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Berühmte Indianerromane

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Unter diesem Titel bringt das „Magazin für Abenteuer-, Reise- und Unterhaltungsliteratur“ in loser Folge „Porträts“ der großen „klassischen“ Indianerromane und -erzählungen. Damit sollen diese zum Teil leider in Vergessenheit geratenen Werke dem Freund dieses Genres vorgestellt oder in Erinnerung gerufen werden; gleichzeitig soll damit der „indianische“ Teil des Programms für die vom Verlag A. Graff geplante Buchreihe „Berühmte Abenteuerromane“ vorgestellt werden. Außerdem bildet diese Fortsetzungsreihe eine wertvolle Ergänzung zu zwei Standard-Nachschlagewerken, die in Zusammenarbeit des Verlages A. Graff mit dem Karl-May-Verlag erscheinen werden:

Dr. Rudolf Beissel: „Von Atala bis Winnetou“ – Biographien berühmter Westernautoren.

Dr. Rudolf Beissel/Dr. Gertrude Hafner: „Der Indianer in der Weltliteratur“

Zur Vermeidung von Wiederholungen werden in diesem Rahmen nur knappe biographische und bibliographische Angaben gemacht; der Schwerpunkt der Information soll auf dem Inhalt des jeweiligen Werkes liegen.


James F. Cooper

1. James Fenimore Cooper

Die Beweinte von Wish-ton-Wish (The Wept of Wish-ton-Wish)

(Conanchet oder Die Grenzbewohner oder Die Puritaner von Connecticut) 1829

Unter den frühesten Auswanderern, die aus religiösen Gründen England verließen und sich in den Kolonien von New England ansiedelten, befand sich der Kapitän Mark Heathcote. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts zog er mit seiner Familie – seinem Sohn Content und seiner Schwiegertochter Ruth – in die Wildnis von Connecticut, wo er im Tal von Wish-ton-wish ein von Palisaden umgebenes Anwesen errichtete, dessen Mittelpunkt ein befestigtes Blockhaus war, das Schutz vor Indianern bieten sollte.

Aber die Jahre vergehen friedlich, das Anwesen blüht. Content und seine Frau haben zwei Kinder, Mark und Ruth. Man schreibt das Jahr 1666. Der junge Made zählt ungefähr 15 Jahre, die kleine Ruth an die 10. Ihr gleichaltrig ist ein Waisenkind namens Martha, das in die Familie aufgenommen ist. Da taucht zum ersten Mal ein geheimnisvoller Flüchtling auf – Submission nennt er sich. Er wird von den Häschern des englischen Königs verfolgt, weil er einer der Richter war, die 1649 König Karl I. zum Tode verurteilt hatten.

Zu gleicher Zeit wird ein 15-jähriger Indianer gefangen genommen – es ist Conanchet, der Sohn des Narangansett-Häuptlings Miantonimoh, der ermordet wurde. Man hält ihn im Blockhaus fest, behandelt ihn aber gut. Der alte Made sucht ihn zum Christentum zu bekehren.

Der Winter vergeht. Die Häscher des Königs ziehen unverrichteter Dinge wieder ab. Submission erscheint wieder. Noch liegt Schnee, da bricht das Unheil über die friedliche Siedlung herein. „Der Heide kommt!“ Die Narangansett erscheinen, den Sohn ihres Sagamore zu befreien. Ein verzweifelter Kampf beginnt. Palisaden und Gebäude gehen in Flammen auf. Die Weißen ziehen sich in das Blockhaus zurück.

Es ist Conanchet, der Mutter Ruth behilflich ist, ihre Tochter und die kleine Martha aus dem Wohnhaus vor den Wilden zu retten. Aber in der Verwirrung verwechselt sie die beiden Mädchen. Die eigene Tochter geht verloren. Das Blockhaus bricht brennend zusammen, die Indianer ziehen ab. Sie ahnen nicht, dass sich die Weißen im Brunnenschacht des Blockhauses retten konnten. Die Familie Heathcote betrauert die kleine Ruth, von der man nicht weiß, ob sie in den Flammen umgekommen ist oder von den Wilden mitgeschleppt wurde. Alle Nachforschungen bleiben vergebens. Gleichzeitig ist Whittal Ring, ein geistesschwacher Junge, verschwunden.

Zehn Jahre später. Es ist das Frühjahr 1676. Seit dem Sommer 1675 wütet der Indianerkrieg, der als „König Philips Krieg“ in die Geschichte eingegangen ist. Metakom (König Philip), der Häuptling der Wampanoag, hat die alte Feindschaft mit den Narangansett beigelegt und sich mit Conanchet, dem Häuptling der Narangansett, gegen die Weißen verbündet. Infolge Verrats musste er zu früh losschlagen. Nach anfänglichen Erfolgen der Indianer wendet sich das Blatt zugunsten der Kolonisten, die mit den Mohikanern und Pequods verbündet waren. Im Dezember 1675 wurde das Dorf der Narangansett überfallen, der Stamm mit Weibern und Kindern fast ausgerottet. Conanchet war unter den wenigen, die sich retten konnten.

Im Tal von Wish-ton-wish ist in der Zwischenzeit eine blühende Siedlung entstanden. Bei den Ruinen des niedergebrannten Blockhauses haben die Heathcotes ein neues Haus errichtet. Bisher hat der Krieg die Siedlung verschont. Da bringt man eines Tages einen gefangenen Indianer herbei, der von seiner Schwester als Whittal Ring erkannt wird. Aber der Schwachsinnige ist ganz Indianer geworden und erinnert sich kaum seiner Jugendzeit.

An einem Sonntagmorgen überfallen Indianer unter Metakom und Conanchet die Siedlung. Die Heathcotes geraten in die Gefangenschaft von Conanchet, der nun erst erfährt, dass sie noch leben. Er schenkt ihnen das Leben und setzt gegen den Widerstand Metakoms durch, dass der Angriff abgebrochen wird. Er führt nun der Mutter die verloren geglaubte Ruth zu, die sein Weib geworden ist und sich als Narra-Mattah ganz als Indianerin fühlt. Er lässt die Tochter bei den Eltern und schickt ihnen durch Submission, der als Einsiedler sich in der Nähe der Siedlung verborgen hält, seinen kleinen Sohn zu.

Ein Indianer verrät den Weißen das Lager der stark geschwächten Schar Metakoms und Conanchets im Urwald. Conanchet berät mit Metakom wegen Friedensverhandlungen, die Submission vermitteln soll, da brechen die Weissen mit Mohikanern unter Unkas*) in das Lager ein. Metakom entkommt, aber Conanchet, der Submission vor den Mohikanern rettet, wird von diesen gefangen. Die Weißen überlassen ihn seinem Todfeind, der ihn zum Tode verurteilt.

Auf sein Wort hin wird Conanchet für eine gewisse Frist freigelassen, um sein Weib noch einmal zu sehen. Narra-Mattah verschwindet nachts mit ihm aus dem Elternhaus und folgt ihm. Zur festgesetzten Stunde stellt er sich dem Unkas. Aufrecht stirbt der letzte Häuptling der Narangansett, aber auch Narra-Mattah überlebt die seelischen Erschütterungen dieser Stunde nicht. Neben ihm wird sie begraben.

Anmerkung:

Hierbei handelt es sich nicht um den „letzten Mohikaner“ Uncas, wie auch die Mohikaner dieses Romans nichts mit den Mohikanern aus dem „Lederstrumpf“ zu tun haben (vergl. Anmerkung bei Hermann F.C. Ten Kate).

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, was in der Zeitschrift „Das deutsche Wort“ vom 16. Juni 1962 zu der Neuausgabe von „Conanchet“, herausgegeben von Arno Schmidt, Vorabdruck seinerzeit in der „Deutschen Zeitung“, gesagt wurde.

Arno Schmidt veröffentlicht zurzeit wieder eine Cooper-Ausgabe, ebenfalls im Goverts-Verlag. Es handelt sich dabei um die Little-Page-Trilogie.

Zeitschriftenzitat:

Mit fremder Feder

Da erschien im Anfang des Jahres im Feuilleton der „Deutschen Zeitung“ in Köln der Roman „Conanchet oder Die Siedler im Nachtigallental“ von James Fenimore Cooper, dem „Vater des Lederstrumpf“. Im Kopf der über 90 Fortsetzungen stand zu lesen: „Alle Rechte bei Henry Goverts, Stuttgart – Aus dem Amerikanischen von Arno Schmidt“. Woraus jeder Leser schließen musste, dass ihm hier der vor 133 Jahren erschienene Roman Coopers in einer neuen Originalübersetzung von Arno Schmidt, dem preisgekrönten „Pionier neudeutscher Epik“, dargeboten wurde.

Die meisten Leser, die des „Pioniers“ eigene Dichtungen nicht kennen, vielleicht aber seine selbstbewusste Kritik an anderen, werden sich allerdings bald über das verstaubte, verschachtelte und schwer verständliche Deutsch gewundert haben, das ihnen hier zugemutet wurde. Mancher wird sich gefragt haben, wieso weder der Lektor des Goverts-Verlages noch der Feuilletonleiter der „Deutschen Zeitung“ über dieses Deutsch gestolpert ist. Einem Schriftsteller, der nicht dem mächtigen Clan bundesrepublikanischer „Dichter“ angehört, wäre dieses Deutsch gewiss von keinem Lektor abgenommen worden.

Wer das amerikanische Original zur Hand nimmt, aus dem A. Schmidt angeblich übersetzt hat, und Vergleiche anstellt, schüttelt recht schnell den Kopf und bedauert den armen Cooper ob dieser neudeutschen Verdeutschung. Wer aber dann noch zur allerersten deutschen Übersetzung des Romans greift, die von Karl Meuter besorgt wurde und Anno 1829 im Verlag von Johann David Sauerländer in Frankfurt am Main erschienen ist, der wird noch schneller stutzig.


Duncker und Humblot, Berlin 1829 / Sauerländer, Frankfurt, 1829

Je länger er vergleicht, desto klarer wird ihm, dass der „Pionier der neu-deutschen Epik“ sich keineswegs der Mühe einer eigenen neuen Übersetzung aus dem amerikanischen Original unterzogen hat, wie er dreist behauptet, ja dass er dieses Original nie gesehen hat. Bieder und brav hat er sich einfach die alte Übersetzung Karl Meurers hergenommen – wer sollte die wohl noch kennen? – und husch-husch nur hier und da ein wenig gestrichen oder Kleinigkeiten geändert.

Aber der alte Meurer ist längst vergammelt und kann nicht mehr dagegen

protestieren, dass ein anderer sein Etikett auf seine Arbeit klebt, um damit Gröschelchen zu sammeln. In 133 Jahren sind die Exemplare der Sauerländerschen Ausgabe selten geworden und es war kaum zu erwarten, dass jemand auf den Gedanken kommen würde, zwischen Karl Meurer und Arno Schmidt Vergleiche zu ziehen. Dass es doch geschah, ist ausgesprochenes Pech.

Denn nun werden die Kritiker-Amigos beim Erscheinen des Buches keine Hymnen mehr singen können, wie ihr neudeutscher Epiker mit feinem Gefühl und gewaltiger Sprachkunst den alten Cooper wieder zu neuem Leben erweckt hat. Aber das ist auch alles. Sie werden ihm bestimmt nicht den Strick drehen, den sie im gleichen Fall jedem Nichtmitglied des Clans mit Wonne um den Hals gelegt haben würden. Sie werden eisern darüber schweigen, auf welchen Schleichpfaden ihr kühner Pionier im amerikanischen Hinterwald Kies gesammelt hat.

Eines bei dieser degoutanten Angelegenheit ist tröstlich: die alte Meurer’sche Übersetzung entspricht gewiss unserem Sprachempfinden von heute nicht mehr, aber nicht auszudenken wäre es, wenn Arno Schmidt wirklich eine eigene Übersetzung fabriziert hätte!

“… an der Seite hingen die Ooren wie Lumpen … der Abtritt eines Mundes…“ Cornelius von Cöln

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