Читать книгу Kiss and Cook in Schottland - Tanja Neise - Страница 14
ОглавлениеKAPITEL 7
Fiona
Ah, da kommt sie ja.« Mrs Reid stand an der Tür, neben ihr war eine ältere Frau, die sich auf einen Stock stützte und einen teilnahmslosen Eindruck vermittelte. Vermutlich Mrs Reid senior. »Dann lasst uns mal losgehen.« Die jüngere Frau der beiden schwang sich ein wollenes Cape über und griff nach einem riesigen Topf. Fiona hatte ein solches Monstrum noch nie zuvor in einem Privathaushalt gesehen, es musste wahnsinnig schwer sein.
»Ui, was haben Sie denn da gezaubert?«, fragte Fiona, denn der Duft, der dem Topf entstieg, war einfach köstlich. Ihr Magen knurrte lautstark.
Hastig eilte sie zu ihr und half, indem sie eine Seite des Topfes am Griff anfasste und Mrs Reid die andere. Ein dankbares Lächeln wurde ihr geschenkt. Fiona fragte sich, ob sie ernsthaft vorgehabt hatte, das Teil alleine irgendwohin zu tragen. Selbst zu zweit war es ein enormer Kraftakt.
»Ich habe einen Lammeintopf gemacht, bei uns nennt man ihn Hotch potch. Man kann ihn auch mit anderem Fleisch zubereiten, aber ich mach ihn so, wie ihn schon meine Ma und deren Ma und so weiter gekocht haben. Jeder bringt etwas zum Fest mit und das hier ist das Mitbringsel von uns dreien. Schließt du ab, Liz?«, fragte Mrs Reid die alte Dame.
»Aye!«, antwortete diese ihr mürrisch. Welche Laus ihr wohl über die Leber gelaufen ist?, fragte sich Fiona unwillkürlich.
Puh, der Topf war super schwer, ob sie das Ding bis zum Fest tragen müssten? Als sie den kleinen Vorgarten durchquert hatten, belehrte Mrs Reid sie eines besseren - dort stand ein Handkarren, auf dem der große Topf abgeladen wurde. Bis zu dem Fest hätte Fiona das riesige Teil nicht schleppen können. Das Ungetüm wog mindestens zwanzig Kilo, wenn nicht sogar noch mehr. Mrs Reid griff nach der Stange und zog den Bollerwagen hinter sich her.
Raffiniert!, dachte Fiona und folgte den beiden Frauen schmunzelnd.
»Weißt du, Liz, die junge Dame ist zu uns ins Dorf gekommen, um einen Job anzutreten. Das hat leider nicht geklappt.« Mrs Reid redete recht laut, da Liz offenbar ein wenig schwerhörig war.
»Aye?«
Fiona musste grinsen. Immer dieses aye! Sie kannte das zwar schon von ihrem Auslandsjahr, aber es war faszinierend, wie vielseitig das Wort angewendet wurde.
»Ja, stell dir mal vor!« Dann blickte sie Fiona ernst an. »Vielleicht können wir da noch etwas für Sie tun, Kindchen. Ein wenig frisches Blut, würde unseren Herren hier im Dorf ganz guttun. Wenn sich schon mal eine junge Frau hierher verirrt, können wir sie doch nicht einfach wieder gehen lassen. Stimmt´s, Liz?«
»Aye! Sprichst mir aus der Seele!«
Frisches Blut? Was wollte sie Fiona denn damit sagen? Irgendwie fühlte sich das an, als wäre sie vom örtlichen Zuchtprogramm dafür auserkoren worden, neue kleine Dorfbewohner zu gebären. Kopfschüttelnd lief sie den beiden weiter hinterher.
Nach einer kurzen Strecke erreichten sie das Rathaus. Drinnen kamen ihnen sofort zwei starke Männer im Schottenrock zur Hilfe, nahmen den schweren Topf vom Karren und verschwanden damit. Das war ein Anblick, den sie so schnell nicht vergessen würde. Die nackten kräftigen Beine waren beharrt und steckten in Kniestrümpfen. Dennoch musste Fiona zugeben, dass es eine gewisse Art der Augenweide war.
Sie machte drei Kreuze, dass die beiden Frauen sie bis jetzt in Ruhe gelassen hatten und niemand nachbohrte, welchen Job sie nicht hatte antreten können und warum. Die Situation war ihr unangenehm. Wer gab schon gerne zu, dass man gelinkt worden war? Vielleicht sogar einem Aprilscherz auf den Leim gegangen war? Fiona jedenfalls nicht. Wenn ich diese Mrs Wilson in die Hände bekomme ...
»Kommen Sie, Kindchen.« Mrs Reid hakte sich bei ihr und bei Liz unter, dann zog sie die beiden mit sich, als wären sie drei Jugendliche, die auf eine Party gingen. Fiona atmete tief durch und ließ sich gerne aus ihren düsteren Gedanken reißen.
Im Festsaal tobte schon das Leben. Viele Grüppchen standen beieinander und hielten teils lautstarke Unterhaltungen. Einige der Anwesenden saßen bereits an Tischen. Der Raum war erfüllt mit Lachen und Musik. Selbst Kinder rannten durch die Reihen und niemand schimpfte mit ihnen, weil sie nicht still irgendwo in einer Ecke saßen. Ihre eigenen Eltern hätten das nie durchgehen lassen. Fiona hatte stets darauf achten müssen, einen guten Eindruck zu machen, damit man sich nicht für sie schämen musste. Gut, das hatte sie vergeigt, seit sie erwachsen war und Fiona sich nicht standesgemäß verhalten hatte, sprachen weder ihre Mutter noch ihr Vater mit ihr.
Das vollbeladene Buffet ließ Fionas Magen knurren. Wann hatte sie zuletzt etwas gegessen? Plötzlich blieb ihr Blick an einem gut aussehenden Mann hängen.
Geschockt von der Erkenntnis griff sie nach dem Arm von Mrs Reid. »Ist das etwa Adam Ward?«
»Ja, das ist er. Ein hübscher Kerl. Ist das der ...«, aber weiter kam sie nicht, denn eine ältere Dame mit ausladendem Vorbau und weißen Haaren, die einen Lilastich aufwiesen, kam in diesem Moment zu den drei Frauen und begrüßte sie.
»Hallo, meine Lieben! Schön, dass ihr da seid. Und so einen hübschen Besuch habt ihr mitgebracht.« Sie lächelte, aber Fiona hatte sofort das Gefühl, dass dieses Lächeln nur aufgesetzt war. »Ich bin Mrs Thompson.«
Fiona griff nach der dargebotenen Hand. Was hätte sie auch sonst tun sollen? »Guten Tag. Mein Name ist Baduhn.«
»Ein hübsches Schätzchen sind Sie!« Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ die Frau endlich ihre Hand los und wandte sich an Fionas Begleiterinnen. Ihr war das nur recht, denn die Neugier war in ihr erwacht und sie fragte sich, was Adam Ward ausgerechnet in diesem Kaff in Schottland machte. Mel würde Augen machen, wenn sie ihr das erzählen würde.
Ihr Blick huschte erneut zu dem Mann hinter dem Pfeiler. Er saß da, als wollte er von niemandem wahrgenommen werden. Das konnte doch nicht wahr sein, da wollte sie in ein schottisches Dorf ziehen, bekam den vertraglich zugesicherten Job nicht und dann traf sie ausgerechnet auf dem Dorffest den Schwarm ihrer besten Freundin Melanie! Sobald sie das erfahren würde, wäre Mel vermutlich schneller hier, als es Fiona recht war.
Er sah verdammt heiß aus. Geradezu verboten gut! Auf den Postern, die noch vor ein paar Jahren im Zimmer ihrer besten Freundin gehangen hatten, war er ihr nicht so attraktiv erschienen. Im Gegenteil, Fiona hatte nie verstanden, was Mel an den drei Lackaffen der Centerstarks fand. Aus zusammengekniffenen Augen beobachtete sie ihn und sah schon von Weitem den Angriff der Killerprinzessin von rechts. Stark geschminkt, blondiert, falsche Fingernägel und ihre meterlangen Beine steckten in Glanzleggings! Diese geschmackliche Modeerscheinung war ein Graus, sogar bei solchen Beinen. Die Gazelle pirschte sich an, legte ihrem Opfer von hinten die Hände auf die Schultern und flüsterte etwas in sein Ohr. Moment mal, war das nicht die Tussi, die über der Bäckerei wohnte? Toll, nicht nur ihre Wohnung hatte das Miststück ihr weggeschnappt, auch den einzigen heißen Typen im Dorf.
Gut, also Mel brauchte sie schon mal nicht aufzuregen. Der Kerl war kurz davor, der Tante ins Netz zu gehen. Obwohl solche Männer vermutlich an jedem Finger hundert Frauen wie diese Blondine hatten.
Plötzlich fixierten seine stahlblauen Augen Fiona und sie konnte keinen Augenblick wegschauen, sein Blick blieb in ihrem verankert. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Reiß dich zusammen Fiona Baduhn! Du wirst doch nicht sabbernd hier herumstehen!, schimpfte sie mit sich selbst und wandte den Kopf ab. Das fiel ihr schwerer, als es ihr lieb war. Im nächsten Moment hakte sich Mrs Reid bei ihr unter und sagte: »Wir beide werden den guten Adam mal zur Rede stellen.«
Hä? Bitte was? Doch bevor sie fragen konnte, wurde sie auch schon zum Tisch des Keyboarders der Centerstarks gezogen. Liz blieb bei Mrs Thompson stehen und grinste frech, ganz so, als hätte die gute Mrs Thompson einen obszönen Witz gemacht. Die Frauen in diesem Dorf kamen Fiona merkwürdig vor. Und nun beobachteten sie Fiona und Mrs Reid bei jedem ihrer Schritte. Um nicht zu stolpern, wandte sich Fiona um und sah nach vorne.
Als Mrs Reid vor dem Tisch, den sie anvisiert hatte, stehenblieb, hielt Fiona den Blick gesenkt. Das war irgendwie eine total bescheuerte Situation. Vermutlich dachte der Kerl, sie wäre eine seiner Groupies, so wie sie ihn vorhin angestarrt hatte. Doch die Neugier ließ sie den Kopf heben. Er wirkte genervt. Ja, genau so hatte sie sich einen Star vorgestellt, der mit dem gemeinen Volk nichts zu tun haben wollte und den Menschen das Gefühl gab, zu stressen.
»Guten Abend, Adam. Ich hoffe, ich störe nicht?« Der Blick, den sie dabei der jüngeren Frau zuwarf, war eindeutig abfälliger Natur. Die hatte scheinbar nicht das Okay von den hiesigen Fortpflanzungswächterinnen.
Ein Kichern stieg in Fionas Kehle hoch, angesichts der Gedanken, die in ihrem Hirn herumschwirrten. Doch sie riss sich im letzten Moment zusammen.
Adam Ward stand auf, ganz Gentleman, und schüttelte Mrs Reid die Hand. Die Frau hinter sich ignorierte er weitestgehend.
Komisches Paar, dachte Fiona.
»Ganz und gar nicht, Mrs Reid, Erin wollte gerade gehen. Schön Sie zu sehen.« Mrs Reid erlag dem Charme des jüngeren Mannes und errötete. »Setzen Sie sich doch zu mir.«
»Wollte ich das?«, fragte die Verschmähte. »Nun gut, bis später, Adam.« Sie rauschte von dannen und warf Fiona noch einen abschätzenden Blick über die Schulter zu.
»Darf ich Ihnen Fiona Baduhn vorstellen? Sie ist Gast in meiner Pension.« Doch Mrs Reid setzte sich nicht. Sie stand vor dem Tisch, stützte die Hände auf die Rückenlehne eines Stuhls und beugte sich ein Stück zu Adam. »Mir ist leider zu Ohren gekommen, dass die gute Fiona hier ein Jobangebot hatte und ihr neuer Boss ganz plötzlich anderer Meinung war. Können Sie sich das vorstellen?«, fragte die Frau leise, doch laut genug, dass er es verstehen konnte, denn sein Blick huschte mitleidig zu Fiona.
Oh nein, jetzt erzählt Mrs Reid ausgerechnet dem berühmten Adam Ward von meiner Schmach! Tiefer kann ich nicht mehr sinken!