Читать книгу Die blaue Blume - Thomas Riedel - Страница 6

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Kapitel 3

S

harukh hatte die Tür ins Schloss fallen lassen, während sich Lord Dwerryhouse erschöpft gegen die Wand der Eingangshalle gelehnt hatte. Nur langsam fiel die Anspannung von ihm ab. Seine Gedanken kreisten um die verschwundene Frauenleiche im Wasserbecken. Er verstand einfach nicht, wie das möglich war.

»Das ist mir unbegreiflich!«, seufzte er. »Verstehst du das, Sharukh?«

Sein Diener sah ratlos aus.

»Wir müssen beide an Halluzinationen leiden, Sir«, erwiderte er. »Aber an Spukgestalten glaube ich deshalb noch lange nicht. Da hat sich jemand einen üblen Streich mit uns erlaubt. Anders kann ich mir das nicht erklären, Mylord.«

Als sie vom Eingangsbereich in die riesige Vorhalle zurückkamen, stieß Lord Dwerryhouse einen gellenden Schrei aus. Mit weit geöffneten Augen starrte er seinen Bediensteten an. Für einen kurzen Augenblick war er sprachlos.

»Das gibt es doch nicht! Das kann nicht wahr sein!«, rief er fassungslos.

Kaum hatte sich die Leiche im Wasserbecken auf ungeklärte Weise im Nichts aufgelöst, lag sie jetzt direkt vor ihnen auf den Fliesen. Es schien als sei sie gerade aus dem Wasser gestiegen, denn um ihren Körper zeichneten sich kleine Lachen ab.

»Das ... das ist ja!«, kreischte Sharukh. »Das ist sie!« Er ließ sich auf die Knie fallen. »Oh Kali!«, rief er aus. »Göttin des Todes und der Zerstörung, Verkörperung des Zorns, die du der schwer zu begreifenden Göttin Durgas aus der Stirn entsprungen bist, was ...«

»Hör auf damit! Glaubst du deine Göttin Kali kann uns helfen?«, brüllte Lord Dwerryhouse unbeherrscht und übertönte das Gebet seines Dieners.

Er glaubte nun endgültig den Verstand zu verlieren. Ihm war schwindelig und er bekam Hitzewallungen. Sein Kopf begann zu schmerzen. Als jetzt aus den oberen Räumen auch noch ein grausames, erbarmungsloses Gelächter erschall, presste er sich beide Hände auf die Ohren.

»Sieh sofort nach was das ist!«, stöhnte er befehlend. »Ja, hörst du nicht! Sofort, sage ich! Auf der Stelle!«

Sharukh reagierte nicht. Für ihn stand fest, dass hier Wesen am Werk waren, die sich nicht fassen ließen. Wie versteinert blieb er knien. Für nichts auf der Welt wäre er jetzt nach oben gegangen. Mit Geistern wollte er nichts zu tun haben.

Auch der Lord rührte sich nicht von der Stelle. Es schien, als blickte er durch die gegenüberliegende Wand und würde etwas Grauenhaftes sehen. Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren und seine Hände zitterten.

»Die blaue Blume! Das verdammte Gift dieser Blume!«, rief Sharukh. »Diesmal ist es alles viel schlimmer, Mylord! Wir haben es mit Satan höchstpersönlich zu tun!« Ängstlich sah er seinen Herrn an. »Bei Brahma, was, wenn dieser Kriminalbeamte noch einmal zurückkommt!«

»Hör auf damit!«, schnaubte Sir William entgeistert. »Male doch nicht den Teufel an die Wand!«

Er hatte den Satz gerade beendet als es an der Tür schellte. Die beiden Männer zuckten zusammen.

»Das ... das ...ist ...«, keuchte der Lord.

Sharukh stand auf und wankte langsam zur Tür. Er wollte bereits öffnen, als ihn Lord Dwerryhouse fest an der Schulter fasste und von seinem Vorhaben abhielt.

»Um Gottes willen! Wenn das jetzt wirklich der Chief Inspector sein sollte ...«, zischte er. »Du bist wohl von allen Geistern verlassen, Sharukh! Wenn der jetzt die Frau sieht, klitschnass ... was wird der denken?«

»Aber, ... wenn wir nicht öffnen ...«

Die Klingel unterbrach ihn. Drohend und herausfordernd drang sie an ihre Ohren.

»Sollte ich nicht doch lieber …?«

Sir William hatte sich erneut gegen die Wand gelehnt. Er hatte das Gefühl seine Beine würden jeden Augenblick nachgeben.

»Ja, in Gottes Namen, ja!«, stöhnte er. »Es bringt ja nichts. Wir können nicht wie Verbrecher davor davonlaufen! Mach‘ schon auf!«

Der Mann im Türrahmen war tatsächlich Detective Chief Inspector Blake. Verwundert betrachtete er die beiden Männer, die mit völlig verstörten Mienen im Flur standen, gerade so, als wollten sie jeden Moment die Flucht ergreifen.

»Ich bitte um Entschuldigung, Mylord«, sagte Blake. »Aber ich hörte aus ihrem Haus ein äußerst seltsames Geschrei. Es klang schon fast wie ein irres Gelächter, aber ich möchte mich da nicht festlegen.« Prüfend sah er die beiden an. »Es ist doch alles in Ordnung?«

»Alles in Ordnung«, stammelte der Lord. »Alles in bester Ordnung! Besser geht es gar nicht! Wirklich nicht!« Seine Stimme war dabei umzukippen. »Kommen Sie nur herein! Alles in Ordnung! Gehen Sie am besten direkt in die Vorhalle! Sie werden sehen, es ist alles gut.«

Blake ließ sich nicht lange bitten. Schnellen Schrittes ging er in die Halle. Der Lord kam ihm schwankend hinterher. Er überholte dabei den Kriminalbeamten und ergriff eine Stuhllehne. Er musste sich festhalten. Auf seinem Gesicht fand sich jetzt ein Ausdruck fester Entschlossenheit. Dieser Sache wollte er nun ein Ende machen, ganz gleich, was das für ihn bedeutete.

»Zufrieden?«, fragte er. Sein Blick traf Sharukh, der zwei Yards hinter dem Chief Inspector stand, und aussah, als habe er ein Gespenst gesehen.

Die Stelle, an der gerade zuvor noch die Leiche von Meagan Sandford gelegen hatte, war leer. Auch die Wasser-spuren waren fort.

Sharukh fühlte sich von einer Dampfwalze niedergemacht. Unwillkürlich fing er an wie irre zu lachen und mit seinen Armen machte er zuckende Bewegungen, die nicht zu deuten waren.

»Und wieder blinder Alarm, Chief Inspector«, lächelte Lord Dwerryhouse verwirrt. »Sie müssen sich geirrt haben. Vielleicht kam das Geschrei oder Gelächter ja aus einem der Nebenhäuser. Man kann sich das sehr leicht vertun. Vor allen Dingen in der Dunkelheit.« Er deutete mit seinen Armen einmal ringsherum. »Wie Sie sehen, für die Polizei gibt es hier nichts zu tun. Reinweg gar nichts. Und nun will ich hoffen, dass Sie nicht noch einmal erscheinen.«

Detective Chief Inspector Blake nickte.

»Sie werden wohl recht haben, Mylord«, erwiderte er. »Ganz sicher bin ich einer Täuschung aufgesessen. So etwas kann schon einmal vorkommen, sagen Sie ja selbst. Wir meinen da wäre etwas, aber dann ist da am Ende doch nichts. Gar nichts. Ist schon komisch, nicht wahr?« Er schmunzelte. »Das dürfte einem alten Hasen wie mir eigentlich nicht mehr passieren.«

Diesmal ließ sich Blake nicht hinausbegleiten. Er ging allein zur Haustür und die beiden hörten, wie er die Tür hinter sich ins Schloss zog.

Noch immer stand Sharukh wie angewurzelt an seinem Platz. Seine Augen flackerten, auch wenn er scheinbar entspannt wirkte. In seinem Blick glomm ein Funke an Feindseligkeit gegenüber seinem Herrn. Dass alles überforderte ihn und der Wunsch, seine Sachen zu packen und einfach das Weite zu suchen, kam in ihm hoch.

Erst jetzt ließ Lord Dwerryhouse die Stuhllehne los, die er die ganze Zeit fest umklammert gehalten hatte. Er trat vor seinen Diener und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

»Fassen wir das Unfassbare einmal zusammen, Sharukh«, sagte er, und seine Stimme klang nun kühl und sachlich. »Am frühen Abend hatte ich hier eine junge Frau zu Gast. Meagan Sandford. Du hast uns bewirtet, wir haben gegessen und Wein getrunken. Wir haben uns exzellent unterhalten und auch gelacht. Dann hat sie plötzlich die Tafel verlassen. Sie sagte, sie wolle in den Waschraum, um sich ein wenig zurechtzumachen. Und ... und dann war sie weg!« Er machte eine kleine Pause und ordnete seine Gedanken.

»Ja, Mylord. Genau so ist es gewesen«, bestätigte sein indischer Diener. »Sie und ich haben sie noch gesucht, konnten sie aber nicht finden. Ich habe sie dann erst im Wasserbecken wiedergesehen.«

»Ich habe dich gesucht und im Garten gefunden. Da schwamm sie, wie eine aufgetriebene Wasserleiche auf der Oberfläche. Du hast mich auf sie aufmerksam gemacht. Das hat nichts zu bedeuten, denn ich kenne deine regelmäßigen nächtlichen Spaziergänge. Alsdann ... wir gingen ins Haus zurück und versuchten uns von der Situation ein Bild zu machen. Dann kam uns dieser Chief Inspector Blake vom Yard dazwischen.« Er fasste sich mit einer Hand grübelnd ans Kinn. »Er erzählte uns etwas von einem anonymen Anruf. Erstaunt hat mich, dass er den Namen meines Gastes kannte. Und noch erstaunlicher war, dass er sie tot im Wasserbecken im Park wusste. Meine Empfindung dazu möchte ich nicht zum Ausdruck bringen, und schon gar nicht will ich mich in irgendwelchen Spekulationen verlieren. Fakt ist: Die Leiche war weg und Blake ging wieder.« Er lief ein paar Schritte durch die Halle. Dann machte er auf dem Absatz kehrt. »Als wir hierher zurückkehrten, lag die Leiche vor uns auf dem Marmorboden und von oben hörten wir irres Gelächter. Aus welchem Grund auch immer sich der Chief Inspector noch in der Nähe aufgehalten haben mag, er kam jedenfalls zurück. Und als ich einknicke und ihm die Leiche zeigen will, da ist sie wieder einmal verschwunden.« Mit ernstem Blick sah er seinen Diener Sharukh an. »So sieht es aus! Klingt alles wie aus einem Psychothriller, völlig idiotisch das alles, ... aber es ist eine unumstößliche Tatsache.«

»Sie haben in Ihrer Ausführung Rasriria vergessen«, bemerkte Sharukh.

»Stimmt, Sharukh«, bestätigte der Lord mit einem schiefen Lächeln. »Diese seltsame Frau, die sich förmlich vor meinen Augen in Luft aufgelöst hat. Hast du diese Rasriria bereits einmal vorher zu Gesicht bekommen?«

»Nein, Mylord. Ebenso wenig wie Sie«, antwortete der Diener. »Sie soll der Legende nach recht eigenartig sein. Irgendwie ein wenig menschlich, aber doch eher wie ein Gespenst.«

»Das ist doch völliger Blödsinn!«, widersprach Lord Dwerryhouse mit lauter Stimme. »Sie war aus Fleisch und Blut. Da war überhaupt nichts Übernatürliches an ihr.«

»Aber sie soll schweben können, wie Geister es tun, Sir«, warf Sharukh ein. »Welcher Mensch kann das?«

In diesem Moment erscholl aus den oberen Räumen wieder ein irrsinniges Gelächter. So schnell er konnte lief Sir William die Treppe hinauf. Kaum war er oben angelangt, riss er alle Türen auf und schaltete die Lichter ein. Es dauerte ein wenig ehe er erschöpft in die Eingangshalle zurückkehrte.

»Nichts, aber auch gar nichts!«, brummte er verbissen. »Da oben ist kein Mensch! Und irgendwelche geheimnisvolle Gänge oder versteckte Türen gibt es hier nicht!«

Sharukh sah ihn mit großen Augen an.

»Was glotzt du mich so an?«, begehrte der Lord auf. »Fällt dir dazu gar nichts ein?«

Sein Diener Sharukh zuckte zusammen. So in Rage hatte er Sir William schon seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt.

»Ich frage mich, auf welche Weise Miss Sandford in das Wasserbecken gekommen ist«, gab er zurück.

Der Lord lachte aufgebracht.

»Verrate mir lieber, wie sie aus diesem verdammten Becken wieder herausgekommen ist!« Er schlug mit der Faust auf den runden Tisch. »Wie zum Teufel ist sie in die Eingangshalle gekommen. Und wohin zum Herr Gott ist sie so plötzlich wieder verschwunden? Das ist doch noch viel seltsamer!«

Sharukh versuchte Ruhe zu bewahren.

»Aus eigener Initiative wird sie wohl kaum ins Wasser geraten sein. Immerhin hatte sie ein Messer im Rücken! Und, wenn ich mir erlauben darf, es zu bemerken, Mylord, ... es ist eines Ihrer Messer. Ich habe es am Griff erkannt!« Mit fragenden Augen sah er Sir William an. »Es bleiben ja nur zwei Möglichkeiten. Entweder wurde sie am Beckenrand ermordet und fiel hinein. Oder aber, sie war schon vorher tot und wurde hineingeworfen.«

Erbost ballte Lord Dwerryhouse die Hände. Wut und Verärgerung blitzte in seinen Augen, als er seinen Diener ansah.

»Sag mal, du willst mir doch nicht gerade etwas anhängen, oder?«, stieß er lauthals aus. »So weit kommt das noch!«

»Aber nein, Mylord«, suchte Sharukh seinen Herrn direkt zu besänftigen. »Ich denke nur an etwas Anderes. Vergessen Sie nicht, ... hinten an der Mauer liegt Jordan Harris und eine Reihe anderer. Mit der Harris hat vor acht Jahren alles angefangen ...«

Jetzt geriet der Lord in Raserei.

»Du mieser Hund!«, schrie er Sharukh an. »Wirst du wohl den Mund halten! Die Sachen sind erledigt, aus und vorbei! Du hast sie doch selbst alle dort vergraben!«

Sein Diener zuckte unter diesem wütenden Ausbruch heftig zusammen.

»Aber Sie ...«, er stockte. »Sie haben mich damals dazu ...«

»Jetzt ist aber Schluss! Kein Wort mehr!« Die Stimme seiner Lordschaft überschlug sich. »Ich will nichts mehr davon hören!«

Dicke Adern waren an seinem Hals hervorgetreten und eine tiefe Zornesfalte zeigte sich zwischen seinen Augenbrauen.

Wie zur Abwehr, gerade so, als erwarte er jeden Augenblick einen Übergriff des Lords, hatte Sharukh seine Hände erhoben. Unverhohlener Hass funkelte in seinen Augen und die Muskulatur über seinen Wangenknochen spannte sich.

»Sie mögen mich in dadurch ja in der Hand haben, Mylord«, gestand Sharukh ein und fügte drohend hinzu: »Aber vergessen Sie nicht: Ich Sie auch!« Feindselig sah er Lord Dwerryhouse an. »Wenn Sie wollen, wir können uns ja gegenseitig bei Scotland Yard verpfeifen! Fragt sich, wer besser aus dieser Nummer herauskommt.« Seine Augen funkelten böse. »Sie sollten sich hier nicht als Unschuldsengel hinstellen!«

Lord Dwerryhouse öffnete den Mund. Er wollte los-brüllen, aber seine Stimme ließ ihn im Stich. Er zögerte. Dann presste er seine Lippen fest aufeinander. Mit stierem Blick starrte er Sharukh an.

»Seit acht Jahren geht das nun schon! Seit acht Jahren lebe ich in der Hölle!«, sagte er, jetzt bedeutend ruhiger. »Du weißt das genau, Sharukh! Und du weißt ...«

Er verschluckte den Rest. Wieder schrillte die Hausglocke. Wie von einem harten Schlag getroffen, zuckte er zusammen.

»Das gibt es doch gar nicht!«, stieß er aus. »Wenn das schon wieder dieser vermaledeite Chief Inspector ist, dann lasse ihn nicht herein!« Er ließ sich in einen der Sessel sinken. »Ich will ihn nicht mehr sehen«, fügte er hinzu. »Es gibt keine Veranlassung ihn wieder einzulassen. Du kannst ihm ausrichten, ich hätte mich zurückgezogen, weil ich müde sei.«

Sharukh nickte und ging zur Tür. Allerdings hörte der Lord nicht, dass er auch öffnete. Stattdessen kam sein Diener direkt zurück. Er hielt einen Briefumschlag in der Hand, den er an ihn weiterreichte.

»Den hat jemand unter der Tür durchgeschoben«, erklärte Sharukh. »Es steht nichts darauf.«

Mit zitternden Händen riss Lord Dwerryhouse das Kuvert auf und holte das gefaltete Papier heraus. Darauf war ein Totenkopf und einige Zeilen:


Sie sind erkannt, Lord Dwerryhouse!

Sie haben Jordan Harris umgebracht und nun auch Meagan Sandford.

Wir wissen es und können es beweisen!

Scheiden Sie aus dieser Welt! Hören Sie?

Sie können nicht mehr leben.

Nicht mehr leben … nicht … mehr … leben …!

Mit einem fragenden Blick reichte er den Computerausdruck seinem Diener und wartete.

»Ein Ausdruck. Den kann jeder gemacht haben«, konstatierte Sharukh. »Nicht gerade ein beruhigender Text, aber doch wohl so gewollt. Scotland Yard können Sie das Papier schlecht zeigen. Doch mal ganz ehrlich, wenn diejenigen wirklich etwas gegen Sie in der Hand hätten, wäre es da nicht einfacher gewesen die Fakten direkt an die Polizei zu geben, anstatt Sie zum Selbstmord aufzufordern?«

Lord Dwerryhouse zeigte ein leichtes zustimmendes Nicken.

»Wir werden uns vorbereiten müssen, Sharukh«, meinte er leise. »Wie es aussieht, spitzt sich die Lage zu. Etwas kommt auf uns zu, und ich denke, wir müssen das alleine klären. Wir müssen Ruhe bewahren. Noch ist nichts weiter passiert. Und letztlich kann alles auch ein großer Bluff sein!« Aufmunternd sah er seinen Diener an. »Wir sind doch keine feigen Hunde, oder? Denk doch nur an unsere Abenteuer in Indien. Da haben wir uns ja auch nicht kleinkriegen lassen.«

Sharukh grinste.

Der Lord erhob sich wieder. Nachdenklich lief er auf und ab.

»Nein, nein, Sharukh!«, fuhr er fort. »Das haben wir nicht! Wie immer wird uns der Zufall zur Hilfe kommen. Und würzt der Zufall nicht das Leben? Alles andere wäre doch fade. Waren wir jemals fade, Sharukh?«

»Nein, Sir, niemals!«

»Dann bleibt es dabei«, hielt Lord Dwerryhouse fest. »Wir müssen die Nerven behalten. Auf keinen Fall dürfen wir nervös werden und überreagieren.« Er strich sich über das Kinn. »Gewiss, die aktuellen Ereignisse haben uns gefordert, aber eines sage ich dir, Sharukh, ... Und ich sage es dir auf Ehre und Gewissen. Ich habe Meagan Sandford nicht ermordet! Und die anderen ebenso wenig!«

»Ich glaube Ihnen, Mylord«, sagte Sharukh. »Die Frage ist, ob Sie es hätten tun können?«

Seine Lordschaft blieb die Antwort schuldig. Während er darüber nachdachte, ob er sie wirklich hätte töten können, schritt er die Treppe zu seinem Schlafzimmer empor. Hätte er sie tatsächlich umbringen können? Er wusste darauf keine Antwort. Wenn er es aber nicht war, so musste es jemand anders getan haben. Und diese Person versuchte es ihm unterzuschieben. Er fragte sich auch, wo die Leiche jetzt war. Aber auch darauf hatte er keine Antwort, ebenso wenig wie auf die Frage, ob ihn Scotland Yard schon am Morgen wegen Mordes in Gewahrsam nehmen würde.

Er versuchte sich zu beruhigen. Im Augenblick konnte er nichts tun. Er würde abwarten müssen. Bislang war immer alles gut ausgegangen. Jetzt also nur nicht die Nerven verlieren. Er würde sich nur verdächtig machen.

Er schloss die Knöpfe seines Pyjamas und legte sich ins Bett. Sein Schlaf war unruhig und er wälzte sich unruhig umher. Doch als erneut irres Gelächter unmittelbar unter seinem Schlafzimmerfenster ertönte, registrierte er es nicht. In seinem Kopf herrschte ein wildes Chaos an Vermutungen und Ideen. Sollten sie ruhig kommen. Er, Sir William Dwerryhouse, würde ihnen erhobenen Hauptes entgegentreten.


Die blaue Blume

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