Читать книгу Der letzte Schnappschuss - Thomas Riedel - Страница 5
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»Rufen Sie sofort Dr. Wellington an, Finley!«, keuchte McFlaherty nach einigen Minuten. »Sagen Sie ihm, dass meine Frau vermutlich eine Überdosis Schlaftabletten geschluckt hat. Er soll auf dem schnellsten Weg hierherkommen.«
»Ja, Sir. Ja!«, presste der Diener benommen hervor. Er wankte aus dem Schlafzimmer und hastete so schnell er konnte die Treppe hinunter. »Es hat doch keinen Zweck mehr den Arzt zu bemühen«, murmelte er halblaut vor sich hin. »Sie ist tot … und nicht mehr zu retten!«
Doch ihr verzweifelter Mann weigerte sich, diese schreckliche Tatsache zu akzeptieren. McFlaherty wischte sich mit dem Handrücken über den zitternden Mund. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Briefumschlag – zögernd, als hätte er Angst vor dem, was sich in dem Kuvert befand.
Ungeschickt begann er damit, den Umschlag aufzureißen. Er leckte sich mit der Zunge über die strohtrockenen Lippen. Ein Blatt Papier fiel ihm in den Schoß. Es war leer, oder zumindest beinahe leer. Die wenigen Worte, die sie für ihn niedergeschrieben hatte, konnte er mit einem Blick überfliegen.
Sie muss sehr aufgeregt gewesen sein, als sie diese Worte geschrieben hat, ging es ihm durch den Kopf. Er erkannte ihre Schrift kaum wieder. Ihre Hand musste gezittert haben. Ein heller Fleck zeigte an, dass sie während des Schreibens geweint hatte.
Er las: »Bitte verzeih mir, Malcolm. Ich wusste nicht mehr weiter.«
Das ist alles?, dachte er und knüllte das Papier verzweifelt zusammen. Was ist das für ein Brief? Was soll ich damit anfangen? Der Brief gibt mir keinen Aufschluss, warum Whitney sich das Leben genommen hat. »Warum, Whitney?«, rief er gequält. »Warum hast du das getan?«
*
Zwanzig Minuten, nachdem Finley den Hausarzt angerufen hatte, traf Dr. Wellington ein. Er war ein kleiner Mann mit schlohweißem Haar, einer stabilen Hornbrille auf der Nase und Tausenden von Sommersprossen im faltenreichen Gesicht. Während der Mediziner die Tote untersuchte, mussten McFlaherty und sein Diener vor dem Schlafzimmer warten. Nervös rauchte der Hausherr zwei Zigaretten hintereinander.
Dann öffnete sich wie in Zeitlupe die Schlafzimmertür.
Dr. Wellington brauchte kein Wort zu sagen. Sein Gesicht sprach Bände.
McFlaherty starrte den Arzt, mit dem er schon seit Jahren eng befreundet war, fassungslos an. Es schien, als würde er durch ihn hindurchsehen.
Bedauernd zuckte Wellington die Achseln. Auch ihn traf der Tod der Frau seines Freundes schmerzlich. »Es tut mir sehr leid, Malcolm.«
»Sie ist ...?«
»Ja«, bestätigte er die unausgesprochene Frage. »Ich konnte nichts mehr für sie tun.«
Wenngleich McFlaherty mit dieser Nachricht gerechnet hatte, war er von der Gewissheit so niedergeschmettert, dass er wankte und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
»Soll ich dir eine Beruhigungsspritze geben, Malcolm?«, fragte sein Freund besorgt.
McFlaherty hörte ihn nicht. Er schüttelte zwar den Kopf, doch das galt seiner Frau und ihrem Freitod, den er einfach nicht begreifen konnte.