Читать книгу Ein riskanter Trick - Thomas Riedel - Страница 5
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Die überbrachte Nachricht versetzte Bunsh in Hochstimmung. Seit er im Zuchthaus eingefahren war, hatte er nichts mehr von Glenconner gehört, dem Mann, der eine perfekte Organisation aufgebaut hatte und dessen Existenz dennoch von den meisten bezweifelt wurde. Er selbst wusste nur, dass es Glenconner gab – aber auch nicht mehr. Eines jedoch war für ihn klar: Es war richtig gewesen McNamaras Vorschlag abzulehnen.
Gegen neun Uhr am Abend tauchte Bushwick vor seiner Zelle auf. »Jetzt das Neueste vom Tag, Doc«, begann er und verkündete: »Du bekommst einen neuen Nachbarn!«
Bunsh sah ihn neugierig an. »Und? Wer ist es?«
»Glasgow-Ambrose! Damit bekommst du den prominentesten Gast dieses Etablissements zum Nachbarn. Du kannst ja schon mal das Empfangskomitee mobilmachen. Soviel ich gehört habe, bevorzugt der Bursche französischen Champagner.«
»He, Bushwick!«, nagelte ihn Lesters donnernde Stimme fest. »Steckst du schon wieder mit Bunsh unter einer Decke?« Während er ihm das zurief, kam er eilig näher.
»Ich veranstalte gerade eine Umfrage«, stellte Bushwick ungerührt fest.
»Ach, tust du das?«, spottete der Aufseher.
»Aber sicher.« Bushwick wandte sich an Bunsh. »Und? Kannst du mir nun sagen, was die irischen Schlangen machten, nachdem der Heilige Patrick sie ins Meer gejagt hat?«
»Was soll der Käse?«, knurrte Lester.
»Sie schwammen durch die Irische See, und als sie in Großbritannien ankamen, da wurden sie Zuchthauswärter«, erklärte Bushwick grinsend und bekam dafür lachenden Beifall von anderen Gefangenen.
Lester reagierte entsprechend säuerlich. »Du kommst auf der Stelle mit, Bushwick!«, befahl er. »Wenn du glaubst, dass du mir auf der Nase herumtanzen kannst, dann hast du dich geschnitten!« Wieder pfiff sein Knüppel durch die Luft und wies den Weg.
Die Männer hörten noch, wie Bushwick sich empört beschwerte: »Von Pressefreiheit haben Sie anscheinend noch nie etwas gehört, oder?«
»Habe ich es nicht immer gesagt, dass er mit seinem losen Mundwerk mal anecken wird?«, meldete sich McMasters aus seiner Zelle – ein Mittdreißiger, der wegen Scheckbetrugs einsaß.
»Mach dir um ihn keine Sorgen«, schmunzelte Bunsh. »Du weißt doch, dass er beim Direktor einen Stein im Brett hat.«
»Mag ja sein, aber diesmal geht er baden«, erwiderte McMasters überzeugt und fragte in die Runde: »Wer ist eigentlich dieser Glasgow-Ambrose, von dem er gesprochen hat?«
»Keine Ahnung«, meldete sich einer. »Würde mich auch interessieren.«
»Das wundert mich nicht. Ihr seid einfach schon viel zu lange hier«, mischte sich Hardcastle ein, der in Scarborough mit Rauschgift gehandelt hatte und inzwischen seit vier Monaten zu Bunshs unmittelbaren Nachbarn gehörte. »Der Kerl ist eine echte Größe. Seinen Spitznamen hat er bekommen, weil er aus Glasgow stammt und dort seinen ersten Coup gelandet hat. Das ist zwar gerade erst ein Jahr her, aber er hat sich seitdem einen ausgezeichneten Ruf als Schränker erworben. Man erzählt sich, es gäbe keinen zweiten wie ihn, der soviel von aktuellen Sicherungsanlagen versteht.«
»Also mal ehrlich, erzählt wird ja viel«, entgegnete McMasters wenig überzeugt. »Da muss man sich doch fragen, warum er hier gelandet ist, wenn er angeblich so eine große Nummer ist, oder?«
»Keine Ahnung«, gestand Hardcastle. »Ich weiß nur, dass er ein absoluter Einzelgänger ist. Und genau das ist seine Stärke.«
»Wieso?«
»Na, das liegt doch auf der Hand.« Hardcastle grinste. »Es gibt keinen, der ihn verpfeifen kann.«
»Mag sein, dafür hat er aber auch niemanden, der ihn absichert … Ist meiner Meinung nach eher keine Stärke!«
Hardcastle ließ sich auf keine Diskussion darüber ein. »Jedenfalls habe ich von ihm zum ersten Mal in Edinburgh gehört. Da hatte er einen mit modernsten Hilfsmitteln gesicherten Safe geöffnet. Keine der tollen Alarmvorrichtungen war losgegangen. Er hat sie alle außer Betrieb gesetzt.«
»Ja, das sind die Schwierigkeiten. Diese modernen Alarmanlagen. Früher war das echt einfacher.«
»Stimmt, aber dem Burschen macht das nichts. Er hat sein technisches Examen mit ›summa cum laude‹ abgelegt!«
»Wie du sprichst, ist er wohl ein guter Freund von dir, he?«
»Keine Spur. Wie ich sagte: Ich habe ihn nie gesehen … nur eine Menge über ihn gehört.«
Das trübe Deckenlicht verlosch. Demnach war es zehn Uhr abends. Draußen auf dem Gang näherten sich die Schritte des wachhabenden Aufsehers. Diesmal war es Officer McShane, dessen brummige Bassstimme man schon von weitem hören konnte: » Los! Ab in die Betten! Ihr wartet wohl auf das Kindermädchen, wie!?«
Noch zwei Tage, dachte Bunsh, dann komme ich hier endlich raus. Jetzt nur nicht mehr auffallen. Er wusste genau, dass er schnell ein neues Verfahren an den Hals bekommen konnte – weitaus schneller als ihm lieb war! Also hieß es: Nur keinen Fehler machen. Noch zwei Tage, dann habe ich die guten Dinge des Lebens wieder. Und dann wird es sich für mich auszahlen, dass ich bei dem Prozess damals so beharrlich geschwiegen habe.