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2.Wo sind meine Hände?

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Die Abendsonne leuchtete feurig rot zum Fenster hinein und verwandelte das Dachzimmer in ein romantisches Plätzchen. Die vier Kinder saßen da und langweilten sich vor sich hin. Keiner hatte auch nur die kleinste Idee, was sie mit ihrer neusten Entdeckung, dem Zimmer in dem sie saßen, anstellen konnten. Vanni schlug vor, schöne Picknicke hier zu veranstalten, doch diese Idee blockten die beiden Jungen natürlich sofort ab. Schließlich waren sie ja echte Männer, und solche, das wussten sie, würden niemals ein Picknick machen.Tim hatte da schon einen besseren Einfall und meinte, man könnte sich doch hierher verkriechen, wenn man zu Hause Stress mit den Eltern hätte. Das fanden irgendwie alle gut und so beschlossen sie, am nächsten Tag, das Dachzimmer zu reinigen und zu ihrem geheimen Versteck zu erklären. Niemand durfte auch nur ein Sterbenswörtchen zu jemanden anderen sagen. Schon gar nicht zu den Eltern.Da sich die Kinder in diesem Punkt einig waren besiegelten sie ihre Abmachung mit einem Schwur. Jeder, der etwas verriet, sollte sofort wenn er das nächste Mal aufs Klo musste, dabei vom Blitz getroffen werden, wenn er sich nicht daran hielt.

Gut gelaunt schlichen sich die Vier aus dem Turm hinaus. Zuvor wischte Ben wieder seinen Namen aus dem Staub im Fenster, er wollte nicht, dass man sie deshalb hier fand.Den Schlüssel, der von innen steckte, nahm Ben an sich, und versperrte die Tür von außen. Mit einem fröhlichen „Gute Nacht“ wurde sich verabschiedet.Tim und Ben gingen um die Ecke von Hausnummer 9, während Kiki und Vanni , die dort zu Hause waren, klingelten und hinein gingen, als ihnen geöffnet wurde.Da Ferien waren, schliefen sie zusammen in Vanessas Zimmer. Ben und Tim zogen es vor lieber in ihren eigenen Betten zu schlafen.

Der Tag war schnell vergangen und die Nacht kam.Während die beiden Mädchen noch stundenlang miteinander redeten, schliefen die Jungen schon sehr früh ein. Timmy dachte nur noch kurz darüber nach, wie er am Besten das Sofa sauber kriegen würde, da fielen ihm schon die Augen zu. Tief und fest schnorchelte er bis zum anderen Morgen durch.Ben lag etwas länger wach als sein Freund. Ihn quälte der Gedanke daran, wie er die Putzmittel und Eimer an seinen Eltern vorbei schmuggeln sollte, ohne das diese etwas davon bemerkten. Doch auch er schlief irgendwann ein, wobei sein Schlaf recht unruhig war. Das Dachzimmer des Turmes besuchte ihn in seinen Träumen und er hatte das Gefühl etwas Wichtiges übersehen zu haben.

Am nächsten Tag kamen Kiki und Vanni nur schwer aus ihren Betten heraus. Sie hatten die halbe Nacht miteinander gequatscht . Am Morgen fehlte ihnen dann der Schlaf, jedoch war diese Tatsache Vanessas Eltern völlig egal und sie weckten die Kinder zum Frühstück. Müde erhoben sie sich und wuschen sich gemächlich im Badezimmer. Langsam wurden die Mädchen munterer. Als sie an den gedeckten Tisch im Esszimmer saßen, wollte Vanessas Mutter wissen, was sie denn für heute geplant hatten. Kiki antwortet schneller als ihre Freundin, bevor diese sich hätte verplappern können: „Wir gehen heute mit Timmy und Ben auf den Spielplatz!“. Die Mutter schaute ein wenig verdattert anhand dieser prompten Antwort, hielt es aber nicht für ungewöhnlich, denn die Mädchen spielten oft mit den beiden Jungen zusammen. Somit deckte sie nach Beendigung des Frühstücks beruhigt den Tisch ab.Kiki und Vanni halfen ihr an diesem Morgen nicht, sie hatten Wichtigeres vor und schlichen ins Badezimmer zurück. Dort durchsuchten sie den Schrank, in dem die Reinigungsmittel standen. Schnell waren zwei Flaschen Reiniger, einige Lappen und ein Paar Gummihandschuhe in ihrem Eimer verschwunden. Dazu nahm Kiki noch den Wischmop mit.Bevor Vanessas Mutter überhaupt reagieren konnte, waren die zwei Freundinnen auch schon zur Haustür heraus verschwunden. Ungeduldig warteten sie auf dem Spielplatz auf ihre Freunde.Tim kam wenige Minuten später und hatte ein Kehrblech und einen Besen in der Hand. Zu mehr hatte es leider nicht gereicht, denn als er versuchte, den Staubsauger seiner Eltern mitzunehmen und dabei erwischt wurde, musste er sich schon eine sehr blöde Ausrede einfallen lassen. Als ihn nämlich seine Mutter fragte, was er denn damit auf dem Spielplatz wolle, gab Tim nicht gerade die einfallsreiche Antwort: „Äh, ich, äh...äh...ich brauch ihn für den Sandkasten dort. Äh, äh,...da liegt so viel Sand außen herum, der muss mal aufgeräumt werden.“ Das ihm dies seine Mutter natürlich nicht ganz glaubte und ihm dafür stattdessen mit den Worten „Das geht damit genauso gut!“, Kehrblech und Besen in die Hand drückte, verstand sich von alleine. Doch Timmy war es nicht so wichtig, ausgerechnet den Staubsauger mitzubringen, zumindest hatte er mit Besen und Blech seinen Beitrag dazu geleistet, dass sie alle zusammen das Dachzimmer reinigen konnten. Er war zufrieden. Ben kam wie immer zu spät, was nun wirklich keinen mehr wunderte. Zum Reinigen hatte er leider nichts dabei, jedoch konnte er einen ganzen Eimer Farbe und zwei Pinsel aus der Garage seines Vaters organisieren. Als er bei seinen Freunden ankam, die mit ihren Reinigungssachen in einer Reihe standen, kam er nicht darum herum einen flapsigen Spruch zu machen: „Guten Morgen meine Damen und Herren. Wollen wir es angehen? Dann liebe Reinigungskolonne, folgen sie mir bitte!“. Dabei konnte er sich ein unverschämtes Grinsen nicht verkneifen. Aber tatsächlich sahen seine drei Freunde, die dort wie die Orgelpfeifen sortiert standen, wie eine Putzkolonne aus.


Alle zogen zum Turm los, achteten dabei aber genau darauf, dass sie keiner beobachtete oder sah. Schnell sperrte Ben mit dem Schlüssel auf und öffnete die Tür. Einer nach dem anderen huschte hinein. Als jeder im Eingangsbereich einen Platz für sich gefunden hatte, schloss Ben die Tür wieder und verriegelte sie. Das war geschafft! Wie die Hühner auf der Stange gingen sie hintereinander die lange Treppe hinauf. Nach dem zweiten Stockwerk ging Tim die Puste aus und er schnaufte tief durch seinen Mund. Kiki und Vanessa machten sich darüber lustig: „Vielleicht solltest du ein wenig abnehmen, dann würdest du auch länger durchhalten.“ Sie kicherten wie kleine Kinder und Timmy ärgerte sich sehr darüber. Trotzdem blieb er still, er wusste nur zu gut, wenn er sich darüber aufregen würde, dann würden sie ihn den ganzen Tag damit aufziehen. Also entschloss er sich dazu, seinen Ärger hinunter zu schlucken und zu schweigen. Die Mädchen beruhigten sich schneller als gedacht, denn ab Etage vier keuchten auch sie. Dem einzigen, den das Ganze nichts auszumachen schien, war Ben, obwohl er mit dem Eimer Farbe eigentlich das Schwerste zu schleppen hatte. Doch der Junge war ein Sportass. In der Schule spielte er Fußball, genauso wie im Verein. Dazu lief er unheimlich gerne ... uns das lange und viel. Wahrscheinlich hätte ihn noch nicht einmal ein Marathon müde gemacht. Als endlich alle oben angekommen waren atmeten sie erleichtert durch, dann ging es an die Arbeit.

Zuerst einmal versuchten sie, die ganzen Möbel vom Staub zu befreien, wobei sie nicht mit diesen Mengen gerechnet hatten. Alleine für den Tisch brauchten sie eine gefühlte Ewigkeit. Nicht nur, weil er extrem dreckig war, nein, es kam auch noch immer wieder Staub dazu, als Tim versuchte die Polster des Sofas mit seinem Besenstiel auszuklopfen. Die Kinder standen in der Mitte einer riesigen Wolke und man konnte kaum noch Luft holen, so sehr hatte sich der Dreck im Raum verteilt. Ein wildes Gehuste begleitete die Aufräumarbeiten, ...doch nach einigen Stunden zahlte es sich aus. Vanni und Kiki reinigten mittlerweile schon den Fußboden, während Ben und Tim die Wände strichen. Die übrigen Möbel glänzten indessen schon im Sonnenschein. Die Mädchen ächzten und stöhnten nicht schlecht, als sie den Boden schrubbten, was die Jungen hingegen dazu anspornte, lustig vor sich hin zu pfeifen. Dies machte Vanessa und Kiki leicht wütend und sie schleuderten ihre feuchten Lappen in Richtung der Jungen. Ehe man sich versah, brach eine lustige Lappen-, Wasser-, Seife- und Pinselschlacht aus. Tobend sprangen sie durch das Zimmer und jeder ärgerte den anderen. Die Kinder hatten sich den Spaß nach der ganzen Arbeit auch verdient. Ausgelassen und lachend brachen sie letztendlich alle gemeinsam auf dem Boden zusammen. „Oh, schaut euch jetzt mal das Zimmer an!“, stellte Ben entsetzt nach einer Weile fest: „Ich glaube, wir müssen nochmal von vorne Anfangen.“ Der Junge hatte nicht ganz unrecht. Überall waren jetzt Wasser- und Farbflecken entstanden. Auch wenn die Schlacht Spaß gemacht hatte, sie mussten in den sauren Apfel beißen und erneut schrubben und streichen. Timmy suchte seinen Pinsel. Ben hingegen war längst wieder an der Arbeit. Auch die Mädchen putzten wie die Wilden. Wo konnte der Pinsel denn nur sein? Eben hatte er ihn doch noch gehabt? „Vanni, ich habe den Pinsel doch zu dir geschleudert, was hast du damit gemacht?“, fragte Tim immer noch suchend. Vanessa zuckte mit den Schultern: „Ich habe keine Ahnung. Ich habe ihn aufgehoben und zurück geworfen, da ist er, denke ich, gegen die Wand geflogen.“ Timmy konnte es nicht glauben, wie konnte der Pinsel denn in einem einzigen Raum verschwinden? Ungläubig tastete er jene Wand ab, die noch nicht gestrichen war und an der, der Pinsel gelandet sein sollte. Kein Farbklecks war daran zu entdecken, obwohl dort einer hätte sein müssen, wenn Vanessa die Wand getroffen hatte. Tim bückte sich unters Sofa. Nein, hier lag er auch nicht. Auf Knien kroch er weiter und suchte das Zimmer Stück für Stück ab. Es war wie verhext, der Pinsel blieb spurlos verschwunden.

Nach einer Weile kehrte der Junge an die Stelle zurück, wo er zuerst gesucht hatte, nämlich zur Wand. Vorsichtig tastete er sich abermals voran. Plötzlich erstarrte er zur Salzsäure. Selbst seine Haare, so schien es, bewegten sich nicht mehr. Kiki, die in diesem Augenblick vom Fußboden nach oben schaute, lachte laut drauf los: „Hahaha! He Tim, hast du ein Gespenst gesehen? Dein Gesicht ist so weiß wie die Farbe an der Wand!“ Das Mädchen wusste gar nicht, wie recht sie mit ihrer Bemerkung hatte. Zwar hatte Timmy keinen Geist gesehen, aber etwas, was er für genauso erschreckend hielt! „Mei...., mei,...mei,...meine Hände!“, schoss es stotternd aus ihm heraus: „Sie...sie...sie sind in der Wand verschwunden!“


Die Zuckerfabrikaner

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