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Sonntag I oder: Ein erstes Gespräch ist noch kein Anfang

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Die Gemütlichkeit der Küche dämpft angenehm die Arbeitsstimmung. Die Minuten zerfließen, ich höre hinter mir die Uhr deutlich ticken. Es ist die Stimmung, die kurz vor einem Absprung entsteht. Das will nicht so recht zu einem Sonntag passen. Damit schrumpft alles zu einem kleinen Kosmos zusammen, zu einem kleinen Raum, in dem, im Gegensatz zur übrigen Welt, etwas beginnt. Oder zumindest stattfindet.

Wir sitzen uns an dem großen Holztisch schräg gegenüber. Ich höre, wie er sich klappernd einrichtet, und warte. Durch das gekippte Fenster kann ich die Vögel hören und ihr aufgeregtes Hin und Her schraubt sich hinauf und hinab. Der abendliche Gesang, dessen Hall durch den Trichter des Hinterhofes verstärkt wird, und die kühle Frische versprechen den Frühling. Ich zünde mir eine Zigarette an und gebe der Situation dadurch eine zusätzliche Note. Erst einmal abwarten, wie er das Ganze nun angeht.

Mit energischem Griff zieht er die Bierflasche vom Tisch und öffnet sie mit zischendem Schmatzgeräusch. Die Vögel werden vom Glucksen seines tiefen Zuges unterbrochen. Ich ziehe mit, trinke erst einmal einen Schluck. Ein bisschen Mut. Unpassenderweise muss ich gerade jetzt daran denken, dass ich schon lange neue Stühle und eine Bank in der Küche haben will. Diese hier, auf denen wir nun sitzen, passen gar nicht zu mir. Es ist schwierig, auf ihnen entspannt und locker zu sein. Die Lehnen sind zu hoch. Das Polster so pseudosamtig.

Er setzt die Flasche schwer ab. Jemand, der es gewohnt ist, Raum einzunehmen. Und der jetzt da ist, um mir Raum zu geben.

Einen kurzen Moment habe ich noch einmal diesen Zweifel. Das ist der Moment, kurz bevor es endgültig zu spät ist zurückzurudern, auch wenn es jetzt schon echt peinlich wäre. Wir verstehen uns auf diese unbestimmte Art. Irgendwie gut. Aber dass wir uns kennen würden, das kann man nicht behaupten.

Aber das wird sich jetzt ändern. Ob wir wollen oder nicht: Gleich fangen wir an, uns kennenzulernen.

Das kann auch unangenehm sein.

»Ich schalte das Aufnahmegerät jetzt ein.« Seine Stimme verrät nicht, ob er gespannt ist, aufgeregt, neugierig. Oder sonst was.

»Okay«, kann ich nur sagen.

Mit diesem einen Wort schlucke ich meine Zweifel hinunter. Erstickungsgefahr nicht ausgeschlossen.

Aber das Risiko ist es wert. Um die nervige Stimme zum Schweigen zu bringen. Diese Stimme, die leise sagt, dass es ganz toll ist, was ich mir da wieder eingebrockt habe. Diese Stimme, die fragt, wie man nur auf diese bescheuerte Idee kommen kann, ein Buch schreiben zu wollen. Also, nicht ich selbst. Und eigentlich auch nicht mit mir. Und nicht einfach nur so über mich. Sondern irgendwie bin ich jetzt das Buch.

Die Stimme zeigt mir den Vogel.

Manchmal hat diese Stimme den Akzent meines Vaters und das Vibrato meiner Mutter. Voller Sorgenbass und liebevoller Höhen. Wird aber seltener in letzter Zeit.

»Wir haben heute den 3. März und unsere erste Sitzung.«

Er spricht etwas näher an mir, um dem Aufnahmegerät seine Stimme einzutrichtern. Er hat es gleich links neben den Aschenbecher vor mich gestellt. Also näher zu mir als zu ihm. Solche Sachen merke ich mir. Weil ich es muss. Normalerweise fällt mir das nicht so deutlich auf. Aber in diesem Moment, da macht es den Unterschied aus, um den es wohl auch gehen wird.

»Wir fangen einfach mal an«, fügt er hinzu.

Ich nicke in seine Richtung.

Da ist dieses Gefühl, das man kennt, wenn man Musik macht. Oder wegen anderem Zeug auf irgendwelchen Bühnen steht. Dieses Gefühl, dieses Angetörntsein davon, im Mittelpunkt zu stehen – während man sich gleichzeitig davor scheut. Einen kleinen Teil gibt es, der mich dann immer für die eigene Selbstverliebtheit ohrfeigt.

»Also, Hansi, erzähl mir doch zum Einstieg mal deine Woche.«

Damit fangen wir also an. Ich nehme an, es ist so gut wie jeder andere Anfangspunkt. Wenn man alles erzählen will, kann man von überall starten. Hat er mir erklärt. Das ist also der Anfang.

Nun muss ich. Den Zurückruder-Moment hab’ ich wohl verpasst.

Okay, here we go:

Eine Woche hat sieben Tage. Aber diese Woche hatte einen Einstieg, einen Auftakt. Wenn man einen Auftritt spielt, dann gehören einfach der Tag davor und der Tag danach dazu. Und die Woche, die nach diesem Wochenende folgte, war so unter der Kontrolle der Ereignisse, dass es der Start sein muss; das Wochenende, mit dem das alles losging, das zu einem Tag verschmilzt. Wie ein langer Ritt. Damit ging es los. Der Tag null, das ist der Freitag.

Also, ich fange mit dem Freitag, dem Einstieg in den Taumel an.

Es ist Freitag und ich sitze auf dem Polster des rollenden Bürostuhls in dem kleinen Radiostudio. Die Luft und der Schall sind etwas drückend, wie unter Watte. Ich nehme an, weil es sich gegen außen abschottet. Die Kopfhörer tun ihr Übriges. Über sie kann ich den Moderator hören, die Musik, die er einspielt. Und leider auch meine eigene Stimme. Wenn niemand etwas sagen und keine Musik gespielt werden würde, dann könnten diese Kopfhörer mich von der Außenwelt abschneiden. Aber diesen Gedanken habe ich nur kurz. Ich bin aufgeregt. Nicht wegen des Interviews. Während ich da sitze und über die Kopfhörer Dave Grohl den ersten Song seiner neuen Scheibe in mein Ohr zementiert, wird mir plötzlich klar, dass es jetzt losgeht. Deswegen bin ich aufgeregt. Mir wird klar, dass morgen alles klappen muss und dass ich auf der Bühne stehen werde. Das passt gut, denn Daves Song schraubt sich gerade in den Höhepunkt und lässt mich mitvibrieren.

Das Mikrofon vor mir hatte ich mir zuvor schon so hingedreht, dass ich die ganze Zeit im gleichen Abstand sitzen bleiben kann. Meine Hände liegen deshalb auf dem Tisch, aus dem das Mikro wie ein biegsamer Rüssel ragt, so dass ich den Abstand beibehalten kann, ohne dass ich drüber nachdenken muss. Das lässt mich etwas steif sitzen. Aber im Radio kann sowieso niemand etwas sehen. Mich auch nicht.

»… das war ein echtes Brett, liebe Rockfreunde. Und zu einem echten Brett kommen wir auch jetzt. Bei mir im Studio sitzt der Sänger von The Dehydrators und der Initiator der Benefizveranstaltungsreihe Rock the Kids, Johann Mühlbauer. Hansi, schön dass du da bist!«

»Hey, freut mich, hier zu sein!«

Benefizveranstaltungsreihe – das geht auch nur im Deutschen. Eigentlich fehlt in dem Wort noch Konzert und Abend.

»Wirklich toll, dass du Zeit finden konntest, momentan ist ja wirklich viel los bei dir, denn morgen ab zwanzig Uhr geht es ja mit Rock the Kids im K4 los.«

Dieses Dauerlächeln, das er in der Stimme hat, das ist das erste Anzeichen dafür, dass da noch was im Busch ist.

»Allerdings, wir sind ziemlich im Stress. Schließlich soll morgen alles klappen und da steckt eine Menge Vorbereitung drin. Proben, Organisation und so.«

Toll, noch mehr Aufregung. Egal, was noch im Busch ist, ich freue mich, dass unser Benefiz Runde um Runde so gut ankommt. Und dass ich meine Stimme on air dazu benutzen kann, Werbung zu machen.

»Hansi, die Dehydrators heizen dem Publikum ordentlich ein. Da erleben du und deine Bandkollegen bestimmt einiges als Aufstiegsregionalrockband. Was bedeutet es für dich, Musik zu machen?«

Aufstiegsregionalrockband? Ich glaube, jetzt habe ich so eine Ahnung, wo das hinführen könnte.

»Ja, wenn man in einer Indie-Rock-Band spielt, geht einiges.« Ich betone das Wort Indie. Sollte Chris das hören, dann beißt er gerade in die Tischkante. Unser Gitarrist hasst diese Bezeichnung. Ich beherrsche meinen inneren Lachkrampf und konzentriere mich. »Musik beeinflusst mich, ich höre viel und gerne Musik. Das ist über die Jahre für mich immer wichtiger geworden. Und auf der Bühne zu stehen und mit den Leuten gemeinsam abzugehen, zu spüren wie die Musik uns alle vorwärtsschiebt, ist einfach toll.«

»Das kann ich mir vorstellen. Und weil wir euch das nicht vorenthalten wollen, hört ihr nun The Dehydrators mit ihrem Song Paranoid

Die ersten Riffs des Songs überlagern den Schluss seiner Ansage. Aus Erfahrung weiß ich, dass man jetzt die Kopfhörer abnehmen darf. Aber ich nehme sie nicht ab. Nicht, dass es dann plötzlich weitergeht und ich dann suche und sie nicht finde. Also lass ich die Dinger auf. Gefangen zwischen den gepolsterten Bügeln kann ich unserem Song nicht ausweichen. Meine Ohren glühen schon richtig. Man sollte sich kurz vor einem Auftritt nicht die eigenen Songs anhören. Das macht einen wirklich doof im Kopf.

Einfach drauf einlassen.

Nicht verkrampfen.

Ich gebe mich ein bisschen hin.

Um dem inneren Mitsingen zu widerstehen, denke ich an die ersten Jamsessions im Proberaum. An das erste gemeinsame Bier. Daran, dass ich die Jungs kennenlernte, als sie einen Sänger suchten, und ich sagte: »Na, singen kann ich auch.« War nicht gelogen, aber auch nicht unübertrieben. Aber ich habe da diesen Drang, in die Dinge reinzuspringen, die mir Angst machen. Ich gehöre wahrscheinlich zu den Tausenden von Menschen, die sich beim Hören ihrer Lieblingsbands vorgestellt haben, auch auf der Bühne zu stehen. Ich erinnere mich daran, wie der Zug mich wieder fort von meinem Heimatdorf, zurück in die Stadt brachte, weg vom Land. Die schmierigen Kunstlederpolster, die Luft, die zwischen den Sitzen stand, irgendwo eine lachende Familie mit Kindern. Das Klacken der Sohlen des Schaffners. Das Zischen und Rumpeln der sich schließenden Türen. Die Sonne schien durch das Fenster des Zuges, ich fühlte, wie sie warm auf meinem Gesicht und meiner Hand lag, manchmal flirrend unterbrochen von irgendetwas, an dem er mich vorbeifuhr. Das gleichmäßige Rattern der Bahn drang durch die mit Schaumstoff überzogenen Kopfhörer. Aus ihnen sang scheppernd Greg Graffin, und ich klopfte zum amerikanischen Heiland den Takt auf meinen Knien. Damals dachte ich noch, wenn überhaupt, dann passe ich in den Hintergrund einer Band. Natürlich will jeder Sänger werden, aber wie ich mich auf einer Bühne bewegen sollte, das konnte ich mir damals einfach nicht mal im Ansatz vorstellen. Am Schlagzeug sitzend, da wäre ich kein Problem. Aber mit dem Singen-kann-ich-auch-Gerede hatte ich mich eben wie immer einfach reingeschmissen. Dann muss man eben auch und Punkt. Nur weil man mal mit siebzehn hinter seinen Kopfhörern von singenden Menschen im Stadion träumt, während man den Rhythmus drischt, heißt das nicht, dass man mit einunddreißig nicht Sänger in einer Rockband sein kann, die keine Stadien, aber punkige Kulturschuppen füllt. Manche Kopfhörer begleiten einen so lange, bis man richtig zuhört.

Jetzt höre ich durch die Kopfhörer, wie meine eigene Stimme zu den letzten Riffs unseres Songs klingt.

»Das waren The Dehydrators mit Paranoid, und gerade sitzt bei mir im Studio der Sänger der Band und Veranstalter der Benefizveranstaltungsreihe Rock the Kids: Hansi Mühlbauer.«

»Meine Bandkollegen nennen mich auch Johnny Nolook«, grinse ich.

Kurz bevor der Moderator lacht, entsteht diese kleine Pause.

»Hansi, du hast vorhin schon kurz erwähnt, dass ihr gerade alle Hände voll zu tun habt«, sagt er, seine Unsicherheit überspielend.

»Ja, richtig. Morgen Abend gehen wir mit Rock the Kids an den Start. Es kommt jedes Jahr besser an, und wir freuen uns auch auf die anderen Bands, die sich morgen mit uns die Bühne teilen werden.«

»Wie bist du auf die Idee für Rock the Kids gekommen?«

War ’ne Schnapsidee, wortwörtlich. Und das sich damals immer mehr in mir ausbreitende Gefühl, etwas zurückgeben zu wollen. Helfen zu wollen.

»Na ja, da gab es die Dehydrators noch nicht so lange. Wir waren auf einer Party und haben uns unterhalten und kamen irgendwie darauf, wie verdammt noch mal gut es uns eigentlich geht. Da war gerade diese Flutkatastrophe. Und während wir so quatschten, wurde klar: Wer was ändern will, muss seinen Arsch halt auch hochbekommen und nicht nur über andere reden. Von da an ging dann Rock the Kids los.«

»Das ist Sozialengagementrock, liebe Freunde!«, sagt er begeistert.

Mein Grinsen ist das einzige, was ich von meinem inneren Lachanfall zulasse. Was für ein Spaß. Ich könnte auch noch ein Wort erfinden.

»Mit Aufdiefresserock einfach auch mal helfen – das ist das Ziel!«, setze ich nach. Na ja, war nicht der große Treffer. Aber Chris weiß jetzt, dass ich nur Spaß mache, und kann die Tischkante wieder aus dem Mund nehmen. Mein Grinsen würde mich verraten. Sieht aber ja keiner. »Deswegen ist es auch super, dass ich hier in der Sendung sitzen darf. So kann ich noch viel mehr Leuten sagen: Kommt vorbei, es wird ein Spitzenabend! Dieses Jahr unterstützen wir das Kinder- und Jugendhaus Bienenstock.« Warum ich an dieser Stelle die Geste für Anführungszeichen mache, ist mir unklar. »Wir haben einige Sponsoren dabei, die uns jedes Jahr super unterstützen.«

»Da tut ihr und die anderen wirklich was Gutes! Wirklich toll!« Keine Frage. Aber eine Pause. »Ist das auch … also hängt das mit …« Seine Stimme bekommt plötzlich einen anderen Unterton.

Mir ist klar, was kommt, aber wirklich helfen will ich gerade irgendwie auch nicht.

Jetzt spielen wir erst mal Katze aus dem Sack.

»Also, du … bist ja blind.«

»Richtig!« Ich imitiere schon seine Sonnenscheinstimme. Klingt, als ob er gerade etwas gewonnen hätte.

»Hat das auch, also dass du blind bist, auch mit der Hilfe für die Kindertagesstätte zu tun?«

»Nein, im Bienenstock sind keine Blinden, würde sonst ja Blindenstock heißen …«, lache ich. Und er lacht mit, ehrlich. Sehr gut, Stimmung wieder gelöst. »Und es heißt ja auch nicht Rock the Blind«, lege ich nach.

Das war auch einen Lacher wert.

Es hilft dem Benefiz tatsächlich, dass ich blind bin. Ganz klar, wenn der Blinde anruft und sagt: »Hey, wir machen da eine sozial engagierte Party mit Konzerten, ich organisiere das, und wir wollen Sie dabeihaben«, dann ist die Sache geritzt. Ob das jetzt richtig ist, dass ich mit dem Zeug, was andere Menschen ja auch machen, automatisch mehr Eindruck schinde, darüber lässt sich streiten. Ich verzeichne das unter dem Ausspielen der Kartenhand, die man eben bekommen hat. Was sollte ich auch sonst machen – auf den Spaß beim Helfen, meine langen Haare und meinen tollen Musikgeschmack verweisen?

»Meine Band hat mir vor einigen Jahren mal ein T‑Shirt geschenkt«, erzähle ich ihm und dem Mikro, »mit einem Bild von mir darauf. In großer Verehrung von Mr Cash stand darüber: ›Listen to the man in blind‹. Das unkorrekte Englisch hat mir damit auch meinen immer wieder mal aufkommenden Spitznamen eingebracht: Mr Johnny Nolook.«

Der Moderator lacht wieder. Aber das wird nicht reichen, es geht schon noch ein bisschen um die Katze.

»Aber die anderen in der Band, die sind …?«

»Die sind normal. Also eigentlich sind sie das gar nicht. Aber sie können sehen, was sie so machen, wenn sie morgen Abend auf der Bühne stehen und die Show rocken.«

»Ihr habt es gehört, Freunde – kommt morgen Abend ins K4, ab zwanzig Uhr wird für die Kids und den Bienenstock gerockt – mit am Start sind noch weitere Bands, Party hinterher und das alles für nur 9 Euro Eintritt, was komplett den Kindern zugutekommt. Und jetzt hier noch einmal für euch die Dehydrators mit ’till hell breaks loose

Der Song setzt ein. Ich setze die Kopfhörer ab. Die Sendung ist vorbei.

»Hey, megagut – vielen Dank, dass du mich in die Sendung gebracht hast«, wende ich mich ihm zu und halte ihm die Hand entgegen.

»Is’ doch klar, Alter«, schlägt er ein.

Das ist die Startrampe. Jetzt kann es losgehen.

Anfahrt, Geschwindigkeit aufnehmen, Absprung und dann mit dem Kopf voraus hinein. Es ist ein Abtauchen, treibend darin untergehen. Atemlos und trunken jeden Moment gierig aufsaugen, als ob es der letzte sein könnte, der letzte verdammte Moment, der es wert wäre, dass danach die ganze Welt zum Teufel geht. Jaulende Riffs, mehr Drinks, ein Taumel und Zechen, ein Lachen und Drehen, es flirrt in der Blutbahn und Applaus klingt noch in den Ohren nach, den leisen, fiependen Ton, der sich als Beweis für die anderen Bands einnistet, übertrumpfend. Es ist nicht nur die Nacht selbst, nicht nur der Auftritt an sich.

Es sind die Tage davor.

Und der Tag danach.

Die Nächte dazwischen.

Es gehört alles zusammen, wie die einzelnen Mitglieder unserer Band, die Instrumente, die einzeln für sich genommen Macht und Kraft besitzen – aber erst gemeinsam bringen sie die erste Reihe zum Springen und Pogen.

Nichts ist vergleichbar. So wie alles das einmalig, geil, groß und wahnsinnig ist, einfach jeden Vergleich hinter sich lässt. Also, man steckt da drin, in diesen Tagen und Nächten, in diesem Auftritt. Im Rausch. Und der Sonntag ist dann nur eine sich anschließende, zähflüssige Masse. Die Jungs und ich bauen ab, trinken ein letztes Bier und ich falle irgendwann einfach um, glücklicherweise in mein Bett. Es stampft und rockt über mich hinweg, und wie immer kann ich erst danach sagen, dass es passiert ist. Am Montag, dem Tag, an dem diese Woche wirklich beginnt, folgt das Erwachen:

Ein wenig durchgekämpft und abgefuckt werde ich am Montagmorgen aufwachen und bemerken, dass ich es verdammt noch mal verloren habe.

Denn damit beginnt diese Woche – mit einem Verlust.

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