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VORWORT Die Napoleonische Expedition

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Ende des 18. Jahrhunderts bahnte sich eine der gewagtesten militärischen Operationen ihrer Zeit an: die Eroberung Ägyptens durch französische Truppen. Das Ziel der Unternehmung war die Errichtung einer französischen Kolonie, um die Vorherrschaft des britischen Empire im Mittelmeerraum zu beenden und den Nachrichtenfluss der Engländer über das Rote Meer zu den fernöstlichen Kolonien, allen voran Indien, zu behindern. Das französische Direktorium vertraute das Kommando für diese Unternehmung einem jungen General an, der sich bereits im Italienfeldzug ausgezeichnet hatte: Napoleon Bonaparte, der spätere Kaiser Frankreichs.

Auch wenn die Expedition nach anfänglichen Erfolgen am Ende doch noch in einem militärischen Desaster endete1, war ihr Nachwirken außergewöhnlich. An der Expedition, die später unter der Bezeichnung „Napoleonische Expedition“ in die Geschichte einging, nahmen nicht nur militärische Streitkräfte, sondern auch ein ganzes Korps wissenschaftlicher Gelehrter unterschiedlichster Fachrichtungen teil. Vertreten waren Vermesser, Geologen, Zeichner, Historiker, Mathematiker, Astronomen, Ingenieure und zahlreiche Hilfskräfte. Eine der wichtigsten Personen dieser „Spezialabteilung“ war Dominique Vivant Denon. Sein Ziel war die umfassende Aufnahme des Landes Ägypten und seiner geographischen und geschichtlichen Besonderheiten. Denon war ein ehemaliger französischer Adeliger, der seinen Titel „de Non“ in den Revolutionswirren in „Denon“ umbenannt hatte, und blickte auf eine schillernde Karriere als Diplomat, freischaffender Künstler und Sammler archäologischer Kuriositäten zurück, sozusagen ein perfekter Lebenslauf, um von Napoleon in das Wissenschafts-Korps berufen zu werden. Im Zuge der militärischen Auseinandersetzungen der französischen Streitkräfte mit dem Heer der Mameluken bekam Denon allerlei ägyptische Relikte zu Gesicht2, von denen er beeindruckende Zeichnungen anfertigte. Diese Bilder bewegten Napoleon dazu, zwei Kommissionen mit der Aufnahme der ägyptischen Altertümer zu beauftragen, und sie bilden den Grundstock für eine der wichtigsten kulturwissenschaftlichen Publikationen ihrer Zeit, der Description de l’Égypte ou recueil des observations et des recherches qui ont été faites en Égypte pendant l’expedition de l’Armée Française publié par les ordres de Sa Majesté l’empereur Napoléon le Grand, kurz: Description de l’Égypte.

Der Einfluss dieses Buches, das ab 1809 in mehreren Teilen erschien und eine Fülle an neuen, durch die Expedition ans Licht gebrachten archäologischen Entdeckungen zeigte, löste nicht nur in der Welt der Gelehrten, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit eine regelrechte Ägyptomanie aus. Diese Begeisterung für die ägyptische Kunst schlug sich zum Beispiel in Kunststilen wie dem sogenannten Empire mit seinen Elementen aus der griechischen, römischen und ägyptischen Antike nieder. Napoleon förderte diesen Stil, auch um seine kaiserlichen Ansprüche zu untermauern. Darüber hinaus schossen zahlreiche neue esoterische Strömungen, die im alten Ägypten ihre „mystischen“ Wurzeln suchten, genauso wie meist konservative christliche Verbindungen und Vereine aus dem Boden, die durch die Erforschung Ägyptens auf eine Bestätigung der in der Bibel überlieferten Geschichten hofften. In dieser Zeit der Ägyptenbegeisterung entbrannte auch ein Wettstreit um die Entzifferung der Hieroglyphen, der vor allem zwischen dem englischen Philologen Thomas Young3 und dem französischen Sprachgenie Jean-François Champollion ausgetragen wurde. Mit seinem legendären Brief aus dem Jahre 1822, der an Monsieur Dacier adressiert war und die erfolgreiche Entzifferung der altägyptischen Schriftzeichen bekanntgab, entschied Champollion diesen Wettstreit für sich. Der wichtigste Schlüssel für diese Leistung war ein Fund der Napoleonischen Expedition: der legendäre Stein von Rosetta.4 Diese Entwicklungen, die wohl als Geburtsstunde der Ägyptologie als Wissenschaft gelten dürfen, zogen viele Personen an, die aus den unterschiedlichsten Motiven heraus nach Ägypten kamen. Einige boten ihre Dienste beim Wiederaufbau des Landes an, andere trieb die Abenteuerlust oder die Suche nach Wissen an. Ihnen allen ist aber gemein, dass sie über kurz oder lang ihre Begeisterung für die antiken Stätten Ägyptens entdeckten und zu den Gründervätern der Archäologie in Ägypten wurden. Aus diesen Personen sollen hier ein paar Persönlichkeiten herausgegriffen werden, die aufgrund ihrer Entdeckungen oder Leistungen für das Fach von besonderer Bedeutung waren.

Die Entdeckung Ägyptens

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