Читать книгу Kimberly - Abgerichtet - Tamora Donovan - Страница 5

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»Nur der Spießbürger glaubt, dass Sünde und Moralität ent-gegengesetzte Begriffe seien; sie sind eins; ohne die Er-kenntnis der Sünde, ohne die Hingabe an das Schädliche und Verzehrende ist alle Moralität nur läppische Tugendhaftigkeit. Nicht Reinheit und Unwissenheit sind der im sittlichen Sinne wünschenswerte Zustand, nicht egoistische Vorsicht und die verächtliche Kunst des guten Gewissens machen das Sittliche aus, sondern der Kampf und die Not, die Leidenschaft und der Schmerz.«

― Thomas Mann,

aus dem Essay ›Süßer Schlaf


Kapitel 1

»Heute Abend startet wieder eine megageile Party bei John. Hast du Lust und kommst mit?«, fragte die gerade zweiundzwanzigjährige Amber Hopkins ihre Freundin Kimberly, als sie am Freitagnachmittag das riesige Bankgebäude in Londons Innenstadt verließen, in dem sie beide arbeiteten. »John hat wieder ein paar echt coole Typen eingeladen. Es wird sicher total irre.«

»Johns Partys sind immer irre«, erwiderte Kimberly und lächelte vielsagend. »Ich habe sogar das Gefühl, dass es langsam ein wenig zu abgefahren wird. Ist auch der Grund, warum ich echt keine Lust habe, überhaupt dorthin zu gehen, Amber.«

»Ach, komm schon, Kimberly«, unternahm Amber einen neuen Anlauf. »Mir zuliebe. Ohne dich habe ich keinen richtigen Bock hinzugehen. Wenn es uns nicht gefällt, können wir doch immer noch die Kurve kratzen. Ich bin sicher, es wird schon nicht zu abgedreht werden.«

»Nein, Amber, ich weiß nicht«, meinte Kimberly und blieb skeptisch. »John lässt sich immer so abgefahrenes Zeug einfallen, um die Stimmung auf den Höhepunkt zu treiben. Geld spielt für den doch keine Rolle. Er scheint ja förmlich darin zu schwimmen.«

»Ach, Kimberly«, schwärmte Amber und ihre Augen strahlten förmlich, »er sieht blendend aus, ist nicht auf den Kopf gefallen, kann sich gebildet ausdrücken und hat Kohle ohne Ende. Das sind doch alles Dinge, die das Herz einer Frau höherschlagen lassen, oder etwa nicht?«

»Ich finde ihn einfach unsympathisch, ganz ehrlich«, widersprach ihr Kimberly energisch und schüttelte dabei ihre blonde Lockenpracht. »John taugt absolut nicht für die Ehe. Der ist doch durch und durch ein Playboy. Er betrachtet alles was nicht schnell genug auf den Bäumen ist als seine Beute. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass der einer Frau treu sein würde. Nein, nein, meine Liebe, John will immer auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen, ohne sich dabei jemals wirklich fest zu binden. Einen wie den solltest du dir aus dem Kopf schlagen. Das endet doch nur mit einem gebrochenen Herzen und in einem Meer aus Tränen.«

»Wenn die Richtige kommt, da bin ich mir absolut sicher, wird der auch zahm werden«, beharrte Amber und fügte mit einem breiten Grinsen feststellend hinzu: »In dieser Beziehung sind die Dreibeiner doch alle gleich!«

»Ach? Hast du denn schon so viel Erfahrung mit dem anderen Geschlecht sammeln können, um das beurteilen zu können?«, spottete Kimberly und schenkte ihrer Freundin ein helles, sympathisches Lachen. »Oder hältst du dich gar für diejenige, welche? Ah, jetzt kapiere ich das endlich. Na klar, genau das ist es! Du hast ein Auge auf ihn geworfen!«

»Jetzt hör aber auf«, wehrte Amber ab. Dann sah sie ihre Freundin direkt an. »Obwohl ich ja schon manchmal den Eindruck habe, er hat nur Augen für mich. Dann schaut er mich aber wochenlang gar nicht mehr an. Ich weiß einfach nicht wo ich mit ihm dran bin, wenn ich ehrlich sein soll.«

»Hast du denn schon einmal was mit ihm gehabt?«, erkundigte sich Kimberly neugierig.

Amber lief rot an. »Du bist gut«, seufzte sie verlegen. »Ich werde eben immer wieder schwach, wenn er mich mit seinen rehbraunen Augen schmachtend anschaut. Ich kann nichts dafür. Ich bin schließlich auch nur ein Mensch. Aber wie ist es mit dir? Hat John es bei dir noch nie versucht? Ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen.«

»Du vermutest richtig«, bestätigte Kimberly lächelnd. »Versucht hat er es schon so einige Male. Es hat aber nicht funktioniert, weil ich ihn habe abblitzen lassen. Mich lassen seine rehbraunen Augen völlig kalt. Ich kann dir auch nicht sagen warum, aber ich mag den ganzen Kerl nicht. Er hat einfach etwas an sich, was mich abstößt. Und genau das ist es, weshalb ich heute Abend lieber zu Hause bleiben möchte und auch künftig seine Gesellschaft meiden will. Mein Bauchgefühl sagt mir, es ist besser für mich.«

»Ach, komm schon, Kimberly, nun sei kein Frosch«, bettelte Amber erneut. »Du musst dich mit John doch gar nicht abgeben. Überlass den lieber mir. Außerdem sind doch genug andere da. War doch bislang immer sehr lustig.«

»Sehr lustig …«, spottete Kimberly.

Die beiden jungen Frauen hatten John Masterson vor knapp einem halben Jahr in einem angesagten Londoner Club kennengelernt. Er war Ende zwanzig, von großer Statur und schlank, hatte ein gutgeschnittenes, männlich wirkendes Gesicht, tiefschwarze, fast schon bläulich schimmernde Haare und die besagten rehbraunen Augen, die immer ein wenig überheblich zu lächeln schienen. Er hatte sich an diesem Abend sehr höflich und zuvorkommend benommen, sie abwechselnd zum Tanz aufgefordert und ihnen mehrere Drinks spendiert. Das Geld schien bei ihm recht locker zu sitzen. Als sie sich nach seinem Beruf erkundigten, hatte er nur vieldeutig mit den Schultern gezuckt und gelacht.

»Ich mache mal dies und mal jenes«, hatte er ihnen ausweichend geantwortet. »Es muss bloß genug dabei herausspringen.«

In den nächsten Wochen hatten sie ihn noch des Öfteren getroffen, und immer waren es fröhliche Abende geworden. Schließlich erfolgte die erste Einladung zu einer seiner berühmt-berüchtigten Partys. Sie fand in seinem Luxusbungalow statt, der in einer der vornehmen Londoner Wohngegenden stand. Und wieder wunderten sich die beiden jungen Frauen über seinen Reichtum. Erneut fragten sie sich, woher John das Geld nahm. Hatte er es von seinen Eltern geerbt? Eine wirkliche Antwort war er ihnen bis heute schuldig geblieben.

Sie lernten an diesem ersten Abend mehrere Leute kennen, die Kimberly gar nicht so recht gefallen wollten. Sie konnte sich zwar nicht erklären, warum das so war, doch irgendetwas in ihr löste warnend die Alarmglocken aus.

Die erste Party, an der sie teilnahmen verlief harmlos. Es wurde zwar viel getrunken, und der eine oder andere verschwand auch mal mit seiner Partnerin in einem der vielen Schlafzimmer, doch im Großen und Ganzen benahmen sich die Gäste recht gesittet.

Dies änderte sich von Mal zu Mal. Man gewöhnte sich offensichtlich an die Anwesenheit der beiden jungen Frauen und schien nach und nach seine Hemmungen vor ihnen zu verlieren. Da wurden plötzlich Pornofilme gezeigt, John engagierte Stripteasetänzerinnen, die eine gewagte Show abzogen. Einmal gab es sogar einen Live-Act, der Kimberly so abstieß, dass sie die Party umgehend verließ. Auch wurden Haschzigaretten zunehmend herumgereicht und sexuelle Triebe in aller Öffentlichkeit ausgelebt.

Kimberly hatte John zur Rede gestellt und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass sie unter diesen Umständen nicht weiter gewillt war, noch länger an seinen Partys teilzunehmen. Er hatte ihr Besserung versprochen und sich die nächsten Male auch tatsächlich darangehalten.

Trotzdem war der jungen Blondine jede Lust vergangen, noch einmal eine seiner Einladungen anzunehmen.

Kimberly war in einer Kleinstadt aufgewachsen, wo ihr Vater Rektor an einer Schule war. Sie hatte zwar eine strenge katholische Erziehung genossen, dennoch konnte man sie deshalb nicht als prüde bezeichnen. Johns Lebensweise stieß sie aber trotzdem ab. Kimberly ahnte, dass sich hinter seiner freundlichen Fassade, mit der er sie immerzu zu locken suchte, mehr verbarg, als er jemals zuzugeben bereit war.

Die beiden jungen Frauen hatten inzwischen das Parkhaus erreicht, wo sie für ihre Wagen dauerhafte Einstellplätze angemietet hatten.

»Und wie sieht es aus? Kommst du nun mit?«, erkundigte sich Amber bei ihrer Freundin, bevor sie sich verabschiedeten. »Du wirst mich doch nicht allein hingehen lassen, oder?«

»Also gut«, gab Kimberly sich geschlagen. »Aber ich sage dir gleich, wenn die wieder mit ihren seltsamen Spielchen anfangen, werde ich auf der Stelle gehen. Dann kannst du sicher sein, es wird das letzte Mal gewesen sein.«

»Okay«, freute sich Amber. »Ich hole dich dann so kurz vor acht ab.« Sie winkte ihrer Freundin noch einmal kurz zu, öffnete die Tür ihres Kleinwagens und stieg ein.

***

Kimberly - Abgerichtet

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