Читать книгу Pfui Herr Präsident! - Thomas Herrmann - Страница 7
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ОглавлениеCäsar nutzte die Reise nach Ägypten für einen Zwischenstopp in Paris, um einen seiner bevorzugten Strichjungs zu treffen. Er war im Hilton abgestiegen, wo er in seiner reservierten Suite bereits von dem blonden 16-jährigen Gildo erwartet wurde. Sie verbrachten eine wunderbare Nacht zusammen. Gegen neun weckte man sie mit einem üppigen Frühstück. Er musste den Linienflug kurz vor elf nach Luxor nehmen, weil sein Privatjet vergangene Woche Opfer eines Anschlags gallischer Separatisten geworden war, zumindest ließ man diese Version des Attentates verbreiten. Nach der gemeinsamen Mahlzeit und bevor der Junge von Cäsars Chauffeur abgeholt und nach Hause gebracht wurde, entlohnte er ihn großzügig für seine diskreten Dienste und versprach, sich bei ihm zu melden, wenn er wieder in Frankreich wäre.
Kurz darauf schneite der Dürre Karl zur Tür herein, der immer wusste, wer im Paris-Hilton ein und aus ging und brachte bei der Gelegenheit gleich seine neuesten Kreationen mit. „Dieser anmaßende Mensch würde für ein Bündel Scheine seine geliebte Mama meistbietend an jeden sizilianischen Zuhälter verhökern“, dachte der römische Imperator bei sich. Um diese taktlose und peinliche Veranstaltung rasch zu beenden kaufte er ihm seinen ganzen geschmacklosen Plunder ab. So schnell wie der Eindringling gekommen war, so schnell machte er sich wieder aus dem Staub. Er hatte ja sein Ziel erreicht.
Solche erbärmlichen Figuren würde er normalerweise öffentlich an die Löwen im Circus Maximus verfüttern. Aber der Dürre Karl ging bei den Mächtigen ein und aus. Er war meist besser informiert als die Spitzel seines Geheimdienstes, käuflich und jederzeit bereit, sich für eine schmutzige Intrige einspannen zu lassen. Nur deshalb war er noch am Leben.
Wie geplant saß er gegen elf im Flieger nach Luxor. Er teilte sich die 1. Klasse mit Wim Wedeling, jenem eigenwilligen Boss einer schwäbischen Sportwagenschmiede, der sich bei seinen Unternehmungen ein wenig verspekuliert hatte und jetzt dringend frisches Geld brauchte, um seinen Kopf, eine bevorstehende Abfindung und die Firma zu retten (in dieser Reihenfolge). Er kannte ihn nur aus den Medien, schätzte jedoch angriffslustige Menschen, die bereit waren, Risiken einzugehen und den Mut besaßen, unkonventionell zu handeln.
Sie kamen ins Gespräch und Cäsar erfuhr, dass der gebeutelte Wedeling auch auf dem Weg zu Kleopatra war, um sie mit einem größeren Aktienpaket zu ködern, damit sie bei ihm einstieg. „Vergiss es“, meinte der Imperator, „die Schlampe baut an drei Pyramiden gleichzeitig und weiß nicht mal wie sie ihre Handyrechnung bezahlen soll.“ Er überlegte. Vielleicht könnten sie beide ja miteinander ins Geschäft kommen. Die einzige und etwas angestaubte Automarke seines römischen Imperiums krankte seit langem an ihrem schlechten Image und musste sich mit Qualitätsproblemen herumschlagen. Da käme so eine findige Fusion mit einem strahlenden Stern am internationalen Autohimmel gerade recht, um Prestige und Ansehen seiner Modelle aufzuwerten. Nebenbei ließe sich der Einfluss Roms auf die deutsche Wirtschaft ausbauen. Die Möglichkeiten, auf diese barmherzige Gewerkschaftsrepublik einzuwirken, waren angesichts rückläufiger Zahlen im Parmesan- und Drogengeschäft gegenwärtig sehr begrenzt.
Zusehends näherten sich die beiden an und kurz vor der Landung war der Deal unter Dach und Fach. Cäsar bezahlte für Wedis morsches Aktienpaket einen angemessenen Preis. Als Gegenleistung würde dieser seine Kontakte, über die er als Global Player zweifellos verfügte, für die Geschäfte des neuen Partners nützen, ihm Wege ebnen und die Türen zu den bislang verschlossenen Weltmärkten aufstoßen. Sie vereinbarten außerdem vorerst Stillschweigen zu bewahren und stattdessen ein paar gezielte Falschinformationen zu streuen, um auch noch die Gewinne aus den angeheizten Kursbewegungen mitzunehmen. Wenn man dann am Ende die Katze aus dem Sack ließe, würde der Rahm erneut, auf der anderen Seite der Alpen abgeschöpft werden können. Solche Geschäfte waren ganz nach dem Geschmack des Impresarios.
Wedeling, der zu Beginn einen müden und abgespannten Eindruck gemacht hatte, nahm nun eine auffallend rosige Gesichtsfarbe an. Statt im stickigen Vorzimmer Kleopatras auf gnädigen Einlass zu warten, um der Zicke dann seine wertlosen „Wertpapiere“ aufzuschwatzen, würde er postwendend in die schwäbische Metropole zurückfliegen. Dies waren wesentlich erfreulichere Perspektiven. Er musste dringend etwas für sein hormonelles Wohlbefinden tun und nebenbei ein wenig die Psyche pflegen.
Es war ihm gelungen, am Rande einer Aufsichtsratsitzung die älteste Tochter seines schärfsten Kontrahenten im Autogeschäft zu vögeln. Sie war ihm inzwischen hörig und gehorsam bis zu Selbstaufgabe. Er würde sie in seine „Ferienwohnung“ nach Meersburg bestellen und dort so lange in den goldenen Stacheldrahtkäfig sperren, bis sie um Gnade winselte und ihm schließlich Papas allerneueste Intrigen und Angriffsstrategien beichten durfte. Seine Frau erwartete ihn nicht vor morgen Abend zurück und die kleinen blauen Stärkungspillen hatte er auch dabei.
Der Autoboss rief den Sekretär der ägyptischen Regentin an und entschuldigte sein Fernbleiben mit einer hoch ansteckenden Magen-Darmerkrankung, die ihn ganz plötzlich ereilt habe. Es war kein Geheimnis, nichts fürchtete die Herrscherin am Nil mehr als „Montezumas Rache“. Nun war alles geregelt und die angenehme Seite seines Managerdaseins kam endlich mal wieder zu ihrem Recht. Beinahe herzlich verabschiedeten sich die beiden Männer und beteuerten in Kontakt zu bleiben, um die erforderlichen Absprachen zu treffen.