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Ein Ring, sie zu knechten

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Hektisch sausen die Scheibenwischer, hin und her und her und hin, chancenlos, der herabstürzenden Fluten Herr zu werden. Kaum ein Mensch auf den Straßen, und wenn doch, dann wird gelaufen, geduckt und eng an den Hausmauern entlang, denn was die vorbeisausenden Autoreifen da an Fontänen auf den Gehsteig jagen, demontiert jeden Schirm zum Mode-Accessoire.

Wortlos und gefasst lenkt Hausmeister Petar Wollnar den Wagen durch die Stadt.

Richtig adrett hat er sich herausgeputzt, zwar wie meist mit blauem Zweiteiler, aber diesmal nicht im Arbeits-, sondern nur im Anzug. Darunter ein weißes Hemd, samt einer Krawatte, deren ausgebleichtes Blumenmuster schon in voller Farbfrische nicht wirklich schöner war. Aber was zählt das schon?

Auf die Absicht kommt es an.

Und die könnte wohl besser kaum sein.

Gut gelaunt ist er. Eine Heiterkeit, die ihm hoch angerechnet werden muss, denn viel erbarmungsloser kann sich der Himmel kaum zeigen. Wenn es doch wenigstens nur ein Schnürlregen wäre, ein zartes Anstreichen, ein Kitzeln der Wange.

Aber nein.

Dicke Tropfen stürzen da herab, 21, 22, 23, waschelnass.

Petar Wollnar jedoch ist vorbereitet, mit Schirm, Charme und Pritschenwagen. Einmal mehr nach einer Zitterpartie mit der §57a-Begutachtungsplakette versehen und als Draufgabe von seinem Mechanikerfreund Miłosz Grabowsky frisch innengereinigt, steht sein alter Kübel in zweiter Spur. Da liegt kein Krümel mehr auf der Polsterung, stecken keine Wurstsemmelreste in Alufolie und kein eingetrockneter Kaffeebecher im Getränkehalter.

Und sogar pünktlich war er. Auf die Minute genau. Was in seinem Fall einem Wunder gleichkommt, denn eine Langsamkeit ist ihm zu eigen, sowohl sprachlich als auch motorisch, da muss ein Mensch schon ordentlich Zeit mitbringen.

„Alles gut?“

„Besser geht’s kaum!“, lässt ihn Willibald Adrian Metzger wissen.

„Wie viel?“

„3000 glatt. Ohne Rechnung. Er hat sich ein Großraumtaxi kommen lassen und den Sessel gleich mitgenommen.“

„Schöner kann der Tag nicht anfangen, oder? Und nach Hause darfst du auch bald wieder!“, bemerkt der Hausmeister aus durchaus egoistischen Gründen, denn selbstverständlich ist ihm der Metzger abgegangen. Wen hat er auch sonst, außer sein Stiegenhaus. „Und freust du dich schon?“

„Worauf?“

„Na, worauf?“, kommt Petar Wollnar einer seiner seltenen Schmunzler aus. Dazu wiederholt er wortgetreu, was dem Metzger von seiner Danjela zum Abschied durchs Stiegenhaus hinterhergerufen wurde: „Ach Willibald. Sehen wir uns erst wieder in vierzehn Tage. Na ja, steigert sich wenigstens Vorfreude auf Hochzeitsnacht!“

Und jetzt schmunzelt auch der Metzger.

Optimismus in Reinkultur, so etwas. Anzunehmen, nach 13 gemeinsamen Jahren Beziehung reicht ein zweiwöchiger Liebesentzug, um es vor lauter Libido gar nicht mehr auszuhalten. Und das mit über 50 und ohne Tabletten.

„Hoffentlich will sie mich noch.“

„In so einem feschen Anzug! Sicher. Hier!“, reicht ihm Petar Wollnar eines dieser kleinen Fläschchen, wie sie zuhauf neben Supermarktkassen stehen. „Trauzeugenservice. Das braucht man als Bräutigam.“

„Wodka? Und damit wird alles leichter?“

„Nicht alles!“, amüsiert sich der Hausmeister und zwickt sich selbst in den Bauch. „Und jetzt trink!“

„Ich mein es ernst, Petar. Ich bin die letzte Zeit immer fetter geworden und Danjela immer schlanker!“

„Schlanker und gereizter. Aggressiv sogar! Und das ist besser?“

„Aber was ist los mit ihr?“

„Ich hab meine eigene Frau schon nie verstanden, glaubst du, ich versteh deine? Hauptsache, euer gemeinsames Leben geht weiter. Ein Ring ändert nichts.“

Ruckartig reißt es den Metzger hoch, panisch: „Verdammt!“

Und Petar Wollnar versteht sofort. „Besser, du kommst jetzt drauf. Ist kein großer Umweg“, bleibt er zumindest äußerlich gelassen.

Die Djurkovic und ihr Metzger

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