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Anmerkungen zu den beiden Reprintausgaben von „Deutsche Herzen, deutsche Helden“
ОглавлениеThomas Ostwald
Wie den meisten Lesern unserer Zeitschrift bekannt sein wird, liegen jetzt zwei Reprintausgaben von Karl Mays Roman „Deutsche Heizen, deutsche Helden“ vor. Der Karl-May-Verlag, Bamberg, gab in originalgetreuer Heftausgabe die früheste Fassung des Münchmeyer-Verlages heraus, der Olms-Verlag, Hildesheim, dagegen die bearbeitete und gekürzte Ausgabe des Münchmeyer-Nachfolgers Fischer. Über beide Ausgaben wird ausführlicher noch an anderer Stelle berichtet werden. Wir informieren unsere Leser rechtzeitig. Hier sei in kurzer Form auf eine vorgenommene Vergleichslesung hingewiesen, die zu folgendem Ergebnis führte. Lakonisch kann man feststellen, dass die Fischer-Ausgabe für Forschungszwecke absolut ungeeignet ist. Aber diese Tatsache wird ohnehin dem Kenner bekannt sein. Es soll hier jedoch nicht verschwiegen werden, dass für May-Zitate auch die früheste Veröffentlichung aus dem Münchmeyer-Verlag, also der Reprint des Karl-May-Verlages, nur mit Vorsicht zu benutzen ist. Deutlich spürbar ist hier immer wieder die Hand eines Bearbeiters, oftmals wurden Textpassagen so hingeschmiert, dass es schwerfällt, hier Karl Mays Hand zu vermuten (obwohl Karl May, wie bekannt, unter ständigem Zeitdruck stand). Für Rückschlüsse bleibt letztlich nur die Möglichkeit der Spekulation. Denn wer will ausschließen, dass das verwendete Zitat nicht gerade aus der Feder besagten Münchmeyer-Mitarbeiters (wahrscheinlich Walter?) stammt? Dennoch ist es natürlich richtig, im Zuge der Karl-May-Forschung, die erste Heftausgabe als Reprint vorzulegen, da im Falle der Münchmeyer-Romane – wie schon so oft an anderer Stelle dargelegt – die Originalhandschriften verloren sind. Unverständlich ist es deshalb, warum die Fischer-Ausgabe unter diesen Aspekten als Reprint erscheint, die eindeutig durch die Hand des Fischer-Bearbeiters Staberow gelitten hat. Hier von einer Originaltextfassung zu sprechen ist eine Zumutung, wenn man die zahlreichen Streichungen berücksichtigt. Dass dadurch dieser Riesenroman lesbarer wurde, steht hier nicht zur Debatte. Die Frage heißt doch wohl: Wozu Reprints von Bearbeitungen mit solch einschneidender Art? Ich kann meine hier angemeldeten Bedenken mit Zahlen untermauern: Zählt man alle Streichungen zusammen – ohne Rücksicht auf ihren Umfang – so kommt man für das Gesamtwerk auf die stolze Zahl von 3.282 Stellen. Oder: Auf den ersten 200 Seiten des Bandes „Die Königin der Wüste“ (Fischer-Ausgabe) finden sich bereits 100 Streichungen. Wohlgemerkt: Streichungen, nicht Textvarianten durch Verschiebung der Sätze. Oder: Der letzte Band der Fischer-Ausgabe, „Der Engel der Verbannten“, weist mindestens 60% Kürzungen auf. Was hier dem Bearbeiter zum Opfer fiel, könnte noch einen voluminösen Band füllen.
Dass die Bearbeitungen durch Staberow zudem oft sinnentstellend sind und offensichtlich unter dem großen Zeitdruck der Neuherausgabe angefertigt
wurden, wird ausführlich in der o.a. Abhandlung dargestellt weiden. Ein Wort noch zu den angeblichen „Unsittlichkeiten“, die einst einen Herrn Cardauns nicht schlafen ließen. Sie sind zum größten Teil auch noch in der Fischer-Ausgabe enthalten, allerdings oft gemildert. Dass z.B. Sam Barth von der schönen Donna Miranda aufgesucht wurde, war Staberow wohl zu stark, flugs ließ er den dicken Trapper zur schönen Donna schleichen … Noch eines sollte hier erwähnt werden: Die diversen „Unsittlichkeiten“ – also Verführungsszenen von Donna Miranda/Sam Barth oder derselben Dame mit Herrn Balzer – wirken beim Lesen derart gekünstelt und als Fremdkörper, dass ich mich des Gedankens nicht erwehren kann, hier hat ein gewisses Verlagsfaktotum seine schmutzigen Gedanken hineingeschrieben. Wir sollten dabei den Herrn Kolporteur Münchmeyer (und nur diesen, nicht unbedingt den ganzen Berufsstand!) vor Augen haben, der stets darauf bedacht war, mit ein wenig „Pikanterie“ den Umsatz zu heben (siehe sein Verlagswerk „Venustempel“). Mays Werke boten sich geradezu für solche Einschübe an, und Skrupel kannte Münchmeyer wohl kaum. Der empörte Ruf Karl Mays nach Gerechtigkeit hat nach dieser Lektüre für mich eine neue Bedeutung erlangt, die Prozesse um die Urheberschaft erscheinen mir in anderem Licht. Leider konnte diese Angelegenheit damals nicht restlos geklärt werden, doch die erwiesenen und beurkundeten 5% Einschübe sind durchaus für die entsprechenden Passagen ausreichend. Vielleicht wurde aus diesem Grunde beim Reprint des Karl-May-Verlages der Name des angeblichen Verfassers auf dem Titel auch fortgelassen, ebenso auf den Kartonschubern. Man sollte auch heute noch respektieren, dass Karl May immer darauf bestanden hat, die Werke in dieser Form nicht verfasst zu haben.
Die Reprint-Ausgabe des Karl-May-Verlages
In Einzelheften geliefert, inklusive drei Sammelkartons
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