Читать книгу Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht - Thomas Rauscher - Страница 185
3. Deutsche lex fori als „regelwidriges“ Scheidungsstatut
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Die Ehe könnte jedoch nach deutschem Recht gemäß Art. 10 Rom III-VO zu scheiden sein. Dies setzt voraus, dass das nach Art. 5 oder Art. 8 anzuwendende Scheidungsstatut eine Ehescheidung nicht vorsieht. Ähnlich wie zu Art. 17 Abs. 1 S. 1 aF EGBGB[11] mag man darüber streiten, ob unter Art. 10 Rom III-VO auch eine nachhaltige Verzögerung der Ehescheidung nach dem eigentlichen Scheidungsstatut hierunter fällt. Jedoch besteht nach der Verkürzung der Trennungsfrist für streitige Scheidungen im italienischen Recht auf 12 Monate der Unterschied zum deutschen Recht nur noch in dem Erfordernis der formellen Feststellung des Getrenntlebens, was die unter § 1566 Abs. 1 BGB beliebte Umgehung des Trennungsjahres vermeidet und im Grunde der eheerhaltenden Tendenz einer „Besinnungsfrist“ besser entspricht als das nur faktische Getrenntleben des § 1567 BGB. Es ist also, selbst wenn man Art. 10 Rom III-VO erweiternd auslegen wollte, nicht von einer unzumutbaren Erschwernis der Scheidung auszugehen. Der zweite Fall des Art. 10 Rom III-VO, eine geschlechtsspezifische Diskriminierung in den Scheidungstatbeständen, ist offensichtlich nicht gegeben.
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Somit ist der Scheidungsantrag ausschließlich nach italienischem Recht zu beurteilen und damit unbegründet. In Betracht kommt eine Antragsänderung (§ 263 ZPO) zu einem Antrag auf gerichtliche Ehetrennung nach italienischem Recht, über den dann ebenso zu entscheiden wäre wie nachfolgend Rn 180 ff. Eine divorzio breve, also eine Ehescheidung im Verfahren der anwaltlich unterstützen außergerichtlichen Ehescheidung, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Form der Ehescheidung nur einvernehmlich möglich ist (MAT k) und Marcello nicht geschieden werden will.