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Kapitel 1 Die Geschichte begann in einem kleinen Ort in Rheinland Pfalz

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Wir, die Familie Walter, wohnten 1994 in einer schönen Vierzimmerwohnung. An alle Fenster hatte meine Frau bunte Blumentöpfe gestellt, vom Wohnzimmer aus, in dem alle Möbelstücke aus massivem Kiefernholz bestanden, konnten wir direkt auf unseren großen Balkon gelangen. Die großen Topfpflanzen auf dem Balkon gaben mir immer das Gefühl, ich wäre in einem tropischen Gewächshaus. Der Balkon war überdacht und zur Wetterseite mit Paneelen verkleidet. Zwei große Fenster gaben den Pflanzen genügend Sonnenlicht, sodass sie herrlich gedeihen konnten. In deren Mitte fühlte ich mich super entspannt, sodass ich fast täglich, in jeder Jahreszeit, hier draußen im Schaukelstuhl saß und meditierte. Auf diesem Balkon wurden sicherlich so viele Steaks und Rinderwürstchen gegrillt wie auf dem Dorffest selbst. Meistens gesellten sich ein paar gute Freunde oder Verwandte zu unseren Grillanlässen hinzu, sodass sich immer eine lustige Runde ergab.

In dem Gebäude, wo sich unsere Wohnung befand, wurde eine Tankstelle im Erdgeschoss betrieben, was uns anfangs nicht störte. Wir wohnten außerdem nicht weit vom Ortsrand entfernt und mussten zu Fuß lediglich ein paar Hundert Meter die Straße hinunterspazieren und schon befanden wir uns inmitten der wunderschönen Pfälzer Natur. Gehörte es einfach zu meinem Lebensinhalt oder war ich nur sehr naturverbunden – denn sooft es mir möglich war, nutzte ich die Zeit, um in den umliegenden Wiesen und Wäldern die Natur zu erkunden. Die Gegend um das kleine Dörfchen war eher flach, von einigen Mooren umgeben, in denen zu meines Opas Zeiten noch Torf gestochen wurde. In den Morgenstunden bildeten sich dort immer dichte Nebelschwaden, die die Felder wie sanfte weiße Wolken bedeckten und uns nur langsam die wärmende Morgensonne in unserem Gesicht spüren ließen. Hatte sich der Morgennebel dann endlich gelegt, roch die Luft angenehm, wie frisch gewaschen. Nachdem die Sonne ihre Pflicht getan und die Erde mit allem darauf Wachsenden erwärmt hatte, konnte ich sogar einige der Kräutersorten wie zum Beispiel die wilde Pfefferminze und die Holunderbeerbäume, die in großen Mengen am Waldrand vorkamen, riechen. An manchen Tagen hatte ich sogar die Gelegenheit, einige Rehfamilien mit ihren Kitzen beim morgendlichen Grasen zu beobachten, bevor diese sich wieder in die dichten Nadelwälder zurückzogen. Dann war da noch der kleine Entensee, der mit Unmengen Seerosen gefüllt war. Wenn diese in Blüte standen, glich der See einem bunten Gemälde. Auf diesem kleinen See beobachteten wir jedes Jahr mehrere Entenfamilien, die mit ihren Küken hier umherschwammen. Die Riesenkröten in den kleinen Nebenteichen waren so groß wie Männerhände und deren Gequake konnten wir in den lauen Sommernächten bis in die Mitte des Dorfes hören.

Das Einzige, was hier das tolle Naturbild trübte, waren die Flugzeuge, die nur ein paar Kilometer entfernt zur Landung auf der US-Airbase ansetzten. Der Fluglärm, an den wir uns nie so richtig gewöhnen konnten, war einer der Anlässe, uns von dieser schönen Wohnung zu trennen und in einen anderen, ruhigeren Ortsteil umzuziehen.

Meine Familie war damals noch dreiköpfig. Jasmin, meine süße kleine Tochter mit dunkelbraunen Locken, die von Geburt an ein ansteckendes Lächeln besaß, war damals sechs Jahre alt und wünschte sich schon selbstbewusst einen Bruder. Wenn möglich mit blonden Locken, so wie meine Frau Manuela, eine Friseuse, die sich in diesen Jahren um die Erziehung von Jasmin und den Haushalt kümmerte. Ich bin Thomas, der Familienvater, der Metzger, der Hobbykoch und der Grillmeister, ich war zu dieser Zeit in einem Opelwerk in Kaiserslautern im Dreischichtsystem als Mitarbeiter beschäftigt.

Der Hauseigentümer und Tankstellenwart Marion lebte mit seiner lieben Frau Sybille bei deren Eltern in einem nahe gelegenen Dorf. Das hatte natürlich seinen Grund, denn Marion wohnte bis zum Tod seines Vaters in dem Gebäude mit der Tankstelle und wollte nicht mehr an die alten Erlebnisse seiner Jugend erinnert werden. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass sich das Leben direkt über dem Arbeitsplatz nicht gut mit einem harmonischen, ruhigen Privatleben verbinden ließ. Dass das Wohnen über der Tankstelle, in der zuletzt auch ein Getränkehandel betrieben wurde, mit ein paar Problemen verbunden war, bemerkten auch wir. Schon nach einigen Tagen erlebte Manuela die ersten unruhigen Nächte. Marion schloss seine Tankstelle immer pünktlich um 19:00 Uhr, dann fuhr er direkt nach Hause zu Sybille, die schon das Abendbrot gerichtet hatte. Wir waren ab dieser Uhrzeit die Einzigen, die noch in dem Gebäude anzutreffen waren.

Ich selbst fuhr wochenweise so gegen 21:00 Uhr zur Nachtschicht, sodass Manuela und Jasmin über Nacht allein in dem Haus blieben. Ob es nun ein Autofahrer war, dem das Benzin ausgegangen war, oder ein ansässiger Dorfbewohner, der es gewohnt war, ein paar Flaschen Bier auf dem Heimweg von hier mitzunehmen – es gab keinen Unterschied, wer nun die Nachtruhe störte. Alle dachten ja, dass der Tankwart Marion hier wohnte und sicher noch ein kleines Geschäft nach Feierabend abschließen wollte. Zu unserem Bedauern ereigneten sich diese Zwischenfälle immer öfter und meistens dann, wenn ich in der Nachtschicht arbeitete. Manuela und ich überlegten uns deshalb, wie man die nächtlichen Ruhestörer zu mehr Rücksicht bewegen könnte, denn Manuela und unser Töchterchen ängstigten sich schon etwas. Außerdem waren diese Nachtschwärmer nur schwer von der Tür wegzuschicken. Es interessierte die meisten nächtlichen Ruhestörer einfach nicht, dass wir hier nur wohnten und nicht die Inhaber der Tankstelle waren. Sie schrien sogar hoch zu unseren Schlafzimmerfenstern und klopften manchmal lange an die alte Haustür, was dann bis in unsere Wohnung hochschallte. Auch ein großes Hinweisschild, das ich an der Außenseite der Haustür angebracht hatte, mit der Erklärung, wir, die Familie Walter, seien nur Mieter und hätten nichts mit der Tankstelle zu tun, ließen die meisten unbeachtet.

Als ich an einem dieser Morgen von der Nachtschicht nach Hause kam und Manuela mir wieder von einem aufdringlichen Ruhestörer erzählte, der nur noch mit der Drohung von der Tür abzuweisen war, dass die Polizei schon unterwegs wäre, war das für mich der Anlass, einen Wachhund zu besorgen und dafür auszubilden, dass er jeden, der an der Tür klingelte oder klopfte, laut anzubellen und anzuknurren hatte. Ich wusste, dass es ein großer Hund mit tiefer Stimme sein müsste, um den Personen auf der anderen Seite der Tür Angst einzuflößen. Ich erklärte Manuela, dass sich beim Knurren und Zähnefletschen dieses Hundes die Haare der Ruhestörer im Nacken zu Berge stellen sollten und ihnen bei der Annahme, dass sich der Wachhund selbst die Tür aufmachen könnte, der Angstschweiß ausbrechen sollte. Ich selbst konnte mich noch gut an solche Situationen erinnern, und zwar während meiner Ausbildung zum Metzgergesellen im Jahr 1980 in der Fleischerei Karl Siegel in meinem Geburtsort. Dort erlebte ich schon als Teenager so manchen erschreckenden Augenblick. Zum einen kannte ich die Wachhunde meines Chefs Karl sehr gut, sie hießen Branko und Max, aber wenn diese beiden großen Tiere noch frei auf dem Grundstück umherstreiften und zähnefletschend am großen Eisentor hochsprangen, wenn ich morgens um 6:30 Uhr zur Lehre kam, da dachte ich mir, diesen beiden Schäferhunden möchte ich nicht als Fremder in einer dunklen Nacht begegnen. Branko und Max bekamen überwiegend Rinderpansen, rohes Fleisch und Knochen zu fressen. Ich habe einmal beobachtet, wie Branko, der große schwarze Rüde, einen dicken Oberschenkelknochen eines Schweins einfach so durchbiss, als wäre er aus Brezelteig. Bei diesem Anblick und dem lauten Krachen, als der Knochen zwischen seinem starken Gebiss zerbarst, wurde mir ganz schön mulmig im Magen.

Zu dieser Zeit waren alle Wachhunde der Geschäftsleute im Dorf darin ausgebildet, Personen anzugreifen. Die Wachhunde damals kannten weder Schmerz noch Furcht, sie wären beim Beschützen des Grundstückes auch aufopfernd gestorben. Heutzutage haben alle mittelständischen und größeren Unternehmen Überwachungskameras zum Beschützen ihrer Güter vorgesehen, ich jedoch denke, dass bei Stromausfall nur ein guter Wachhund in der Lage ist, seinen Job gut zu machen. Das sieht man auch heute noch, in den meisten Hochsicherheitsbereichen wird die Kombination von Elektronik und Hund bevorzugt.

Nichtsdestotrotz, uns blieb keine andere Wahl, ein guter Hund sollte uns helfen, die nächtlichen Störer abzuweisen und uns als Familienbeschützer treu beiseitezustehen.

Leben und Wiederkehr der Schäferhündin Molly

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