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Kapitel 1) Selbstliebe

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Was heißt denn bitte Selbstliebe? Das geht doch gar nicht, dachte sich Enrice. „Ich kann nur Papa oder Mama lieben oder meinen kleinen Wuschel oder einen anderen Menschen, den ich liebe – aber mich selbst? Das habe ich noch nie gehört! Wie soll denn das gehen, soll ich mich etwa selbst umarmen?“

„Das musst du mir aber mal zeigen, kleiner Babu“, sagte Enrice scherzhaft zu dem Baum.

„Zeig mal her, wie du deine Äste um dich selbst wickelst und dir dabei einen dicken Kuss gibst.“ Bei dieser Vorstellung lachte er schallend.

„Ich muss gestehen, ich habe es lange Zeit auch nicht verstanden, was damit gemeint ist“, sagte Babu. „Aber im Laufe der Jahre habe ich gelernt, wie es ist, wenn man sich selbst nicht liebt und erst dadurch wurde ich wieder auf den Weg der Selbstliebe aufmerksam.“

„Was meinst du damit?“; fragte Enrice wieder einmal mit großen Augen.

„Ich möchte dir eine kleine Geschichte dazu erzählen aus einem meiner früheren Leben. Ich war nicht immer ein Baum, häufig auch ein Menschenwesen, dadurch konnte ich viel Erfahrung in meinem Wachstum sammeln, wie ein Mensch denkt und fühlt. Ich war einmal ein junger Bursche und hatte mich unheimlich in ein junges Mädchen verliebt. Sie wohnte nur zwei Häuser von meinem damaligen Zuhause entfernt und ich hatte sie sehr, sehr gern. Ich stand morgens früh auf, bevor ich zur Arbeit ging, fuhr extra zum Bäcker und kaufte frische Semmeln und frisches Brot und hängte es ihr an ihre Eingangstür. Allerdings befand ich mich damals noch in der Ausbildung in meiner Arbeit. Daher verdiente ich nicht so viel Geld, dass ich mir selbst jeden Tag frisches Gebäck zusätzlich leisten konnte. Deswegen konnte ich nur ihr etwas kaufen, aber leider kein frisches Brot mehr für mich. Am Anfang war es sehr schön, wie sich das Mädchen jeden Tag bei mir recht herzlich bedankte, das war es mir wert. Allerdings fuhr ich im Laufe der Monate immer mehr mit einem Hungergefühl zur Arbeit, mit dem Resultat, dass ich mich immer weniger auf meine damalige Arbeit und Ausbildung konzentrieren konnte. Schließlich blieb kein Geld mehr übrig, um mir selbst ein Frühstück zu kaufen. Bis eines Tages mein Chef zu mir kam, der ein sehr weiser und erfolgreicher Geschäftsmann war, und mich fragte, was los sei. Denn er hatte schon bemerkt, dass ich mich nicht mehr so konzentriert bei der Arbeit verhielt wie sonst. Ich zögerte ein wenig mit meiner Antwort, aber dann brachte ich doch all meinen Mut zusammen und sagte ihm, dass ich jeden Tag dieses Hungergefühl hätte und mich dadurch nicht konzentrieren könnte. Er sah mich erstaunt an und fragte mit ernstem Blick: ‚Aber wie-so? Das verstehe ich nicht, du fährst doch jeden Tag zum Bäcker und holst dir frisches Brot, wie kannst du dann hungrig sein?‘ Ich zögerte sehr lange und sagte dann mit ganz leiser Stimme: ‚Na ja, das Gebäck ist eigentlich nicht für mich, sondern für ein Mädchen, das ich sehr gern habe.‘ Er schaute mich an und sagte: ‚Das ist zwar sehr lobenswert und ich hoffe, dieses Mädchen weiß das sehr zu schätzen. Aber was glaubst du, was passiert, wenn du das dein Leben lang so machst? Wenn du jeden Tag zur Arbeit gehst und dein schwer verdientes Geld für andere ausgibst, aber nicht für dich? Da musst du dich selbst aber nicht sehr lieben. Es ist mir klar, dass du dieses Mädchen sehr gerne hast, aber es darf nie in deinem Leben passieren, dass du jemanden mehr liebst als dich selbst. So kannst du auf Dauer nicht leben. Was hat dein zukünftiger Lebenspartner davon auf lange Zeit gesehen, wenn du dich aufopferst und dabei auf dich selbst vergisst? Er muss dich dann vielleicht pflegen und du wirst langsam zur Belastung für ihn, oder? Denke mal in Ruhe darüber nach. Wenn du Dinge tust, die du eigentlich für dich tun solltest, und nur für andere tust, aber nicht für dich selbst, dann wird dir das auf lange Zeit nicht sehr viel Glück bringen‘, sagte der weise Mann damals zu mir. Und ich fing an, mich selbst zu hinterfragen. Welche Dinge tat ich nur für andere und nicht für mich? Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Es waren sehr viele Dinge, die nicht ausgewogen in meinem Leben waren, und ab diesem Moment verstand ich, was mit Selbstliebe gemeint war. Ich kreierte meine eigene Übung dazu, die mir half, wieder zur mir und meiner Selbstliebe zu finden. Ich schrieb all die Dinge und Taten auf einen Zettel, die ich immer wieder für andere machte. Dann überlegte ich, ob ich diese Dinge denn genauso für mich machen würde. Und falls doch nicht, war es vielleicht so, dass ich mich selbst zu wenig in den Vordergrund stellte und liebte? Diese Gedanken machte ich mir dann täglich immer wieder selbst und sobald ich erkannte, dass das Thema Selbstliebe zu kurz kam, versuchte ich es dieses zu ändern.“

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