nicht vergessen, dass Anordnungen für die Weingärten zu treffen sind. Wir haben abgemacht, dass dies deine Aufgabe ist.«

»Ich bin froh, dass ich dich so gut kenne, sonst würde ich mich nun sauer zurückziehen müssen. Keine Angst, ich vergesse gar nichts. Ich weiß über alle Firmenangelegenheiten Bescheid. Wenn du mich brauchst, bin ich zur Stelle.«

»Okay, kleiner Bruder, dann bin ich beruhigt. Im Übrigen ist Kate Hamilton sehr hübsch. Sie ist groß, hat eine bemerkenswerte Figur, geheimnisvolle leuchtend grüne Augen, kastanienrote Haare und einen Mund, den man auf der Stelle küssen möchte.« Er war über seine Überschwänglichkeit selbst erstaunt. In der letzten Zeit hatte ihn keine Frau mehr so beeindrucken können, wie dieses Geschöpf, dessen Nervosität ihn auf unerklärliche Weise tief berührt hatte. Die meisten Frauen traten ihm selbstbewusst und mit gezielten Absichten gegenüber, rückten ihre weiblichen Reize ins rechte Licht, um ihn zu umgarnen. Kate Hamilton hatte nichts dergleichen getan. Die offene Bluse zählte bei ihr nicht. Mit Sicherheit war sie sich nicht einmal ihrer erotischen Stimme bewusst.

Eric hob erstaunt die Augenbrauen.

»Moment mal. Ich traue meinen Ohren nicht. Hast du mir wirklich eben beschrieben, wie diese Frau aussieht? Ich höre keine Analyse über ihre Fähigkeiten?« Eric stellte sich vor André und starrte ihn an, dann nickte er. »Es ist fast nicht zu glauben, aber es sieht fast so aus, als ob dir diese Kate gefällt. Mon dieu, ich bin schon sehr neugierig auf die Frau, die es gleich am ersten Tag schafft, dein tief schlafendes Herz zu wecken.«

André klopfte Eric auf die Schulter. »Liest du neuerdings Romane, oder wo hast du diesen poetischen Ausdruck her. Tief schlafendes Herz – Deines ist ganz bestimmt hyperaktiv.«

Eric legte seinen Kopf schief und grinste. »Natürlich, mein großer Bruder lenkt ab. Er ist viel zu beschäftigt, um zu erkennen, wann sein Herz spricht. Du solltest dich wieder mehr um dich und deine Bedürfnisse kümmern. Salut.« Er zwinkerte ihm zu und verließ den Raum.

André fuhr mit den Fingern durch sein Haar, trank sein Glas leer und sah aus dem Fenster. Eric hatte ihn durchschaut. Kate Hamilton gefiel ihm. Er mochte intelligente Frauen, die dennoch zurückhaltend und natürlich wirkten. Ob Kate Hamilton anders als Chantal war? Bitterkeit stieg in ihm hoch, als er an die Frau dachte, von der er überzeugt war, dass sie ihn liebte.

Ihr schönes maskenhaft perfektes Gesicht konnte ihren wahren Charakter nur kurze Zeit vertuschen. Schnell verdrängte er den unschönen Gedanken, aber so ganz wollte ihm dies nicht gelingen. Chantal hatte ihn von Anfang an belogen. Plötzlich fragte er sich, ob er sie je geliebt hatte. Wäre sie wirklich die Frau gewesen, mit der er sich ein Leben vorstellen hätte können?

In der Fensterscheibe spiegelt sich schemenhaft sein Spiegelbild. Im Gegensatz zu Eric war er nicht der Typ für oberflächliche Beziehungen, obwohl es ihm an Angeboten dieser Art nicht mangelte. Die Damen fielen ihm förmlich um den Hals, aber er war auch real genug, um zu erkennen, dass das Vermögen und der damit verbundenen Lebensstil der Bergeracs nicht unattraktiv wirkte.

Plötzlich fühlte er sich seltsam befreit. Er kam immer mehr zu der Erkenntnis, dass er sich nur eingebildet hatte, Chantal zu lieben. Kate Hamilton hatte bewirkt, dass er nach einem Jahr zu dieser Einsicht kam. Ihre Ausstrahlung, ihre ganze Erscheinung weckten in ihm tiefe Gefühle. Gefühle, die er diesmal nicht ignorieren wollte. Zumindest nicht ganz. Vielleicht war die Zeit gekommen, um alte Gedanken loszulassen und sein Herz aus dem Tiefschlaf zu befreien, wie Eric so poetisch und spöttisch bemerkte. Er musste endlich wieder klarer sehen.

André starrte auf das leere geschliffene Glas, in dem noch ein kleiner Rest Cognac war. Er fühlte sich zwar befreit und er konnte von sich sagen, dass er mit so gut wie allen Situationen souverän fertig wurde, doch die Gedanken an Chantal riefen erneut einen Rest von Ärger hervor, der noch immer irgendwo tief in ihm vergraben war.

Kate spürte etwas Warmes an ihrem Arm. Sie schlug die Augen auf und blickte in das drollige Gesicht einer schwarzweißen Katze, die es sich im Bett gemütlich gemacht hatte.

»Na so was, was machst du hier?« Die Antwort war ein sanftes Schnurren. Kate schlug die Bettdecke zur Seite, stand mit einem Schwung auf und erforschte auf bloßen Füßen den Raum. Wie im Traum, dachte sie. Die aufgehende Sonne sandte ihre Strahlen durch die Fenster des Zimmers, wanderten über den weißen Schrank, ließen die kleinen rosa Rosen des Bettüberwurfs leuchten. Auf dem Tisch stand eine Vase mit Rosen, die denen auf dem Überwurf fast glichen. Durch das geöffnete Fenster drang frischer, würziger Duft. Über all dem hing auch der Wohlgeruch der Rosen, die sie von ihrem Fenster in Hülle und Fülle in präzisen Anordnungen sehen konnte.

Aus ihrem Elternhaus in Cornwall war die Aussicht ebenso herrlich gewesen, aber von ihrem derzeitigen Apartment, das in Leeds lag, hatte sie nur Sicht auf ein Backsteinhaus. Die alte Dame, die ihr jeden Tag vom Fenster aus gegenüber zuwinkte, war der einzige Lichtblick, der sie etwas aufmunterte.

Kate streckte sich, und die Katze tat es ihr gleich. Sie lachte. »Du hast es gut, kannst noch ein wenig ausruhen, aber ich muss mich beeilen, sonst komme ich wieder zu spät. Am ersten Arbeitstag ist das überhaupt nicht gut.« Aber anstatt sich zu beeilen, öffnete sie das große Flügelfenster, beugte sich hinaus und ließ ihre Blicke schweifen. Die Natur hatte hier die Gelegenheit sich üppig auszubreiten. Die ganze Landschaft, die ihr zu Füßen lag, zeigte sich in den verschiedensten Färbungen. In der Ferne lagen Hänge und Ebenen, bei denen es sich um die Weingärten und Olivenplantagen handeln musste.

»Hast du ein Glück, Katze. Du kannst den ganzen lieben langen Tag durch diese herrliche Landschaft wandern. Nicht wahr? Bedeutet dein Miauen ja oder nein?« Es klopfte und gleich darauf kam Odette mit einem Tablett in den Raum.

»Ich bringe Ihnen Frühstück, Mademoiselle. Monsieur lässt ausrichten, dass er Sie in einer halben Stunde im Büro erwartet.«

»Merci.« Als Odette die Tür hinter sich schloss, ließ Kate sich mit einem duftenden noch warmen Croissant wieder auf das Bett fallen und streichelte die Katze. »Weißt du, dass du im Paradies wohnst, Katze?«

Kate ging die Treppe hinunter. Das Château wirkte leer. Kein Mensch weit und breit. Aber bei der Größenordnung war dies auch keine Wunder. Gut für ihr Vorhaben. Demnach würde es wohl einfacher sein, als gedacht. Sie musste so bald als möglich mit der Suche nach diesem ominösen Bild beginnen. Ob sie in Anbetracht dieses riesigen Anwesens Erfolg haben würde, sei dahingestellt. Der Plan ihrer Tante war detailliert, aber so umfangreich, dass sie kaum daran glaubte, mit ihrer Suche erfolgreich zu sein. Wenn sie das Bild nicht fand, dann musste sie ihr derzeitiges Leben so weiterführen. Nein, verdammt nein! Das würde sie auf keinen Fall tun. Wehmütig dachte sie, wie fast andauernd, an ihr Elternhaus. Mit dem Erbe ihrer Tante könnte sie das Anwesen zurückkaufen und sie bräuchte nicht mehr auf den fixen Job im Museum warten. Der Termin zögerte sich aus allen möglichen Gründen immer wieder hinaus. Restauratoren mit ihrem Spezialgebiet waren derzeit nicht sehr gefragt.

Warum nur tauchte nun das Gesicht von André Bergerac in ihren Gedanken auf? Er brauchte nicht in ihrem Kopf herumzugeistern, sie würde ihn gleich sehen. Sie atmete tief durch, versuchte ein Lächeln, klopfte und ging in das Büro.

Es war niemand in dem riesigen, lichtdurchfluteten Raum, der mit den engen Büros, die Kate kannte, nichts gemein hatte. Eine Tasse Tee, aus der es intensiv nach verschiedenen Früchten duftete, stand auf dem Schreibtisch. Kate drehte sich in alle Richtungen. Jetzt hatte sie die Gelegenheit alles genauer anzusehen. Sollte sie es wagen? Sie betrachtete die Utensilien auf dem Schreibtisch, der sehr aufgeräumt wirkte. André Bergerac liebte Ordnung, das war nicht zu übersehen. An der freien Wand hingen einige riesige Bilder impressionistischer Maler. Die großen Schränke sahen sehr interessant aus. Hinter den zahlreichen Schranktüren und Schubfächern verbarg sich sicher viel unnötiges Zeug, das nicht beachtet wurde. Aber so leicht hatte es ihr Tante Victoria sicher nicht gemacht. Sie wandte sich einem Glasschrank zu, in dem eine beachtliche Sammlung Miniaturskulpturen stand. Sie beugte sich hinunter, um die untersten Figuren zu betrachten.

»Gefallen sie Ihnen.«

Kate fuhr hoch, schwankte und landete geradewegs in Andrés Armen. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Wie fatal. Wenn sie nun einen der Schränke geöffnet hätte. Nicht auszudenken. Sie musste besser aufpassen. Seine Miene wirkte amüsiert, aber in seinen Augen flackerte für Sekunden ein verlockendes Licht. Schnell machte Kate sich frei.

»Pardon, Monsieur.«

»Habe ich Sie schon wieder erschreckt?«

»Nein, nein … alles in Ordnung. Ich finde Ihre Skulpturensammlung sehr beeindruckend«, wich Kate aus.

»Ich habe leider kaum Zeit meine Sammlungen ausreichend zu bewundern. Irgendwann einmal werde ich dahinterkommen, dass ich versteckte Schätze besitze, die ich noch gar nicht richtig betrachtet habe. Die meisten Skulpturen sind Geschenke meines Bruders. Er reist oft rund um den Erdball und bringt die unglaublichsten Dinge mit. Zuletzt brachte er eine ziemlich scheußlich aussehende Inka-Fruchtbarkeitsgöttin mit überdimensionalen Brüsten mit.«

Kate verschränkte plötzlich die Arme und dachte an die erste Begegnung mit André. Ein Schauer lief über ihren Rücken, als sie an die brennenden Spuren dachte, die seine Finger auf ihrer Haut zurückgelassen hatten.

»Mein Vater hatte in seinem Büro auch ein paar wertvolle Skulpturen. Da es sich aber um kubistische Arbeiten handelte, mochte ich die hübsche kitschige Porzellanfigurensammlung meiner Mutter lieber.«

Er grinste und sah auf die Uhr. »Vermutlich eine Vorliebe vieler Frauen. Meine Mutter hat ebenfalls ein Faible für solche filigranen Kostbarkeiten. Bei Gelegenheit zeige ich Ihnen die Sammlung, wenn Sie möchten.«

»Gerne. Werde ich Ihre Mutter kennenlernen?«, hakte sie nach und fragte sich im gleichen Moment, ob sie zu neugierig wirkte.

»In der nächsten Zeit leider nicht. Sie hat sich vor Kurzem aus dem Geschäftsleben zurückgezogen und beschlossen die Welt zu bereisen. Mein Vater starb vor drei Jahren. Das hat sie zunächst völlig aus der Bahn geworfen, aber sie hat sich nach und nach erholt.«

Kate dachte daran, dass es bei ihren Eltern genau umgekehrt gewesen war. »Es ist schrecklich, wenn man mit ansehen muss, wie jemand leidet. Meinem Vater erging es so, als meine Mutter starb.«

André berührte kurz ihren Arm und Kate kam zu der Erkenntnis, dass sie den Verstand verloren haben musste, denn diese kleine Berührung weckte ein Gefühl der Vertrautheit in ihr. In seinem Blick lag eine seltsame Mischung aus Frage und Amüsement.

»Alles in Ordnung? Sie wirken eine wenig abwesend, oder bringt sie etwas durcheinander?«

Verflixt. War ihr Mienenspiel so leicht zu durchschauen? Sie straffte ihre Schultern. »So schnell bringt mich nichts durcheinander.« Bisher war das auch so. Er hatte etwas an sich, das sie in Trance zu versetzen schien.

»Für einen Moment sahen Sie etwas abwesend aus, aber sicher habe ich mich getäuscht. Können wir? Sind Sie bereit für die Gemälde und ihren neuen Arbeitsbereich?«

Sie nickte und fragte sich, warum er sie so eingehend ansah. Sie war garantiert nicht der Typ Frau, die ihn anzog? Vermutlich sah sie in seinen Augen ziemlich langweilig aus.

»Nun, was meinen Sie? Was sagt Ihr geschulter erster Blick zum Zustand der Bilder?«

»Um Ihnen genauere Informationen geben zu können, muss ich jedes Bild genauer untersuchen. Bei einigen Gemälden genügt es die oberflächliche Verschmutzung zu entfernen, damit sie wieder die ursprüngliche Farbkraft erhalten. Bei einigen fürchte ich, dass sich Mikroorganismen im Material angesiedelt haben. Wie bei diesem hier.« Kate zeigte auf einige Stellen eines großen Landschaftsbildes.

»Hört sich schlimmer an, als ich gedacht habe. Was bedeutet das?« André krauste die Stirn.

»Leider bedeutet es, dass der Bildträger brüchig ist. Daran sind Mikroorganismen, wie Bakterien und Schimmelpilze schuld, die man entfernen muss. Vielleicht ist auch nötig das Raumklima zu regulieren. Hier in der Galerie scheint hohe Luftfeuchtigkeit zu sein. Und wie ich sehe, beginnt sich bei einigen Gemälden das Gewebe rund um die Spannnägel durch Oxidation zu zersetzen. Hier muss man chemische Stoffe einbringen, um den Prozess zu verlangsamen. Teilweise werde ich eine Doublierung machen müssen.«

Plötzlich glättete sich Andrés Stirn und er grinste. Kate war irritiert. »Es scheint Ihnen nicht viel auszumachen, dass die Bilder so beschädigt sind.«

André lachte, legte seine Hand auf ihren Arm und führte sie weiter.

»Doch es macht mir sehr viel aus. Ich hätte mich schon viel früher zu einer Restaurierung entschließen müssen.«

»Sie sehen aber gar nicht so aus, als ob Sie die Schäden stören.« Kate spürte, dass sich der Druck auf ihrem Arm verstärkte. Die Berührung irritierte sie erneut, denn es fühlte sich an, als würde seine Hand Impulse über ihren ganzen Körper verteilen und sie unter Strom setzen. Wie stellte er das nur an? Georges Kuss hatte ihr nicht einmal Gänsehaut verursacht, geschweige denn, hatte sie seine Berührung elektrisiert.

André blieb vor einer Tür stehen. Sein Blick war durchdringend. »Eigentlich fände ich es gut, wenn alle Bilder Schäden aufweisen würden.«

Kate versuchte seinem intensiven Blick standzuhalten. »Warum wollen Sie denn das? Sie sollten froh sein, dass nicht mehr beschädigt ist.«

»Mehr Schäden bedeuten, dass Sie länger bleiben müssen, und ich führe gerne aufschlussreiche Gespräche mit interessanten Menschen.«

Kates Pulsschlag beschleunigte sich. Wie sollte sie diese Antwort verstehen? War sie nur eine Form von Höflichkeit oder … fühlte er sich zu ihr hingezogen? Hingezogen … träumst du Kate, fragte sie sich spöttisch. Vielleicht fühlte er etwas, aber dies, was immer es für ein Gefühl sein mochte, war bestimmt oberflächlich und auf Zeit begrenzt. Warum sollte sich André Bergerac auch gerade für sie interessieren? Das war abwegig. »Dann haben wir etwas gemeinsam. Auch ich mag interessante Menschen.«

Seine Hand wanderte von ihrem Arm auf die Schulter, und er ging mit ihr in den Raum, der eine Weile ihr Arbeitsbereich sein würde. Beim Anblick der umfangreichen Ausstattung stellte Kate fest, dass sie sich auf die Arbeit freute. Dieses zunehmende angenehme Gefühl bereitete ihr hingegen Sorge, denn sie genoss in vollen Zügen seine Berührungen, die sie so sehr aufwühlten, auch wenn sie beschlossen hatte, ihn für oberflächlich zu halten. Das passte nicht in den Plan. Damit hatte sie nicht gerechnet.

Warum war André Bergerac auch nicht so, wie ihr Vater reiche Leute beschrieben hatte? Alles wäre wesentlich einfacher, wenn er ein alter, unsympathischer, eingebildeter Griesgram wäre. War er aber nicht. Er war unverschämt sympathisch, besaß einen umwerfenden Charme, in den man sich verfing. Er war ein Mann, der … aufhören, protestierte Kate, und versuchte ihre Gedanken zum Schweigen zu bringen. Er war kein Mann für Frauen wie sie. Punkt. Sie musste sich einfach vor Augen halten, dass sie nicht hier war, um sich zu verlieben, was sowieso völlig albern wäre. Sie war in eine Rolle geschlüpft, um die sonderbaren Bedingungen eines Testaments zu erfüllen. Und diese Rolle hatte sie zu spielen. Sie musste ihr Vorhaben nun durchziehen, und niemand konnte sie daran hindern. Wirklich nicht?

Frühstück am Eiffelturm

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