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DREI

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Drei Wochen später startete das gewaltige Schiff vom Raumgelände in Nevada und durchbrach binnen weniger Minuten die Atmosphäre, um mit zugeschaltetem R-3-Triebwerk das Schwerefeld der Erde zu verlassen.

Nick verfolgte auf dem Heckbildschirm, wie der blaue Planet immer schneller hinter ihm zurückblieb.

»Achtung, Xutl. In fünf Minuten und siebzehn Sekunden schalte ich auf Überlichtantrieb«, richtete er sich an seinen Freund im Kopilotensitz.

»Gut. Die Vergleichszahlen stimmen«, antwortete der Marsianer.

Nick schaltete den Countdown dazu und wartete darauf, dass dieser auf Null ging. Doch kurz bevor die Zeit ablief, blinkte ein Licht am Instrumentenpult auf.

»Die Warnlampe am Kontrollgerät leuchtet auf«, meinte Nick und runzelte die Stirn. »Die Steuerung des Überlichtantriebs ist gestört!«

»Das ist unmöglich!«, stieß Xutl aus. »Ich habe vor dem Start die Anlage noch einmal persönlich überprüft!«

»Und doch leuchtet das Warnsignal auf«, entgegnete Nick und wies auf die Diode.

»Ich verstehe das nicht«, murmelte Xutl und wirkte sichtlich ratlos.

»Alle Maschinen stopp!«, ordnete Nick über Bordfunk kurz entschlossen an. »Die Verantwortlichen für den Überlichtantrieb in die Zentrale. Ende!«

Nick erhob sich und sah in die angespannten Gesichter der Männer, die an ihren Konsolen saßen. Jane Lee hatte sich beim Start in der Zentrale aufgehalten und kam auf ihn zu. Auf ihrer Stirn hatte sich eine kleine Falte gebildet.

»Warum lassen Sie die Maschinen stoppen?«, fragte sie. »Wir können doch mit R-3-Antrieb weiterfliegen, bis der Schaden behoben ist?«

»Das würde neue Berechnungen für den Flug mit dem Überlichtantrieb erfordern«, erklärte Nick. »Das dauert länger als die Zeit, die wir verlieren, wenn wir an diesem vorausberechneten Punkt stehen bleiben.« Er sah, wie sie ihre Lippen schürzte. »Sie brauchen keine Angst zu haben, das Ihnen Kapitän Anderson zuvorkommt«, fügte er lächelnd an.

In diesem Augenblick betraten die beiden verantwortlichen Männer für den Überlichtantrieb die Zentrale. Chefingenieur Warren Jones zuckte nur hilflos mit den Schultern, nachdem Xutl sie instruiert hatte.

»Die Störung ist uns vollkommen unverständlich«, sagte er.

»Uns auch«, antwortete Nick. »Aber damit wird der Schaden nicht behoben, meine Herren. Gehen Sie mit Xutl an die Arbeit.«

Der Marsianer ging auf die Konsole mit dem Steuerungsgerät zu, und die beiden Männer schlossen sich ihm an.

*

Harvey Blake saß am Pult vor der Funkanlage und notierte eine eingehende Nachricht. Wegen der Interferenzen hatte er die Kopfhörer übergestreift, um den Text besser verstehen zu können. Neben ihm stand sein Kollege Ronald Perten und lehnte sich müßig gegen die Tischplatte. Gerade unmittelbar nach dem Start fiel es offiziellen Stellen oder Angehörigen noch ein, eine Nachricht an ein Mitglied der Besatzung zu schicken.

Blake war gerade mit der Notiz fertig, als eine Durchsage die Funkübertragungen unterbrach.

»Achtung, Blake und Perten sofort in die Zentrale!«

Die beiden Funker sahen sich ratlos an und fragten sich zuerst, ob sie richtig gehört hatten. Doch die Meldung kam ein zweites Mal mit einem eindringlichen Klang in der Stimme.

Die Männer verließen den Raum und liefen mit schnellen Schritten den Gang entlang.

»Was mag Nick von uns wollen?«, überlegte Perten. »Es ist ungewöhnlich, dass wir die Funkanlage unbesetzt lassen.«

»Darüber denke ich nicht nach. Anweisung ist Anweisung«, antwortete Blake.

*

Wenige Minuten später und gleichzeitig Hunderttausende von Kilometern entfernt erreichte ein Funkspruch Kapitän Andersons Raumschiff, das gerade zum Manöver ansetzte, um in die Dimensionsspirale einzutauchen, die in das neu entdeckte Universum führte.

Als Frank Stone die Kennzeichnung der Übertragung durchgab, forderte ihn Anderson auf, die Nachricht auf seine Konsole zu überspielen und nahm sie über Kopfhörer persönlich entgegen. Mehrfach nickte er, dann grinste er zufrieden.

»Verstanden«, antwortete er der Stimme am anderen Ende. »Führen Sie alles Weitere wie besprochen aus. Ende!«

Er schmunzelte und strich sich über seinen Schnurrbart.

»Unser Mann ist in Ordnung, Leute«, meinte er zu seinen Männern. »Nicks Schiff liegt mit einer Störung in der Überlichtantriebs-Anlage fest!« Er konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Bis der Schaden behoben ist, sind wir in der neuen Dimension.« Er deutete auf den wabernden Spiralnebel, der den ganzen Hauptbildschirm einnahm.

»Gut!«, antwortete Ringo Olsen. »Wollen Sie uns nicht sagen, wer an Bord des Sternenschiffs für uns arbeitet?«, hoffte er, seinem Chef das Geheimnis entlocken zu können.

Anderson sah ihn einen Augenblick lang an und schüttelte dann den Kopf. »Lieber nicht. Es ist besser, nur ich kenne unseren Verbündeten.«

Olsen nickte stumm. Er wusste, dass sich sein Chef nur ungern in die Karten schauen ließ.

»Jeder Mann auf seinen Platz!«, herrschte der Kapitän seine Männer an. »Wir fliegen durch die Spirale.«

Anderson holte tief Luft, bevor er den Steuerhebel nach vorne drückte. Es war nicht sein erster Sprung in das fremde Universum, dennoch beschleunigte sich sein Herzschlag unwillkürlich, als die Arme des Nebels immer größer wurden.

Vorsichtig steuerte er sein Schiff in das unheimliche Raumgebilde, das die beiden Dimensionen verband.

Keiner der Männer in der Zentrale wagte ein Wort zu sagen. Die Anspannung unter ihnen war fast körperlich spürbar. Lichtblitze durchfluteten den Raum, auf der Außenhülle war ein bedrohliches Knistern zu vernehmen – und dann tat sich vor ihnen das Schwarz des anderen Weltalls auf.

»Geschafft …«, murmelte Anderson und stieß ein Lachen aus, um seine Nervosität zu überdecken. »Der zweite Planet und die Diamanten des alten Lee warten auf uns!«

*

Nick staunte nicht schlecht, als er die beiden Männer sah, die die Zentrale betraten und auf ihn zukamen.

»Blake und Perten?«, begrüßte er sie. »Was wollen Sie hier?« Die Funker warfen sich einen Blick zu und sahen den Weltraumfahrer verblüfft an.

»Aber … Sie haben uns doch hierher befohlen«, entgegnete Harvey Blake.

Nick runzelte die Stirn. »Ich? Unsinn! Das muss ein Irrtum von Ihnen sein.«

»Bestimmt nicht!«, beharrte Blake. »Sie haben uns über Bordfunk Anweisung gegeben, in die Zentrale zu kommen. Wir haben uns auch gewundert.«

Nick blickte die beiden Männer nachdenklich an. Es war offensichtlich, dass sie genauso irritiert waren wie er. »Merkwürdig … Gehen Sie in den Funkraum zurück«, wies er sie an.

»Jawohl, Sir«, antwortete Perten, und die Funker beeilten sich, die Zentrale zu verlassen.

Nick sah ihnen nach und konnte sich auf die Geschichte keinen Reim machen. Im Augenblick musste er sich ohnehin um Wichtigeres kümmern. Ohne funktionierenden Überlichtantrieb saßen sie hier fest.

Er ging zu der Konsole hinüber, an der Chefingenieur Jones und Franks, der leitende Techniker, die Frontblende abgenommen hatten, um die dahinter liegenden Bauelemente untersuchen zu können.

»Wie steht es?«, fragte er Xutl, der ein Bauteil mit einem Prüfgerät untersuchte. »Habt ihr die Störungsursache gefunden?«

»Noch nicht«, musste der Marsianer einräumen. »Im Steuerungsgerät ist alles in Ordnung.«

Warren erhob sich mit einem Ächzen. »Wir folgen jetzt den Leitungen, die in das Aggregat führen.«

Nick warf dem Mann einen ernsten Blick zu. »Hoffentlich liegt die Störung nicht im Aggregat selbst.«

»Das hoffen wir auch«, erwiderte Franks. »Wir haben zwar alle Ersatzteile an Bord, aber eine Reparatur des Aggregats würde eine langwierige Arbeit werden.«

Der Weltraumfahrer wollte etwas darauf erwidern, als jemand in die Zentrale stürmte und seinen Namen rief. »Blake?«, erkannte er den Funker. »Sie sind schon wieder hier?«

Der Mann schnaufte, um wieder zu Atem zu kommen. »Sehen Sie sich den Kontrollstreifen an«, sagte er und reichte ihm das dünne Plastikband, auf dem Zahlen und Buchstaben eingestanzt waren.

»Ja, und …?«, antwortete Nick.

»Jeder Funkspruch wird automatisch registriert, wie Sie wissen«, erläuterte Blake. »Während Perten und ich vorhin hier waren, ist ein Funkspruch gesendet worden!«

»Was?!«, entfuhr es Nick.

Der Funker nickte, wie um seine eigenen Worte zu bestätigen. »Derjenige, der den Funkspruch gesendet hat, muss das Aufzeichnungsgerät abgeschaltet haben, weil der Wortlaut der Übermittlung nicht erfasst worden ist. Aber er hat nicht daran gedacht, dass die Funksprüche unabhängig davon nummeriert werden.«

»Teufel!«, entfuhr es Nick. »Das bedeutet, dass jemand unter dem Vorwand, ich hätte Sie und Perten in die Zentrale befohlen, heimlich einen Funkspruch abgesendet hat!«

»Genau«, stimmte Blake zu. »Leider können wir nicht feststellen, an wen der Funkspruch gerichtet wurde und wer ihn gesendet hat.«

Nick presste die Lippen aufeinander und dachte angestrengt nach.

»Danke, Blake«, richtete er sich an den Funker. »Gehen Sie zurück auf Ihren Posten. Und lassen Sie in Zukunft den Funkraum nie unbesetzt, was auch immer geschehen mag!«

Harvey Blake nickte knapp. »Ich beginne zu verstehen, aber das gefällt mir alles nicht.«

Nick entließ den Mann und ging zurück zum Marsianer, der ein weiteres Bauteil inspizierte. Er beugte sich zu ihm, sodass die Umstehenden ihn nicht hören konnten.

»Lass die beiden Spezialisten alleine weiter nach der Störungsursache suchen, Xutl. Ich muss mit dir sprechen.«

Der Marsianer sah ihn verblüfft und ernst zugleich an und gab Warren ein paar Anweisungen, bevor er sich Nick anschloss.

»Wir gehen in meine Kabine«, meinte der Weltraumfahrer und winkte Tom Brucks zu sich. »Komm du bitte auch mit.«

»Was ist los?«, fragte der Biologe, der sich die Zeit in der Zentrale vertrieb. »Du machst ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter.«

Nick erwiderte nichts darauf, sondern verließ die Brücke und ging zu seiner Kabine.

Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, trat er an die Kontrollkonsole und drückte mehrere Knöpfe.

»Was machst du da, Nick?«, fragte Xutl.

»Ich schalte alle Möglichkeiten aus, dass unser Gespräch belauscht werden könnte«, antwortete der Weltraumfahrer.

»Wie?«, entfuhr es Tom Brucks. »Ich verstehe nicht …?«

Nick drehte sich zu seinen beiden Freunden um. Zwischen seinen Augen hatte sich eine tiefe Falte gebildet.

»Es ist etwas geschehen, das mich vermuten lässt, dass wir jemanden an Bord haben, der … nun, sagen wir … unser Vertrauen nicht verdient.«

Xutl und Tom Brucks sahen ihn fassungslos an. Nick bat sie, Platz zu nehmen, und unterrichtete sie über den geheimnisvollen Funkspruch. Der Marsianer legte die Hand ans Kinn und hörte ihm schweigend zu.

»Das ist wirklich seltsam«, meinte Tom Brucks. »Wir …«

Nicks Kopf ruckte herum. Jemand klopfte gegen die Kabinentür. Er warf seinen Freunden einen schnellen Blick zu und erhob sich, um die Tür zu öffnen.

»Ah, die beiden Experten für den Überlichtantrieb«, begrüßte er Warren und Franks, die auf dem Gang standen.

»Wir haben den Grund für die Störung gefunden«, entgegnete Chefingenieur Warren und warf ein kleines Knäuel in die Luft.

»Ein Stückchen Draht?«, fragte Nick, nachdem er es aufgefangen hatte.

»Ja, nur ein Stückchen Draht …«, antwortete der Ingenieur mürrisch. »Es hat einen Kurzschluss verursacht. Was mich nicht wundert. Das eigentlich Merkwürdige an diesem Draht ist, dass er nicht zu dem Gerät gehört, in dem wir ihn gefunden haben.«

»Hm …«, überlegte Nick. »Haben Sie die Störung behoben?«

»Ja«, antwortete John Franks. »Nachdem wir den Draht entfernt hatten, konnten wir das Aggregat wieder hochfahren. Die Anlage ist vollkommen überprüft worden. Sie funktioniert wieder einwandfrei!«

»Danke«, antwortete Nick. »Bitte bewahren Sie Stillschweigen über diesen geheimnisvollen Draht.«

Er hob das Knäuel an, und der Ingenieur wie auch der Techniker nickten. Ihnen war anzusehen, wie sehr sie sich über diesen Vorfall ärgerten. Sie verabschiedeten sich, und Nick schloss die Tür.

Er warf seinen Freunden einen gedankenverlorenen Blick zu.

»Es hat keinen Sinn, darum herumzureden … wir haben einen Verräter an Bord!«

»Du hast recht«, entgegnete Xutl ernst. »Der Draht ist der Beweis dafür, dass jemand die Anlage sabotiert hat. Aber …«

»… wer könnte das getan haben?«, fiel ihm Tom Brucks ins Wort. »Und warum?«

Nick sah ihn unverwandt an. »Die Beschädigung der Überlichtgeschwindigkeits-Anlage war nur geringfügig. Aber sie bedeutet für uns einen Zeitverlust. Ich wüsste jemanden, dem das sehr gelegen käme!«

»Du meinst Anderson?«, hakte Tom nach.

»Genau«, bestätigte der Weltraumfahrer. »Anderson ist trotz Startverbot zu einer Raumreise aufgebrochen, und ich müsste mich schon sehr irren, wenn sie ihn nicht in das neu entdeckte Sonnensystem führt! Er hat vier Wochen Vorsprung, wenn ich mich an Murrays Information richtig erinnere, aber wir wären mit Überlichtgeschwindigkeit doch lange vor ihm auf dem zweiten Planeten gelandet.«

Er wandte sich dem Marsianer zu.

»Du kannst es ausrechnen. Xutl. Ich vermute, Anderson fehlte genau diese durch die Sabotage hervorgerufene Verzögerung, um vor uns ans Ziel zu gelangen.«

Sein Freund nickte. »Ich rechne es nach. Aber selbst wenn sich dein Verdacht bestätigen sollte, wissen wir nicht, wer von unserer Besatzung mit ihm im Bunde ist.«

Nick schob das Kinn vor. »Früher oder später wird er sich verraten«, überlegte er. »Er wird versuchen … Geh zu Jane Lee, Tom«, wies er den Biologen an. »Sie soll dir das Medaillon aushändigen. Es ist besser, ich verwahre es.«

»Gut«, stimmte Tom Brucks zu.

Die Männer verließen die Kabine. Während Tom zu Jane Lees Quartier ging, schlugen Nick und Xutl den Weg zur Zentrale ein. Nachdem das Aggregat wieder funktionierte, mussten sie nur wenige Kontrolldurchläufe durchführen und konnten dann auf Überlichtgeschwindigkeit schalten.

Nick 6 (zweite Serie): Baltimore Lees Diamanten

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