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Prolog

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Sein Vater war Kurde, aber das hatte mit dem allem nichts zu tun. In jeder Sprache gibt es Bezeichnungen für Arschlöcher, wie Ronak später sagte. Er saß mit einem deutschen Physikbuch für die 9. Klasse auf seinem Bett, wo sich nur ein einsamer Lichtkegel über seine Schulter reckte.

Durch die angelehnte Zimmertür kam sanft und blasshäutig seine Mutter mit einem Stoß gebügelter Wäsche herein. Sein Rücken wurde mit jedem Schuljahr breiter. „Du wirst noch Ingenieur oder Chef-Funktionär, wenn du nicht bald schläfst“, legte sie seine Kleidung in die Schrankfächer und küsste ihn mit ausgetrockneten Lippen auf die Stirn.

„Geh du auch bald ins Bett, Mama.“

„Keine Sorge. Gute Nacht, mein lieber Junge.“

Sie schloss die Tür. Er knipste das Licht aus.

Ausgestreckt blickte er noch ins Dunkel, als schnaubend und polternd sein Vater nach Hause kam. Er war kein Säufer, holte sich aber sein Soll in der Kneipe, wann immer das Jobcenter mal nichts für ihn hatte.

„Muss ich wieder kalten Rinderbraten fressen?“

Selbstverständlich war dies längst nicht mehr das Deutsch, das ihm seine Frau noch als Integrationshelferin beigebracht hatte. „Ich mach ihn dir sofort warm“, erbot sie sich.

„Glaubst du, ich bin Türke, verdammt? Oder ein Kurde wie alle anderen? Mein Allah verbietet mir kein Schnitzel.“

„Dann sollst du morgen wieder Schnitzel haben. Aber fluch bitte nicht so laut. Ronak schläft.“

„Pah“, rotzte er. „Du schreibst mir gar nichts vor und hältst dein Maul, Sauweib!“

Damit explodierte die Faust auf ihrem Busen. Wieder mal. Sie gab keinen Mucks von sich, als ihr Ehemann sie tobsüchtig durch die kleine Wohnung boxte.

„Allmächtiger, hilf mir, sonst hau ich ihr jeden Knochen aus dem Leib!“

Ronak drehte sich hin und her, so unerträglich schwoll die Hitze in seiner Brust. Er kratzte sich am flaumigen Kinn, malmte. Doch mit einem Schlag sprang er aus dem Bett und riss die Tür auf.

Der Vater stand mit verkrampftem Wahnsinn über die kauernde Mutter gebeugt da und glotzte zu seinem Sohn. Der holte wie ein Berserker aus und prügelte den Alten, bis er jaulte. „Friss das, du dreckiger Hund! Und das, und das, und das!“

Eine Faust voll Liebe

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