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Erkenntnisse über Freud und Leid des Kajütbootfahrens
ОглавлениеBevor ich den Floh kennenlernte, stand ich hauptsächlich allein auf weiter maritimer Flur. Mein Interesse an nautischen Dingen im Allgemeinen und Schiffen im Besonderen war sozusagen im Wiedererwachen begriffen. Unterstützt wurde dieser Prozess durch die Tatsache, dass sich mein Onkel entschieden hatte, seinen ständigen Wohnsitz von der Domstadt am Rhein an die von ihm so geliebte See zu verlegen. Weshalb er sich im ostfriesischen Harlesiel kurzentschlossen ein Haus zulegte.
Besser gesagt das, was später einmal ein Haus werden sollte, denn weit über den Zustand des Rohbaus hinaus war das gute Stück zu diesem Zeitpunkt noch nicht gediehen. Eine Hand voll ostfriesischer Mörtelspezialisten war unterdessen dabei, das Bauwerk in seinen Endzustand zu versetzen, immer gemäß dem Grundsatz, dass gut Ding auch entsprechende Weile braucht. Insofern war also noch nicht aller Tage Abend.
Nicht zuletzt deswegen kam mein Onkel zu dem Schluss, dass fortan jeder Bauabschnitt einer strengen Überwachung seitens des neuen Eigentümers bedürfe. Da es sich mein Onkel zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht leisten konnte, seine zeitlichen Prioritäten von ‘Beruf’ radikal auf ‘Eigenheimbau’ zu verschieben, wurde kurzerhand die Familie aktiviert.
Infolgedessen reiste unsere Familie aus allen Teilen Deutschlands gemäß einem strengen Wachrythmus an die Küste, um ihren Teil zu der als notwendig erachteten Bauaufsicht beizusteuern.
Und so erwischte es auch mich. Und da das Wetter herrlich und ich seitens meines Onkels mit einem gewissen Entscheidungsspielraum ausgestattet worden war, entschied ich kurzerhand, dass der Bau eine Weile auch ohne mich stehenbleiben würde. Und entschwand in Richtung Hafen.
Jeder, der diese kleinen ostfriesischen Fischerdörfer kennt mit ihrem geschäftigen Treiben rund um die Krabbenkutter und den meist vorgelagerten Yachthäfen, der kann sich vorstellen, wie sehr dieses Ambiente dazu angetan war, dem Wasserbazillus in mir wieder zum Vorschein zu verhelfen.
Unter den Sportbooten dominierte Schwarz-Rot-Gold, aber auch Dänen und Niederländer lagen da in schöner Eintracht nebeneinander. Und jedes Schiff, das auslief, lief aus - ohne mich.
Ich bin wohl einfach nicht der Typ, der hingeht und einen Skipper fragt, ob er ´mal mitfahren darf. Also blieb ich am Pier sitzen, litt still vor mich hin und den Yachten hinterher. Und dieser Leidensdruck angesichts eines aus dem Hafen auslaufenden Schiffes hat mich bis heute nicht verlassen.
Und dann trat sie in mein Leben: meine zukünftige Ehefrau. Natürlich wusste ich das damals noch nicht. Und wie alle jungen Burschen in dem Alter versuchte ich sogleich, Eindruck zu schinden. Nichts schien besser dazu geeignet zu sein als mein sogenanntes ‘nautisches Wissen’. Alles nur ‘angelesen’, klar. Aber gut verpackt merkt das keiner, dachte ich.
„Na, wir scheinen ja ganz gut zueinander zu passen“ zeigte sich Andrea ziemlich unbeeindruckt von meinen fachlichen Kenntnissen. „Meine Eltern hatten zuerst ein Klepper-Paddelboot, dann eine Ondo und dann einen sechs-Meter-siebzig-Kajütdampfer, eine Birchwood. Und mein Onkel hat einen neun-Meter-Kajütkreuzer, ganz aus Holz. Ich bin praktisch auf dem Wasser groß geworden.“ Autsch, da hatte ich mein Fett!
Andrea behauptet heute, sie hätte mich damals sofort durchschaut, was ich entschieden bestreite, denn ich hatte wirklich viel über die Schifffahrt gehört und gesehen und alles gierig in mich aufgesogen und fest verankert. Hinzu kam meine Begeisterung, und die war echt. Während mein Wissen allerdings rein theoretischer Natur war, verfügte Andrea über das, nach was ich förmlich lechzte, nämlich die praktische Erfahrung. Und getreu dem Motto, dass das, was der andere weiß, man nicht selber lernen muss, begannen wir fortan, voneinander zu profitieren.
In der Tat sind Yachten und ganz speziell Motorkreuzer dem uralten Witz entsprechend kurz, schmal, niedrig, kalt, feucht, unbequem und, vor allen Dingen, irrwitzig teuer. Bei einer Schiffslänge von sechs Metern zahlt man heute problemlos zehntausend Mark pro Meter. Bei acht Metern ist man mit zwanzigtausend Mark der Meter dabei, und wer sich in einem Anfall von Größenwahn für einen zehn-Meter-Dampfer entscheidet, ist dreißigtausend Mark locker los. Pro Meter, versteht sich. Wenn das Schiff neu ist. Denn alt wird es von ganz alleine. Und bis dahin verschlingen Sommer- und Winterliegeplatz, Kranen, Versicherung, Kraftstoff, Wartung und Servicearbeiten wie zum Beispiel das alljährliche Aufbringen von Osmose- und Antifouling schütz weitere Unsummen. Bis der Skipper pleite ist. Oder den einzig ehrenhaften Ausweg wählt. Oder entnervt verkauft.
Aus diesem Grund war Andrea auch erstaunt, so erzählte sie mir, als ihre Eltern damals vom Besuch der Hamburger Bootsmesse zurückkamen und sie mit den Worten begrüßten: „Wir haben ein Schiff gekauft!“ Erstaunt und skeptisch.
Ihre Eltern hatten sich für eine englische Birchwood entschieden, die zu dieser Zeit, Anfang der siebziger Jahre, den sehr beliebten und daher weitverbreiteten Riss eines kompakten Kajütboots aufwies. Heute herrschen unter den Kajütkreuzern bekanntlich die dem italienischen und amerikanischen Yachtbau entlehnten flachen Gleitboot-Formen vor, die zwar über eine riesige Plicht verfügen, deren sogenannte Schlupfkajüten aber eher Aufbewahrungsfächer für Crewmitglieder denn Lebensraum unter Deck darstellen.
Anders die Birchwood. Bei einer Länge von nur sechs-Meter-siebzig verfügte sie über eine erstaunlich geräumige Kajüte, die neben vier Schlafplätzen eine vollwertige Pantry sowie einen Waschraum mit Pump-Toilette aufwies. Der Steuerstand war überdacht und befand sich interessanterweise auf der Backbordseite (die besondere englische Note). Ausgerüstet mit Gleiterrumpf und einem 115 PS Volvo Penta Vierzylinder war das Boot locker für 22 Knoten gut. Leider gibt es diese Birchwood nicht mehr zu kaufen. Aber man kann sie heute noch öfters auf dem Wasser antreffen. Den meisten sieht man ihr Alter nicht an. Denn wer eine hat, der pflegt sie auch gut. Und gibt sie nicht wieder her.
„Ich weiß noch genau,“ erzählte Andrea lachend, „wie ich damals mit meinem Vater in dem Geschäft stand, in dem es diese schicken Metallbuchstaben zum Aufkleben gab. Wir hatten vorher in der Familie eine halbe Ewigkeit an dem Namen für den Dampfer herum diskutiert und uns dann endlich geeinigt. Doch als der Verkäufer dann fragte, welche Buchstaben wir denn haben wollten, sah mich mein Vater erst verwirrt an und begann dann nervös in seinen Taschen herum zu suchen. ‘Calypso’, half ich ihm aus, ‘wir haben uns für Calypso entschieden’. Ich glaube, das war das erste und auch das letzte Mal, dass mein Vater den Namen seines Schiffes vergessen hatte.“ „Das war eine merkwürdige Fahrt damals“, meinte Andrea nach einer nachdenklichen Pause. „Wir wollten mit unserer Calypso in den Sommerferien einen Holland-Törn machen. Meine Eltern, mein kleiner Bruder und ich. Mein Vater war ein guter Skipper und hatte das Schiff und uns frühzeitig und mit entsprechender Ausdauer auf die Fahrt vorbereitet. Und trotzdem war der Wurm drin, besonders am Anfang der Reise. Aber der Reihe nach.
Was kann es Schöneres geben: endlich Sommerferien; sechs Wochen lang keine Schule und ein vierwöchiger Bootstrip nach Holland lagen vor mir. Am Siebenschläfer-Tag hatte die Sonne geschienen (was ja angeblich Gutes verheißen soll) und die alte Bauernweisheit schien sich zu bestätigen.
Am Morgen, an dem es losgehen sollte, hatten wir ein Wetter zum Eierlegen. Alles, was im weitesten Sinne als „Seesäcke“ bezeichnet werden konnte, war bereits am Vorabend an Bord gekommen. Was noch fehlte, war die Verproviantierung, wobei sich meine Mutter wieder einmal als Einkaufsgenie erwiesen hatte. Es ist merkwürdig, wie sich bei mir bestimmte Nahrungsmittel untrennbar mit den Erinnerungen an unser Schiff verbunden haben. Corned Beef aus der Büchse liebe ich heute immer noch, zu Kartoffelpuffern habe ich ein gespaltenes Verhältnis, bei Eier-Ravioli mit Tomatensoße wird mir schon vom Geruch schlecht.
Jedenfalls kamen an diesem Morgen die letzten Ausrüstungsgegenstände und die Crewmitglieder an Bord. Dann sollte es losgehen. Ging es aber nicht.
Vater hatte die Maschine warmlaufen lassen und dann Mutter und mich auf unsere „Manöverstationen“ beordert, sozusagen als Leinen- und Fenderkommando. Mein Bruder hatte sich unterdessen an einem seitens der Schiffsführung vorher festgelegten Platz unter Deck einzufinden und diesen unter Androhung härtester Zwangsmaßnahmen bis auf Widerruf nicht zu verlassen. Zumindest solange er noch kein zweistelliges Lebensalter erreicht hatte.
Ich begab mich also zum Bug, Mutter stand achtern bereit. Nun muss man wissen, dass unser Anleger an der Schlagd im Wesentlichen aus zwei Schwimmpontons bestand. Der eine diente zum Einsetzen der Kajaks, Paddelboote und Ondos, an dem anderen lag unsere Calypso, gegen die Strömung, festgemacht mit zwei Spring- und einer Achterleine. Die Vorleine hingegen war an einem Schwimmbalken belegt, der ungefähr sechs Meter vor unserem Bug an der Kaimauer festgesetzt war und im rechten Winkel in den Fluss hineinragte. Fünf Meter weit und nur dreißig Zentimeter breit. Wie geschaffen dafür, so ziemlich allen Unrat, der die Fulda hinabtrieb, wie ein Rechen aufzufangen.
„Vor- und Achterspring loswerfen“ leitete mein Vater das Ablegemanöver ein. Mutter tat, wie ihr befohlen. „Achterleine los...“ kam als nächstes. Auch kein Problem. „......und Vorleine los“ befahl mein Vater mit Blick zu mir und der Hand am Schalthebel.
Leine von der Klampe los, wickel, wickel, und jetzt am anderen Ende ziehen und ...verflixt, warum kam denn das blöde Ding nicht? Zog ich denn am falschen Ende? Die Leine war doch einfach durch einen Ring am Balken gezogen, die musste doch da durchslippen. Tat sie aber nicht. Als ich probeweise am anderen Ende zog, kam der Balken auf mich zu.
„Leine sitzt fest“, meldete ich in Richtung Steuerstand; mein Vater bestand auf klaren Kommandos und Meldungen.
„Halt das Schiff am Anleger“ wurde meine Mutter angebrüllt, die bereits krampfhaft nach dem Bootshaken angelte, während mein Vater wie ein Kastenteufel hinter seinem Steuerrad hervorgeschossen kam.
„Irgendwie verklemmt“ konstatierte er, nachdem er die Prozedur des „erst-am-einen-Ende-dann-am-anderen-Ende-Ziehens“ ebenfalls hinter sich gebracht hatte.
„Einer muss auf den Balken“, entschied er. Mir schwante Ungutes.
„Mutter hält das Schiff am Steg, ich muss am Steuer bleiben, Axel kann das noch nicht.“ Vater sah mich auffordernd an.
Was soll man tun, wenn man so freundlich gebeten wird? „Schon gut, ich gehe.“ Jetzt konnte ich sehen, wie ich auf diesen blöden schmalen Balken kam. Ganz nach vorne musste ich, auf dieses ekelige, glitschige, verschmierte Ding...
„Zieh´ die Schuhe aus. Barfuß findest du besser Halt. Und wenn´s wackelig wird, streck´ einfach die Arme seitlich aus.“ Mein Vater sparte nicht an guten Ratschlägen.
Äääääää.......auch noch barfuß ! Die ersten zwei Meter gingen noch ganz gut. Das war der leichtere Teil. Aber dann wurde es lustig. Die Konturen des Balkens waren vor Dreck nur noch zu erahnen. „Gar nicht darüber nachdenken, wo du da hintrittst“ versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Mein Fuß stieß gegen etwas Festes, Weiches. Iiiiiiiigitt, ´ne tote Ratte. Na Mahlzeit. Alles in mir setzte zu einem Sprung zur Seite an. Ich konnte mich gerade noch bremsen, denn sonst hätte ich in der braunen Brühe gelegen, die rings um den Balken herum schwappte.
Bis ich das Ende meines Balanceaktes erreicht hatte, dürfte mein bekannterweise niedriger Blutdruck wohl astronomische Höhen erreicht haben. Zumindest fühlte ich mich so. Ich drehte den Rundtörn auf, der sich lustigerweise um den Ringfuß gelegt hatte und machte mich auf den Rückweg. Den Rattenkadaver überstieg ich diesmal mit einem weiten Schritt. Das brachte mich zwar vorübergehend in bedenkliche Schräglage, aber in der Zwischenzeit war für mich ein plötzlicher Abgang in die Fulda nur noch das Zweitschlimmste, was mir passieren konnte.
Als ich wieder an Bord war, schickte mich mein Vater zuerst aufs Vorschiff, um die Leine „endlich loszuwerfen“, wie er sagte, und verbot mir ausdrücklich das Betreten der Kajüte „mit d e n Füßen“.
Allerdings wäre ich sowieso nicht dazu gekommen, unter Deck zu gehen, denn als nächstes mussten die Fender eingeholt werden, kaum dass wir in die Strömung hineingedreht hatten. Fahren mit herumhängenden Fendern war für meinen Vater ein Unding, auch wenn in diesem Augenblick die Kasseler Stadtschleuse bereits in Sichtweite war. Auf Yachtetikette hielt Vater große Stücke.
Nachdem die Fender also eingeholt und gleich darauf wieder ausgebracht worden waren, nachdem mein Vater, wie damals üblich, mittels Schallsignal seine Schleusungsabsicht kundgetan hatte, öffneten sich tatsächlich die Tore und gaben die Einfahrt in die Schleusenkammer frei.
Nun ist es so, dass Schleusen bei mir immer ein gewisses Unwohlsein auslösen. Ich neige ein wenig zu Platzangst. Egal, wie groß die Kammer und der Hub ist. Besonders beim Abschleusen, wenn die Mauern immer höher zu wachsen scheinen, bin ich jedes Mal froh, wenn die Sache vorüber ist.
Deswegen sah ich auch diesem ersten Fahrtabschnitt auf der Fulda von Kassel bis Hannoversch Münden mit einiger Sorge entgegen. Heute, wo es die Staustufe bei Wahnhausen gibt, sind da ‘nur’ noch die Schleusen Kassel, Wahnhausen, Wilhelmshausen, Bonaforth und Hann.-Münden, bis man dann auf der Weser erst einmal 135 schleusenfreie Flusskilometer vor sich hat. Damit hat man auf der Fulda aber immer noch fünf Schleusen auf achtundzwanzig Kilometern. Früher kamen allerdings noch Wolfsanger, Spiekershausen und Speele als Zwangsaufenthalte hinzu. War man erst einmal auf der Weser, fühlte man sich entsprechend ‘total abgeschleust’.
Jedenfalls brachten wir das Schleusenmanöver in Kassel gut hinter uns. Wir waren ja geübt. Auch Wolfsanger, Spiekershausen, Wahnhausen und Speele hatten keine Probleme ergeben. Fünfmal hatte ich die in mir aufsteigende Panik niedergekämpft. Jetzt lagen wir zusammen mit einem Ausflugsschiff in der Schleuse Wilhelmshausen und warteten darauf, dass sich die Obertore schlossen.
Der Ausflügler lag vor uns quer in der Schleuse und ließ seine Maschine langsam mitlaufen. Wir hatten unseren Dampfer steuerbords mit drei Fendern bestückt, Mutter hielt das Schiff am Bug, ich am Heck, Vater war am Steuerstand geblieben. Soweit alles wie sonst.
Während wir dann aber kurze Zeit später langsam in die Schleusenkammer hinab sanken, ging irgendetwas schief. Ich selbst habe das gar nicht gleich mitbekommen. Ich wunderte mich nur, dass sich unser Heck plötzlich unaufhaltsam von der Schleusenwand entfernte.
„Gegenstrom ! Hol’ die Leine durch!“ Mein Vater hatte die Sache entweder kommen gesehen oder aber zumindest doch schnell reagiert. Doch : Können vor Lachen! Der Kahn war vielleicht schweeeer...! Man stelle sich vor: ein urlaubsbeladenes Kajütboot gegen eine leicht unterentwickelte Dreizehnjährige. Der Sieger stand also von vornherein fest. „Das halt’ ich nicht mehr!“ brüllte ich über meine Schulter Richtung Steuerstand. „Halt gefälligst fest“ kam die prompte Antwort, „ich komme mit dem Bootshaken“.
Man tut ja, was man kann, dachte ich mir noch, als ich, die Beine fest gegen das Schanzkleid gepresst feststellte, dass mein Oberkörper, nun schräg seitlich-aufwärts über die Bordwand gebeugt, einen verflixt ungünstigen Winkel zu meinen Beinen eingenommen hatte.
„Blöder Anfängerfehler“ traf mich die Erkenntnis, als meine Füße blitzartig und ohne Vorwarnung den Halt verloren und ich in das schwarze Wasser zwischen Bord- und Schleusenwand stürzte.
Was in dem Moment an Deck passierte, weiß ich nicht. Mein Vater war wohl gerade dabei, den angekündigten Bootshaken klar zu bekommen, als sich mein Abflug ankündigte. Trotz seiner Gehbehinderung muss er wohl mit einem Riesensatz hinter mir gewesen sein, denn ich spürte plötzlich einen festen Griff am Hosenbund. Mein Fall stoppte wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche abrupt. Ich wurde ruckartig in die Höhe katapultiert und ziemlich unsanft auf unserer Plicht abgesetzt.
Während ich noch damit beschäftigt war, meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen, hatte mein Vater unseren Dampfer mittels Bootshaken und Leine wieder eingefangen.
„Aber jetzt hältst du gescheit fest!“ Schon wieder bekam ich die blöde Leine in die Hand gedrückt, während sich die Untertore der Schleuse öffneten und Vater zurück auf seinen Steuerstand flitzte. „Und denk’ diesmal daran, die Leine über die Achterklampe umzulenken. Dann hast du nur halb so viel Zug darauf“.
„Hättest du mir das nicht vorher sagen können?“ Ich war auf Vater sauer. Erst ließ er mich dumm sterben und dann am ausgestreckten Arm verhungern, sodass ich beinahe in die Brühe gefallen wäre.
„Erstens hab’ ich gedacht, das wüsstest du und zweitens habe ich dich wieder heraufgeholt, also stell’ dich nicht so an. Und pass’ jetzt auf. Wir kriegen Schraubenwasser von dem Musikdampfer vor uns.“
Das war er, der blöde Anfängerfehler. Die Sache mit der Klampe ......
Desweiteren ging dann jedoch alles gut. Wir haben während dieses Urlaubstörns noch oft geschleust. Sowohl abwärts wie aufwärts. Aber ich bin nicht mehr ‘reingefallen. Weder in eine Schleuse noch sonst wo. Zumindest nicht unfreiwillig. Denn Fehler, die begeht man an Bord meist nur einmal ......“