Читать книгу Doctor Who Monster-Edition 3: Rückkehr der Sontaraner - Terrance Dicks - Страница 10

2 POLIZEICHEF

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»Ich glaube, Sie verstehen da was falsch«, sagte Chris. »Wissen Sie, wir sind Privatdetektive auf einer rechtmäßigen …«

»Ihr unter Arrest! Ihr kommen mit uns!«

Chris suchte in seiner Tasche nach seinen Papieren, wurde jedoch sofort von zwei riesigen haarigen Händen festgehalten.

Chris wäre trotz seiner Stärke nie eingefallen, mit einem Ogron zu ringen.

»Oder«, sagte er, »wir kommen einfach mit, wie wär das?«

Chris und Roz wurden gepackt, auf grobe Weise durchsucht und ihrer Waffen entledigt. Dann wurden sie aus dem Büro und durch die Wechselstube geführt und hinten in einen gepanzerten Hoverkombi verfrachtet, in dem bereits zwei kräftige Minenarbeiter und ein tieftrauriger Alphacentaurianer saßen.

Letzterer war über seine Gefangennahme dermaßen beschämt, dass er, den Kopf in seinen Tentakeln verborgen, still in der Ecke hockte.

Die Minenarbeiter waren stockbetrunken und aggressiv. Chris musste erst ihre Köpfe gegeneinander schlagen, damit sie die Fahrt über in Frieden gelassen wurden.

Roz zu besänftigen dauerte ebenfalls eine Weile, wenngleich hierfür keine Gewalt nötig war. Sie war schon oft diejenige gewesen, die mutmaßliche Täter eingesackt hatte, aber das Ganze nun über sich selbst ergehen lassen zu müssen, gefiel ihr kein bisschen.

»Sieh’s doch mal so: Du bekommst einen ganz neuen Blickwinkel auf die Polizeiarbeit«, sagte Chris.

Roz sagte ihm, wohin er sich seinen neuen Blickwinkel stecken konnte.

Nach einer Fahrt, die ihnen sehr lang vorkam, hielt der Wagen an und sie wurden auf einen gepflasterten Hof gezerrt, der von einer hohen Mauer umgeben war. Die anderen Passagiere wurden unsanft auf einen niedrigen Zellenblock aus Stein zugetrieben. Chris und Roz brachte man ins Hauptgebäude, führte sie eine schmutzige Steintreppe hinauf und warf sie in eine Zelle, die nicht mehr als eine vergitterte Einbuchtung in einem langen Korridor war. Das Gebäude war dunkel, feucht und düster wie ein mittelalterliches Schloss. Die Steinwände schienen den Schmerz und das Leid voriger Gefangener aufgesogen zu haben. Alles hier erweckte den Eindruck, als müsste es weiter unten Kerker und Folterkammern geben.

Chris schaute sich um, holte tief Luft und lächelte glücklich.

»Was stimmt dich denn so fröhlich?«, knurrte Roz.

»Ach, ich weiß nicht … es ist alles irgendwie so vertraut. Ich meine, eine Polizeiwache ist eine Polizeiwache. Egal auf welchem Planeten, im Großen und Ganzen sind sie sich doch recht ähnlich. Sie haben sogar den gleichen Geruch.«

»Ich will dir ja nicht deinen nostalgischen Moment vermiesen – aber wir befinden uns auf der falschen Seite der Stangen.«

»Das ist bestimmt alles nur ein Irrtum«, sagte Chris optimistisch.

»Meinst du? Was für eine Regierung setzt denn Ogrons für ihre Polizeiarbeit ein?«

»Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass diese flauschigen Räuber uns angefleht haben, nicht die Polizei zu rufen«, meinte Chris. »Wenigstens scheint’s hier ein bisschen Respekt vor Recht und Ordnung zu geben.«

»Recht und Ordnung?«, knurrte Roz. »In Megacity? Dass ich nicht lache. Der Polizeichef ist wahrscheinlich ein Dalek!«

Nach endlos langer Wartezeit – auch das hatten alle Polizeireviere gemein – erschien ein Ogron-Polizist, öffnete die Zelle und winkte sie mit seinem Blaster heraus. Sie wurden einen Steinkorridor entlanggetrieben und in ein enormes Büro gebracht.

Die Wachen schoben sie in die Raummitte und stellten sich dann vor die Tür.

Chris und Roz blickten sich verblüfft um. In dem riesigen Raum gab einen Teppich, umwerfende Wandbehänge und bunte Hologramme. Bequem aussehende Stühle und Tische von elegantem Design standen herum, ebenso Skulpturen, die verschiedene exotische Lebensformen darstellten.

Hinter einem enormen Schreibtisch an der gegenüberliegenden Wand saß eine massige Gestalt. Es war ein weiterer Ogron; Roz war noch keinem begegnet, der größer und brutaler ausgesehen hatte. Er trug eine luxuriösere Version der üblichen Ogron-Bekleidung. Das Hemd schien aus Seide statt aus Sackleinen zu sein und sein Wams bestand aus fein besticktem Kalbsleder.

Am überraschendsten war, dass der Ogron mit seinen langen, haarigen Fingern auf die Tastatur eines antiquierten Computerterminals einhackte.

Nun, ein Ogron in Seide ist immer noch ein Ogron, dachte Roz. Man kam nur mit ihnen zurecht, wenn man ihnen gegenüber Dominanz zeigte – falls man dafür lang genug am Leben blieb. Sie waren eine Spezies, die überwiegend für niedere Jobs wie Wachen, Leibwächter oder Gefängniswärter eingesetzt wurden, und sie waren es gewöhnt, Befehlen zu gehorchen, wenn diese nur laut genug gebrüllt wurden. Sie holte tief Luft.

»Warum ihr uns hierherbringen?«, brüllte sie. »Wir gute Leute, machen nichts Böses.«

Der Ogron erhob sich und verbeugte sich. »Meine liebe Dame, ich bin überzeugt, dass Sie nicht im Traum darauf kämen, etwas Böses zu tun. Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie habe warten lassen. Die Arbeit, wissen Sie? In Megacity ist immer so viel los. Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Garshak und ich bin der Polizeichef von Megacity.«

Er hatte eine volltönende, fast vornehme Stimme, und Chris und Roz lauschten ihm mit stiller Verwunderung.

Garshak winkte den Ogron an der Tür herbei. »Nun bring unseren Gästen doch Stühle, du Dummkopf. Und dann hol auch ein paar Erfrischungen.«

Die Wache griff nach zwei schweren Sesseln und ließ beide vor dem Schreibtisch auf den Boden krachen. Dann verschwand sie und kam mit einem vollen Tablett zurück, das sie vorsichtig auf dem Schreibtisch abstellte. Zuletzt bezog sie wieder ihren Posten an der Tür.

Auf dem Tablett stand eine hohe, schlanke Teekanne, umgeben von zarten Teetassen. Daneben waren auf Tellern feine Küchlein und Gebäck angerichtet.

Garshak griff mit seiner großen, haarigen Pranke nach der Teekanne.

»Darf ich Ihnen einschenken? Oder wie sagt man das noch gleich auf der Erde?«

Roz hatte noch nie so etwas gesagt und hatte es auch nicht vor. Sie nahm nur stumm eine Tasse Kräutertee und einen Kuchenteller entgegen. Dann unternahm sie einen verzweifelten Versuch, die Kontrolle über die Situation zurückzuerlangen.

»Ich bestehe auf einer Erklärung, warum man uns hierhergebracht hat«, wiederholte sie. »Was wirft man uns überhaupt vor?«

Garshak nippte an seinem Tee und warf einen Blick auf den Bildschirm seines Computers. »Nun, fangen wir damit an, dass Sie sich als Polizeibeamte ausgegeben haben. Der Aussage von Mr Relk zufolge …«

Chris biss in ein Küchlein und sagte mit vollem Mund: »Unschuldig. Wir haben nie behauptet, wir wären Polizeibeamte.«

»Natürlich nicht«, stimmte Garshak zu. »Sie haben sich nur Zugang verschafft, den armen Kerl bedroht und herumgeschubst und ihn über Sachen ausgefragt, die Sie nichts angehen. Er musste ja annehmen, dass Sie Polizisten sind.«

»Können wir doch nichts dafür, was die Leute annehmen«, sagte Roz selbstgerecht.

»Na, hören Sie mal«, erwiderte Garshak. »Das ist aber ein bisschen pedantisch, finden Sie nicht? Wir müssen das Gesetz seinem Sinn entsprechend befolgen und nicht nur wortwörtlich. Sicher können Sie nicht bestreiten, dass Sie sich des Suppressio veri et suggestio falsi schuldig gemacht haben, oder?« Als er Chris’ verwirrten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Sie haben die Wahrheit unterschlagen und damit …«

»… die Unwahrheit suggeriert«, beendete Roz den Satz, froh darüber, dass ihr dieser Fetzen alten Juristenjargons von der Erde eingefallen war, den sie vor langer Zeit in einer Vorlesung an der Schiedsrichter-Akademie gehört hatte.

»Genau«, sagte Garshak strahlend. »Es ist so erfrischend, es mal mit gebildeten Wesen zu tun zu haben.«

Roz nahm das Kompliment an, indem sie leicht den Kopf neigte. »Das Gesetz ist aber sehr wohl pedantisch. Es meint, was es besagt. Haben wir behauptet, Polizisten zu sein? Nein, haben wir nicht. Klage abgewiesen.«

»Im Allgemeinen wäre Ihr Argument nicht zu widerlegen. In Megacity ist das Gesetz jedoch ein wenig flexibler: Es wird immer so ausgelegt, wie ich sage, dass es ausgelegt werden muss.« Garshak beugte sich vor. »Ich gebe keinen Drashigfurz auf die Anklagepunkte«, dröhnte er. »Ich will nur eines wissen: Warum rennen Sie beide in Megacity herum und stellen Fragen?«

»Was ist denn schon dabei?«, fragte Chris unschuldig.

»Viele wichtige Leute in Megacity haben etwas zu verbergen und einige von ihnen sogar eine ganze Menge. Börsengeschäfte, Aktienmanipulation, unrechtmäßige Einkünfte, Beteiligung am organisierten Verbrechen …«

Roz runzelte die Stirn. »Wenn Sie so viel über diese Leute wissen, warum unternehmen Sie nichts gegen sie?«

»Warum sollte ich? Das ist nicht meine Aufgabe.«

»Und was ist dann die Aufgabe, für die Sie bezahlt werden?«

»Mein Job ist es, die Ordnung auf den Straßen in angemessener Weise aufrechtzuerhalten, ganz zu schweigen davon, das Chaos in den Bars und Kneipen einzudämmen. Wir sperren betrunkene Minenarbeiter ein und sorgen dafür, dass die Touristen nicht öfter ausgeraubt werden, als sich vertreten lässt – oder ermordet, es sei denn, es lässt sich absolut nicht vermeiden. Im Großen und Ganzen verwalte ich die Stadt Megacity so, dass die Reichen, die sie betreiben, in Ruhe noch reicher werden können.« Garshak lächelte und zeigte seine langen, gelben Reißzähne. »Tatsächlich ist das in den meisten großen Städten die Aufgabe der Polizei. Hier gehen wir damit nur etwas offener um. Ach, und ich werde übrigens gar nicht bezahlt. Nicht einen Credit zahlen sie mir.«

Roz lächelte. Sie und Chris wurden auch nicht bezahlt, nicht direkt. Sie erinnerte sich daran, den Doktor einmal nach einem Gehalt gefragt zu haben.

Chris betrachtete den prächtig gekleideten Ogron und sah sich im luxuriös eingerichteten Zimmer um. »Aber wie …«

»Der Job finanziert sich selbst«, erklärte Garshak. »Wie, glauben Sie, haben wir’s so schnell zur Wechselstelle geschafft? Der verstorbene Eigentümer hat regelmäßig eine Gebühr bezahlt, um bei Ärger schnellen Service zu bekommen. Das macht nebenbei bemerkt jede Bar, jeder Klub und jedes Kasino in der Stadt. Und dann haben wir noch unsere kriminellen Kunden – wie die anderen Gefangenen, mit denen Sie hergebracht wurden.«

»Was geschieht mit ihnen?«

»Die beiden Minenarbeiter werden freigelassen, sobald sie wieder nüchtern sind und eine kleine Geldstrafe gezahlt haben. Normalerweise übernimmt das Abbauunternehmen die Strafe und zieht sie ihnen vom Lohn ab.«

»Und was ist mit dem anderen?«

»Dem Alphacentaurianer?« Garshak strahlte. »Der ist richtig was wert. Er wird eine höhere Strafe zahlen müssen.«

»Warum muss er mehr als die anderen bezahlen?«

Garshak blickte ihn überrascht an. »Weil er mehr hat! Die einen sind arme Minenarbeiter, der andere ist ein wohlhabender Händler. Das ist doch nur gerecht, finden Sie nicht? Außerdem hassen Alphacentaurianer Skandale, also wird er noch mal ein bisschen was drauflegen, um schnell und unbemerkt von der Öffentlichkeit wieder hier rauszukommen.«

Roz musterte ihn mit angewiderter Miene. »Korruption, wohin man schaut. Tolles System haben Sie da.«

»Danke schön«, sagte Garshak. »Ich bin nur ein armer, korrupter Polizeibeamter, aber ich gebe mein Bestes. Doch wir kommen vom Thema ab. Sie haben mir immer noch nicht erklärt, was es mit Ihren Aktivitäten hier auf sich hat.«

»Können wir nicht einfach eine Strafe zahlen und gehen?«, fragte Chris.

Garshak schüttelte den Kopf. »Wenn Sie mir gegenüber nicht etwas offener sind, werden Sie überhaupt nicht gehen.«

»Sie dürfen uns nicht festhalten«, sagte Roz empört. »Was ist mit unseren Rechten?«

»Sie haben keine«, sagte Garshak nur. »Ich kann Sie einfach in eine Zelle im zweiten Untergeschoss stecken und Sie vergessen. Die Leute da unten arbeiten so ineffizient, die vergessen bestimmt, Ihnen was zu essen zu bringen.«

Chris warf Roz einen fragenden Blick zu. »Offenbar haben wir keine andere Wahl.«

Es war Zeit für ihre Coverstory. Roz beugte sich vor und ihr Gesicht nahm diesen Ausdruck absoluter Offenheit und Ehrlichkeit an, den sie immer aufsetzte, wenn sie log. »Nun, um die Wahrheit zu sagen: Wir arbeiten für Pinkerton Intergalactic.« Sie zeigte auf ihre Brusttasche. »Darf ich?«

Garshak nickte.

Roz zog langsam und vorsichtig ein silbernes Abzeichen in einer schwarzen Lederhülle hervor und hielt es dem Polizeichef hin. Das Symbol darauf zeigte ein offenes Auge in einem silbernen Kreis.

Nun wirkte selbst Garshak beeindruckt. »Pinks sind Sie also!«

Die Pinkerton Agency – das Auge, das niemals schläft – war auf der Erde gegründet worden, doch ihre Anfänge lagen irgendwo im Dunkel der Geschichte. Sie war als Spionagedienst in einem längst vergessenen Bürgerkrieg entstanden, hatte ihre Blütezeit im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert erlebt und schon bald, nachdem die Menschen sich zu den Sternen aufgemacht hatten, hatte sich daraus die Agency entwickelt.

Das öffentliche Recht und die Polizei waren auf entlegenen Welten meist nicht gerade verlässlich, also war die Nachfrage nach privater Ermittlung immer größer geworden. In den Jahrhunderten seit der Gründung der Agency hatten die Pinks einen legendären Ruf erlangt. Sie waren die Stars unzähliger Holovideoserien, Agenten der interplanetaren Gerechtigkeit, unsichtbar und unbesiegbar. Sie waren überall und gaben niemals auf. Kein Hindernis, kein Unglück konnte sie davon abhalten, das schurkische, empfindungsfähige Lebewesen aufzuspüren, das sie gerade jagten.

Garshak musterte das Abzeichen. »Pinks in Megacity – das wird die Bosse nicht besonders erfreuen. Hinter wem sind Sie denn her?«

Roz steckte das Abzeichen weg. »Niemand, um den Sie sich Sorgen machen müssen. Jemand von außerhalb, so wie wir.«

»Wir suchen nach einem Serienmörder«, sagte Chris. »Wir nennen ihn den Ripper und wir sind seiner Spur von Planet zu Planet gefolgt.«

»Und wie sind Sie auf das Wechselbüro aufmerksam geworden?«

»Das ist sein typischer Modus Operandi«, erklärte Roz. »Wir glauben, dass er den Großteil seiner Beute für Raumflüge ausgibt: Er reist immer, so weit er kann. Wenn er ankommt, ist er pleite, also beschafft er sich als Erstes immer ein bisschen Kleingeld, oft in der Nähe des Raumhafens.«

»Und was macht er danach?«

»Gewöhnlich erledigt er noch ein paar Jobs, bis er genug Geld hat, um sich wirklich sicher zu fühlen. Dann macht er sich richtig an die Arbeit, informiert sich, wählt ein Opfer aus, dreht ein letztes großes Ding und zieht weiter.«

»Sonst noch was?«

»Meistens – nicht immer, aber meistens – zerlegt er seine Opfer teilweise. Und er stiehlt ihnen ihre Identität.«

Garshak runzelte die Stirn. »Er macht was?«

»Nach einem Mord gibt er sich so gut wie immer als sein Opfer aus«, erklärte Chris. »So macht er die Biege. Heute hat er es wieder getan.«

Garshak lehnte sich zurück und dachte über alles nach, was sie ihm erzählt hatten, wog für sich selbst und die Magnaten, die er vertrat, den Nutzen gegen den Schaden ab.

»Dieser Neuankömmling scheint mir für meine Herren im Stadtrat keinen besonders großen Gewinn darzustellen.«

»Dürfte wohl eher ein Risikofaktor sein«, sagte Roz. »Sie scheinen genau seinem Beuteschema zu entsprechen.«

»Wie das?«

»Der Ripper zahlt nicht gerne mit Credits, das hinterlässt Spuren. Also sucht er sich gern Leute, die leicht umsetzbare Aktivposten haben – Kreditbriefe, Inhaberbonds und so was. Und wo liegt Bargeld in Massen herum, das man nicht nachverfolgen kann? Bei Spitzenganoven.« Sie lächelte Garshak liebreizend an. »So wie Ihre Freunde im Stadtrat!«

Chris bedachte ihn mit einem ernsten Blick. »Sie sehen, es kann nur zu deren Vorteil sein – und zu Ihrem –, mit uns zu kooperieren.«

Garshak schien angestrengt nachzudenken. »Wer will diesen Ripper eigentlich zu fassen bekommen?«

»Na, wir«, sagte Chris unschuldig.

»Und wer bezahlt die Rechnungen?«

»Er hat auf der Erde einen Bänker umgebracht, einen Multimillionär«, sagte Roz. »Und dessen Familie will, dass wir den Mörder schnappen – was es auch kosten mag.«

Garshak suchte immer noch nach einer Möglichkeit, irgendwie von dieser Sache zu profitieren. »Gibt es eine Belohnung?«

Roz schüttelte den Kopf. »Die Agency hat davon abgeraten. Hohe Kopfgelder erregen eine ebenso hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Wir wollen nicht, dass jeder Kopfgeldjäger der Galaxis die Spuren verwischt und unseren Ripper verjagt.«

Garshak wirkte enttäuscht. »Schade.«

Er blühte jedoch wieder auf, als Roz fortfuhr: »Es gibt allerdings eine erhebliche Sicherheitsrücklage. Und wir sind autorisiert, nach freiem Ermessen Zahlungen an Personen vorzunehmen, die uns eine echte Hilfe sind.«

Garshak streckte seine enorme Hand aus, die Handfläche nach oben.

»Eine echte Hilfe«, wiederholte Roz.

»Es hilft Ihnen doch sehr, wenn ich Sie gehen lasse, oder nicht? In einer Zelle werden Sie nicht viel zu ermitteln haben.«

»Da haben Sie natürlich recht.« Roz holte ein Bündel Megacity-Credits hervor und legte ihm einen Schein nach dem anderen in die ledrige Handfläche.

Als sie fertig war, sagte Garshak: »Vergessen Sie Ihr Bußgeld nicht.« Sie legte weitere Scheine dazu.

»Und den freiwilligen Beitrag zum Polizei-Wohltätigkeits-Fond?«

»Was für eine Wohltätigkeit?«, fragte Roz und steckte die Scheine ein. »Davon habe ich nichts gesehen. Vergessen Sie’s!«

»Na gut«, sagte Garshak. Er schloss die Hand und die Scheine verschwanden in seiner Weste.

»Und jetzt tun Sie auch was dafür«, befahl Roz mit einer gewissen Schärfe in der Stimme. Sie stand auf, beugte sich über den Schreibtisch und blickte dem erstaunten Ogron geradewegs ins Gesicht. »Ich will eine Liste der größten und reichsten Gauner der Stadt und die Namen aller Kaschemmen, die sie besitzen, sowie der Orte, wo sie sich immer rumtreiben.«

Garshak sah entsetzt aus. »So eine Liste kann ich Ihnen nicht geben! Die ist mehr wert als mein Job.«

»Dann bezeichnen Sie’s halt als eine Liste bürgerlicher Gönner und ihrer bevorzugten Ausflugsziele«, knurrte Roz. »Ich brauche Namen und Orte, und zwar sofort! Oh, und geben Sie eine vollständige Beschreibung des ermordeten Wechselstubenmanagers an Ihre Leute raus.«

Roz war so energisch, dass Garshak ihr nichts entgegenzusetzen hatte. Hastig tippte er mit seinen langen, haarigen Fingern etwas in seine Tastatur. Der uralte Drucker daneben surrte und brummte und spuckte mühsam einen langen Streifen rauen Papiers mit einer Liste von Namen und Adressen in verschwommenen Druckbuchstaben aus.

Garshak reichte sie ihr. »Lassen Sie die nirgendwo rumliegen.«

»Im Ernstfall wird mein Partner sie aufessen«, versprach Roz. »Und jetzt sorgen Sie dafür, dass der ermordete Wechselstubenmanager ganz oben auf die Liste der Meistgesuchten der Stadt gesetzt wird.«

»Aber der ist doch tot!«, protestierte Garshak.

»Mehr oder weniger«, sagte Roz. »Die Chancen stehen gut, dass der Ripper sein Erscheinungsbild noch benutzt. Und sagen Sie Ihren Streifenpolizisten, dass sie nach rätselhaften Fremden mit viel Geld Ausschau halten sollen, und nach bizarrem oder gewalttätigem Verhalten, das Übliche eben.«

»In Megacity«, sagte Garshak, »ist bizarres und gewalttätiges Verhalten die Norm. Aber für Sie gebe ich mir die größte Mühe.«

»Gut, das wär erst mal alles«, meinte Roz zufrieden. »Wenn Sie uns dann noch unser Eigentum aushändigen würden?«

Garshak zog eine Schublade auf, holte einen kleinen, schlanken Blaster und einen deutlich größeren hervor, dazu einen Neuronenschocker und das Vibromesser des Hovertaxifahrers, und legte alles auf den Tisch.

Roz nahm den schlanken Blaster an sich und steckte ihn in das Holster unter ihrem Arm. Dann betrachtete sie die übrigen Waffen. Sie hatte selbst eine Zeit lang ein Vibromesser bei sich getragen, aber das wollte sie nicht mehr.

Sie wandte sich an Chris, der gerade den letzten Rest Kuchen runterschluckte. »Komm, nimm dein Spielzeug mit und dann gehen wir. Wir haben viel zu tun!«

Chris stand auf, sammelte seine verschiedenen Waffen ein und steckte sie weg. Dann hielt er einen Moment lang inne und schaute Garshak neugierig an. »Verzeihen Sie mir, falls das zu persönlich ist … aber Sie sind nicht unbedingt ein typischer Ogron, oder?«

»Ich bin ein Experiment«, entgegnete Garshak. »Ein Freak.«

»Tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«

»Schon gut«, sagte Garshak herzlich. »Ich erzähle die Geschichte ganz gern.« Er lehnte sich zurück. »Einmal kam ein Wissenschaftler auf unseren Planeten. Er wollte die Möglichkeiten der Leistungssteigerung im Gehirn erforschen. Sein Plan war, eine niedere Lebensform wie unsere zu nützlicheren Dienern zu machen, die mehr Aufgaben übernehmen konnten. Er hat einen Häuptling gut bezahlt, damit er ihm eine Gruppe Freiwilliger überließ. Der Wissenschaftler experimentierte mit uns: Er gab uns Drogen, operierte an unseren Gehirnen herum, setzte uns neurologischen Stimuli aus …«

»Und was geschah dann?«

»Die Hälfte der Versuchsobjekte wurde verrückt und starb. Ein paar erholten sich und ihre Intelligenz hatte sich leicht verbessert. Der Rest der Überlebenden war unverändert. Nur in einem Fall führte das Experiment zu einem vollen Erfolg.«

»Bei Ihnen?«

»Bei mir.«

»Und was ist aus dem Wissenschaftler geworden?«

»Als er erkannte, dass er mit seiner Methode erfolgreich gewesen war, wollte er unbedingt weitere Versuchsobjekte kaufen und die Experimente fortführen. Ich hatte mich zu dem Zeitpunkt vollends erholt. Ich überzeugte ihn, seine Pläne zu ändern.«

»Wie das?«, fragte Roz, aber sie glaubte, die Antwort bereits zu kennen.

»Ich hab ihn umgebracht«, gab Garschak nüchtern zurück. »Genau wie den Häuptling, der uns verkauft hat. Dann habe ich das Schiff des Wissenschaftlers gestohlen und die anderen Überlebenden weggebracht. Ich hab mich irgendwie für sie verantwortlich gefühlt.«

Er zuckte mit seinen massigen Schultern. »Wir wurden Söldner, Leibwächter, das Übliche eben. Wir kamen hier an, als gerade die Stelle des Polizeichefs freigeworden war. Bei dem Posten gab es einen ziemlich hohen Verschleiß.«

»Und die haben Ihnen den Job gegeben?«

»Es gab einen anderen Kandidaten, einen Eiskrieger vom Mars, aber ich habe ihn überredet, sich was anderes zu suchen.«

Roz hob die Hand. »Ich frag lieber gar nicht erst wie … Komm, Chris. Leben Sie wohl, Garshak.«

»Möge Gerechtigkeit Euch zur Seite stehen«, sagte Garshak.

»Möge Fairness Euer Freund sein«, antworteten Roz und Chris im Chor. Dann tauschten sie einen bestürzten Blick.

Garshak lächelte. »Schiedsrichter. Dachte ich’s mir doch.«

»Ehemalige Schiedsrichter«, korrigierte ihn Roz kalt. »Ich wusste nicht, dass es das überhaupt gibt.« »Wir sind die einzigen«, sagte Chris. »Das muss ja ein einsames Leben sein.« »Genauso einsam, wie wenn man ein intelligenter Ogron ist«, entgegnete Roz. Sie drehte sich um und verließ den Raum. Chris nickte Garshak zu und folgte ihr.

Als sie die steinerne Treppe hinabstiegen, bemerkte Chris: »Interessanter Typ.«

Roz schnaubte.

Dann standen sie draußen auf den Stufen vor den Polizeibaracken und hielten auf der zerfurchten Straße nach Hovertaxis Ausschau. Es kamen keine.

Chris entdeckte eine Kommunikationsanlage neben der Tür und schob die Datenscheibe hinein, die sie vom Fahrer bekommen hatten. Kurz darauf meldete sich eine Stimme: »Hovertaxi 79. Was gibt’s?«

»Zwei Passagiere, vor dem Polizei-Hauptquartier im Stadtzentrum«, sagte Chris. »Wenn Sie sofort kommen, zahlen wir den dreifachen Preis.«

»Wenn ’n Taxi ranfährt, bin ich das«, sagte die Stimme. Es knisterte, dann kam die Scheibe wieder heraus. Chris steckte sie ein und grinste Roz an.

»Lieber das Übel, das man kennt!«

Sie warteten und versuchten, so wenig wie möglich von der verschmutzten Luft einzuatmen.

Auf dem flachen Dach eines Gebäudes gegenüber dem Polizeirevier spähte eine drahtige, vermummte Gestalt durchs Visier ihres Lasergewehrs, wobei sie die niedrige Brüstung als Stütze benutzte.

Ein weißer Punkt tauchte über der Tür des Polizeigebäudes auf. Dann bewegte er sich abwärts auf Roz und Chris zu.

Doctor Who Monster-Edition 3: Rückkehr der Sontaraner

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