Читать книгу Fulcher von Fabeln - TOD IN ELBING - Thomas Friedrich Sänze - Страница 5
Kapitel 1
ОглавлениеDie Langeweile eines Lebens unter heidnischen Wilden am Arsch der christlichen Welt vertrieben wir uns am liebsten mit dem Raub ihrer Frauen. Dabei folgten wir natürlich stets dem Kodex des Rittertums. Dieser verlangte den „ritterlichen Umgang“ mit den prußischen Gegnern. Das befolgten wir, indem wir sie brutal vom Pferd aus abschlachteten oder – noch einfacher – gleich niederritten. Die Überlebenden knüpften wir in der Regel am nächsten Baum auf oder pfählten sie zu unserer Belustigung. Danach kämpften wir den Kampf für die Witwen und Waisen, indem wir diesen in den heidnischen Dörfern ihr letztes Hemd raubten. Zum Abschluss widmeten wir uns – immer gemäß dem Kodex – hingebungsvoll der ritterlichen Verehrung der Frauen, indem wir die Schöße der überlebenden Weiber ordentlich verheerten. Für uns Ritter war der Kodex eine prächtige Sache, denn damit konnten wir unsere Schandtaten trefflich rechtfertigen. Ganz gleich wie viele! Nicht so sehr vor uns selbst oder unserem Gewissen, vielmehr vor der allgemeinen Öffentlichkeit. Alle Sünden begingen wir schließlich im Namen des Herrn, und die Kirche hatte uns nie verboten, auch noch Freude daran zu haben. Dennoch mussten wir, ganz gleich wie schlimm auch die von uns begangenen Tätlichkeiten waren, im öffentlichen Bild umso glänzender erscheinen. Der Mantel der Rechtschaffenheit sicherte uns die Unterstützung der Öffentlichkeit und somit das Geld für unser Tun.
Jeder Krieg brauchte seine Geldgeber, und die fanden sich nur, wenn behauptet wurde, der Krieg diene einer guten Sache. Wüsste die Welt, dass wir bestialisch, brutal und wonnevoll mordeten, plünderten und vergewaltigten, sie wäre zu Recht empört! Nicht notwendigerweise weil wir taten, was wir taten, sondern vielmehr, weil jedermann neidisch darauf wäre, es ganz allgemein nicht ebenso halten zu können.
So mussten Ritter, Geistliche oder Geldsäcke immer wieder viel Geld ausgeben, um Dichter und Minnesänger anzuwerben und zu finanzieren. Diese wurden gebraucht, um die begangenen Untaten beim Volk ins erwünschte rechte Licht zu rücken. Die Menschen sollten fest daran glauben, dass ein Ritter nicht etwa aus Spaß plünderte, mordete und vergewaltigte, oder um sich selbst zu bereichern. Nein – und das war wichtig – er tat es, um das anstrengende, gefährliche und gottgefällige Werk zu tun, für das ihn der himmlische Herr höchstpersönlich auserwählt hatte. Damit ließ es sich im Allgemeinen ganz gut leben.
Vor allem wir Ordensritter entwickelten beim Schänden und Schinden der prußischen Bevölkerung den allergrößten Einfallsreichtum. Wir besprangen nicht bloß alles was atmete, sondern zwangen viele unserer Opfer, es vor aller Augen mit Bruder, Schwester, Vater, Mutter, Sohn, Hund, Katze, Pferd, Ochse, Esel, Kuh oder sogar Eimern, Besenstielen, Töpfen oder Pfannen zu treiben. Natürlich nicht mit der Absicht, unsere eigene Lüsternheit zu befriedigen, sondern vielmehr, um die Prußen tief zu demütigen. Geschlechtliche Brutalität, war das gebräuchlichste Mittel der Kriegsführung und bestens geeignet, Schande und Scham zu verbreiten.
So beschämten und schändeten wir mit Wohlgefallen. Dabei benutzten und beschmutzten wir alles, was den Prußen lieb und teuer war. Äußerst entwürdigend für unsere Opfer – und höchst wonnevoll für uns Täter. Trotzdem verbrachten wir die Zeit meistens lieber mit Stehlen anstatt Morden. Zwar sicherte das Morden uns einen guten Platz im Himmel. Doch das Stehlen war weitaus weniger anstrengend und vor allem so einträglich, dass es den Himmel bereits auf Erden bescherte. So ging das ritterliche Leben voller Sinnesfreuden dahin, bis zu dem verfluchten Tag, an dem die Flut meiner Sünden die Lebendigkeit meiner Lenden endgültig auslöschte.
Dabei hatte es nur ein weiterer gewöhnlicher Plünderungszug unter so unzählig vielen werden sollen. Eine der üblichen Jagden nach Wein, Weib und Beute. Seit Ewigkeiten waren wir auf diesen vergnüglichen Raubzügen nicht mehr auf ernstzunehmenden Widerstand gestoßen. Die Prußen waren viel zu eingeschüchtert, um noch frech zu werden. So erwarteten wir auch diesmal, die Früchte vom Baum der Versuchung einfach nur zu pflücken und ungehindert unsere Furchen in den Gärten vieler hübscher Weiber zu ziehen. Keiner von uns ahnte, dass diesmal ein paar der mächtigen Äste herabfallen und einige von uns inmitten dieser lauschigen Lustgärten erschlagen würden. Leichtsinnig und tollkühn waren wir geworden durch das Fehlen jeglichen Widerstandes.
Mit vier Kameraden hatte ich mich von der Hauptgruppe abgesetzt, um alleine unser Glück zu suchen. Habgier und Verlangen hatte unsere Schwengel gepackt. Die Aussicht, diesmal reiche Beute und warme Schöße nur durch fünf teilen zu müssen, benebelte uns den Geist und kribbelte verheißungsvoll in unseren prallen Säcken. So kam es, dass unsere kleine Gruppe nach zwei Tagen strammen Rittes auf ein abgelegenes Prußendorf stieß. Es war Waschtag im Dorf und ein Haufen nackter und halbnackter Weiber war in den herrlichsten Positionen bei ihrer Tätigkeit zugange. Ein Paradies für jeden Bock! Beim Blick den Hügel hinunter lief uns bereits der Geifer im Mund zusammen. Kurzerhand stürmten wir mit lüsternem Leichtsinn laut brüllend hoch zu Ross mit blank gezogenen Waffen mitten ins Dorf hinein. Panisch ließen die Frauen die Wäsche fallen und stoben in alle Richtungen auseinander. Einige kreischten, andere brachten ihre Kinder in Sicherheit oder versuchten ihr Vieh zu verstecken. Viele flüchteten in ihre Häuser, wo sie sich versteckten. Jedoch nicht alle entkamen unseren lüsternen Schwengeln. Einige hübsche nackte Beutestücke gelangten in unseren Besitz und wir fielen auf dem Dorfplatz begierig über sie her. Allerdings bemerkten die übrigen Frauen bald, dass wir insgesamt nur fünf Mann waren. Woraufhin sie es sich mit der Flucht anders überlegten und ihrerseits über uns Männer herfielen. So wurden wir, die Täter, zu überraschten Opfern.
So fand mein fleischliches Treiben im Schoß eines üppigen blonden Weibsstücks ein abruptes Ende. Just als ich mich gerade vergoss, riss mich die Meute prußischer Weiber von meinem Opfer herunter. Der Schwall meiner Lenden verspritzte auf dem schmutzigen Erdboden und vermischte sich dort mit meinem unversehens fließenden Blut. Vier Dutzend hasserfüllte Frauen zerrten mir die Rüstung vom Leib und zerfetzten meine Kleider. Sie bissen, kratzten und prügelten mich mit Knüppeln, Dreschflegeln, Besen, Ruten oder den bloßen Fäusten halbtot. Lediglich der Tatsache, dass sie sich in ihrer blindwütigen Mordlust gegenseitig behinderten verdankte ich noch einen kläglichen Rest an Leben. Ein Glück, das meinem Kumpan wenige Meter neben mir nicht vergönnt war. Eine Schar nackter Vertreterinnen der Sanftmut bestraften dessen Wollust mit tödlicher Entschlossenheit. Zwar wehrte dieser sich verzweifelt gegen das Geschehen, konnte sich jedoch gegen die weibliche Übermacht nicht durchsetzen. Dutzende Frauen lagen auf ihm und pressten ihn zu Boden, während eins der prußischen Weiber ihm mit seinem eigenen Schwert mühsam sägend und raspelnd langsam den Kopf abtrennte. Blut spritzte auf ihre entblößten Brüste als seine Schlagadern durchtrennt wurden und gerann auf den Händen, Schenkeln und Lenden seiner Mörderinnen.
Mit ähnlich entfesselter Wut wurden auch die anderen Männer abgeschlachtet. Einzig mein Leben wurde geschont, weil vier der Furien mir Stricke um die Knöchel banden und mich daran davonzogen, bevor die mordlüsterne Meute ihr Werk endgültig vollenden konnte. Unter lautem Jubel der versammelten Frauen wurde ich, vorbei an den übel verstümmelten und kastrierten Leichen meiner vier Kumpane, splitterfasernackt zum Ziehbrunnen auf dem Dorfplatz geschleift. Die Häscherinnen warfen die Seile über das Gestänge und zogen mich, mit den Füßen voran, daran hinauf. Hier baumelte ich kopfüber, halb ohnmächtig, hilflos und nackt bis auf die Stiefel, während sich um mich herum eine Horde blutgieriger Weiber sowie neugieriger Kinder, Halbstarker und alter Männer versammelte. Einzelne Frauen sprangen aus der Menge, um nach mir zu spucken, zu schlagen, zu treten, mich mit Dung zu bewerfen oder mit Hacken und Spießen zu malträtieren. Ich sah mein Ende gekommen und erwartete einen schrecklichen, aber schnellen Tod. Die rachsüchtigen Prußenweiber hingegen hatten mir ein langsames und grausames Ende zugedacht. Sie trugen Knüppel, Stöcke und Ruten und fingen reihum damit an, mir auf die schutzlose und sehr empfindliche Stelle zwischen meinen Beinen zu schlagen. Dieser höllische Wettbewerb machte ihnen sichtlich Spaß. Jedes Weib im Dorf durfte reihum zuschlagen, und je lauter ich dabei vor Qual aufschrie, umso größer war der anerkennende Jubel der Menge. Als mein Stöhnen und Wimmern anfing die Menschen zu langweilen, wollten sie, um die Stimmung wieder zu beleben, eben beginnen, mir wichtige und unwichtige Körperteile abzuschneiden. Plötzlich ging ein Schreckensschrei durch die versammelte Menschenmenge und sie stoben in alle Richtungen auseinander, ganz als hätte die Faust eines Riesen in ihre Mitte geschlagen. Dieser Riese war ein kleines Heer von mehr als fünfzig berittenen und bis an die Zähne bewaffneten Ordensrittern, begleitet von einem Tross Halbkreuzler. Es waren eben jene Raubzügler, die ich mit meinen vier Kumpanen vor zwei Wochen so hoffnungsvoll verlassen hatte.
Niemals habe ich später herausfinden können, wie lange sie auf dem Hügel ausgeharrt hatten, um sich am Anblick meiner Demütigungen zu ergötzen. Allerdings vermutete ich, dass es länger war, als unbedingt notwendig. Kein Kerl würde sich ein solch unterhaltsames Schauspiel entgehen lassen wollen. Da sie nun aber entdeckt waren, war für sie der unterhaltsame Teil beendet und der wirkliche Spaß konnte anfangen. Wie ein Mann griffen sie zu den Waffen und sprengten in wildem Galopp zum Dorf herab, hieben und ritten alles nieder, was im Weg stand und vergewaltigten jedes Wesen, dessen sie habhaft werden konnten. Die Überlebenden des Gemetzels pferchten sie wie Vieh in eines der großen Häuser, verrammelten die Ausgänge und setzten es in Brand. Ich sah noch, wie das Dorf rot vor Tod wurde und die Lüfte brannten. Dann schwanden mir die Sinne und Bewusstlosigkeit umfing gnädig meinen geschundenen Körper.