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Was es nicht alles gibt
ОглавлениеEs betrifft mittlerweile gar nicht wenige Menschen. Denn unsere moderne, schnelllebige Zeit fördert auch den stetigen Wechsel – überall. Und wenn man die Psychologen, Therapeuten und Nervenärzte befragt, dann sind das immer mehr Menschen aller Alters- und Gesellschaftsklassen. „Ich leide darunter, mich nicht entscheiden zu können. Auf Dauer kann ich mich nirgendwo niederlassen“, klagt ein Patient seinem Arzt. – „Dann müssen Sie eben in Projekten leben. Halten Sie sich einen Anker, wo Sie geboren sind oder im Moment Ihre Wohnung haben. Dann nehmen Sie sich jetzt erst einmal das Projekt ‚Auswandern nach Südamerika‘ oder ‚Leben in Thailand‘ vor. Aber brechen Sie es nicht nach zwei Tagen wieder ab. Sie müssen es mindestens für ein paar Monate versuchen!“ – So oder ähnlich könnte ein Gespräch zwischen Patient und Arzt heute verlaufen.
Und dennoch: Wie wir oben bereits gesehen haben, muss der Hintergrund nicht unbedingt ein psychisches Problem sein. Lebens-Projekte können vielfältige Gründe haben - heutzutage etwa oft auch das Burn out-Syndrom: Der stressige Job hat Sie ausgesaugt; Sie sind innerlich leer, haben keine Motivation und Ideen mehr; Sie brauchen einen längeren Abstand, um wieder aufzutanken. Entweder gehen Sie zum Arzt oder nehmen sich selbst eine Auszeit. Die meisten Menschen können sich das jedoch nicht leisten, eben mal für ein paar Monate abzutauchen. Ideal wäre es, bei etwas ganz anderem zu entspannen: Kochkurs in Frankreich, Malerei auf Mallorca, Wandern in der Schweiz, Schiffstour durch die Karibik und so weiter.
Wir sind rasend schnell global vernetzt – warum dann nicht auch mal global verreisen, andere Kulturen kennenlernen, global arbeiten und global leben? Manche Jobs können gar von jedem Platz der Welt aus erledigt werden: Banker, Broker, Programmierer, Layouter, Texter und so weiter. In (Lebens-) Projekten zu denken und zu handeln, ist also gar nicht mal so unnormal. Es ist ein Kind unserer Zeit, ganz klar! Traditionelle Lebensweisen sind auf dem Rückzug.
Das moderne Leben mögen Sie vielleicht als beliebig empfinden, als unverbindlich, wenig verlässlich, ja auch ein wenig als oberflächlich. So ist aber nun mal die moderne Welt des World Wide Web, in der Sie Beziehungen per SMS beenden oder auf Emails einfach nicht mehr antworten. Die klassische Post existiert ja im Privaten kaum noch, mit der man sich romantische Liebesbriefe schrieb – wo bleibt eigentlich überhaupt das Gefühl, die Emotion, die Romantik? Einerseits kann man in sozialen Netzwerken gleich Hunderte von „Freunden“ auf einmal bekommen, andererseits wird auch vieles unpersönlicher. Netz schafft Nähe und Distanz zugleich. Doch gottseidank unterliegen wir auch nicht mehr quälenden Zwängen, die so mancher „Beziehung“ das Leben zur Hölle machten. Wir müssen eben nicht mehr heiraten, weil die Eltern Enkelkinder sehen wollen. Wir müssen nicht quälend und verletzend durchhalten, bis dass der Tod uns scheidet. Wir sind nicht mehr auf ewig gebunden und lassen uns heute mehr denn je wieder scheiden. Trennung wird als etwas Normales empfunden. Klassische Familien sind nicht mehr der alleinige Hort von Kinderbetreuung. Selbst schwule oder lesbische Paare dürfen adoptieren und erziehen.
Der Markt stellt sich mit Wohnungsangeboten und Kaufgewohnheiten auf immer mehr Singles ein. Spezielle Kaufhäuser in bestimmten Regionen mit starker homosexueller Community wie in Köln zum Beispiel sind inzwischen mit einem Aufkleber „Gay friendly“ versehen, auch Hotels und Restaurants. Damit locken sie kaufkräftige Kunden, die in Boutiquen und Beauty-Shops viel Geld lassen.
Zwar bevorzugt die Mehrheit immer noch ein geordnetes Leben und richtet sich irgendwann dauerhaft ein. Sie werden sesshaft, finden ihren Lebensmittelpunkt und auch ihre Lebensform. Aber so sind auch Patchwork-Familien immer selbstverständlicher und Menschen, die bewusst allein leben wollen. Sie möchten auf niemanden Rücksicht nehmen müssen und frei bleiben: Beziehung ja, aber das eigene Rückzugsgebiet eben auch. Negativbeispiele hat es ja zur Genüge gegeben: Die große Liebe; man zieht zusammen; einer gibt seine Wohnung auf und verkauft seinen Hausstand; dann der große Knall; man steht plötzlich hilflos auf der Straße – vor den Trümmern seines Lebens.
Zu diesem modernen Leben gehört es aber auch, dass sich viele Menschen gar nicht mehr auf ewig festlegen wollen oder es nicht können. Manche empfinden das als Last, ja sogar als psychische Krankheit. Dabei verwechselt die Gesellschaft das allzu oft fälschlicherweise mit einer gewissen Bindungs-Unfähigkeit. Andere genießen es dagegen als pure Freiheit. Wenn sich sowieso alles rasend schnell verändert, warum soll ich dann nicht auch das Leben danach ausrichten? Und es so genießen, wie man sich damit am besten wohlfühlt. Gerade heute muss es im Leben nicht immer glatt laufen. Wir sprechen von den Brüchen im Leben, von Lebensabschnitts-Partnern. Das ist nichts Schlimmes. Man muss nur wissen, wie man damit selbst klarkommt und dennoch glücklich lebt. Eben das ist die große Kunst. Viele nehmen sich die Freiheit der Moderne, beispielsweise alleine und unabhängig zu leben, bekommen dann aber ihren Alltag nicht mehr in den Griff. Sie können sich selbst nämlich nicht organisieren. Das ist ein weit verbreitetes Problem. Und dann irren sie entscheidungslos hin und her, finden den Ankerpunkt nicht mehr – bis hin zur völligen Verzweiflung an der eigenen Entschlusslosigkeit. Sie schwirren in immer kürzeren „Projekten“ durch eine schnelllebige, unpersönliche, moderne Zeit - und verlieren den Halt.
Um eine gewisse Ordnung ins Chaos zu bringen, ist Struktur vonnöten. Erfahrene Lebensberater empfehlen, in Projekten zu leben und sich dazu offen zu bekennen. Sie nehmen sich als ein „Projekt-Mensch“ quasi auf Zeit einen bestimmten Lebensabschnitt vor, aber dann auch in vollen Zügen. Darunter leiden, dass Sie eigentlich nirgendwo so richtig zu Hause sind, dürfen Sie dann aber nicht. Sie befinden sich in einem bestimmten Abschnitt, einem spannenden Projekt sozusagen.
Dieses eBook sagt nicht, wie Sie Ihr Leben hinbekommen. Aber es zeigt Ihnen Strukturen auf, um sich in dem wohlzufühlen, wo Sie sich gerade befinden. Es hilft Ihnen, in klar umrissenen Etappen zu leben. Vielleicht ist es gerade diese Idee, die Menschen glücklich macht, die immer etwas Neues suchen. Aber auch das will gut vorbereitet und gelernt sein.