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KAPITEL 1

PROZESS VOR MOMENT

DIE IDEE BEKOMMT EINEN NAMEN

Berlin, Juni 2013. In meine Gedanken vertieft, laufe ich den schmalen Fußgängerweg entlang. Würde ich ahnen, was gleich passiert, würde ich wohl tanzen, nicht gehen … In meiner rechten Hand halte ich eine abgenutzte Supermarkttüte mit frischen Sportsachen. Der stressige Schultag ist vorbei und ein sonniger Nachmittag liegt vor mir. Herrlich!

Bevor ich mit der Berliner Straßenbahn nach Hause fahre, möchte ich heute das Fitnessstudio in der Nachbarstraße meiner Schule ausprobieren. Schließlich gehört es zu der Fitnesskette, bei der ich sowie mein Abo habe. Warum also nicht direkt nach der Schule erst mal ordentlich trainieren gehen?

Während ich in Gedanken schon bei den ersten Sätzen Bankdrücken bin, entdecke ich ein paar Hundert Meter entfernt vor mir das Logo der bekannten Fitnesskette auf einem großen Gebäude. Ich schaue mich um. Das Industriegebiet scheint hier zu beginnen. Bürogebäude links von mir. Aldi rechts.

Plötzlich entdecke ich hinter dem Aldi etwas, was meine Aufmerksamkeit sofort fesselt. Ein lang gezogenes Gebäude. Scheint neu zu sein. Ich gucke genauer hin. Das Teil wirkt wie ein langer Tunnel. Ein Auto fährt langsam hinein. „Textile Autowäsche“ lese ich auf dem unübersehbaren Schriftzug des ungewöhnlichen Gebäudes. Darüber in noch größerer Schrift der Firmenname: STAYCLEAN.

Neugierig komme ich der Waschstraße etwas näher. So nah, dass ich ins Fenster des Service-Häuschens gucken kann, das am Kopfende des Tunnels steht. Die Kunden ziehen hier wahrscheinlich ihr Ticket und fahren dann gemütlich durch die Waschstraße. Drinnen entdecke ich einen jungen Mitarbeiter, der gemütlich auf seinem Schreibtischstuhl sitzt und auf den nächsten Kunden wartet. Auf seinem knallroten T-Shirt lese ich noch mal in weißen Großbuchstaben: STAYCLEAN.

In diesem Moment macht es mit einem Mal klick in meinem Kopf. Ein Gedanke kommt wie ein Blitz aus dem Himmel geschossen. Boom! STAYONFIRE. So soll der Blog heißen! STAYONFIRE! Ja, das ist es! Ich könnte hüpfen und springen vor Freude und mein ganzes Gesicht strahlt.

Nachdem sich Tim im Februar 2011 entschieden hatte, mit Jesus ganze Sache zu machen, verstärkte sich unsere Freundschaft mit der Zeit immer mehr. Wir sprachen über den Glauben, ermutigten uns gegenseitig und aßen oft gemeinsam nach der Schule einen guten Berliner Döner. So lecker!

Die Atmosphäre zwischen Tim und mir war viel besser geworden. Wir hatten nun etwas, was uns wirklich miteinander verband. Irgendwann entschieden wir uns sogar, jeden Morgen vor Schulbeginn eine Runde um den Block zu laufen und für die Schüler und Lehrer zu beten. Während wir die Nebenstraßen des Gymnasiums abliefen und leise Gebete flüsterten, zogen wir ein imaginäres Rechteck um das Schulgebäude. Wir waren davon überzeugt, dass Gott die Schule segnen wollte. Und dass er noch starke Dinge an den Menschen tun konnte, die dort fast täglich ein- und ausgingen.

Und das tat er auch. Neben Tim zeigte damals auch Toni, ein anderer Mitschüler von mir, Interesse am christlichen Glauben. Toni war weitaus entspannter, was meine Überzeugungen anging. „Ich find‘s cool, dass du deinen Glauben hast“, sagte er zu mir, „aber für mich ist vieles einfach nicht nachvollziehbar.“ Das konnte ich gut verstehen. Schließlich wusste auch ich, dass ich nicht auf alle Fragen eine Antwort hatte.

Trotz seiner Zweifel entschied sich Toni, auch mal zu unserer Jugendgruppe mitzukommen. Aus einem Mal wurden zwei, aus zwei wurden drei Mal. Mit der Zeit lernte Toni die Leute immer besser kennen, und obwohl er mit dem Glauben immer noch nicht richtig etwas anfangen konnte, mochte er das chillige Zusammensein, die coolen Aktionen und den Spaß, den man in der Zapfsäule haben konnte.

Doch irgendwann wurde Toni nachdenklich. Was hat das alles mit mir zu tun? Liebt Gott auch mich? Ist der Glaube auch für mein Leben entscheidend?

Ich erinnere mich noch gut daran, wie Toni mir auf einer längeren Autofahrt erzählte, wie gerne er glauben würde, es jedoch irgendwie nicht hinbekäme. Wir saßen auf der Rückbank eines VW-Busses, der gerade über die brandenburgische Autobahn zischte. Währenddessen versuchte ich, Toni klarzumachen, dass Gott selbst aus einem winzigen Glauben etwas richtig Großes entstehen lassen konnte. Wie bei einem kleinen Samen, der in die Erde geworfen wird und dann zu einer prächtigen Pflanze wird.

Also forderte ich ihn heraus: „Hey, Toni, lass uns mal ein kleines Experiment starten. Du nimmst alles, was du an Glauben hast, zusammen und wirfst es wie einen Samen in die Erde. Klingt komisch, ich weiß, aber lass uns mal schauen, was Gott daraus macht. Ob er da eine Pflanze aufgehen lässt oder nicht. Du triffst einfach nur eine Entscheidung und Gott tut den Rest. Wollen wir das Experiment machen?“

Verdutzt sah Toni mich an. Doch nach kurzem Überlegen sagte er Ja und wir beteten miteinander. Ich versuchte, mit meinen Worten für Toni zu sprechen. So erzählte ich Gott von all den Zweifeln, aber auch von seiner Sehnsucht, glauben zu können. Mein Wunsch war es, dass Toni sich in diesem Gebet wiederfand und es zu seinem eigenen machte.

Ich war mir durchaus im Klaren, dass ich Gott die Situation nicht zu erklären brauchte. Er wusste besser als jeder andere, was in Tonis Herzen vor sich ging. Aber es tat gut, alles vor ihn zu bringen und ihn um sein Handeln zu bitten.

Nach dem Gebet war ich selbst total gespannt darauf, ob Gott in den nächsten Tagen und Wochen wirklich etwas tun würde. Immerhin hatte ich schon öfter solche kleinen Glaubensabenteuer gestartet, auch für mich allein, und dabei natürlich auch einige Enttäuschungen erlebt. Enttäuschungen, weil Gott scheinbar nichts getan hatte.

Bitte versteh mich nicht falsch: Ich weiß, dass man Gott nicht per Knopfdruck steuern kann. Er ist kein Wunschautomat. Absolut nicht. Gott ist Gott, ich bin es nicht. Und das ist auch gut so. Aber ich glaube, wir sollten im Glauben nie aufhören, sein Eingreifen zu erwarten. Auch wenn wir schon Enttäuschungen erlebt haben. Das ist gar nicht leicht, sondern kann eine ganz schöne Spannung in uns erzeugen.

Natürlich prägen uns enttäuschte Erwartungen. Jedenfalls ist das bei mir so. Aber irgendwie möchte ich es schaffen, meinen kindlichen Glauben nicht zu verlieren. Jedenfalls so gut es geht. Denn: Gott ist fähig. Er liebt es, wenn wir zu ihm kommen wie Kinder, die ihrem Vater vertrauen.

Wenn ich damals als kleiner Bub zu meinem Papa gegangen bin, weil mich ein Problem umtrieb, wusste ich insgeheim, dass er eine Lösung parat hatte. Häufig sah diese Lösung komplett anders aus, als ich sie mir vorgestellt hatte, doch am Ende wurden die Dinge gut.

Ich glaube, nach diesem Vertrauen sehnt sich auch unser Vater im Himmel! Seine Kraft ist immer größer als die Mauer, die vor uns steht. Selbst wenn er sie anders überwindet, als wir vielleicht dachten. Das möchte ich glauben.

Nachdem Toni und ich uns an diesem Tag verabschiedet hatten, passierte direkt in der nächsten Woche wirklich etwas Sonderbares: Toni spürte und begegnete Gottes Liebe durch eine Deutsch-Leistungskursklausur. Richtig gehört! Durch eine Prüfung. Bis heute ist es mir schleierhaft, wie Gott das hinbekommen hat …

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