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|19| II. Öffentliche Herausforderungen 1. Ignorierungsstrategien

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Blickt man auf die öffentlichen Diskurse etwa in brennenden Fragen des politischen Lebens, so scheint dabei die Kirche gegenwärtig tatsächlich keine wesentliche Rolle zu spielen. Ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten werden zwar, wenn sie sich zu bestimmten brisanten gesellschaftspolitischen Entwicklungen äußern, von den öffentlichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Meinungsmachern wahrgenommen – insbesondere dann, wenn sich dies mit einer erhöhten medialen Aufmerksamkeit verbindet.

Gleichwohl scheinen ihre Haltungen in der Regel dann sogleich ignoriert zu werden, entweder weil bestimmte Aussagen als zu abstrakt, zu komplex und weltfremd erscheinen oder weil sie schlichtweg als politisch nicht opportun gelten. Kirche wird damit interessanterweise gerade auch dann öffentlich ignoriert, wenn sie durchaus verstanden wird und ihre Positionen als unbequem und widerständig eingeschätzt werden – jüngste politische Debatten in der Schweiz wie in Deutschland machen dies anschaulich. Dies gilt sowohl für die in der politischen Debatte weitgehend bedeutungslos gebliebene Stellungnahme des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes zur Minarettinitiative24 wie auch die unterschiedlichsten kirchenleitenden Äußerungen der EKD zu den Kriegseinsätzen der deutschen Bundeswehr, die zwar wahrgenommen, zugleich aber auch mit dem Vorwurf eines weltfremden Idealismus belegt wurden, wodurch man die bestehenden Klischees über kirchliche Äußerungen eifrig bediente.25

Solche Ignorierungsphänomene gelten nun aber auch, wie entsprechende Untersuchungen belegen, für die individuelle Lebensführung, für die kirchliche |20| Orientierungsmaßstäbe in Fragen öffentlicher ethischer Debatten, gelinde gesagt, kaum als relevante Größe angesehen werden, vor allem dann, wenn sie quer zu den eigenen politischen Einschätzungen liegen.26 Hartnäckig hält sich am Rand und außerhalb von Kirche das öffentliche Bild und die Meinung, dass sich die Kirchen vornehmlich durch traditionalistische und unzeitgemäße Wirklichkeitswahrnehmungen sowie durch ein moralistisches Anweisungsarsenal auszeichneten, dem für die Realitäten des Lebens nur geringe Orientierungsfunktion beizumessen sei.27

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